Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 L 2661/18
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 6. September 2018 bei Gericht sinngemäß eingegangene Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen,
4hat Erfolg.
5Der zulässige Antrag ist begründet.
6Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
7Der Antragsteller erstrebt mit seinem Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil eine einstweilige Anordnung, mit welcher der Antragsgegner verpflichtet wird, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen, bereits – wenn auch zeitlich begrenzt bis zur Entscheidung in der Hauptsache – genau die Rechtsposition vermitteln würde, die er in der Hauptsache erreichen könnte. Eine Anordnung solchen Inhalts würde aber grundsätzlich eine mit dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht zu vereinbarende und somit unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten. Im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) vorbehaltenen Entscheidung allerdings dann ausnahmsweise zulässig, wenn wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird.
8Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 – 6 B 971/08 –, juris, Rn. 2 f. m.w.N.
9Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
10I. Der Antragsteller wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen.
11Ein Anspruch auf Einräumung eines Wiederholungsversuchs ergibt sich aufgrund eines wirksamen Prüfungsrücktritts mit Blick auf die Wiederholungsprüfung vom 30. August 2018 aus § 19 Abs. 2 Satz 2 Teil A der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (im Folgenden StudO-BA Teil A) i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 StudO-BA Teil A und § 4 Abs. 2 der Regelungen für den Studiengang Polizeivollzugsdienst B.A. Ergänzende Regelungen ab EJ 2016 (im Folgenden StudO-BA Teil B).
121. Der unter dem 29. August 2018 erklärte Rücktritt von der auf den 30. August 2018 anberaumten Wiederholungsprüfung ist wirksam.
13Ein wirksamer Prüfungsrücktritt setzt nach § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 StudO-BA Teil A voraus, dass ein triftiger Grund dem Prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht wird, wobei § 19 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 StudO-BA Teil A die nähere Regelung dem Prüfungsausschuss vorbehält, der dementsprechend sog. Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund veröffentlicht hat. Dort wird unter Gliederungspunkt b. die Prüfungsunfähigkeit als Sonderfall des Rücktritts aus triftigem Grund bezeichnet und insoweit konkretisiert, als dass die Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen erheblich beeinträchtigt sein muss.
14Dies zugrunde gelegt, hat der Antragsteller einen triftigen Grund für den Rücktritt geltend gemacht. Er hat angegeben, an einer akuten spastischen Bronchitis gelitten zu haben, die ihm im Wege der Einengung seiner Atemwege die erfolgreiche Absolvierung der Laufprüfung unmöglich gemacht habe.
15Diesen triftigen Grund hat der Antragsteller dem Prüfungsamt auch unverzüglich schriftlich angezeigt. Er hat am 29. August 2018, also am Tag vor der anberaumten Prüfung, eineE-Mail an das Prüfungsamt gerichtet und jedenfalls mit der postalischen Nachsendung der Originaldokumente auch dem Schriftformerfordernis entsprochen.
16Durch die Einreichung eines ausgefüllten von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW zur Verfügung gestellten Vordrucks („Formular für den Nachweis der Prüfungsunfähigkeit“) und eines ärztlichen Attests hat der Antragsteller den triftigen Grund auch glaubhaft gemacht. Zur Glaubhaftmachung enthält Gliederungspunkt b. der Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund folgende Passage: „Hinweis: Da die Entscheidung über die Prüfungsfähigkeit eine Rechtsfrage ist, die der Prüfungsausschuss zu beurteilen hat, bedarf es im Attest genauerer Angaben zu den Krankheitssymptomen sowie deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Hilfreich kann die genaue Bezeichnung der Erkrankung sein. Der nicht näher ausgeführte Hinweis, die/der Studierende sei prüfungsunfähig, genügt den Anforderungen an einer [sic, Anmerkung der Kammer] Glaubhaftmachung der Prüfungsunfähigkeit nicht.“ [Hervorhebungen im Original, Anmerkung der Kammer]. Die eingereichten Unterlagen stellen sowohl die konkrete Diagnose (akute spastische Bronchitis) als auch die mit Blick auf eine Laufprüfung beeinträchtigenden Symptome schlüssig dar (Einengung der Atemwege).
172. Dem Anordnungsanspruch steht das zwischenzeitliche Ende des zweiten Studienjahrs mit Ablauf des 31. August 2018 nicht entgegen. Zwar regelt § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 i.V.m. Satz 1 der Verordnung über die Ausbildung und die II. Fachprüfung für den Laufbahnabschnitt II (Bachelor) der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden VAPPol II), dass die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden ist, wenn der Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit gemäß Studienordnung nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht worden ist. Auch normiert § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B, dass die Fortsetzung des Studiums ausgeschlossen ist (Satz 2) und eine weitere Nachholung oder Wiederholung ausscheidet, wenn die Leistungsnachweise „12-Minuten-Lauf“, „Hindernisparcours“ und „Rettungsschwimmübungen 1 und 2“ (Leistungsschein Körperliche Leistungsfähigkeit Sport/Rettungsschwimmen) nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht sind (Satz 1). Allerdings ergibt die Auslegung des aus der VAPPol II, der StudO-BA Teil A und der StudO-BA Teil B bestehenden normativen Gesamtgefüges, dass die soeben zitierten Regelungen und ihre Rechtsfolgen denjenigen eines wirksamen Rücktritts nachgehen.
18Ausgangspunkt ist dabei § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A, der vorgibt, dass die versäumte Prüfung bei Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit nachzuholen ist. Insofern sieht er als zwingende Rechtsfolge eines wirksamen Rücktritts die Nachholung der versäumten Prüfung vor.
19Damit setzt er sich bei genauer Betrachtung auch nicht in Widerspruch zur höherrangigen VAPPol II. Der oben zitierte § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 VAPPol II erwähnt die Studienordnung ausdrücklich und ordnet die Rechtsfolge des endgültigen Nichtbestehens nur für den Fall an, dass der Nachweis gemäß Studienordnung nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht worden ist. Damit nimmt er nicht nur § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B, sondern die gesamte Studienordnung, mithin auch § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A in Bezug. Dafür, dass die VAPPol II das Verhältnis zwischen der Zweijahresfrist von § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B und § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A gar nicht regeln will, spricht weiterhin, dass sie die Regelungen zu den Folgen der Nichterbringung von Prüfungsleistungen und des Rücktritts von einer Prüfung in ihrem § 17a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 explizit der Studienordnung vorbehält. Selbst wollte man dies anders sehen und dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 VAPPol II auch für den Fall des krankheitsbedingten Rücktritts die Rechtsfolge des endgültigen Nichtbestehens entnehmen, so würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Norm wäre dann aus den noch unten auseinandergesetzten Gründen mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG jedenfalls verfassungskonform auszulegen.
20§ 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A und § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B hingegen stehen sich als Bestandteile einer einheitlichen Prüfungsordnung im Ansatz gleichrangig gegenüber. Letztere Vorschrift geht ersterer auch nicht nach dem lex-specialis-Grundsatz vor. Eine spezielle Regelung für den 12-Minuten-Lauf will sie zwar gegenüber § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StudO-BA Teil A insofern treffen, als dass neben den Nichtbestehensgrund der erfolglosen Wiederholungsprüfung der Nichtbestehensgrund des nachweislosen Ablaufs des zweiten Studienjahrs treten soll. Dass demgegenüber durch ihren Inhalt auch das Verhältnis zum Prüfungsrücktritt spezifisch und in Abweichung von der StudO-BA Teil A geregelt werden soll, ist nicht ersichtlich.
21Für dieses Ergebnis streiten zum einen systematische Erwägungen. Die StudO-BA Teil A enthält an mehreren Stellen Vorbehalte zu Gunsten studiengangspezifischer Regelungen – solche enthält die StudO-BA Teil B – (siehe nur § 12 Abs. 1 lit. f, Abs. 2 Satz 3, § 13 Abs. 6 Sätze 2 und 3 StudO-BA Teil A). Gerade eine solche „Öffnungsklausel“ fehlt aber bei § 19 StudO-BA Teil A. Umgekehrt beinhaltet § 4 StudO-BA Teil B zahlreiche Hinweise auf durch ihn unberührte, aber auch verdrängte Normen der StudO-BA Teil A, wobei § 19 StudO-BA Teil A gerade keine Erwähnung findet. Nach Auffassung der Kammer folgt hieraus, dass § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B einem Prüfungsrücktritt nach § 19 StudO-BA Teil A – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – nicht entgegensteht.
22Zum anderen stützen teleologische Erwägungen dieses Ergebnis. Wäre die Studienordnung des streitgegenständlichen Bachelorstudiengangs in dem Sinne auszulegen, dass § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B einem wirksamen Prüfungsrücktritt vorginge, so würde dies Art. 12 Abs. 1 GG verletzen.
23Beim streitgegenständlichen Bachelorstudiengang handelt es sich um eine berufsqualifizierende Prüfung, weshalb den Prüfungsanspruch beschränkende Regelungen wie die streitbefangene Zweijahresfrist des § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B als Eingriffe in die Berufswahlfreiheit im Sinne von subjektiven Zulassungsschranken an Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen sind. Weil es sich bei entsprechenden Prüfungsvorschriften um subjektive Zulassungsschranken handelt,
24BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 6 B 43/14 –, juris, Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2015 – 1 BvR 2218/13 –, juris, Rn. 25,
25müssen sie – um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein – dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts dienen. Angesichts der Tatsache, dass Prüflinge des streitgegenständlichen Bachelorstudiengangs besoldete Beamte auf Widerruf sind (§ 5 VAPPol II) kommt als wichtiges Gemeinschaftsgut ohne weiteres der Schutz der Staatsfinanzen in Betracht. Letzteren drohen finanzielle Belastungen, wenn Prüflinge länger als zur Feststellung ihrer definitiven Nichteignung erforderlich im streitgegenständlichen Bachelorstudiengang beziehungsweise im damit einhergehenden Beamtenverhältnis auf Widerruf belassen werden. Daraus folgt, dass die Zweijahresfrist des § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B grundsätzlich wegen des durch sie eingeräumten großzügigen Zeitraums zur Ablegung der Prüfung unbedenklich sein mag:
26So VG Köln, Beschluss vom 18. November 2015 – 19 L 2634/15 –, juris, Rn. 6 und VG Arnsberg, Beschluss vom 14. Juli 2017 – 2 L 1221/17 –, juris, Rn. 18. OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2017 – 6 B 918/17 –, juris, lässt die Frage hingegen unbeantwortet.
27Demgegenüber rechtfertigen die bezeichneten Erwägungen nicht eine derart starre Handhabung der Zweijahresfrist, wie sie der Antragsgegner durchführt, wenn er sie sogar einem wirksamen Prüfungsrücktritt vorgehen lassen will.
28Zunächst sind in Ansehung eines krankheitsbedingten Prüfungsrücktritts die den Staatsfinanzen drohenden finanziellen Nachteile von der Intensität her geringfügig. Es ist nicht erkennbar, dass die ernsthafte Möglichkeit bestünde, dass ein in Wahrheit ungeeigneter Prüfling sein Studium und die damit einhergehende Stellung als Widerrufsbeamter durch Prüfungsrücktritte in relevantem Umfang in ungerechtfertigter Weise verlängern könnte.
29Dafür sorgt zum einen § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A selbst, indem er den zurückgetretenen Prüfling zur Nachholung bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit verpflichtet. Damit legt er den Umfang der Zeitspanne zwischen Rücktritt und Nachholung in den Einflussbereich der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, welche es jederzeit in der Hand hat, das Wiederholungsangebot – etwa wenige Tage nach Gesundung des Prüflings – zu schaffen. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch im konkreten Fall eine Nachholung sehr zeitnah hätte erfolgen können. Die Gruppe B des Einstellungsjahrgangs 2016 hat gemäß „Übergangs-Studienverlaufsplan Fachbereich Polizei EJ 2016“ im direkten Anschluss an den Ablauf der Zweijahresfrist mit Ende des 31. August 2018 das Training des Moduls HS 2.6 absolviert, sodass sich ohnehin Studierende beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten Nordrhein-Westfalen befunden haben, bei dem die sachlichen Mittel zur Durchführung einer Laufbahnprüfung auch vorhanden sind. Der sonstige Aufwand der Durchführung einer Laufprüfung ist ohnehin sehr gering.
30Zum anderen verfügt die Prüfungsbehörde mit den Hinweisen zum Rücktritt aus triftigem Grund über eine ausreichende Handhabe, um Missbrauch in Form etwaiger „Kettenrücktritte“ zu begegnen. So behält sich der Prüfungsausschuss unter Gliederungspunkt b. vor, für die Glaubhaftmachung einer Prüfungsunfähigkeit ein amts- oder polizeiärztliches Attest zu verlangen. Zudem können längerfristige oder chronische Erkrankungen nicht zu einer nicht hinnehmbaren Verlängerung des Studiums respektive des Widerrufsbeamtenverhältnisses führen. Die Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund bezeichnen sog. Dauerleiden unter Gliederungspunkt b. zurecht nicht als triftigen Grund im Sinne einer Prüfungsunfähigkeit.
31Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Zweijahresfrist letztlich nicht auf zwingenden fachlichen Erwägungen basiert. Mit anderen Worten ist die erfolgreiche Absolvierung des streitgegenständlichen Leistungsnachweises bis zum Ende des zweiten Studienjahres für die weitere Absolvierung des insgesamt dreijährigen Studiums irrelevant. Das weitere Studium baut nicht etwa auf den für die Erbringung des Leistungsnachweises notwendigen Fähigkeiten auf. Vielmehr fußt die Einziehung der Zweijahresgrenze auf der generalisierten Erfahrung, dass ein Prüfling, dem es über zwei Jahre hinweg nicht gelungen ist, seine körperliche Eignung nachzuweisen, in aller Regel auch zukünftig eine hinreichende physische Leistungsfähigkeit nicht wird erlangen können. Eine solche Einschätzungsprärogative mag dem Normgeber grundsätzlich zuzubilligen sein, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass der Prüfling nach § 4 Abs. 4 Satz 2 StudO-BA Teil B über die beiden (offiziellen) Prüfungsversuche hinaus an weiteren Leistungsabnahmen teilnehmen kann. Der Charakter der Zweijahresfrist als bloß abstrakte Prognoseentscheidung gebietet aber mit Blick auf einen Prüfungsrücktritt eine Relativierung der Zweijahresfrist. Dies deshalb, weil der in der Zweijahresfrist verkörperte Erfahrungswert nur zum Tragen kommen kann, wenn dem Prüfling auch wirklich der entsprechende Zeitraum zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Verfügung gestanden hat. Wenn man aber dem Prüfling das Risiko einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit aufbürden würde, zwänge ihn dies faktisch zu einer deutlichen Vorverlagerung seiner Prüfung und würde ihm mithin die vollumfängliche Ausnutzung der Zweijahresspanne gerade verwehren. Es führt auch nicht weiter, darauf abzustellen, dass eine Erkrankung in der Sphäre des Studierenden anzusiedeln ist. Dies trifft zwar im Ausgangspunkt zu. Nach allgemeinen Grundsätzen des Prüfungs- und Beamtenrechts kommt es darauf aber nicht an, weil es nicht etwa – wie im Zivilrecht – um die billige Abgrenzung von Risiko- oder Haftungsbereichen, sondern um die Verwirklichung des bei entsprechender Befähigung und Eignung bestehenden grundrechtlichen Anspruchs auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) respektive auf Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG) geht. Auch mit Blick auf den in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnden Grundsatz der Chancengleichheit aller Prüflinge und die vom Kläger mit Recht angeführte Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist in diesen Rechtsgebieten vielmehr maßgeblich, ob den Prüfling beziehungsweise den Beamten ein Verschulden trifft. Dies ist bei einer Erkrankung aber in aller Regel und auch in Ansehung des streitgegenständlichen Sachverhalts nicht der Fall.
32II. Dem Antragsteller drohen ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile.
33Bei Verweisung des Antragstellers auf die Hauptsacheentscheidung droht diesem mit Blick auf seine berufsqualifizierende Ausbildung ein erheblicher und unwiederbringlicher Zeitverlust. Darüber hinaus läuft er Gefahr, die bislang im Rahmen des streitgegenständlichen Bachelorstudiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vergessen beziehungsweise zu verlernen, obgleich die weitere Bachelorprüfung teilweise auf diesen Inhalten aufbaut. Damit ist letztlich sein grundrechtlich abgesichertes Recht auf freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG von einer erheblichen Verletzung bedroht.
34Der hiesige Fall unterscheidet sich dabei – wie der Antragsteller zurecht anführt – in entscheidender Weise von der bereits vielfach entschiedenen Konstellation, die den vom Antragsteller zitierten Entscheidungen
35vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2018 – 6 B 53/18 –, juris, Rnrn. 2 ff. und Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2017 – 2 L 5140/17 –, juris, Rnrn. 7 ff., 14.
36zugrunde liegt.
37Dort ergaben sich das endgültige Nichtbestehen und in der Konsequenz das Ende des Beamtenverhältnisses auf Widerruf aus einer für den Antragsteller negativen Prüfungsentscheidung hinsichtlich des letztmöglichen Prüfungsversuchs (§ 22 Abs. 4 Hs. 1 BeamtStG i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 lit. b Var. 1 VAPPol II). Insoweit kann gegen die Beachtlichkeit des durch eine rechtswidrige Prüfungsentscheidung entstehenden Zeitverlustes mit Recht ins Feld geführt werden, dass es sich um eine regelmäßige und von den zitierten Regelungen in Kauf genommene Folge handelt. Denn nach diesen Regelungen endet das Beamtenverhältnis auf Widerruf – unabhängig von der Rechtmäßigkeit und dem Bestand der Prüfungsentscheidung – kraft Gesetzes an dem Tag, an dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird. Durch die Anknüpfung an dieses eindeutig fixierbare Ereignis schaffen die zitierten Normen entsprechend ihrem Sinn und Zweck sofort von einem Streit um die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung unabhängige Verhältnisse und damit in Bezug auf den beamtenrechtlichen Status unmittelbar Rechtsklarheit. Der tragende Grund dafür, das antragstellerseitige Interesse an möglichst nahtloser Fortführung seines Studiums zurücktreten zu lassen, ist mithin, die mitunter schwierige Frage nach der inhaltlichen Richtigkeit einer Prüfungsentscheidung außerhalb des mit voller Alimentation verbundenen Widerrufsbeamtenverhältnisses zu klären.
38Anders liegt es in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Antragsgegner unter Verweigerung einer Entscheidung über die Wirksamkeit des krankheitsbedingten Prüfungsrücktritts das endgültige Nichtbestehen nicht auf ein Scheitern im letztmöglichen Prüfungsversuch, sondern auf das bloße Verstreichen der Zweijahresfrist aus § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B stützt. Unter Beachtung dieser Umstände kann der für den bereits entschiedenen Lebenssachverhalt tragende Grund – die Verhinderung einer langwierigen inhaltlichen Überprüfung im mit Besoldung einhergehenden Widerrufsbeamtenverhältnis – für den vorliegenden Fall nicht zum Zuge kommen. Eine aufwändige inhaltliche Kontrolle einer Prüfungsentscheidung droht in Ermangelung einer solchen überhaupt nicht. Vielmehr hätte sich der Antragsgegner lediglich mit der Frage der Wirksamkeit eines krankheitsbedingten Rücktritts auseinanderzusetzen gehabt. Davon abgesehen, fehlt es in der hiesigen Konstellation an einem klaren Anknüpfungspunkt für den Eintritt des endgültigen Nichtbestehens und die Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf. Zum einen kommt das Ende des zweiten Studienjahres nach dem zum Anordnungsanspruch Ausgeführten insoweit nicht in Betracht, weil der wirksame krankheitsbedingte Rücktritt dem Fristablauf vorgeht, respektive die Zweijahresfrist im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nur so ausgelegt werden darf, dass sie vor Absolvierung eines rücktrittsbedingten Wiederholungsversuchs nicht auslaufen kann. Zum anderen kann nicht auf die gegenüber dem Antragsteller ergangene Mitteilung vom 31. August 2018 abgestellt werden, weil diese – mag sie auch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein – allenfalls einen formellen Verwaltungsakt darstellt. Ihr Regelungsgehalt kann demgegenüber richtigerweise allenfalls kraft Gesetzes nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2, Abs. 3 Satz 1 lit. b Var. 2 VAPPol II eintreten.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Halbierung des Auffangwertes sieht die Kammer ab, weil das Antragsbegehren des vorläufigen Rechtsschutzes hier auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache im Klageverfahren gerichtet ist (vgl. Ziff. 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
40Rechtsmittelbelehrung:
41(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
42Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
43Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
44Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
45Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –).
46Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
47(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
48Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
49Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
50Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
51Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
52War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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