Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (7. Kammer) - 7 A 6175/02

Tatbestand

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Der Kläger ist örtlicher Träger der Sozialhilfe und ist daneben als herangezogene Körperschaft nach § 1 HeranzVO-SozH – auch für den überörtlichen Träger der Sozialhilfe tätig.

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Bis Ende des Jahres 2000 galt der damalige § 5 Nds. AG-BSHG. Danach trug der Kläger seine im eigenen Wirkungskreis als örtlicher Träger der Sozialhilfe entstandenen Ausgaben im vollen Umfang selbst, hatte jedoch einen Anspruch auf eine volle Kostenerstattung hinsichtlich der Ausgaben als überörtlicher Träger (sogenannte namenlose Sammelabrechnung).

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Mit dem Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes vom 21.11.2000 (Nds. GVBl. S. 294) strich der Landesgesetzgeber den bisherigen § 5a und führte im neuen § 6 b Nds. AG-BSHG eine quotierte Erstattung – jetzt aber bezogen auf alle Ausgaben der Sozialhilfe – ein (sog. Quotales System). Die Änderungen traten zum 01.01.2001 in Kraft, ohne dass eine Übergangsregelung getroffen wurde.

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Mit Schreiben vom 24.09.2001 teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass nach Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden Niedersachsens strikt nach dem Prinzip der Kassenwirksam verfahren werde. Entsprechend bezog er die erst 2001 kassenwirksam gewordenen Ausgaben des Klägers als herangezogener überörtlicher Träger, deren Rechtsgrund jedoch bereits schon 2000 entstanden war, in die Erstattung nach dem Quotalen System für 2001 ein und erstattete diese Ausgaben nicht zu hundert Prozent. Mit Schreiben vom 11.12.2002 hat das beklagte Land allerdings weiter erklärt, alle bis zum 31.12.2000 tatsächlich geleisteten Ausgaben zu hundert Prozent zu erstatten und bat für eine eventuelle Nachzahlung um weitere Angaben dazu.

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Der Kläger hat am 23.12.2002 Klage erhoben.

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Er vertritt die Auffassung, für die Frage, welche Erstattungsregelungen zur Anwendung gelangen müssen, komme es auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rechtsgrundes für die Ausgaben an. Die vom Gesetzgeber verursachte Gesetzeslücke könne nicht zu Lasten der Kommune gehen. Der Verweis auf haushaltsrechtliche Bestimmungen sei nicht überzeugend. Es seien Aufwendungen nach der alten Rechtslage, die nur aus verschiedenen Gründen im Jahr 2000 nicht abschließend entschieden und abgerechnet werden konnten. Die geltendgemachte Klagforderung entspreche der Differenz zwischen den tatsächlichen Erstattungsbeträgen nach dem Quotalen System und der früheren 100-Prozent-Erstattung.

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Der Kläger beantragt,

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das beklagte Land zu verurteilen, an ihm, dem Kläger, 1.222.674,02 Euro nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er meint, eine Erstattungspflicht für das Jahr 2000 sei nicht gegeben, weil die Leistungen erst 2001 erbracht worden seien. Der Kläger sei seiner, des Beklagten, Aufforderung auch nicht nachgekommen, ggf. darzulegen, ob ein Teil der hier strittigen Aufwendungen zwar nach Kassenschluss am 08.12.2000, aber noch im Jahr 2000 zur Auszahlung gekommen ist. Der Beklagte verweist weiter darauf, dass seiner Ansicht nach der Kläger nicht schlechter gestellt sei als nach den früheren Erstattungsvorschriften, Nunmehr würden seine Gesamtaufwendungen entsprechend der festgesetzten Quote vom Land erstattet. Auch unter der alten Regelung habe es immer wieder Bearbeitungsrückstände gegeben, die dann in die Erstattung des Folgejahres einbezogen wären.

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Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

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Weiterhin ergeht ebenfalls im Einverständnis der Beteiligten die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter.

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Erstattung in Höhe des eingeklagten Betrages.

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Unstreitig ist die für 2001 erfolgte Erstattung nach dem Quotalen System rechnerisch richtig. Streitig ist nur, ob nicht für einige der darin erfassten Ausgaben, für die der Rechtsgrund noch im Jahr 2000 entstanden ist, eine Erstattung zu 100 Prozent erfolgen muss.

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Das ist indes nicht der Fall. Der Gesetzgeber hat ohne weitere Übergangsregelungen den § 5a Nds. AG-BSHG zum 31.12.2000 gestrichen und ab 01.01.2001 die Regelungen der §§ 6b Nds. AG-BSHG eingeführt. Für alle ab dem 01.01.2001 entstandenen Aufwendungen gilt nach alledem das Quotale System.

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Eine Orientierung an dem Prinzip der Kassenwirksamkeit macht auch durchaus Sinn. Denn nach Sinn und Zweck der Erstattungsregelungen soll ein Träger der Sozialhilfe nur von denjenigen Aufwendungen (ggf. eben nur teilweise quotenmäßig) durch Erstattungszahlungen des Landes entlastet werden, die ihm tatsächlich auch entstanden sind und seine Kassen belasten. Die hier umstrittenen Ausgaben sind jedoch erst 2001 aus dem Vermögen des Klägers durch Zahlung herausgelöst worden und haben den Kläger mithin erst 2001 belastet. Nach alledem müssen auf sie auch die für das Jahr 2001 geltenden Vorschriften angewandt werden.

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Das Gericht verkennt nicht, dass Stichtagsregelungen im weitesten Sinne, wie eben auch die Einführung neuer Regelungen zu einem bestimmten Termin ohne Übergangsvorschriften, immer zu gewissen Härten führen können, die jedoch hingenommen werden müssen. Zu Bedenken ist in diesem Zusammenhang dabei ebenfalls, dass das Prinzip der Kassenwirksamkeit für alle Ausgaben gilt. Damit konnten im Jahr 2001 Aufwendungen, die der Kläger als örtlicher Träger der Sozialhilfe hatte (und die bis Ende 2000 gar nicht erstattungsfähig waren), gleichfalls in die Quotierung mit einbezogen werden, wenn die tatsächliche Zahlung erst im Jahr 2001 erfolgte, auch wenn deren Rechtsgrund bereits im Jahr 2000 entstanden war.

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Die Frage, welche Erstattungsvorschriften auf diejenigen Ausgaben anzuwenden sind, die zwar noch vor dem 31.12.2000 tatsächlich geleistet wurden, aufgrund des Kassenschlusses beim Beklagten am 08.12.2000 jedoch bereits für 2001 verbucht werden mussten, stellt sich hier nicht. Denn der Beklagte ist bereit und hat dies auch schon vor Klageerhebung erklärt, diese Ausgaben nach den früheren Vorschriften zu erstatten, soweit ihm der Kläger entsprechende Ausgaben darlegt.

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Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

 


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