Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 2537/03

Tatbestand

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Die Kläger betrieben als Gesellschafter bürgerlichen Rechts bis zum 31. Dezember 2001 unter der Firma F. in H. ein Sonnenstudio. Am 29. Januar 1998 meldeten sie ein in dem Sonnenstudio betriebenes Hörfunkgerät mit Wirkung vom 1. April 1997 rückwirkend an. Nachdem die Gebührenbeauftragte des Beklagten am 4. September 2001 festgestellt hatte, dass in dem Geschäft sieben zusätzliche Lautsprecher an das Rundfunkempfangsgerät angeschlossen waren, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2002 rückwirkend für die Zeit vom 1. April 1997 bis 30. November 2001 rückständige Rundfunkgebühren in Höhe von insgesamt 1.872,94 € sowie einen Säumniszuschlag von 5,11 € fest.

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Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass die an dasselbe Gerät angeschlossenen sieben Lautsprecherboxen in den Sonnenkabinen sich nicht in verschiedenen Räumen befänden. Sie seien nur durch die einzelnen Kabinenbereiche optisch abgetrennt und deshalb nicht als gesonderte Hörstellen anzusehen.

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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2003 als unbegründet zurück. Darin vertrat er die Auffassung, Lautsprecher seien als selbständige Rundfunkempfangsgeräte gebührenpflichtig, wenn sie sich in verschiedenen Räumen oder Raumteilen befänden und als gesonderte Hörstellen betrieben würden. Das gelte auch für die teilweise werksseitig, teilweise nachträglich eingebauten Lautsprecher in den Bräunungskabinen. Diese dienten nicht der Verbesserung oder Verstärkung des Hörens einer Sendung, sondern dem Aufenthalt des jeweiligen Kunden.

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Die Kläger haben am 20. Juni 2003 Klage erhoben. Sie tragen vor, die installierten Lautsprecher seien an einen Verstärker, mehrere CD-Player und einen Rundfunkempfänger (Tuner) angeschlossen gewesen. Im Sonnenstudio seien im Unterschied zu anderen Geschäften die Lautsprecher nur deshalb innerhalb der Kabinen angebracht, weil die Beschallung durch Einzellautsprecher an Decken und Wänden wegen der Sichtschutzwände akustisch unbefriedigend wäre. Im August 2001 seien die Lautsprecher dann von dem Empfangsgerät abgeklemmt worden, um dem Risiko der mehrfachen Berechnung der Rundfunkgebühren zu entgehen. Außerdem befänden sich die Boxen nicht nur in den Kabinen, sondern auch teilweise im Eingangsbereich, so dass der Kunde immer ein einheitliches Klangerlebnis habe.

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Die Kläger beantragen,

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den Bescheid des Beklagten vom 5. März 2002 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2003 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte trägt vor, dass Rundfunkempfangsgeräte nach der Legaldefinition dieses Begriffs in § 1 Abs. 1 Satz 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) auch Lautsprecher, Bildwiedergabegeräte und ähnliche technische Einrichtungen als gesonderte Hör- oder Sehstellen seien. Jeder Lautsprecher, der die Möglichkeit des selbständigen Empfangs von Programminhalten biete, sei danach ein selbständiges Rundfunkempfangsgerät, wenn er nicht eine unentbehrliche Komponente des Empfangsgeräts sei. Mehrere Lautsprecher würden nach § 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV nur dann nicht als ein Rundfunkempfangsgerät gelten, wenn sie zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet seien und damit eine einheitliche Hör- und Sehstelle bildeten. Das könne immer nur dann der Fall sein, wenn die innerhalb einer räumlichen Einheit vorhandenen Geräte allen dort Anwesenden einen verbesserten oder verstärkten einheitlichen Empfang derselben Rundfunksendung böten. Folglich müsse durch technische Maßnahmen sicher gestellt sein, dass ein einheitlicher Ton entstehe, wenn mehrere Lautsprecher als ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV gelten sollen, was nicht der Fall sei, wenn sich die Lautsprecher in verschiedenen, von einander abtrennbaren Räumen befänden. Im vorliegenden Fall stellten die sieben Lautsprecher jeweils eigene Hörstellen dar, weil sie in den Kabinen oder Sonnenbänken eingebaut seien. Das werde durch den Vortrag der Klägerin bestätigt, wonach ohne den Einbau der Lautsprecher keine akustisch befriedigende Hörsituation möglich wäre.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten nach der Ermäßigung der Gebührenforderung durch den Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

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Die im Übrigen erhobene Klage ist begründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 5. März 2002 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2003 sind rechtswidrig und daher gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

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Für das Bereithalten der insgesamt sieben, im Gebührenzeitraum im Bereich der Bräunungskabinen installierten oder in den Sonnenbänken eingebauten Lautsprecher ist neben der unstreitigen Gebührenpflicht für das Empfangsgerät (Tuner) der Musikanlage, an der die Lautsprecher angeschlossen waren, ist eine Gebührenpflicht der Kläger nicht entstanden.

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Das Gericht folgt nicht der von dem Beklagten vertretenen Rechtsauffassung, wonach diese Lautsprecher Rundfunkempfangsgeräte sind, die eine sachliche Gebührenpflicht nach § 4 Abs. 1 RGebStV begründen können.

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Der Inhalt des Begriffs des Rundfunkempfangsgeräts bestimmt sich für das Rundfunkgebührenrecht nach § 1 Abs. 1 RGebStV. Danach sind Rundfunkempfangsgeräte im Sinne dieses Staatsvertrages technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen (Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind, wobei nach Absatz 1 Satz 2 auch Lautsprecher, Bildwiedergabegeräte und ähnliche technische Einrichtungen als gesonderte Hör- oder Sehstellen Rundfunkempfangsgeräte sind.

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Danach können Lautsprecher, die zusätzlich an eine bereits mit einem oder mehreren Lautsprechern versehene und einem Empfangsteil ausgestattete Musikanlage angeschlossen werden, als gesonderte Hörstellen grundsätzlich gebührenrechtlich Rundfunkempfangsgeräte sein. Das gilt allerdings nach § 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV nicht, wenn sie zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet sind und damit mit den übrigen vorhandenen Geräten eine einheitliche Hör- und Sehstelle bilden.

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In diesem Sinne war die von den Klägern in ihrem Sonnenstudio in dem hier streitbefangenen Zeitraum bis November 2001 betriebene Musikanlage eine einheitliche Hörstelle. Bei der Beurteilung, ob mehrere zusätzlich an ein Rundfunkempfangsgerät angeschlossenen Lautsprecher zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet sind, ist das häufig herangezogene Beurteilungskriterium, das danach fragt, ob sich die einzelnen Lautsprecher innerhalb einer eigenen räumlichen Einheit oder abtrennbaren Teilen eines Raumes befinden, in vielen Fällen ungeeignet, zumal sich die Begriffe „räumliche Einheit“ und „abtrennbarer Raum“ bzw. „Raumteil“ nicht einheitlich definieren lassen. Das machen insbesondere die in der Rechtsprechung entwickelten Fallbeispiele (s. die Zusammenstellung bei Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 1 RGebStV Rdnr. 22 ff.) deutlich, die wie z.B. bei Lautsprechern in Doppeldeckerbussen, in verschiedenen Bereichen eines Freibades, in Trockenhauben oder im Kopfteil von Sitzen in Bussen und Bahnen einen erheblichen argumentativen Aufwand erfordern, um eine mehr oder weniger überzeugende Abgrenzung selbständiger Hörstellen nach räumlichen Gesichtspunkten zu begründen. So kann diese Abgrenzung versagen, wenn in einem räumlichen Bereich unterschiedliche Arten von Lautsprechern installiert sind, wenn beispielsweise in einem Reisebus zusätzlich zu den Deckenlautsprechern einzeln regelbare Sitzlautsprecher eingebaut sind. Ungeeignet ist die Abgrenzung nach räumlichen Gesichtspunkten auch, wenn innerhalb eines Raumes mehrere Lautsprecher an ein Empfangsgerät angeschlossen sind und an diesen (z.B. an verschiedenen Arbeits-, Warte- oder Behandlungsplätzen) durch besondere Übertragungstechnik unterschiedliche Rundfunkprogramme eingestellt werden können. Vielmehr muss sich die Beurteilung der Frage, ob mehrere zusätzlich angeschlossenen Lautsprecher mit der Anlage für den Rundfunkempfang eine einheitliche Hörstelle bilden, ausschließlich an dem in § 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV geregelten gesetzlichen Tatbestandsmerkmal ihrer Zweckbestimmung, das danach fragt, ob die Lautsprecher der Verbesserung oder Verstärkung des Rundfunkempfangs dienen, ausrichten. Befinden sich mehrere Lautsprecher in einem Raum oder auf einem Freigelände, kann für ihre Beurteilung als einheitliche Hörstelle deshalb nur von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob sie allen dort Anwesenden einen verbesserten oder verstärkten einheitlichen Empfang derselben Rundfunksendung vermitteln sollen (OVG Bremen, Urteil vom 14.2.1979 - II BA 17/78 -). Mit diesem Inhalt lässt sich die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 3 RGebStV ihrem Regelungszweck entsprechend sowohl auf einheitliche Hör- als auch Sehstellen anwenden.

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Bei natürlicher Betrachtungsweise soll ein Rundfunkempfang in diesem Sinne durch die zusätzliche Installation von Lautsprechern verbessert oder verstärkt werden, wenn es darum geht, einen in einem Raum oder auf einem Gelände bereits zu hörenden Rundfunkempfang so zu verstärken und damit zugleich in seiner Hörqualität zu verbessern, dass die vorhandenen akustischen Hindernisse umgangen werden. Eine einheitliche Hörstelle liegt somit immer dann vor, wenn ein Raum nur deshalb mit zusätzlichen Lautsprechern versehen wird, weil der Rundfunkempfang durch das aufgestellte Rundfunkempfangsgerät mit dessen eigenen oder den für seinen Betrieb vorgesehenen Lautsprechern nicht in allen Teilen des Raumes gleichermaßen zufriedenstellend ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn an das Rundfunkempfangsgerät eines Hotelzimmers ein zusätzlicher Lautsprecher angeschlossen ist, der in dem mit dem Zimmer verbundenen Bad installiert ist (VG Frankfurt am Main, NJW 1995 S. 3269). In diesem Fall wird der Rundfunkempfang mit dem Zusatzlautsprecher nur verstärkt, weil die übliche Einstellung der Lautstärke des Rundfunkgeräts nicht ausreichte, um den gesamten zu dem Hotelzimmer gehörenden Bereich ausreichend akustisch zu versorgen.

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Für das Sonnenstudio der Kläger gilt nichts anderes. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger waren an die mit einem Tuner ausgestattete Musikanlage nicht nur die sieben Lautsprecher angeschlossen, die sich bei oder in den Sonnenbänken befinden. Vielmehr befanden sich danach auch im Eingangsbereich des Sonnenstudios Lautsprecherboxen, damit bereits beim Betreten des Geschäftsraumes ein einheitliches Klangerlebnis wahrgenommen wurde. Außerdem befanden sich die Solarien nicht in eigens dafür abgetrennten Räumen in der Gestalt geschlossener Kabinen. Vielmehr sind diese - der Erfahrung entsprechend - auch in dem Sonnenstudio der Kläger wegen der Notwendigkeit der Ableitung der Warmluft nur durch Sichtschutzwände von einander abgegrenzt gewesen. Diese Einrichtung des Raumes als Sonnenstudio bringt es mit sich, dass die Installation der zusätzlichen Lautsprecher bei den Solarien nur dazu diente, die ohnehin schon vorhandene Unterhaltung durch Musik - und damit auch den potentiellen Rundfunkempfang - gleichmäßig im Raum zu verteilen, weil sonst ein uneingeschränkter Hörgenuss nur mit einer entsprechenden Erhöhung der Lautstärke der übrigen Musikanlage und den damit zwangsläufig verbundenen Nachteilen zu erreichen wäre. Damit dienten die bei den Solarien installierten sieben zusätzlichen Lautsprecher demselben Zweck wie Decken- oder Wandlautsprecher, die zum Beispiel in Wartehallen, Ruhezonen, Restaurants, Reisebussen, Fitnessstudios usw. wegen der schallabsorbierenden Besonderheiten der Einrichtung angebracht werden und eine gleichmäßige und damit für alle sich in dem Raum Aufhaltenden gleichermaßen angenehme Verteilung des Schalls gewährleisten sollen. Dabei ist es rechtlich ohne Belang, ob in dem von der Gebührenerhebung erfassten Zeitraum an den von den Klägern zusätzlich angeschlossenen Lautsprechern die Lautstärke individuell geregelt werden konnte. Entscheidend für die von § 1 Abs. 1 Satz 3 RGebStV vorgegebene Zweckbestimmung der Lautsprecher ist allein, dass diese nicht erst den Rundfunkempfang innerhalb des Sonnenstudios erst ermöglicht, sondern diesen wie beschrieben verbessert haben.

 


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