Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 L 2402/21
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 8. November 2021 gestellte Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Antragsteller auf der Grundlage der Untersuchungsanordnung des M. NRW vom 0. P. 2021 in Gestalt der Verfügung vom 0. O. 2021 amtsärztlich untersuchen zu lassen,
4hat keinen Erfolg.
5A. Es kann dahingestellt bleiben, ob isolierter Rechtsschutz gegen die Untersuchungsanordnung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW trotz der Regelung des § 44a VwGO zulässig ist.
6Ablehnend jedenfalls: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 –, juris.
7B. Der Antrag wäre jedenfalls unbegründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Das wäre nur der Fall, wenn die Gefahr bestünde, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hiervon ist jedoch nicht auszugehen, denn bei der im Eilverfahren allein möglichen, aber auch gebotenen summarischen Prüfung ist der Antragsteller aufgrund der Anordnung des Antragsgegners vom 0. P. 2021 verpflichtet, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.
8Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW ist ein Beamter verpflichtet, sich nach Weisung der dienstvorgesetzten Stelle ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit bestehen.
9Zweifel an der Dienstfähigkeit sind regelmäßig bereits dann begründet, wenn der Beamte über einen längeren Zeitraum, insbesondere in dem in § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW festgelegten Umfang (d.h. drei Monate innerhalb von sechs Monaten) oder sogar noch darüber hinaus dienstunfähig erkrankt ist. Versieht ein Beamter über einen solchen erheblichen Zeitraum krankheitsbedingt keinen Dienst, liegt es nahe, dass dies (auch) auf einer Erkrankung beruhen kann, die die Dienstunfähigkeit begründet.
10Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. September 2018 – 6 B 860/18 –, juris, Rn. 12.
11Nach dieser Maßgabe begegnet die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung bei summarischer Prüfung keinen rechtlichen Bedenken. Der Antragsgegner stützt seine Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers auf den Umstand, dass er bereits seit dem 00. K. 2021 durchgehend dienstunfähig erkrankt ist.
12Soweit der Antragsteller geltend macht, die Untersuchungsanordnung genüge nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ist dem entgegenzuhalten: Es ist richtig, dass die an einen Beamten gerichtete Aufforderung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um seine Dienstfähigkeit zu überprüfen, aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden formellen und inhaltlichen Anforderungen unterliegt. Diese betreffen die Angabe der Gründe, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und die Bestimmung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung. Diese Anforderungen gelten jedoch nicht absolut, sondern können vom Dienstherrn nur nach dem ihm vorliegenden Erkenntnisstand erfüllt werden. Hat die Behörde keinerlei weitergehende Erkenntnisse als die, dass und in welchem Umfang der Beamte krankheitsbedingte Fehltage aufweist, kann sie auch nur dies als Grund für ihre Zweifel an der dauernden Dienst(un)fähigkeit des Beamten anführen; ist den vom Beamten eingereichten ärztlichen Attesten (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen, „Krankschreibungen“) - wie vielfach - kein Grund der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu entnehmen und ist ein solcher Grund von dem Beamten auch nicht anderweitig freiwillig offenbart oder sonst wie bekannt geworden, kann die Behörde - naturgemäß - auch die Art und den Umfang der ärztlichen Untersuchung nicht näher eingrenzen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2018 – 2 VR 3.18 –, juris, Rn. 6.
14Soweit der Antragsteller einwendet, die oben dargestellten Grundsätze seien überholt, da aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2020,
152 BvR 652/20, juris,
16abzuleiten sei, dass in jeder Untersuchungsanordnung neben näheren Umständen, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit ergeben, auch Art und Umfang der durchzuführenden Untersuchung zu benennen seien, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Eine solche Aussage lässt sich der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen. Zum einen hatte das Bundesverfassungsgericht nicht zu der hier vorliegenden Konstellation fehlender Erkenntnisse über den Gesundheitszustand des Beamten zu entscheiden. Zum anderen betont auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung, dass trotz der strengen Bindung des Dienstherrn an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Anforderungen, die an die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gestellt werden, nicht so hoch seien, dass der Dienstherr sie praktisch nicht mehr erfüllen kann.
17Vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 21. Oktober 2020 – 2 BvR 652/20 –, juris, Rn. 36.
18Dieser Maßgabe widerspräche es, in Fällen einer auf § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gestützten Untersuchungsanordnung nähere Angaben zu den Umständen, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit ergeben und zu Art und Umfang der durchzuführenden Untersuchung zu fordern. Diese hängen nämlich ganz wesentlich davon ab, welche – dem Dienstherrn in solchen Fällen mangels Mitteilung einer bestimmten Diagnose regelmäßig nicht bekannten – Symptome der Beamte gegenüber dem Amtsarzt zur Begründung der angenommenen krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit macht.
19Dies zugrunde gelegt genügt die streitbefangene Untersuchungsanordnung vom 0. P. 2021 den an sie zustellenden Anforderungen. Weitere Angaben dazu, dass und warum die zugrunde liegenden Erkrankungen Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers begründen oder zu Art und Umfang der Untersuchung waren nicht erforderlich, weil sie nicht möglich waren. Weder hat der Antragsteller geltend gemacht, noch ist sonst ersichtlich, dass dem Antragsgegner über die seit dem 00. K. 2021 andauernden krankheitsbedingten Fehlzeiten hinaus Erkenntnisse vorlagen, aus denen sich tragfähige Anhaltspunkte für die der Krankschreibung zugrunde liegende Erkrankung ergaben. Solche ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem nach Erlass der Untersuchungsanordnung eingereichten „Fachärztlichen Attest“ der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. . N. vom 00. P. 2021. Es beschränkt sich im Kern auf die Behauptung, der gesundheitliche Zustand des Antragstellers habe sich stabilisiert und eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit sei zum Ende der bis zum 00. G. 2022 avisierten Wiedereingliederung zu erwarten. In Ermangelung einer Diagnose oder einer sonstigen Umschreibung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers liegen damit keine tragfähigen Erkenntnisse vor, die geeignet wären, Art und Umfang der Untersuchung näher einzugrenzen oder gar die nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG anzustellende Prognose treffen zu können.
20Schließlich stellt sich die Untersuchungsanordnung auch nicht als widersprüchlich oder gar willkürlich dar, weil der Antragsgegner entsprechend der Empfehlung der Fachärztin einer Wiedereingliederung des Antragstellers ab dem 00. O. 2021 zugestimmt hat. Ein Wertungswiderspruch zu der Annahme von Zweifeln an der Dienstfähigkeit ist darin nicht zu erkennen.
21C. Die Kosten waren gemäß § 154 Abs. 1 VwGO dem Antragsteller aufzuerlegen.
22E. . Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Regelstreitwerts von 5.000 € hat die Kammer abgesehen, da der Antragsteller mit seinem Rechtsschutzbegehren - wenn auch zeitlich bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache begrenzt - im Wesentlichen auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
23Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019 - 2 VR 5.18 -, juris.
24Rechtsmittelbelehrung:
25(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
26Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
27Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
28Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
29Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
30Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
31(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
32Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
33Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
34Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
35Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
36War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Referenzen
- Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 VR 5/18 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 123 1x
- VwGO § 67 1x
- §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 652/20 2x (nicht zugeordnet)
- 6 B 860/18 1x (nicht zugeordnet)
- BeamtStG § 26 Dienstunfähigkeit 3x
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