Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 4693/01
Tatbestand
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Am 23. März 2001 unterzeichnete der von einem Rundfunkbeauftragten des Beklagten ermittelte Kläger eine Erklärung darüber, dass er in seinem Kraftfahrzeug seit Juli 1999 ein Rundfunkgerät zum Empfang bereit halte.
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Mit Gebührenbescheid vom 5. September 2001 setzte der Beklagte gegen den Kläger für den Zeitraum vom Juli 1999 bis Juli 2001 Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt 242,90 DM fest. Dagegen erhob der Kläger unter Bezugnahme auf den zuvor geführten Schriftwechsel Widerspruch mit der Begründung, dass er das Autoradio in seinem PKW nur privat nutze und in einer Lebensgemeinschaft mit Frau D. E. lebe; er begleiche seine Rundfunk- und Fernsehgebühren unter der für Frau E. geführten Gebührennummer.
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Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2001 - irrtümlich datiert auf den 12. Januar 2001 - als unbegründet zurück. Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass jeder, der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebe, für die von ihm angemeldeten Rundfunkgeräte selbst Gebühren entrichten müsse.
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Der Kläger hat am 31. Oktober 2001 Klage erhoben. Er trägt vor: Bevor er Frau E. am 6. Juni 2002 geheiratet habe, habe er mit ihr in einer verfestigten eheähnlichen Lebensgemeinschaft gelebt. Dieser Lebensgemeinschaft habe auch das in seinem PKW eingebaute Radiogerät gedient. Der PKW sei von beiden Partnern der Lebensgemeinschaft ebenso gemeinschaftlich genutzt worden wie die in der gemeinschaftlichen Wohnung bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte. Somit handele es sich bei dem Autoradio angesichts der Anmeldung von Frau E. als Rundfunkteilnehmerin um ein gebührenfreies Zweitgerät. Andernfalls wäre die Regelung des § 5 Rundfunkgebührenstaatsvertrag entsprechend anzuwenden.
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Der Kläger beantragt,
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den Gebührenbescheid des Beklagten vom 5. September 2001 und dessen Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2001 - datiert auf den 12. Januar 2001 - aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Regelung über Zweitgeräte in § 5 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages auf nichteheliche Lebensgemeinschaften keine Anwendung finde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 5. September 2001 und dessen Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2001 - irrtümlich datiert auf den 12. Januar 2001 - sind rechtmäßig. Die angefochtene Rundfunkgebührenerhebung findet ihre Rechtsgrundlage in den Regelungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (Art. 4 des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.8.1991; Nds. GVBl. 1991 S. 312; zuletzt geändert durch den Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag; Nds. GVBl. 2000 S. 327) - RfGebStV - in der für den Erhebungszeitraum geltenden Fassung. Danach reicht es für die Entstehung der persönlichen Gebührenpflicht des Klägers aus, dass dieser tatsächlich ein Hörfunkgerät zum Empfang bereitgehalten hat und somit Rundfunkteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 RfGebStV war. Der Kläger hatte unstreitig im Zeitraum vom Juli 1999 bis Juli 2001 ein in seinem auf seinen Namen zugelassenen privaten PKW eingebautes Rundfunkgerät zum Empfang bereit gehalten. Damit war er gemäß § 1 Abs. 2 und 3 RfGebStV Rundfunkteilnehmer, was nach § 4 Abs. 1 RfGebStV seine Pflicht zur Zahlung der auch der Höhe nach zutreffend festgesetzten Rundfunkgebühren ausgelöst hat.
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Der Kläger kann sich auch nicht auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV geregelte Gebührenfreiheit für Zweitgeräte berufen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV ist die Rundfunkgebühr nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist.
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Das Autoradio des Klägers ist für ihn kein weiteres Rundfunkempfangsgerät in diesem Sinne, denn die Empfangsgeräte, die in der mit Frau E. gemeinschaftlich bewohnten Wohnung aufgestellt waren, waren in dem von der Gebührenerhebung umfassten Zeitraum nicht von dem Kläger, sondern von Frau E. angemeldet worden. Deshalb galten diese Geräte gebührenrechtlich nicht (auch) als die Geräte des Klägers, sondern allein als Empfangsgeräte seiner Lebensgefährtin. Andererseits galt das Autoradio in dem PKW des Klägers auch nicht als Zweitgerät von Frau E.. Denn dazu, wem ein Autoradio gebührenrechtlich zuzurechnen ist, bestimmt § 1 Abs. 3 RGebStV abschließend, dass für das in ein Kraftfahrzeug eingebaute Rundfunkempfangsgerät derjenige als Rundfunkteilnehmer gilt, für den das Kraftfahrzeug zugelassen ist; ist das Kraftfahrzeug nicht zugelassen, gilt der Halter des Kraftfahrzeugs als Rundfunkteilnehmer. Schließlich war der Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum auch nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV der Ehegatte von Frau E., so dass ihn die Gebührenpflicht seiner Lebensgefährtin nicht von der eigenen Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühr befreien konnte. Der Rechtsbegriff des Ehegatten ist eindeutig bestimmt.
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Ehegatten sind danach durch Eheschließung nach Bürgerlichem Recht verbundene Personen, § 1353 Abs. 1 BGB. Insoweit ist die Ehegatten begünstigende Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV hinsichtlich ihres Wortlauts und gesetzgeberischen Zwecks eindeutig und nicht in einem anderen Sinne auslegungsfähig.
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Das Gericht hat auch keinen Anlass für die Annahme, dass die auf Ehegatten bezogene Zweitgeräteregelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV gegen ihren Wortlaut im Wege verfassungskonformer Auslegung auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgedehnt werden müsste. Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können weder unter Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 GG noch auf Art. 1 Abs. 1 GG verlangen, dass sie abgabenrechtlich mit Ehegatten gleichgestellt werden. Knüpft der Gesetzgeber im öffentlichen Abgabenrecht eine Vergünstigung an den Tatbestand der formwirksam geschlossenen Ehe Bürgerlichen Rechts, ist dieses im Hinblick auf die Grundrechte der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bisher verfassungsrechtlich nicht beanstandet worden (BVerfG, Beschluss vom 15.5.1990 - 2 BvR 592/90 - zum Erbschaftssteuerrecht). Außerdem stellt sich die Frage nach einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegenüber Ehegatten nicht, wenn sich die Ungleichbehandlung schon auf der Grundlage des geltenden Abgabenrechts vermeiden lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.1.1998 - 1 BvR 1872/94 -, NJW 1998 S. 2043 zum Tarifrecht). Der Kläger und seine Ehefrau konnten ihre gebührenrechtliche Besserstellung aber schon erreichen, als sie noch nicht miteinander verheiratet waren. Hierzu wäre es nur erforderlich gewesen, die in der Wohnung gemeinschaftlich bereit gehaltenen und genutzten Rundfunkempfangsgeräte durch Anzeige gegenüber dem Beklagten rechtzeitig auf den Kläger umzumelden.
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