Beschluss vom Verwaltungsgericht Freiburg - 1 K 3401/18

Tenor

Soweit sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
A.
Soweit der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2 das Verfahren bezüglich des Antrags, es beiden Antragsgegnern zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten, bis der Bescheid vom 03.04.2018 bestandskräftig geworden ist, hilfsweise festzustellen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur Bestandskraft des Bescheides nicht eingeleitet werden dürfen, die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
B.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann im Übrigen in der Sache keinen Erfolg haben.
I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 26.04.2018 gegen Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 03.04.2018, zugestellt am 05.04.2018, mit der sein Antrag auf Verlängerung bzw. Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 AufenthG abgelehnt wurde, bleibt ohne Erfolg.
1. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, wenn der Ausländer auf Grund seines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde in den Genuss der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder Abs. 4 AufenthG kommt. Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend (§ 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG).
Die zuletzt zu Studienzwecken erteilte Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers lief am 01.10.2017 ab. Aus den Akten der Antragsgegner geht nicht eindeutig hervor, wann der Antragsteller bei der Antragsgegnerin zu 1 einen Antrag auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Laut Aktenvermerk des Antragsgegners zu 2 vom 26.03.2018 soll der Antragsteller kurz nach dem 26.09.2017 bei der Antragsgegnerin zu 1 vorgesprochen haben. Die Kammer geht daher davon aus, dass der Antragsteller noch vor dem 01.10.2017 bei der Antragsgegnerin zu 1 vorgesprochen und die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt hat. Der Antragsteller ist in diesem Fall bis zur Ablehnung durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 03.04.2018 in den Genuss der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG gekommen. Vorläufigen Rechtsschutz kann daher in diesem Fall über §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO erlangt werden (VGH Bad.–Württ., Beschluss vom 14.09.2011 – 11 S 2438/11 –, Rn. 4, juris; Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 84 AufenthG, Rn. 30).
Soweit der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheides vom 03.04.2018) anzuordnen, ist der Antrag im Hinblick auf die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG entfallende aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft.
2. Der Antrag ist indes unbegründet. Das private Interesse des Antragstellers an einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs überwiegt nicht das gesetzlich vorgesehene öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 84 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG, § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG). Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweisen sich die Versagung der Verlängerung bzw. Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken und die Androhung der Abschiebung mit Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom 03.04.2018 voraussichtlich als rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Denn dem Antragsteller steht im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 12.07.2016 – 1 C 23.15 –, NVwZ 2016, 1498 = Rn. 8; OVG Schleswig–Holstein, Beschluss vom 09.08.2017 – 13 ME 167/17 –, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 03.01.2005 – 18 B 2665/03 –, juris Rn. 3; VG Karlsruhe, Beschluss vom 03.04.2017 – 7 K 7667/16 –, juris Rn. 5) aller Voraussicht nach kein Anspruch auf Verlängerung oder Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG in der seit 01.08.2017 geltenden Fassung vom 17.05.2017 (BGBl. I 2017, 1106) zu.
a) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner bis zum 01.10.2017 befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums an der Hochschule F. U. (HFU) im Studiengang „Medical Engineering“. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der seit 01.08.2017 geltenden Fassung wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, besteht nach neuer Rechtslage ein Rechtsanspruch auf Verlängerung und nicht, wie bisher, lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. Fehrenbacher, in: HTK–AuslR, § 16 AufenthG, zu Abs. 2, Stand: 28.08.2017, Rn. 4). Der Begriff des Aufenthaltszwecks in § 16 AufenthG ist an dem konkret betriebenen Studium und nicht etwa an dem abstrakten Aufenthaltszweck „Studium“ zu orientieren (OVG Berlin–Brandenburg, Beschluss vom 07.06.2018 – OVG 2 S 15.18, OVG 2 M 9.18 – juris Rn. 6; VG Braunschweig, Beschluss vom 22.02.2018 – 4 B 331/17 –, juris Rn. 22; zu § 16 AufenthG a.F. VGH Bad.–Württ., Beschluss vom 19.02.2008 – 13 S 2774/07 –, juris Rn. 6; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.07.2016 – 2 K 5227/15 –, juris Rn. 20; VG Freiburg, Beschluss vom 28.03.2012 – 4 K 333/12 –, juris Rn. 7). Der maßgebliche Zweck für den Aufenthalt nach § 16 AufenthG ist die Fachrichtung des beworbenen und im Anschluss danach aufgenommenen Studiums (Walther, in: Fritz/Vormeier, GK–AufenthG, § 16 Rn. 18). Eine dementsprechende konkrete Betrachtung ist nach dem Willen des Gesetzgebers geboten, um zu verhindern, dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG als Vehikel für eine unkontrollierte Einwanderung zu einem anderen Aufenthaltszweck genutzt wird als dem, der der ursprünglichen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis konkret zu Grunde lag (Fehrenbacher, in: HTK–AuslR, § 16 AufenthG, zu Abs. 4, Stand: 15.08.2017, Rn. 6). Maßgeblich ist die Beschreibung der Ausbildung in der Aufenthaltserlaubnis (VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.07.2016 – 2 K 5227/15 –, juris Rn. 20; Christ, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.05.2017, § 16 Rn. 34). Ein Wechsel des Aufenthaltszweckes liegt grundsätzlich bei Änderung der Fachrichtung vor (Walther, in: Fritz/Vormeier, GK–AufenthG, § 16 Rn. 18; Fehrenbacher, in: HTK–AuslR, § 16 AufenthG, zu Abs. 4, Stand: 15.08.2017, Rn. 5). Für dieses Verständnis sprechen auch Nr. 16.2.4 und 16.2.5 AVwV AufenthG vom 26.10.2009.
Eine Verlängerung der zuletzt am 26.09.2016 bis zum 01.10.2017 erteilten Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums der Fachrichtung „Medical Engineering“ an der HFU (Beiakte der Antragsgegnerin zu 1, AS 178) scheidet hier deshalb aus, weil der Antragsteller von der HFU aus dem Studiengang „Medical Engineering“ (Abschluss: Bachelor of Science) zum 31.08.2017 exmatrikuliert wurde. Sein fachbezogener Prüfungsanspruch ist wegen des Fehlens der erforderlichen Prüfungsleistungen nach § 62 LHG i.V.m. mit § 5 Abs. 3 der Studien– und Prüfungsordnung der HFU in der Fassung vom 25.10.2017 erloschen (Beiakte der Antragsgegnerin zu 1, AS 204). Der Zweck der bis zum 01.10.2017 befristeten Aufenthaltserlaubnis kann daher nicht mehr erreicht werden. Der in der Aufenthaltserlaubnis als Auflage bezeichnete Zusatz dürfte sich als Konkretisierung des Aufenthaltszwecks und somit als Inhaltsbestimmung des Verwaltungsakts darstellen. Diesen in der Aufenthaltserlaubnis bestimmten Aufenthaltszweck kann der Antragsteller aufgrund der Exmatrikulation aus dem Studiengang „Medical Engineering“ nicht mehr erreichen. Die Zulassung des Antragstellers zum Studiengang „Molekulare und Technische Medizin“ durch die HFU zum Sommersemester 2018 (Zulassungsbescheid vom 22.02.2018, Gerichtsakte AS 57) ändert hieran nichts. Der Zulassungsbescheid war nämlich auf die Einschreibezeit vom 01.03.2018 bis zum 08.03.2018 befristet, in der eine Immatrikulation des Antragstellers nicht stattgefunden hat (Beiakte der Antragsgegnerin zu 1, AS 334 f.; Auskunft der HFU vom 30.05.2018, Gerichtsakte AS 105 f.). Mit Ablauf der Immatrikulationsfrist dürfte sich der Zulassungsbescheid daher erledigt haben und unwirksam geworden sein (§ 43 Abs. 2 LVwVfG).
10 
Unabhängig davon läge in der Aufnahme eines anderen Studiengangs ein Wechsel des Aufenthaltszwecks. Gegenüber dem bisherigen Studiengang „Medical Engineering“, der auf die Ausbildung von Ingenieuren im Bereich der Medizintechnik ausgerichtet ist, beinhaltet der Studiengang „Molekulare und Technische Medizin“ Grundlagen der klassischen Naturwissenschaften, der Molekularbiologie, der medizinischen Technik und der Bioinformatik sowie der klassischen Medizin. Insoweit dürfte es sich beim Studium der „Molekularen und Technischen Medizin“ um einen anderen Studiengang handeln. Etwas Gegenteiliges ergibt sich weder aus den Akten noch aus dem Vortrag der Beteiligten. Ein Wechsel der Fachrichtung liegt nur dann nicht vor, wenn es sich lediglich um eine Schwerpunktverlagerung im Rahmen des Studiums handelt. Dies ist nach Sinn und Zweck der Norm – bestätigt durch Nr. 16.2.6 AVwV AufenthG vom 26.10.2009, die nach dem Willen des Gesetzgebers auch zur Interpretation des § 16 AufenthG i.d.F. vom 01.08.2017 herangezogen werden sollen (BT Drs. 18/11136, S. 41) – der Fall, wenn die betroffenen Studiengänge (hier „Medical Engineering“ und „Molekulare und Technische Medizin“)
11 
- bis zum Wechsel identisch sind oder die im zunächst vorgenommen Studium erbrachten Semester voll auf den neuen Studiengang angerechnet werden,
- die Hochschule bescheinigt, dass die im zunächst vorgenommen Studium erbrachten Semester überwiegend angerechnet werden oder
- aus studienbezogenen Gründen ein Überbrückungssemester eingeschoben wurde
12 
(OVG Berlin–Brandenburg, Beschluss vom 07.06.2018 – OVG 2 S 15.18, OVG 2 M 9.18 –, juris Rn. 7 f.). Diese Voraussetzungen liegen nach Lage der Akten nicht vor.
13 
Liegt damit voraussichtlich ein Wechsel des Studiengangs vor, wird der Aufenthaltszweck ausnahmsweise nur dann nicht berührt, wenn der Wechsel während der ersten 18 Monate nach Beginn des Studiums erfolgt (sog. Orientierungsphase, Fehrenbacher, in: HTK–AuslR, § 16 AufenthG, zu Abs. 4, Stand: 15.08.2017, Rn. 5; vgl. auch Nr. 16.2.5 AVwV AufenthG vom 26.10.2009). Der Antragsteller wurde indes erstmals zum Wintersemester 2015/2016 am 01.09.2015 für den Studiengang „Medical Engineering“ immatrikuliert (Beiakte der Antragsgegnerin zu 1, AS 124). Die sog. Orientierungsphase ist daher am 01.03.2017 abgelaufen.
14 
Eine Verlängerung nach § 16 Abs. 2 S. 4 AufenthG ist daher ausgeschlossen (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 03.04.2017 – 7 K 7667/16 –, juris Rn. 19; Walther, in: Fritz/Vormeier, GK–AufenthG, § 16 Rn. 10).
15 
b) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 S. 2 AufenthG. Hiernach darf, wenn das Studium ohne Abschluss beendet wurde, eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen als dem in Absatz 1 genannten Zweck erteilt oder verlängert werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die in § 16b Abs. 2 AufenthG genannten Fälle oder nach § 17 AufenthG vorliegen und die Berufsausbildung in einem Beruf erfolgt, für den die Bundesagentur für Arbeit die Feststellung nach § 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AufenthG getroffen hat, oder wenn ein gesetzlicher Anspruch besteht.
16 
Für die vom Antragsteller begehrte Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums des Studienfachs „Molekulare und Technische Medizin“ an der HFU liegen die Voraussetzungen der §§ 16b Abs. 2, 17, 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AufenthG ersichtlich nicht vor.
17 
In Betracht könnte allein ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen als dem in der bis zum 01.10.2017 befristeten Aufenthaltserlaubnis vom 26.09.2016 genannten Zweck (Studiengang „Medical Engineering“) nach § 16 Abs. 1 S. 1 AufenthG kommen. Danach wird einem Ausländer zum Zweck des Vollzeitstudiums an einer staatlichen Hochschule, an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mail 2016 erteilt, wenn der Ausländer von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden ist.
18 
Der Antragsteller wurde mit Zulassungsbescheid der HFU vom 22.02.2018 zum Studiengang „Molekulare und Technische Medizin“ zugelassen. Auch wenn man zu seinen Gunsten davon ausgehen wollte, dass der Zulassungsbescheid auch nach Ablauf der Immatrikulationsfrist wirksam ist (s. dazu oben), besteht kein Anspruch nach § 16 Abs. 1 S. 1 AufenthG. Wird ein Studium, zu dem eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt worden ist, nicht erfolgreich abgeschlossen, besteht kein weiterer Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG zu einem anderen konkreten Studium (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, 105. Lfg., Stand: Januar 2018, § 16 AufenthG Rn. 47d; VG Braunschweig, Beschluss vom 22.02.2018 – 4 B 331/17 –, juris Rn. 26; zum alten Recht VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.07.2016 – 2 K 5227/15 –, juris Rn. 17). Andernfalls würden die weiteren Regelungen des § 16 AufenthG, die die Verlängerung und Erteilung zu einem anderen Aufenthaltszweck regeln, unterlaufen. Dies ergibt sich aus einer historischen und systematischen Auslegung der Norm.
19 
Aus der Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration (BT Drs. 18/11136) – ergibt sich, dass die Änderung des Abs. 1 nicht dahingehend zu verstehen ist, dass nunmehr unabhängig davon, ob es sich um ein erstes oder ein weiteres Studium handelt, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis immer dann gegeben sein soll, wenn der Ausländer – wie möglicherweise hier – von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden ist und die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere im Hinblick auf den maßgeblichen § 16 Abs. 4 AufenthG i.d.F. vom 01.08.2017 lautet die Begründung (BT Drs. 18/11136, S. 41):
20 
„§ 16 Absatz 4 wird dem Bedürfnis gerecht, nach Abbruch des Studiums in eine qualifizierte Berufsausbildung wechseln zu können. Neben dem Wechsel in die betriebliche Berufsausbildung (§ 17) wird auch der Wechsel zu den in § 16 b Absatz 2 genannten Fällen erlaubt, da insbesondere im Pflegebereich Berufsausbildungen vorwiegend in schulischer Form mit Praktikumsphasen erfolgen. Dieser Wechsel war nach der bisherigen Rechtslage trotz erheblichen praktischen Bedarfs nicht möglich. [...] Andere Wechsel des Aufenthaltszwecks sind weiterhin nur möglich, wenn das Studium erfolgreich abgeschlossen wurde oder wenn ein gesetzlicher Anspruch besteht. Die Ausführungen zum Wechsel des Studiengangs oder Studienfachs in Ziffern 16.2.5 und 16.2.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26. Oktober 2009 gelten unverändert fort.“
21 
Die Nr. 16.2.5 und 16.2.6 – auf die sich der Gesetzgeber ausdrücklich bezieht – setzen gedanklich voraus, dass ein Wechsel von Studiengängen nicht unbeschränkt aufenthaltsrechtlich zulässig ist, da sie insbesondere davon ausgehen, dass die Gesamtaufenthaltsdauer in der Regel 10 Jahre beträgt. Es soll also kein Anspruch darauf bestehen, wiederholt für verschiedene jeweils neue Studiengänge eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.
22 
Dieses durch historische Auslegung ermittelte Ergebnis wird durch die Systematik des Gesetzes bestätigt. § 16 Abs. 1 AufenthG begründet grundsätzlich den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Im Anschluss daran werden die Geltungsdauer sowie mögliche Verlängerungsansprüche bzw. die Möglichkeit geregelt, die Dauer der Aufenthaltserlaubnis auf die Dauer des Studiums zu beschränken (vgl. § 16 Abs. 2 Sätze 1 bis 3). Insbesondere aus § 16 Abs. 2 S. 3 AufenthG folgt, dass es auch auf die Dauer des Studiums ankommt, für das die Aufenthaltserlaubnis beantragt wurde. § 16 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ermöglicht die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen als dem in Abs. 1 genannten Aufenthaltszweck, wenn das Studium erfolgreich abgeschlossen worden ist. Satz 2 schließt daran an und bestimmt: „Wenn das Studium ohne Abschluss beendet wurde, darf eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen als dem in Absatz 1 genannten Zweck erteilt oder verlängert werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die in § 16 b Abs. 2 genannten Fälle oder nach § 17 vorliegen und die Berufsausbildung in einem Beruf erfolgt, für den die Bundesagentur für Arbeit die Feststellung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 getroffen hat, oder wenn ein gesetzlicher Anspruch besteht.“ Satz 3 erfasst schließlich Fälle während des Studiums und ermöglicht durch die Formulierung „in der Regel“ eng umgrenzte, atypische Ausnahmefälle. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass der Anspruch aus § 16 Abs. 1 S. 1 AufenthG sich regelmäßig in der Aufenthaltserlaubnis für ein konkretes Studium erschöpft (so auch Hailbronner, Ausländerrecht, 105. Lfg., Stand: Januar 2018, § 16 AufenthG Rn. 47d; VG Braunschweig, Beschluss vom 22.02.2018 – 4 B 331/17 –, juris Rn. 26; nicht eindeutig Schultheiß, OdW 2018, 3, 13).
23 
c) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 4 S. 3 AufenthG. Danach soll während des Studiums in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Aufenthaltszweck als dem in Absatz 1 genannten Aufenthaltszweck nur erteilt oder verlängert werden, sofern ein gesetzlicher Anspruch besteht. Die Bestimmung regelt den Zweckwechsel „während des Studiums“ und dürfte daher hier nicht anwendbar sein, nachdem der Antragsteller zum 31.08.2017 von der HFU exmatrikuliert wurde.
24 
d) Auch eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Studienbewerbung nach § 16 Abs. 7 AufenthG kommt voraussichtlich nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer zum Zwecke der Studienbewerbung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (Satz 1), wobei der Aufenthalt als Studienbewerber höchstens neun Monate betragen darf (Satz 2) und diese Erlaubnis nicht zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt (Satz 3).
25 
Die Erteilung dieses Aufenthaltstitels scheitert voraussichtlich schon daran, dass die Höchstdauer von neun Monaten bereits überschritten ist. Denn der Antragsteller wurde zum 31.08.2017 exmatrikuliert und die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums ist seit dem 01.10.2017 abgelaufen.
26 
3. Der Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz hätte auch dann keinen Erfolg, wenn man – wie die Antragsgegnerin zu 1 – davon ausgeht, dass der Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erst nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis am 01.10.2017 gestellt wurde.
27 
Der Antragsteller wäre in diesem Fall bis zur Ablehnung durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 03.04.2018 nicht in den Genuss der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG gekommen. Die fiktive Duldung nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG greift im Falle des Antragstellers ebenfalls nicht, weil er sich nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis am 01.10.2017 mehr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen. Vorläufigen Rechtsschutz könnte der Antragsteller daher in diesem Fall allein über § 123 Abs. 1 VwGO und nicht über §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO erlangen (VGH Bad.–Württ., Beschluss vom 14.09.2011 – 11 S 2438/11 –, Rn. 4, juris; Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 84 AufenthG, Rn. 30).
28 
Ein in diesem Fall statthafter und auch sonst zulässiger Antrag nach § 123 VwGO wäre jedoch ebenfalls unbegründet. Vorläufiger Rechtsschutz gem. § 123 VwGO ist auf Antrag zu gewähren, wenn der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller kann indes schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.
II.
29 
Rechtliche Bedenken gegen die Abschiebungsandrohung bestehen aller Voraussicht nach ebenfalls nicht. Der Antragsteller ist nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und nach § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Abschiebungsverbote sind weder vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
III.
30 
Der Antrag Ziffer 2 gegen die Antragsgegnerin zu 1 hat ebenfalls keinen Erfolg.
31 
1. Soweit der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 mit seinem statthaften und auch sonst zulässigen Antrag nach § 123 VwGO begehrt, seinen Aufenthalt bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 03.04.2018 nicht zu beenden, steht dem nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin zu 1 für die Aussetzung der Abschiebung nicht originär zuständig ist, sondern diese in die Kompetenz des Landes fällt (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO). Auch wenn die Abschiebung von dem Regierungspräsidium in eigener Zuständigkeit und nicht im Wege der Amtshilfe (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG) vollstreckt wird, ändert das aber im Grundsatz nichts daran, dass in der vorliegenden Konstellation die einstweilige Anordnung der Sicherung des bei der unteren Ausländerbehörde geführten Verfahrens dient (vgl. hierzu auch Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 81 AufenthG Rn 43 ff.;) und diese in der Verantwortung steht. Mit dem vorliegenden Eilantrag soll die weitere Anwesenheit des Antragstellers für die Dauer des Verfahrens in der Hauptsache gesichert werden. Vor diesem Hintergrund ist diese aus der Verwaltungskompetenz fließende Verantwortung der unteren Ausländerbehörde konsequent fortzuführen und hier – modifiziert – das Sicherungsverfahren ihr gegenüber durchzuführen (VGH Bad.–Württ., Beschluss vom 14.09.2011 – 11 S 2438/11 –, juris Rn. 10).
32 
2. Der Antragsteller hat jedoch auch insoweit keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 2 S. 4, Abs. 4 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 3 oder Abs. 7 AufenthG. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
C.
33 
Die Kostenentscheidung beruht, soweit sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat und das Verfahren eingestellt wurde, auf § 161 Abs. 2 VwGO. Hiernach ist im Falle der übereinstimmenden Erledigung des Rechtsstreits nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
34 
Im vorliegenden Verfahren entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen. Der Antragsteller hat zum Zeitpunkt der Erledigung für seinen statthaften und auch sonst zulässigen Antrag nach § 123 VwGO keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein durch einstweilige Anordnung sicherungsfähiger Anspruch besteht insbesondere wie dargelegt nicht aufgrund des Anträge auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG.
35 
Auch Gründe für ein vom Antragsgegner zu 2 zu beachtendes Abschiebungshindernis hat der Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch ergeben sich solche aus den Akten.
36 
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 154 Abs. 1 VwGO.
D.
37 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der Antrag Ziffer 1 wurde dabei nach Ziffer 8.1 (Aufenthaltstitel) und Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 2.500,00 EUR bewertet. Die unter dem Antrag Ziffer 2 zusammengefassten Eilrechtsschutzanträge gegen die Antragsgegnerin zu 1 und den Antragsgegner zu 2 wurden nach Ziffer 8.3 und Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit jeweils 1.250,00 EUR bewertet.
38 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 GKG verwiesen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.