Beschluss vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - Az.: 12c K 2713/13.PVL
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Am 23. Mai 2013 fand die Wahl für die Jugend-und Auszubildendenvertretung (JAV – Wahl) in der A1. des Landesbetriebes T1. NRW statt. Die Auszubildende K. U. wurde für diese Wahl sowohl von der L. Gewerkschaft als auch von der W. E. gewerkschaft – W1. - jeweils mit deren Zustimmungserklärung vorgeschlagen. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes für die JAV – Wahl (Wahlvorstand) wies durch an die dienstliche e-mail Adresse der Auszubildenden K. U. gerichtete e-mail vom 18. April 2013 darauf hin, dass sie sowohl auf dem Wahlvorschlag der L. Gewerkschaft aufgeführt sei als auch für die Liste von W2. kandidieren würde und für beide Listen Zustimmungserklärungen abgegeben habe. Er fordere sie nach der Wahlordnung auf, innerhalb von drei Kalendertagen – bis zum 21. April 2013 (Sonntag) zu erklären, auf welchem Wahlvorschlag sie benannt bleiben wolle. Gebe sie diese Erklärung nicht fristgerecht ab, so werde sie von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen. Die Auszubildende antwortete durch dienstliche e-mail vom 22. April 2013 (Montag), sie könne aufgrund von Krankheit erst heute antworten; sie werde für ver.di kandidieren.
4Ausweislich des Besprechungsprotokolls des Wahlvorstandes über dessen Besprechung am 25. April 2013 wurde die Auszubildende K. U. „wegen Fristablauf gestrichen“.
5Die Dienstleistungsgewerkschaft „W3. “ legte unter dem 30. April 2013 gegen die Streichung der Auszubildenden K. U. aus dem Wahlvorschlag Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, die nach der Wahlordnung zu erfolgende Aufforderung zur Erklärung sei am 18. April 2013 an die dienstliche e-mail Adresse der Auszubildenden erfolgt. Nachweislich sei die Auszubildende in der 16. Kalenderwoche arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Folglich habe sie von der Anfrage bis zum 22. April 2013 keine Kenntnis erlangen können. Umgehend nach Kenntnis habe sie reagiert. Es werde daher gebeten, die Auszubildende K. U. zu berücksichtigen.
6Ausweislich des Besprechungsprotokolls des Wahlvorstandes anlässlich seiner Sondersitzung JAV am 06. Mai 2013 wurde die Streichung nicht zurückgenommen. Bei den vom Wahlvorstand am selben Tag bekannt gemachten Wahlvorschlägen war die Auszubildende K. U. weder auf der Liste der L. Gewerkschaft noch auf der Liste von W4. namentlich aufgeführt.
7Der Wahlvorstand teilte dem Einspruchsführer unter dem 07. Mai 2003 schriftlich mit, dass er - der Wahlvorstand - auf seiner Sitzung am 06. Mai 2013 beschlossen habe, die Streichung nicht zurückzunehmen. Im Gegensatz zu der Auszubildenden G. , die ebenfalls in zwei Wahlvorschlägen aufgeführt gewesen sei, habe die Auszubildende U. in Bezug auf den dienstlichen e-mail - Verkehr keine Abwesenheitsnotiz eingerichtet gehabt. Ebenso wenig sei eine private e-mail Adresse bekannt gewesen. Er - der Wahlvorstand - habe nicht dafür zu sorgen, dass die Aufforderung, aus welchen Gründen auch immer, zur Kenntnis genommen werde. Die Frist zur Erklärung habe daher mit Ablauf des 21. April 2013 geendet. Zu diesem Zeitpunkt habe die e-mail von der Auszubildenden G. mit der geforderten Erklärung vorgelegen. Die e-mail der Auszubildenden U. datiere hingegen vom 22. April 2013.
8Bei der Wahl entfielen ausweislich der Wahlniederschrift vom 23. Mai 2013 zwei Stimmen auf die Liste der Dienstleistungsgesellschaft W5. , sechs Stimmen auf die Liste der L. Gewerkschaft. Es wurde festgestellt, dass damit die Auszubildende B. I. , die von der L. Gewerkschaft vorgeschlagen worden war, gewählt worden war.
9Die Antragstellerin - die Dienstleistungsgewerkschaft W6. - hat am 06. Juni 2013 den vorliegenden Antrag gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, es sei der Auszubildenden K. U. nicht klar gewesen, wie sie auf die Liste der L. Gewerkschaft gekommen sei. Sie habe ihrer Erinnerung nach einen „Wisch“ von einem L. Jugendvertreter vorgelegt bekommen und diesen unterschrieben. Sie habe lediglich ihre generelle Teilnahme an der Wahl bestätigen wollen. Dass es sich um eine Erklärung gehandelt habe, auf der L. -Liste zu kandidieren, sei ihr nicht bewusst gewesen. Die e-mail des Wahlvorstandes habe die Auszubildende nicht erreicht, da sie zunächst arbeitsunfähig gewesen sei. Sie habe von dieser erst am 22. April 2013 Kenntnis erhalten, womit auch erst die Dreitagefrist zu laufen begonnen habe. Denn hier seien die maßgeblichen Fristenregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar. Die Frist sei an einem Sonntag abgelaufen. Nach § 193 BGB sei in einem solchen Fall der nächste Werktag maßgebend. An diesem Tag habe die Auszubildende erklärt, dass sie ausschließlich für W7. kandidieren wolle. Insoweit sei die Streichung der Auszubildenden auf beiden Listen rechtswidrig. Damit liege ein wesentlicher Wahlmangel vor, so dass die Wahl ungültig sei.
10Die Antragstellerin beantragt,
11die am 23. Mai 2013 erfolgte Wahl für die Jugend- und Auszubildendenvertretung in der A. des Landesbetriebes T. NRW für ungültig zu erklären.
12Die Beteiligte zu 1. und 2. beantragen,
13den Antrag abzulehnen.
14Sie tragen zur Begründung vor, innerhalb der nach der Wahlordnung geforderten drei Kalendertage habe die Erklärung der Auszubildenden U. nicht vorgelegen. Aus diesem Grunde sei die Auszubildende von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen worden. Sollte die Streichung zu Unrecht erfolgt sein, sei ein etwaiger Wahlmangel jedoch nicht als gravierend einzustufen. Darüber hinaus habe ein etwaiger Mangel auch keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt. Es habe nur ein Platz in der Jugend-und Auszubildendenvertretung zur Verfügung gestanden. Während auf die Liste der Antragstellerin nur zwei Stimmen entfallen seien, habe die L. Gewerkschaft hingegen sechs Stimmen erlangt. Insoweit sei nicht davon auszugehen, dass bei einer Kandidatur der Auszubildenden U. mit einem anderen Ergebnis hätte gerechnet werden können.
15II.
16Der Antrag ist unbegründet. Die Anfechtung der Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung am 23. Mai 2013 hat keinen Erfolg.
17Nach §§ 22, 57 Abs. 1 LPVG kann die in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft innerhalb von zwei Wochen nach dem Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
18Bei der Antragstellerin handelt es sich um die in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft W8. , die die Wahl rechtzeitig angefochten hat. Die Fachkammer lässt offen, ob hier ein Verstoß gegen das Wahlverfahren vorliegt. Nach § 9 Abs. 3 Wahlordnung (WO) hat der Wahlvorstand einen Bewerber, der mit seiner schriftlichen Zustimmung auf mehreren Wahlvorschlägen benannt ist, aufzufordern, innerhalb von drei Kalendertagen zu erklären, auf welchem Wahlvorschlag er benannt bleiben will. Gibt der Bewerber diese Erklärung nicht fristgerecht ab, so wird er von sämtlichen Wahlvorschlägen gestrichen. Die Auszubildende U. war jeweils mit ihrer Zustimmung sowohl auf dem Wahlvorschlag der L. Gewerkschaft als auch auf dem von W9. aufgeführt. Dafür, dass sie bei ihrer Erklärung in Bezug auf die L. Gewerkschaft Willensmängeln oder gar einer Täuschung unterlegen gewesen wäre, sind keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich. Mit der an sie gerichteten dienstlichen e-mail vom 18. April 2013 (Donnerstag) hat der Wahlvorstand die Auszubildende aufgefordert, sich bis zum 21.04.2013 (Sonntag) zu erklären, auf welchem Wahlvorschlag sie benannt bleiben wolle.
19Die Bestimmung der Wahlordnung fordert, dass die Auszubildende „aufgefordert“ worden sein muss. Das setzt voraus, dass ihr das Verlangen des Wahlvorstandes auch zugegangen sein muss. Der Wahlvorstand hat sich dazu der Kommunikation durch dienstliche e-mail bedient. Ob er damit einen rechtlich einwandfreien Weg beschritten hat, ist nicht zweifelsfrei zu bejahen. Es gehört zu den Pflichten des Wahlvorstandes, seine „Aufforderung“ der Auszubildenden zugänglich zu machen. An diese Pflichten sind hohe Anforderungen zu stellen. § 9 Abs. 3 WO enthält lediglich eine kurze – nicht verlängerbare - Frist von drei Kalendertagen zur Erklärung; verstreichen diese, verliert die Auszubildende ihr Recht auf die Möglichkeit, gewählt zu werden. Der Wahlvorstand hat deshalb die gehörigen Anstrengungen zu unternehmen, dass seine Aufforderung die Auszubildende auch erreicht. Er muss sich also regelmäßig die Gewissheit verschaffen, dass seine Aufforderung der Auszubildenden zugeht und sie hiervon Kenntnis erlangt, um die von ihm gesetzte Frist in Gang zu setzen. In Anbetracht der zeitlichen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Präsenz von Auszubildenden innerhalb der Dienststelle (z. B. Schule, Erkrankung) hat er sich um die Erreichbarkeit zu sorgen. Möglicherweise hätte er sich vergewissern müssen, dass die Auszubildende die Aufforderung in der e-mail tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Welchen Weg er dazu beschreitet, hätte ihm oblegen. Bei der Unsicherheit der Kenntnisnahme einer dienstlichen e-mail hätte er die Auszubildende möglicherweise aufsuchen müssen und/oder sich ggf. bei den Vorgesetzten/Kollegen oder der Personalverwaltung über ihren Verbleib erkundigen müssen.
20Die Fachkammer lässt es letztlich aber offen, ob damit ein Verfahrensverstoß einher geht. Denn nach § 22 Abs. 1 LPVG ist, würde man einen Verstoß gegen das Wahlverfahren annehmen, dieser nicht beachtlich, wenn dadurch das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Dieser Fall ist hier gegeben. Bedenkt man, dass vorliegend nur ein Mitglied in die Jugend-und Auszubildendenvertretung gewählt werden konnte, bei der Wahl zwei Stimmen auf die Gewerkschaft W10. und sechs Stimmen auf die L. Gewerkschaft entfallen sind, wäre bei Vermeidung des Verstoßes gegen das Wahlverfahren die Gewerkschaft W11. auf zu keiner Mehrheit gelangt. Am Ergebnis hätte dies mithin nichts geändert. Es wäre nach wie vor ein Mitglied der L. Gewerkschaft in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden.
21Eine Kostenentscheidung ergeht in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.