Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 7 K 4976/19
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2019 verpflichtet, die am 26. Juni 2019 durchgeführte Veranstaltung „Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“ als Fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der Fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs Fortbildungspunkten zu bewerten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Bei der Klägerin handelt es sich um ein pharmazeutisches Unternehmen, welches eine Vielzahl von Arzneimitteln unter ihrem Namen in Deutschland in den Verkehr bringt. Außerdem unterstützt oder führt sie selbst ärztliche Fortbildungsveranstaltungen und Kongresse durch. Daneben betreibt sie an mehreren Standorten, u.a. auch in Deutschland größere Forschungszentren und fördert Forschungsvorhaben Dritter. Zudem ist sie Mitglied im Verband der forschenden Arzneimittelunternehmer.
3Mit der Klage begehrt sie die Anerkennung einer von ihr am 26. Juni 2019 durchgeführten Fortbildungsveranstaltung.
4Am 15. Mai 2019 beantragte sie bei der Beklagten die Anerkennung der von ihr am 26. Juni 2019 in den Räumen der nuklearmedizinischen Ambulanz der Uniklinik F. geplanten Fortbildungsveranstaltung „Sono-Kurs 2019, Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“. Als wissenschaftliche Leitung (Kursleiterin) wurde PD Dr. med. J. C. genannt. Außerdem übermittelte sie u.a. das Einladungsschreiben, den Ablaufplan, auf welchen sich auf jeder Seite ihr Firmenlogo befindet, das Anmeldungsformular, auf welchem ein Ansprechpartner der Klägerin aufgeführt ist und Konformitätserklärungen von ihr als Veranstalterin und der wissenschaftlichen Leitung sowie Erklärung zu finanziellen und nicht-finanziellen Interessen für Referenten und Kursleiter der wissenschaftlichen Leitung und der übrigen Referenten.
5Mit Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 2019 lehnte die Beklagte die Anerkennung der vorgenannten Veranstaltung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Gemäß § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur Fortbildungsordnung dürften Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen Elemente von Firmen- und/oder Produktwerbung aufweisen. In den Antragsunterlagen würden die Teilnehmer von der Klägerin eingeladen. Auf der Einladung und dem Ablaufplan sei das Logo der Klägerin abgebildet. Das erwecke den Eindruck, dass die Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sei und verstoße deshalb gegen die Bestimmungen der Beklagten. Dem Bescheid ist eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bescheides Klage erhoben werden könne.
6Mit E-Mail vom 11. Juni 2019 legte die Klägerin dagegen „Widerspruch“ ein und bat die Beklagte, den Antrag noch einmal zu prüfen. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dieses Veranstaltungsformat finde mit ca. 32 Einzelveranstaltungen deutschlandweit in dieser Form im dritten Jahr statt. In den vergangenen Jahren seien für die Veranstaltung Fortbildungspunkte durch die Beklagte anerkannt worden. Der Ablauf und die Unterlagen seien nicht verändert worden. Alle Vorträge seien strikt auf Wissenschaft und Forschung bezogen und hätten keinerlei Produktbezug.
7Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es nach nochmaliger Überprüfung bei dem angegriffenen Bescheid bleibe.
8Die in Rede stehende Veranstaltung wurde am 26. Juni 2019 in den Räumen der Ambulanz der Nuklearmedizin der Uniklinik F. durchgeführt.
9Am 1. Juli 2019 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend macht, die Klage sei zulässig und begründet. Der Bescheid sei ausweislich des darauf befindlichen Eingangsstempels des Eventmanagement am 3. Juni 2019 bei ihr eingegangen, so dass die Klage fristgerecht erhoben sei. Ungeachtet dessen sei die Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend, weil eine Zustellung des Bescheides weder vorgesehen noch erfolgt sei. Der Zulässigkeit der Klage stehe auch nicht entgegen, dass die Veranstaltung schon durchgeführt worden sei. Zwar sähen § 7 Abs. 1 der Fortbildungsordnung der Beklagten (FBO) und § 5 Abs. 1 der Richtlinie zur FBO vor, dass die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich vor ihrer Durchführung erfolge und eine nachträgliche Anerkennung grundsätzlich nicht möglich sei. Das könne sich jedoch nur auf den dafür erforderlichen Antrag beziehen. Eine nachträgliche Anerkennung müsse jedoch möglich sein, wenn das Anerkennungsverfahren ordnungsgemäß durchlaufen sei und lediglich Streit über das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen bestünde.Letztere lägen auch vor. Das auf den vorgelegten Unterlagen aufgebrachte Logo könne nicht den Eindruck erwecken, dass die Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sei. Dabei handele es sich nicht um ein „sonstiges Element von Firmen- und/oder Produktwerbung“. Vielmehr stelle dies eine übliche Gestaltung von Geschäftsunterlagen dar. Zudem diene es der in dem ersten Spiegelstrich des § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO geforderten Herstellung der Transparenz der Sponsoren. Auch unter Berücksichtigung von Abschnitt 6 der Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer, wonach Art und Höhe der Sponsorleistungen zu nennen seien und die Nennung nicht als Marketingmittel missbraucht werden dürfe, könne die bloße Verwendung eines Firmenlogos nicht als Missbrauch angesehen werden. In § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO sei nicht bestimmt, dass das Logo nur auf der letzten Seite des Programms genannt werden dürfe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich inwieweit dieses die Natur der Fortbildungsmaßnahme beeinflusse oder auch nur beeinflussen könne. Aus § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO ergebe sich nicht, dass die Einladung nur von dem wissenschaftlichen Leiter ausgesprochen werden könne, vielmehr könne auch sie selbst als Veranstalterin die Einladung aussprechen. Schließlich enthalte die Einladung mit dem Hinweis auf eine verbesserte Jodversorgung keine Werbung für ihre Produkte, insbesondere auch nicht für die von ihr hergestellten und in den Verkehr gebrachten Jodtabletten.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22. Mai 2019 zu verpflichten, die am 26. Juni 2019 durchgeführte Veranstaltung „Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonographie“ als Fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der Fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs Fortbildungspunkten zu bewerten.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung macht sie u.a. geltend, die Klage sei wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig. Der Ablehnungsbescheid habe das Haus der Beklagten entsprechend dem „Leistungsverzeichnis für die Ärztekammer Nordrhein“ bereits am 22. Mai 2019 verlassen und wäre nach typischen Geschehensablauf der Klägerin am 23. Mai 2019 zugegangen. Im Softwaresystem sei am 22. Mai 2019 ein Abvermerk vermerkt worden. Der Bescheid sei am 22. Mai 2019 gedruckt und unterschrieben worden. Von dem Originalbescheid sei eine Kopie erstellt und im Ordner „Schriftswechsel“ abgelegt worden. Der Originalbescheid sei in die Post gegeben worden. Ein Brief verlasse tagegleich das Haus. Die Zugangsvermutung des § 41 Abs. 2 VwVfG NRW müsse auch hier gelten, da der Postzugang am 3. Juni 2019 aller Lebenswahrscheinlichkeit widerspreche. Ein atypischer Geschehensablauf sei von der Klägerin nicht dargelegt worden. Dies könne auch nicht mehr im Nachhinein erfolgen. Der Eingangsstempel der Klägerin könne einen späteren Eingang nicht belegen, weil er sich ersichtlich nicht auf den Eingang bei der Klägerin sondern auf den internen Eingang bei der zuständigen Abteilung beziehe.
15Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO müsse für jede Maßnahme ein wissenschaftlicher Leiter bestimmt werden, der verantwortlich für die Auswahl der Themen und Referenten sowie „für die unabhängige, umfassende und ausgewogene Information der Teilnehmerinnen und Teilnehmer“ verantwortlich sei. Dazu gehöre auch, dass der wissenschaftliche Leiter die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu der von ihm verantworteten Veranstaltung einlade. Die Einladung sei hier jedoch von der Klägerin auf ihrem Briefpapier erfolgt. Die Klägerin verstoße auch gegen § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur FBO, wonach der Sponsor nur auf der letzten Seite des Programms genannt werden dürfe, die Nennung nicht als Marketingmittel missbraucht werden dürfe und u.a. Einladungen und Programme keine sonstigen Elemente von Firmen-/Produktwerbung aufweisen dürften. Gerade wenn wie hier Veranstalter und Sponsor zusammen fielen, müsse der Grundsatz der Neutralität und Transparenz besonders beachtet werden. Dem widerspreche es, dass die Klägerin die Einladung im eigenen Namen auf eigenem Briefpapier verfasst habe und auf jeder Seite des Ablaufplans sowie der Einladung ihr Logo in Großbuchstaben prominent platziert sei. Dadurch werde die Nennung als Marketingmittel missbraucht. Jeder, der den Sono-Kurs besuche, solle die Klägerin damit in Verbindung bringen. Unzulässig sei auch die verdeckte Produktwerbung in der Einladung, in welcher die Klägerin die verbesserte Jodversorgung der Bevölkerung erwähne und damit Werbung für die von ihr hergestellten Jodtabletten in die Einladung integriert habe. Auch die von der Klägerin selbst initiierte Schilddrüseninitiative Q. werde darin beworben. Durch die Anerkennung einer Veranstaltung werde berufsrechtliche Unbedenklichkeit signalisiert, daher sei eine Ablehnung schon dann auszusprechen, wenn Bedenken bestünden. Letztlich bestünden auch Zweifel an der Arztöffentlichkeit der Veranstaltung gem. § 8 Abs. 2 FBO, weil ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin in der Anmeldung benannt werde. Wenn die Anmeldungen ausschließlich über die Klägerin erfolgt seien, läge ein weiterer Ablehnungsgrund vor.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ha Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
19Die Klage ist zulässig. Sie ist fristgerecht erhoben. Gemäß § 74 Abs. 2 und 1 VwGO muss die Klage, wenn – wie hier – gemäß § 110 Abs. 1 S. 2 JustG NRW ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts Klage erhoben werden. Der Lauf der Klagefrist setzt daher die wirksame Bekanntgabe des Verwaltungsakts und eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, vgl. § 58 VwGO, voraus.
20Wann vorliegend die Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 22. Mai 2019 durch einfachen an die Klägerin gerichteten Brief erfolgt ist, ist zweifelhaft, kann aber offenbleiben, weil die dem angegriffenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend ist.
21Die Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsakts ist analog § 130 BGB anzunehmen, wenn dem Betroffenen der Verwaltungsakt mit Willen und Wissen der Behörde eröffnet wird und dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat,
22vgl. Ramsauer/Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 20. Aufl. 2019, § 41 Rn. 6.
23Für einen schriftlichen Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, bestimmt § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG NRW, dass dieser am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Das gilt nach Satz 3 der Vorschrift jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und im Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Der Eintritt der Zugangsfiktion setzt daher voraus, dass der Zeitpunkt der Aufgabe zur Post bekannt ist.
24Vorliegend kann offen bleiben, ob der Tag der Aufgabe zur Post, der sich nicht aus einem sonst üblichen Abvermerk mit Datum und Paraphe in den übersandten Akten der Beklagten ergibt,
25vgl. dazu Ramsauer/Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 20. Aufl. 2019, § 41 Rn. 39b
26mit dem Hinweis auf das Leistungsverzeichnis über Inhauspost der Beklagten und dem Abvermerk im Softwaresystem hinreichend nachgewiesen werden kann. Ebenso kann offen bleiben, ob die Klägerin einen späteren Eingang des angegriffenen Bescheides durch den auf diesem befindlichen Eingangsstempel des Eventmanagements nachgewiesen hat. Insoweit räumt sie selbst ein, dass das Schriftstück nicht schon bei Eingang in ihren Machtbereich einen Stempel erhält, sondern erst dann, wenn die Post intern auf die zuständige Abteilung verteilt worden ist. Das mag – wie die Klägerin behauptet – in der Regel am gleichen Tag geschehen. Ob dies im vorliegenden Fall tatsächlich so gewesen ist, lässt sich jedoch mangels Eingangsstempels der Poststelle nicht sicher feststellen.
27Das kann aber letztlich alles dahinstehen, weil die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO nicht in Lauf gesetzt worden ist; vielmehr war die Erhebung der Klage gemäß § 58 Abs. 2 VwGO binnen eines Jahres möglich. Danach ist die Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb eines Jahres seit der Zustellung Eröffnung oder Verkündung zulässig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist unrichtig, wenn die darin enthaltenen Angaben geeignet sind, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs nennenswert zu erschweren,
28vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Auflage 2019, § 58 Rn. 12.
29So liegt der Fall hier. Die dem angegriffenen Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautet: „Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Klage erhoben werden …“. Nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO ist die Klage jedoch für den Fall, dass – wie hier – ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Das Gesetz knüpft den Lauf der Klagefrist mithin nicht an die Zustellung des Bescheides, sondern an dessen bloße Bekanntgabe. Die Formulierung, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats „nach seiner Zustellung“ Klage erhoben werden kann, ist auch geeignet, die Erhebung der Klage für die Klägerin zu erschweren. Ihr war der Bescheid nicht zugestellt worden, sondern lediglich mit einfachen Brief übersandt worden. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsmittelbelehrung war daher geeignet, bei der Klägerin die Vorstellung hervorzurufen, dass die Klagefrist nur bei einer förmlichen Zustellung des Bescheides in Lauf gesetzt wird, nicht aber bei einer schlichten Bekanntgabe und daher mangels Zustellung des Bescheides noch gar nicht läuft. Durch die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung war der Klägerin zudem der Zugang zu der für die Fristberechnung maßgeblichen Vorschrift des § 41 Abs. 2 VwVfG NRW erschwert,
30vgl. zur Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung bei der Formulierung Zustellung statt Bekanntgabe: OVG NRW, Beschlüsse vom 4. März 2004 – 16 E 641/02 –, vom 14. April 1987 – 14 A 1626/86 – und vom 21. Januar 1986 – 14 B 2369/85 –, jeweils juris.
31Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt der Klägerin nicht deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die in Rede stehende Fortbildungsveranstaltung, für die sie die Anerkennung erstrebt, bereits stattgefunden hat.
32Das Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses der Klägerin ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Fortbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 23. November 2013 (FBO) sowie § 95d Abs. 3 SGB V.
33Dazu hat das OVG NRW in seinem Beschluss vom 14. Juni 2013 – 13 A8 189 / 11 – ausgeführt:
34„Nach § 5 der Satzung wird ein Fortbildungszertifikat erteilt, wenn der Arzt oder die Ärztin innerhalb eines der Antragstellung vorausgehenden Zeitraums von fünf Jahren Fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, die in der Summe 250 Punkte erreichen. Da die streitgegenständliche Veranstaltung im August 2008 durchgeführt wurde, wäre ihre - auf dem Rechtsweg durchgesetzte - Anerkennung für teilnehmende Ärzte im Hinblick auf ein von diesen bis zum August 2013 beantragtes Fortbildungszertifikat noch immer von Nutzen.
35Darüber hinaus kann nach § 95d Abs. 3 Satz 4 und 5 SGB V ein Vertragsarzt die für einen Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung noch binnen zwei Jahren nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums ganz oder teilweise nachholen, wodurch eine ansonsten zwingende Honorarkürzung endet. Folglich ist eine gerichtliche Verpflichtung zur Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme für die Teilnehmer auch noch innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der Fünfjahresfrist von Nutzen. Für eine ansonsten drohende Entziehung der Zulassung mangels Fortbildung ergibt sich dies aus § 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V.
36Solange eine nachträgliche Anerkennung einer Veranstaltung für die teilnehmenden Ärzte noch von Nutzen ist, hat auch der für die jeweilige Zertifizierung antragsberechtigte Veranstalter wegen der damit für ihn verbundenen Werbewirkung noch ein Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Zertifizierung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Thema der Veranstaltung wie hier einen zentralen Aufgaben- bzw. Wirkungsbereich des Veranstalters betrifft.
37Es ist auch nicht erkennbar, dass den Erfolgsaussichten eines Verpflichtungsbegehrens des Klägers nach Abschluss der Fortbildung § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung "Fortbildung und Fortbildungszertifikat" der Beklagten entgegenstünde. Danach können "grundsätzlich" nur solche Fortbildungsmaßnahmen der Kategorien A bis D, G und H (im Sinne des § 6 Abs. 2) der Erteilung des Zertifikats zugrundegelegt werden, welche vor ihrer Durchführung von einer Ärztekammer anerkannt worden sind.
38Die Verwendung des Begriffs "grundsätzlich" ohne Nennung von Kriterien für die Annahme eines Regel- bzw. eines Ausnahmefalls dürfte bereits zu unbestimmt sein. Jedenfalls verstieße diese Vorschrift gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn sie auch für den Fall der - seitens des Klägers vorgenommenen - fristgerechten Einreichung des Anerkennungsantrags regelmäßig eine Berücksichtigung von Veranstaltungen ausschließen würde, die nicht noch vor ihrem Beginn anerkannt worden sind.
39Bei einem solchen Normverständnis hätte es die Beklagte selbst in der Hand, durch Verzögerung der Antragsbearbeitung die Anerkennung einer Veranstaltung bzw. deren Nutzen für das Fortbildungszertifikat der Teilnehmer zu verhindern. Daher hat die Beklagte ihren Ablehnungsbescheid zu Recht weder auf die bereits eingetretene Beendigung der Veranstaltung noch auf § 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung "Fortbildung und Fortbildungszertifikat" gestützt.
40Schließlich dürfte das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) einer Beurteilung eines Verpflichtungsbegehrens als unzulässig allein wegen bereits erfolgter Durchführung der Fortbildungsveranstaltung entgegenstehen. Das streitgegenständliche Verwaltungsverfahren verdeutlicht exemplarisch, dass eine Entscheidung der Beklagten über fristgerecht eingereichte Anträge auf Anerkennung auch ohne schuldhaftes Zögern nicht immer bis zur Durchführung der jeweiligen Fortbildungsveranstaltungen möglich ist, z.B. weil gewisse Unterlagen nachgefordert werden müssen oder weil zeitliche Verzögerungen wegen personeller Engpässe (Krankheit, Urlaub, Mutterschutz) bei der Beklagten oder bei den - satzungsgemäß - vor einer Entscheidung um Stellungnahme gebetenen Sektionsvorständen eintreten. Effektiver Rechtsschutz wird sich in diesen Fällen regelmäßig nicht bzw. nur in beschränktem Maße im Rahmen eines - auf Vorwegnahme der Hauptsache - gerichteten Eilverfahrens nach § 123 VwGO erzielen lassen.
41Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06 -, NVwZ 2007, 227 (228).“
42Im Ergebnis ebenso: VG München, Urteil vom 17. Juni 2021 – M 27 K 19.5022 – und VG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2014 – 9 K 150.12 –, juris.
43Diesen Ausführungen schließt sich die Einzelrichterin auch bezogen auf die aktuelle Fortbildungsordnung vom 23. November 2013 (FBO) an. Nach § 5 Abs. 2 FBO wird einer Ärztin oder einem Arzt ein Fortbildungszertifikat erteilt, wenn er innerhalb eines der Antragstellung vorausgegangenen Zeitraums von fünf Jahren Fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, welche in ihrer Summe die nach den Bestimmungen des § 6 ermittelte Mindestbewertung von 250 Punkten erreichen, sodass eine Anerkennung der in Rede stehenden, am 26. Juni 2019 durchgeführten Veranstaltung für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte noch für ein bis zum Juni 2024 beantragtes Fortbildungszertifikat von Nutzen wäre. Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte wäre die Anerkennung dieser Fortbildungsmaßnahme gemäß § 95d Abs. 3 S. 4 und 5 SGB V sogar noch innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf der Fünfjahresfrist von Nutzen, sodass der Veranstalter aufgrund der damit für ihn verbundenen Werbewirkung bis zum Ablauf dieses Zeitraums ein Rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Zertifizierung seiner Veranstaltung hat.
44Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.
45Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; die Klägerin gegen die Beklagte hat einen Anspruch auf die begehrte Zertifizierung der Fortbildungsveranstaltung vom 26. Juni 2019 „Sono–Kurs 2019 – Auffrischungskurse in der Schilddrüsensonografie“ mit sechs Fortbildungspunkten.
46Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf die Zertifizierung der genannten Fortbildungsveranstaltung sind §§ 7 und 8 der gemäß § 23 Abs. 1 Heilberufsgesetz (HeilBerG) NRW als Satzung erlassenen Fortbildungsordnung der Beklagten.
47Entsprechend § 3 Abs. 1 Nr. 4 HeilBerG NRW ist die Ärztekammer für die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltung zuständig. Gemäß § 7 Abs. 1 FBO erfolgt die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen gegenüber dem Veranstalter, das ist vorliegend die Klägerin.
48Nach § 8 Abs. 1 FBO setzt die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen voraus, dass1. die Fortbildungsinhalte den Zielen der Fortbildungsordnung entsprechen;2. die Vorgaben der Berufsordnung eingehalten werden;3. die Inhalte frei von wirtschaftlichen Interessen sind und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten offengelegt werden.Nach Abs. 2 soll die Fortbildungsmaßnahme arztöffentlich sein. Abs. 3 bestimmt außerdem, dass für Fortbildungsmaßnahmen der Kategorie des § 6 Abs. 3 grundsätzlich eine Ärztin oder ein Arzt als wissenschaftliche Leiterin oder wissenschaftlicher Leiter bestellt und bei Präsenzfortbildungen anwesend sein muss. Die bestellte wissenschaftliche Leiterin oder der wissenschaftliche Leiter muss eine Selbstauskunft über mögliche Interessenkonflikte vorlegen. Schließlich verlangt § 8 Abs. 3 S. 3 FBO, dass Interessenkonflikte des Veranstalters, der wissenschaftlichen Leitung und der Referentin und Referenten gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Fortbildungsmaßnahme offengelegt werden.
49Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die am 26. Juni 2019 durchgeführte Fortbildungsmaßnahme der Klägerin „Sono-Kurs 2019 – Auffrischungskurs in der Schilddrüsensonografie“ erfüllt.
50Die Fortbildungsinhalte der Veranstaltung entsprachen den Zielen der Fortbildungsordnung. Gemäß § 1 FBO dient die Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten dem Erhalt und der kontinuierlichen Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz zur Gewährleistung einer hochwertigen Patientenversorgung und Sicherung der Qualität ärztlicher Berufsausübung. Inhaltlich soll die Fortbildung nach § 2 FBO unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und medizinischer Verfahren das zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der beruflichen Kompetenz notwendige Wissen in der Medizin und der medizinischen Technologie vermitteln. Sie soll sowohl fachspezifische als auch interdisziplinäre und fachübergreifende Kenntnisse, die Einübung von klinisch-praktischen Fähigkeiten sowie die Verbesserung kommunikativer und sozialer Kompetenzen umfassen.
51Die in Rede stehende Fortbildungsmaßnahme der Klägerin, mit einem zunächst knapp einstündigen Vortrag zur Schilddrüsensonografie und Diagnostik und anschließender angeleiteter praktischer Übung, bei der zunächst die Grundeinstellung des Sonografie-Gerätes für aussagekräftige Sonobilder geübt, anschließend gegenseitige Sonographien der Teilnehmer einschließlich volumetrischer Bestimmung der Schilddrüse und Befunddokumentation vorgenommen und schließlich Patienten mit unterschiedlichen Schilddrüsenerkrankung wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Knotenstruma und autonomen Adenom oder Schilddrüsenteilresektion vorgestellt werden, entspricht den in §§ 1 und 2 FBO genannten Zielen und Inhalten. Denn sie ist geeignet, die berufliche Kompetenz in der Handhabung der Sonografie-Geräte und im Bereich der Sonografie speziell der Schilddrüse zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das wird von der Beklagten letztlich nicht bestritten.
52Auch werden die Vorgaben der Berufsordnung eingehalten. Die an der Veranstaltung der Klägerin teilnehmenden Ärzte verletzen mit ihrer Teilnahme nicht die ihnen in §§ 30 ff der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 14. November 1998 in der Fassung vom 16. November 2019 (BO) auferlegten Pflichten zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten. Insbesondere verstoßen sie nicht gegen das in § 32 (BO) enthaltene Verbot unerlaubter Zuwendungen. Dabei kann dahinstehen, ob die Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme von der Einhaltung dieser Satzungsbestimmung überhaupt abhängig gemacht werden darf, weil diese ihrem Wesen nach ausschließlich an die Pflichtmitglieder der Beklagten adressiert ist und möglicherweise nicht auf die Rechtsausübung außenstehender Dritter, wie der Klägerin, erstreckt werden kann,
53vgl. dazu VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2020 - 17 K 1326 / 20 –, S. 16 des UA.
54Die kostenlose Teilnahme an der von der Klägerin durchgeführten Veranstaltung ist für die teilnehmenden Ärzte nicht berufswidrig. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 BO ist die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. In Satz 2 der Vorschrift ist zudem bestimmt, dass der für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil unangemessen ist, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinausgeht. Nach Abs. 3 ist die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring) ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring ist bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offenzulegen.Diesen Anforderungen genügt die Veranstaltung der Klägerin. Das Sponsoring ist auf dem Anmeldeformular offengelegt. Die teilnehmenden Ärzte haben mit ihrer für sie kostenfreien Teilnahme an der Veranstaltung und dem anschließenden ebenfalls kostenfreien Imbiss mit Getränken auch nicht gegen ihre Verpflichtung verstoßen, geldwerte Vorteile nur in angemessener Höhe und bei der Teilnahme von wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen nur in Form notwendiger Reisekosten und Tagungsgebühren anzunehmen, da die Gesamtaufwendungen der Klägerin für die Veranstaltungen von insgesamt 1.495,- Euro bei 15 erwarteten Teilnehmern und vier Zeitstunden nicht unangemessen sind und die den teilnehmenden Ärzten gewährten Vorteile über das, was mit den Tagungsgebühren üblicherweise abgedeckt wird, nicht hinausgehen.
55Die von der Klägerin angebotene Fortbildungsmaßnahme erfüllt schließlich auch die Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO. Der Inhalt ist frei von wirtschaftlichen Interessen und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten sind offengelegt.
56Bei dem Erfordernis der Freiheit von wirtschaftlichen Interessen handelt es sich der Sache nach um einen in eine Anspruchsvoraussetzung gekleideten Ausschlusstatbestand, für den die Beklagte darlegungs– und beweispflichtig ist,
57vgl. VG Hamburg, Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 – S. 21 UA.
58Diesen Nachweis hat die Beklagte nicht geführt.
59Insoweit stützt sie ihre gegenteilige Ansicht unter Bezugnahme auf die von ihr erlassene Richtlinie zur FBO darauf, dass die Einladung zu der Veranstaltung nicht durch den wissenschaftlichen Leiter, sondern die Klägerin als Veranstalterin und als Sponsor der Fortbildungsveranstaltung erfolgt ist, sich auf der Einladung und jeder Seite des vorgelegten Ablaufplans das Firmenlogo der Klägerin befindet, und sie mit dem Hinweis in ihrer Einladung auf die Notwendigkeit ausreichender Jodversorgung und auf die von ihr initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. Werbung für von ihr hergestellte Jodtabletten und für die von ihr initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. macht.
60Die so begründete Versagung der Beklagten hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei dem Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO, dass „der Inhalt frei von wirtschaftlichen Interessen sein soll“, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt im Wege einer teleologischen Auslegung zu ermitteln ist. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist die praktische Umsetzung der in der Fortbildungsordnung normierten Fortbildungsziele und Fortbildungsinhalte zu gewährleisten. Hierdurch soll ein wichtiger Beitrag zur Wahrung und Verbesserung der ärztlichen Handlungskompetenz und damit der anhaltend guten ärztlichen Versorgung der Bevölkerung erbracht werden. Dieser Zweck erfordert es, dass eine Fortbildungsmaßnahme inhaltlich ausschließlich an den Kategorien der fachlichen Richtigkeit und Relevanz orientiert ist. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Fortbildungsinhalte im Hinblick hierauf nicht ökonomischen Interessen (Dritter) untergeordnet oder auch nur nachgeordnet werden dürfen,
61vgl. VG Hamburg Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 –,
62und dient damit der Gewährleistung des für die ärztliche Berufsausübung elementaren Grundsatze der ärztlichen Unabhängigkeit (§ 30 BO).
63Das Freisein der Fortbildungsinhalte von wirtschaftlichen Interessen schreibt auch § 95d SGB V vor, der die Pflicht der Vertragsärzte zur fachlichen Vorbildung regelt. Dieses Erfordernis soll einem Interessenkonflikt zwischen medizinischen Notwendigkeiten und ökonomischen Begehrlichkeiten vorbeugen und deutlich machen, dass strikt fachbezogene Fortbildungsinhalte zu gewährleisten sind,
64vgl. VG Berlin, Urteil vom 27. Februar 2014 – 9 K 150.12 –, juris Rn. 22.
65Nach der Gesetzesbegründung zu § 95d SGB V sind Fortbildungsinhalte insbesondere dann nicht frei von wirtschaftlichen Interessen, wenn ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, ein Medizinprodukthersteller, ein Unternehmen vergleichbarer Art oder eine Vereinigung solcher Unternehmen eine produktbezogene (Hervorhebung durch das Gericht) Informationsveranstaltung durchgeführt oder den Teilnehmern an einer solchen Veranstaltung entsprechende Mittel zuwendet,
66vgl. Bundestagsdrucksache 15/1525, S. 110.
67Dementsprechend sehen die Empfehlung zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer vom 24. April 2015 unter Punkt 3 „Fortbildungsinhalte“ in Abs. 3 Spiegelstrich 11 vor, dass die Fortbildungsinhalte unabhängig von ideologischen und wirtschaftlichen Interessen sein müssen.
68Angesichts dieses Sinn und Zwecks des § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO steht daher nicht jedes wirtschaftliche Interesse, das ein Veranstalter oder Sponsor mit der Durchführung oder (finanziellen) Unterstützung der Veranstaltung verbindet, der Anerkennung entgegen, da andernfalls ökonomisch motiviertes Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen faktisch ausgeschlossen wäre, obwohl dies gesetzlich grundsätzlich zulässig ist, vgl. § 7 Abs. 2 HWG. Auch die Beklagte geht ausweislich ihrer Regelungen etwa in § 32 Abs. 2 und 3 BO und § 8 der Richtlinie zur FBO ersichtlich davon aus. Entsprechendes gilt für die Regelungen unter Punkt 6 „Neutralität und Transparenz in den Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer. Das VG Hamburg hat in seinem Urteil vom 22. September 2020 – 17 K 1326 / 20 – dazu ausgeführt:
69„Jeder Wirtschaftsakteur, der in die Durchführung einer solchen Veranstaltung investiert, tut dies, weil er einen Zusammenhang seiner ökonomischen Interessen mit den jeweiligen Inhalten für gegeben hält. Er sieht die Investitionen gerade deshalb als lohnend an, weil er seine ökonomischen Belange insoweit wie vermittelt auch immer, gefördert sieht.“
70Vor diesem Hintergrund müssen über ein allgemeines wirtschaftliches Interesse des Sponsors an der Fortbildungsmaßnahme hinaus Hinweise dazu vorliegen, dass die wirtschaftlichen Interessen des Sponsors gerade Einfluss auf die Gestaltung der Fortbildungsinhalte selbst genommen haben und diese sich nicht mehr ausschließlich an fachbezogenen Kriterien orientieren, oder dass das Sponsoring ein solches Ausmaß angenommen hat, dass zu befürchten ist, die ärztliche Tätigkeit der Teilnehmer werde im Anschluss an die Fortbildungsmaßnahme nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen Interessen des Sponsors bleiben. Nur in diesen Fällen muss die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen versagt bleiben. Denn ein die ärztliche Unabhängigkeit nicht tangierendes Sponsoring ärztlicher Fortbildungsmaßnahmen will der Gesetzgeber aus guten Gründen gerade nicht verhindern. So setzt etwa § 299a StGB für die Strafbarkeit der Vorteilsannahme bei der Berufsausübung im Gesundheitswesen immer die „Unlauterkeit“ voraus.
71Nach Maßgabe dessen kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerin durchgeführte Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen ist. Die von der Beklagten insoweit angeführten Umstände und Einwände betreffen sämtlich nicht den fachlichen Inhalt der Veranstaltung, mit dem sie sich überhaupt nicht auseinandersetzt. Bezogen auf die Veranstaltung selbst liegen keinerlei Anhaltspunkte für kommerzielle Einflüsse auf ihren Inhalt vor. Inhalt der Veranstaltung ist der Umgang mit Sonografie Geräten, die Durchführung dieser bildgebenden Verfahren sowie die Auswertung der erhobenen Befunde und damit letztlich das Erlernen und Anwenden einer ärztlichen Untersuchungsmethode. Dass die Klägerin, die als pharmazeutisches Unternehmen vor allem Mittel für eine medizinische Behandlung (auch von Schilddrüsenerkrankung) produziert, die aber nicht Herstellerin solcher Sonografie-Geräte ist, auf den Inhalt dieser Veranstaltung aus wirtschaftlichen Interessen Einfluss nimmt, erscheint fernliegend.
72Das Gebot der Freiheit von wirtschaftlichen Interessen wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Klägerin in der Einladung auf eine ausreichende Jodversorgung in der Bevölkerung hinweist. Insbesondere ist damit entgegen der Auffassung der Beklagten schon keine Produktwerbung verbunden. Jod ist ein chemisches Element. Dieses kann sowohl durch die Nahrung insbesondere den Verzehr von Meeresfrüchten und Seefischen als auch durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz aufgenommen werden. Daneben gibt es eine Vielzahl von Herstellern von Jodtabletten. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Jodversorgung der Bevölkerung einen spezielles Produkt der Klägerin beworben wird. Entsprechendes gilt soweit in der Einladung auf die von der Klägerin initiierte Schilddrüsen-Initiative Q. hingewiesen wird. Bei dieser handelt es sich um eine Gemeinschaftsaktion verschiedener Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, dem Berufsverband Dt. Nuklearmediziner e.V., sowie dem Berufsverband Deutscher Krankenhausapotheker, der Bundesapothekerkammer und dem deutschen Apothekerverband. Im Rahmen der Schilddrüsen-Initiative Q. gab es in der Vergangenheit verschiedene pharmafinanzierte Datenerfassung, auf die in unterschiedlichen Fachzeitungen Bezug genommen wird,
73vgl. insoweit nur: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-36-2001/medizin2-36-2001/, https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Jeder-Dritte-hat-Schilddruesen-Veraenderungen-ohne-es-zu-wissen-318883.html, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/04/23/abtasten-lassen-ob-alles-ok-ist, http://springermedizin.de/schilddruesenultraschallscreening-initiative-papillon/8037600.
74Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass mit dem Hinweis der Klägerin auf diese Initiative eine produktbezogene Werbung verbunden ist. Auch lässt er keinen Schluss darauf zu, dass die Veranstaltung nicht fachbezogene Fortbildungsinhalte enthält und sich inhaltlich nicht ausschließlich an den Kategorien der fachlichen Richtigkeit und Relevanz orientiert ist, sondern diese ökonomischen Interessen (Dritter), nämlich der Klägerin, unterordnet oder auch nur nach geordnet werden. Ebenso wenig ist zu befürchten, dass die teilnehmenden Ärzte aufgrund dessen ihre ärztliche Tätigkeit nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin ausführen werden.
75Auch die Verwendung des Logos der Klägerin auf der Anmeldung und jeder Seite des Ablaufplans lässt für sich allein nicht den Schluss auf eine Einflussnahme der Klägerin auf die Fortbildungsinhalte und die Annahme zu, dass diese nicht frei von wirtschaftlichen Interessen der Klägerin sind. Gegenstand der Fortbildungsveranstaltung war das Erlernen und Vertiefen einer Untersuchungsmethode mithilfe eines Sonografie-Gerätes. Inwiefern aus der Verwendung des Firmenlogos auch eine Einflussnahme auf die Inhalte dieser Fortbildungsmaßnahme geschlossen werden kann, erschließt sich daher nicht. Dazu hat sich die Beklagte auch nicht verhalten. Soweit sie ihre ablehnende Entscheidung auf § 8 Abs. 4 der von ihr auf der Grundlage von § 9 FBO erlassenen Richtlinie zur Fortbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein vom 6. Juli 2016 (Richtlinie zur FBO) stützt, vermag dies ihre Entscheidung nicht zu rechtfertigen. § 8 Abs. 4 S. 1 dieser Richtlinie bestimmt, dass Fortbildungsmaßnahmen, die vom pharmazeutischen Unternehmen, Herstellern von Medizinprodukten oder sonstigen Dritten finanziell unterstützt werden (Sponsoring) nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das Sponsoring im Umfang und Form, Inhalt und Präsentation die Fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. Dazu werden im Satz 2 in mehreren Spiegelstrichen verschiedene Vorgaben gemacht. Im Spiegelstrich 1 ist u.a. geregelt, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung aus Gründen der Transparenz bei Präsenzveranstaltungen auf der/den letzten Seiten des Programms genannt werden müssen. In Spiegelstrich 2 ist bestimmt, dass die Nennung (des Sponsors) nicht als Marketingmittel missbraucht werden darf. Im Spiegelstrich 8 ist außerdem vorgesehen, dass Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen Elemente von Firmen– und/oder Produktwerbung aufweisen dürfen.
76Es spricht bereits einiges dafür, dass der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein in der von ihm erlassenen Richtlinie keine weiteren (inhaltlichen) Versagungsgründe bestimmen darf, die in der FBO selbst nicht benannt sind. Denn es spricht alles dafür, dass in den Richtlinien zur Fortbildungsordnung nur Vorgaben zu Form und Verfahren bestimmt werden dürfen. So ist die in § 9 FBO enthaltene Ermächtigung zum Erlass der in Rede stehenden Richtlinie mit „Verfahren der Anerkennung von Fortbildungsmaßnahme“ überschrieben. Auch der Wortlaut des § 9 Abs. 1 FBO „Zum Anerkennungsverfahren (Hervorhebung durch das Gericht) erlässt die Ärztekammer Richtlinien…“ belegt diese Annahme. Die nachfolgenden Ziffern des § 9 Abs. 1 FBO sehen dementsprechend Vorgaben u.a. für Fristen, Inhalt und Form von Anträgen vor. Zwar ist in § 9 Abs. 1 Ziffer 7 FBO bestimmt, dass in den Richtlinien ergänzende Anforderungen für die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahme bestimmter Kategorien des § 6 Abs. 3, zu denen die Veranstaltung der Klägerin unstreitig zählt, geregelt werden können. Aus der vorgenannten Formulierung in § 9 Abs. 1 1. HS FBO ergibt sich aber, dass auch diese ergänzenden Anforderungen für die Anerkennung lediglich das Verfahren selbst betreffen können. Angesichts dessen spricht vieles dafür, dass die in § 9 FBO enthaltene Ermächtigung nicht zum Erlass weiterer - über die in § 8 FBO genannten Anforderungen hinausgehender - Versagungsgründe in der Richtlinie zur FBO berechtigt.
77Aber auch aus der Richtlinie selbst ergibt sich, dass die dort aufgezählten Aspekte nur dann eine Versagung der Anerkennung rechtfertigen können, wenn sie den Inhalt der Fortbildungsmaßnahme in dem oben beschriebenen Sinne beeinflussen. So ist in § 8 Abs. 1 der Richtlinie zur FBO noch einmal aufgenommen, dass die Inhalte der Fortbildungsmaßnahmen frei von wirtschaftlichen Interessen gehalten werden (müssen). In § 8 Abs. 4 S. 1 der Richtlinie zur FBO heißt es zudem ausdrücklich, dass Fortbildungsmaßnahmen die u.a. von pharmazeutischen Unternehmen gesponsert werden, nur dann anerkennungsfähig sind, wenn das Sponsoring in Umfang und Form, Inhalt und Präsentation die Fortbildungsmaßnahme nicht beeinflusst. Die von der Beklagten beanstandeten Elemente der Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien müssten daher geeignet sein, die Annahme zu rechtfertigen, dass mit ihnen Einfluss auf den Inhalt der Fortbildungsmaßnahmen genommen wird. Das ist mit der Verwendung des Logos der Klägerin auf der Einladung schon deswegen nicht der Fall, weil die Klägerin zugleich auch Veranstalterin der Fortbildung ist und als solche zu der Veranstaltung einlädt. Auch mit Blick auf den oben beschriebenen Inhalt der Fortbildungsmaßnahme selbst ist eine solche Annahme nicht nachvollziehbar. Dass das an die teilnehmenden Ärzte ausgeteilte Programm völlig neutral sein muss, wie die Beklagte meint, lässt sich den zugrunde liegenden Regelungen schon nicht entnehmen. Im Gegenteilt bestimmt § 8 Abs. 4 1. Spiegelstrich gerade, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe auf dem Programm zu finden sein müssen. Im Übrigen wird, worauf die Klägerin zurecht verweist, mit dem aufgebrachten Logo dem in § 8 Abs. 3 und 4 der Richtlinie aufgestellten Transparenzgebot Rechnung getragen. Auch soweit die Beklagte darauf verweist, dass gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 der Richtlinie der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung aus Gründen der Transparenz bei Präsenzveranstaltung auf der/den letzten Seite/Seiten des Programms genannt werden sollen, ist eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. Diese Vorschrift dient, wie der eindeutige Wortlaut belegt, der Transparenz und soll den Teilnehmern ermöglichen, ein eigenständiges wirtschaftliches Interesse eines Dritten zu erkennen. Ähnliches gilt für die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO geforderte Offenlegung von Interessenkonflikten des Veranstalters und der Referenten. Dazu ist in den Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer unter Nr. 6 „Transparenz und Offenlegung von Interessenkonflikten, § 32 Abs. 3 MBO, § 8 Abs. 1 Nr. 3 MFO“ in Absatz 4 ausgeführt:“Zweck der Offenlegung von potentiellen Interessenkonflikten ist, dass der Teilnehmer sowie die anerkennende Ärztekammer die Möglichkeit erhalten, sich eine Meinung über die Interessenlage des Veranstalters/Referenten/wissenschaftlichen Leiters zu bilden.“
78Die Bestimmung in § 8 Abs. 4 Siegelstrich 1 Richtlinie zur FBO, dass der Sponsor und die Art/finanzielle Höhe der Leistung bei Präsenzveranstaltungen auf der letzten Seite/Seiten des Programms genannt werden müssen, dient zudem dazu, Klarheit darüber zu verschaffen, an welcher Stelle diese Information zu finden ist und verhindert damit, dass Teilnehmer sämtliche Unterlagen der Tagung auf der Suche nach einem möglichen Sponsor durchforsten müssen. Insofern dient diese Vorgabe ebenfalls der bezweckten Transparenz. Dass die Nennung des Sponsors nur auf der letzten Seite erfolgen darf, lässt sich dagegen weder dem Wortlaut noch dem genannten Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Entgegen der Auffassung der Beklagten erscheint das Firmenlogo der Klägerin auch nicht als derart prominent, dass von einem Missbrauch als Marketingmittel im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 Spiegelstrich 2 der Richtlinie zur FBO oder einer unzulässigen Firmenwerbung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 2 Spiegelstrich 8 der Richtlinie zur FBO mit der Folge ausgegangen werden muss, dass die Ärztinnen und Ärzte ihre berufliche Tätigkeit im Anschluss an diese Veranstaltung nicht mehr unbeeinflusst von wirtschaftlichen Interessen der Klägerin erfüllen werden, zumal sich die Beklagte – wie ausgeführt – mit dem Inhalt der Fortbildungsveranstaltung überhaupt nicht auseinander gesetzt hat. Dies gilt entgegen der von der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Teilnehmer das Programm mit dem auf jeder Seite befindlichen Logo der Klägerin in die Fortbildungsveranstaltung hineinnehmen und dieses während der Veranstaltung in dem Raum vorliegt. Soweit sie darin einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 4. Spiegelstrich FBO sieht, wonach die Anerkennung einer Fortbildungsmaßnahme die Beachtung der Vorgaben der „Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung“ der Bundesärztekammer in der jeweils gültigen Fassung verlangt, kann offen bleiben, ob ein genereller und dynamischer Verweis auf sämtliche jeweils aktuelle Vorgaben in den Empfehlungen der Bundesärztekammer als Versagungsgrund hinreichend konkret wäre,
79vgl. zur Problematik dynamischer Verweisungen im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratiegebot: BVerfG, Beschluss vom 11. März 2020 – 2 BvR 5/17 -, juris, Rn. 79,
80weil ein Verstoß gegen diese Vorgaben nicht vorliegt. Insbesondere sind die unter Nr. 6 „Neutralität und Transparenz“ aufgeführten Vorgaben nicht verletzt, wonach die Freiheit von wirtschaftlichen Interessen dadurch zu gewährleisten ist, dass eine Fortbildung so geführt werden muss, dass eine transparente und strenge Abgrenzung zwischen fachlicher Fortbildung und anderen Aktivitäten besteht. Denn die Mitnahme des Programms mit dem auf jeder Seite befindlichen Logo stellt keine andere Aktivität dar, die von der fachlichen Fortbildung zu trennen wäre. Auch stellt das mit dem Logo der Klägerin versehene Programm kein Informationsmaterial dar, das – wie in den Empfehlungen der Bundesärztekammer vorgesehenen - nur getrennt von der fachlichen Fortbildungsmaßnahme (außerhalb der Räume in der die Fortbildung stattfindet) verteilt werden darf. Vor diesem Hintergrund ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin als Veranstalterin und die wissenschaftliche Leitung eine unzutreffende Konformitätserklärung abgegeben haben, weil sie Vorgaben der „Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung“ der Bundesärztekammer entgegen ihrer Erklärung nicht eingehalten haben.
81Schließlich rechtfertigt auch die Tatsache, dass die Einladungen zur Fortbildung von der Klägerin und nicht von der wissenschaftlichen Leitung der Fortbildung erfolgt sind und auf dem Anmeldeformular die Telefonnummer eines Außendienstmitarbeiters der Klägerin genannt ist, nicht die Annahme, die Fortbildungsmaßnahme sei nicht frei von wirtschaftlichen Interessen in dem oben beschriebenen Sinne. Das Erfordernis, dass die Einladungen durch den wissenschaftlichen Leiter der Fortbildungsveranstaltung zu erfolgen haben, lässt sich weder der FBO der Beklagten noch der dazu ergangenen Richtlinie entnehmen. Insoweit wird in § 8 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO nur bestimmt, dass für jede Veranstaltung eine wissenschaftliche Leiterin/ein wissenschaftlicher Leiter benannt werden muss, die/der Fortbildungsmaßnahme wissenschaftlich verantwortet und für eine strukturierte Evaluation sorgt (Satz 1). Sie/er ist nach S. 2 der Vorschrift zuständig für die Auswahl der Themen und Referenten sowie für die unabhängige, umfassende und ausgewogene Information der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Danach ist der wissenschaftliche Leiter verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung in sachlicher und persönlicher Hinsicht. Dass er darüber hinaus die rein organisatorische Aufgabe der Einladung der Teilnehmer übernehmen muss, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Auch aus dem Sinn und Zweck, der Gewährung der Unabhängigkeit des Inhalts der Fortbildungsmaßnahme von den wirtschaftlichen Interessen Dritter, insbesondere der Sponsoren, lässt sich ein solches Erfordernis nicht herleiten. Vielmehr ist es typischerweise die Aufgabe eines Veranstalters, die organisatorischen Dinge zu regeln, zu denen auch die Versendung von Einladungen und die Entgegennahme von Anmeldung einschließlich der Überwachung der Teilnehmerzahl gehören. Angesichts dessen hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, die die Verantwortung für die Einladung auch auf die wissenschaftliche Leitung der Veranstaltung überträgt.
82Soweit die Beklagte die Arztöffentlichkeit der Veranstaltung in Frage stellt, ist schon die dazu gegebene Begründung, dass in der Einladung ein Außendienstmitarbeiter der Klägerin genannt wird und die Anmeldungen möglicherweise ausschließlich über die Klägerin erfolgt sind, nicht nachvollziehbar. Selbst wenn diese Umstände als gegeben unterstellt werden, ist nicht ersichtlich, warum die Veranstaltung deshalb für (andere) Ärzte nicht zugänglich gewesen sein sollte. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die in § 8 Abs. 2 FBO geforderte Arztöffentlichkeit nicht gewahrt war. Der Inhalt der Veranstaltung ist typischerweise nur für Ärzte in Bezug auf ihre ärztliche Tätigkeit von Interesse. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung zur Bekanntmachung der Veranstaltung vorgetragen, dass die in Frage kommenden Ärzte nach einem unternehmensinternen Verteilungssystem zu der Veranstaltung eingeladen würden. Auch Ärzte, die nicht angeschrieben worden seien und von der Veranstaltung auf andere Weise erfahren hätten, könnten an der Veranstaltung teilnehmen, so dass auch die Vorgabe des § 4 Abs. 2 der Richtlinie zur FBO, wonach grundsätzlich jede Ärztin/jeder Arzt Zugang zu der Fortbildungsmaßnahme haben muss, erfüllt war. Ob trotz der fehlenden Bewerbung der Fortbildungsveranstaltung im Internet auch die von § 4 Abs. 2 der Richtlinie zur Fortbildungsordnung in Bezug genommenen Vorgaben der Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer in Nr. 5 „Qualitätsanforderungen an Fortbildungsmaßnahmen“ zur Organisation, wonach Teilnehmer sich rechtzeitig, umfassend, verbindlich und in einer leicht zugänglichen Form über die Fortbildungsmaßnahmen informieren können müssen, eingehalten sind, kann dahinstehen. Insofern bestehen schon erhebliche Zweifel, ob die nur über die Richtlinien zur FBO in Bezug genommenen Empfehlungen zur ärztlichen Fortbildung der Bundesärztekammer zulässiger Weise weitergehende Vorgaben und Versagungsgründe enthalten können. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung durch die Aufnahme einer zertifizierten Fortbildungsveranstaltung in ihren Veranstaltungskalender zur Bekanntmachung einer Veranstaltung und damit zur Arztöffentlichkeit beiträgt, kann sie die Versagung der Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung, deren Anerkennung sie – wie vorliegend - zuvor zu Unrecht aus anderen Gründen abgelehnt hat und deswegen eine Aufnahme der Fortbildungsmaßnahme in den Veranstaltungskalender unterblieben war, nicht mehr auf die – mangels ausreichender Bekanntmachung - fehlende Arztöffentlichkeit stützen.
83Schließlich sind auch, wie von § 8 Abs. 1 Nr. 3 FBO verlangt, Interessenkonflikte der Klägerin und der Referenten offen gelegt worden.
84Da andere Ablehnungsgründe von der Beklagten nicht genannt werden, hat die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung und Bewertung der von 16:00 bis 20:00 Uhr dauernden Veranstaltung mit praktischer Übung mit sechs Fortbildungspunkten gemäß § 6 Abs. 3 FBO entsprechend der Kategorie C.
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO.
86Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
87Rechtsmittelbelehrung:
88Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
89Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
90Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
91Die Berufung ist nur zuzulassen,
921. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
932. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
943. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
954. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
965. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
97Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
98Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
99Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
100Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
101Beschluss:
102Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
103Gründe:
104Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt.
105Rechtsmittelbelehrung:
106Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
107Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
108Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
109Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
110Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
111War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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