Urteil vom Verwaltungsgericht Hamburg (8. Kammer) - 8 A 289/13

Tenor

1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 21. Januar 2013 – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die irakische Klägerin begehrt die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weiter hilfsweise subsidiären Schutz.

2

Die Klägerin wurde ausweislich ihres irakischen Reisepasses, des Auszuges aus dem Geburtsregister sowie ihres Personalausweises am ... Oktober 1998 in Scheichan, Provinz Ninive, geboren. Sie ist irakische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit und jesidischen Glauben. Ihre Familie stammt aus der Stadt Scheichan in der Provinz Ninive. Sie ist die Tochter der Kläger in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 sowie die Schwester der Klägerin im Verfahren 8 A 1273/12 und des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., der im Jahr 2009 mit seiner Tante ins Bundesgebiet einreiste und dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Gz. der Beklagten: ...-438).

3

Die Klägerin reiste am ... Juni 2011 ins Bundesgebiet ein und stellte mit anwaltlichem Schreiben vom ... Juli 2011, bei der Beklagten eingegangen am ... Juli 2011, einen Asylantrag. Nachdem ihre Eltern für sie auf eine Anhörung verzichtet hatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ... Januar 2013 ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht bestehen. Sie könne nicht als Asylberechtigte anerkannt werden, weil keine Anhaltspunkte für eine staatliche politische Verfolgung vorlägen. Außerdem sei sie über einen sicheren Drittstaat ins Bundesgebiet eingereist. Sie habe weiter keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Individuelle Verfolgungsgründe habe sie nicht dargelegt und auch die Voraussetzung einer Gruppenverfolgung der Jesiden lägen nicht mehr vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gäbe es ebenfalls nicht.

4

Mit ihrer am ... Januar 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beruft sich auf den Vortrag in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 und beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom ... Januar 2013 zu verpflichten,
1. die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen;
2. hilfsweise, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
3. weiter hilfsweise, die Klägerin als subsidiär Schutzberechtigte anzuerkennen;
4. weiter hilfsweise, Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1, Abs. 5 AufenthG festzustellen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung. Zwar sei sie auch heute noch minderjährig. Dies gelte jedoch nicht mehr für ihren stammberechtigten Bruder. Nach dem Grundsatz von § 77 Abs. 1 AsylVfG sei es erforderlich, dass das stammberechtigte Geschwisterkind auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch minderjährig sei. Weil der stammberechtigte Bruder mittlerweile volljährig sei, sei er auch nicht mehr schutzbedürftig. Die Verfahrensdauer habe im vorliegenden Fall nicht zu einem Rechtsnachteil für die Klägerin geführt, da die Norm, auf die sie sich berufe, erst zum 1. Dezember 2013 in Kraft getreten sei.

9

Bei der Entscheidung haben die Asylakten der Klägerin und ihres Bruders U. (...-438) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

10

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 16, 17; 36, 37 d. A.) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO und im schriftlichen Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

11

Die zulässige Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigte unbegründet (dazu 1.), hinsichtlich des ersten Hilfsan-trags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 113 Abs. 5 VwGO begründet (dazu 2.).

12

1. Die Klägerin kann nicht als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt werden. Danach genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine politische Verfolgung liegt vor, wenn staatliche Akteure gezielt Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen gefährden oder verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (asylerhebliche Merkmale) (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, 2 BvR 502/86, 2 BvR 1000/86, 2 BvR 961/86, juris, Rn. 38ff.). Eine politische Verfolgung durch staatliche Akteure hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

13

2. Die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid vom ... Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 26 Abs. 3 Satz 2, Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 bis 2 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474; im Folgenden: „Richtlinienumsetzungsgesetz“).

14

Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylVfG wird insbesondere den Eltern eines minderjährigen Flüchtlingsschutzberechtigten bei Erfüllung der in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach Satz 2 von § 26 Abs. 3 AsylVfG gilt für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Flüchtlings Satz 1 Nr. 1 bis 4 entsprechend. Dies bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjähriges lediges Geschwister eines im Zeitpunkt dieser Antragstellung minderjährigen stammberechtigten Geschwisters als Flüchtling anerkannt wird, wenn es die weiteren Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG erfüllt. So liegt es hier.

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2.1 Die Klägerin ist ein bei ihrer Antragstellung minderjähriges Geschwister des minderjährigen Stammberechtigten.

16

2.1.1 Die am ... Oktober 1998 geborene Klägerin war bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 ... Jahre alt und damit minderjährig. Sie ist die Schwester des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Stammberechtigter). Die Altersangaben basieren auf den glaubhaften Angaben der Tante des Stammberechtigten, mit der er ins Bundesgebiet eingereist ist.

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2.1.2 Der Stammberechtigte war bei Antragstellung der Klägerin am ... Juli 2011 siebzehn Jahre alt und mithin ein minderjähriger Flüchtling i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG. Es ist notwendig aber auch hinreichend, dass das stammberechtigte Geschwister bei Antragstellung des zuziehenden Geschwisters – der Klägerin – minderjährig war. Es reicht nicht aus, dass das stammberechtigte Geschwister bei seiner eigenen Asylantragstellung minderjährig war (VG Hamburg, Urt. v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f.). Im Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung muss es dagegen nicht mehr minderjährig sein. Hierauf deutet schon hin, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG am Satzanfang genannt wird. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass es für die Bestimmung der Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf einen anderen Zeitpunkt ankommen soll als bei dem zuziehenden Geschwister, hätte dies kenntlich gemacht werden müssen. Dieses Ergebnis wird auch durch den systematischen Zusammenhang von § 26 Abs. 3 Satz 2 und Satz 1 AsylVfG gestützt, weil § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG durch die Verwendung des bestimmten Artikels („des“) auf den Minderjährigen im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG verweist, der bei Antragstellung der zuziehenden Verwandten – in jenem Fall eines Elternteils – minderjährig sein muss (VG Hamburg, Urt. v. 5.2.2014, 8 A 1236/12, S. 6ff. UA; v. 5.2.2014, 8 A 1238/12, S. 6ff. UA; v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f. UA).

18

2.1.3 Anders als die Beklagte meint, ist es für den Anspruch der Klägerin unschädlich, dass der Stammberechtigte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr minderjährig ist. Zwar ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG grundsätzlich für das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale auf die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn sich aus dem materiellen Recht ergibt, dass ein früherer Zeitpunkt maßgeblich ist (Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 2; ausdrücklich für die zeitlichen Anknüpfungspunkte beim Familienasyl auch Hailbronner, Ausländerrecht, 68. EL, Stand: April 2010, § 77 AsylVfG, Rn. 13). Dies ist hier der Fall. Für die Minderjährigkeit des stammberechtigten und des zuziehenden Geschwisters ist allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung des zuziehenden Geschwisters abzustellen.

19

Für das zuziehende Geschwister ergibt sich dies aus einem Vergleich mit § 26 Abs. 2 AsylVfG, der ebenfalls ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt. Für § 26 Abs. 2 AsylVfG ist geklärt, dass das Kind des Stammberechtigten nur bei dessen Antragstellung minderjährig sein muss. Dieser einzig maßgebliche Entscheidungszeitpunkt wurde 1992 gerade in Reaktion auf eine Rechtsprechung eingefügt, die für die Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung abgestellt hatte (Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 61 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, 66. EL, Stand: November 2009, § 26 AsylVfG, Rn. 49). Daher muss dasselbe für den Zeitpunkt der Minderjährigkeit des zuziehenden Geschwisterkindes in § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG gelten. Anderenfalls würde die von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichende Bestimmung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts keinen Sinn ergeben. Würde man nämlich verlangen, dass die Minderjährigkeit bei der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss, muss sie logisch auch schon bei Antragstellung vorgelegen haben.

20

Für das stammberechtigte Geschwister gilt nichts anderes, weil der eingangs von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG erwähnte Zeitpunkt auch für die Bestimmung von dessen Minderjährigkeit gilt. Darüber hinaus ist wertungsmäßig nicht ersichtlich, warum für die Bestimmung der Minderjährigkeit der Geschwister jeweils auf unterschiedliche Zeitpunkt abgestellt werden soll. Aus dem Zweck der Einfügung von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG, der in der Aufrechterhaltung der Familieneinheit und dem Interesse des Minderjährigenschutzes besteht (BT-Drs. 218/13, S. 30), lässt sich eine unterschiedliche Behandlung auch nicht ableiten.

21

2.2 Unschädlich für den Anspruch der Klägerin ist, dass bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 die Anspruchsgrundlage des § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der Fassung vom 1. Dezember 2013 noch nicht in Kraft war. Hinsichtlich der Rechtslage verbleibt es nämlich bei dem in § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG formulierten Grundsatz, dass es auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt. Soweit sich aus dem anzuwendenden Recht nicht etwas Anderes ergibt, ist es eine vom Gesetzgeber gewollte Folge von § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass ein ursprünglich begründeter Asylantrag wegen nachträglich veränderter Verhältnisse unbegründet werden kann oder umgekehrt, dass eine anfangs unbegründete Klage wegen Eintritts nachträglicher Ereignisse im maßgeblichen Zeitpunkt Erfolg hat (Marx, AsylVfG 7. Aufl. 2009, § 77 Rn. 7; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 90. EL, Februar 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 3). Anders als beim maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit (siehe oben 2.1), ergibt sich aus dem materiellen Recht für das anzuwendende Recht kein von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichender Zeitpunkt. Wenn es der Gesetzgeber gewollt hätte, dass Familienflüchtlingsschutz nur dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen auch bei Inkrafttreten der Norm vorlagen, hätte er Übergangsvorschriften erlassen können. Hierauf hat er jedoch bei § 26 AsylVfG verzichtet (s. Art. 7 des Richtlinienumsetzungsgesetzes).

22

2.4 Auch die übrigen Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG liegen vor. Die Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten vom 1. September 2009 ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG seit dem 3. September 2009 unanfechtbar (Bl. 117 der Asylakte des Stammberechtigten). Sie ist nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG). Die Lage im Irak hat sich nicht grundsätzlich zum Besseren gewendet, so dass ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Stammberechtigte unrichtige Angaben im Verfahren gemacht hat, so dass eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in Betracht zu ziehen wäre, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar hat das Einwohner-Zentralamt der Freien und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom ... November 2009 ein Widerrufsverfahren angeregt. Die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom ... Januar 2010 mitgeteilt, dass sie davon absieht (Bl. 123, 161 der Asylakte des Stammberechtigten). Der Stammberechtigte ist im Jahr 2009 mit seiner Tante ausgereist; bis dahin lebte er mit seiner Familie in Scheichan.

23

Die Asylantragstellung gemäß § 23 Abs. 1 AsylVfG am ... Juli 2011 erfolgte unverzüglich i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nach der Einreise am 28. Juni 2011. Die Klägerin stellte ihren Asylantrag mit Zugang des anwaltlichen Schreibens vom 1. Juli 2011, mithin am 5. Juli 2011. Sie konnte dies entgegen § 23 Abs. 1 AsylVfG schriftlich tun, da sie als unter Sechzehnjährige, deren gesetzlich vertretungsberechtigter Vater nicht mehr in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet war (§§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 47 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), ihren Antrag nicht persönlich stellen musste.

24

Unverzüglich bedeutet – wie im Zivilrecht – „ohne schuldhaftes Zögern“ (Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, §, 26, Rn. 46). Dies setzt grundsätzlich eine Antragstellung binnen zweier Wochen voraus (siehe die Nachweise bei Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Stand: Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 59). Wie lange das Zögern mit einer Antragstellung dauern darf, bevor es schuldhaft wird, hängt grundsätzlich von einer Würdigung der besonderen Verhältnisse im konkreten Fall ab. Insoweit muss u. a. auch die Möglichkeit gewährleistet sein, Rechtsrat einzuholen (VG Leipzig, Urt. v. 7.1.2004, A 6 K 30241/01, juris, Rn. 18). Nach diesem Maßstab erfolgte die Antragstellung binnen zwei Wochen und damit ohne Weiteres unverzüglich.

25

2.5 Für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach §§ 26 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 AsylVfG ist nichts ersichtlich.

III.

26

Da die Klage bereits mit dem ersten Hilfsantrag Erfolg hat, braucht über die weiteren Hilfsanträge nicht entschieden zu werden.

IV.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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