Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 2412/03
Tatbestand
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Der Kläger begehrt vom Beklagten, ihm die nochmalige Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung zu gestatten.
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Der am 1965 geborene Kläger bestand am 12.03.1998 vor dem Justizprüfungsamt in I. die erste juristische Staatsprüfung in der Wiederholung mit der Note ausreichend (4,38 Punkte). Am 03.05.1999 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Referendar in den niedersächsischen Vorbereitungsdienst eingestellt. Das Nds. Landesjustizprüfungsamt - LJPA - erklärte mit Bescheid vom 06.04.2001 die zweite juristische Staatsprüfung für nicht bestanden, weil der Kläger lediglich in der Z 2 - Klausur die Note ausreichend (4 Punkte) erreicht habe. Die anderen 7 Klausuren seien jeweils mit der Note mangelhaft bewertet worden. Zugleich ordnete das LJPA an, dass der Kläger ab 01.05.2001 insgesamt 7 Monate Ergänzungsvorbereitungsdienst abzuleisten habe, und zwar 4 Monate in der ersten Pflichtstation und 3 Monate in der zweiten Pflichtstation. Das OLG Oldenburg wies ihn daraufhin mit Schreiben vom 09.04.2001 für die Zeit vom 01.05. - 31.08.2001 dem AG Vechta (Zivilstation) und für die Zeit vom 01.09. - 30.11.2001 der StA Oldenburg zur Ausbildung zu. In der letzten Ausbildungsstation bearbeitete der Kläger 20 Ermittlungsvorgänge und erhielt im Zeugnis vom 30.11.2001 die Gesamtnote vollbefriedigend (10 Punkte). Auf Antrag des Klägers war bestimmt worden, dass das Ergebnis der Z 2 - Klausur auf die Prüfungsgesamtnote der Wiederholungsprüfung angerechnet werden soll. Der Kläger fertigte in der Zeit vom 15.11. 2001 - 27.11.2001 die weiteren 7 Prüfungsklausuren an, die sämtlich mit der Note mangelhaft bewertet wurden. Mit Bescheid vom 31.01.2002 teilte ihm das Nds. LJPA daraufhin mit, dass er die zweite juristische Staatsprüfung erneut nicht bestanden habe. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Nds. LJPA mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2003 als unbegründet zurück. Der Kläger erhob gegen diese Entscheidung keine Klage.
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Der Kläger hatte bereits zuvor mit Schreiben vom 14.02.2002 bei dem Beklagten beantragt, ihm die nochmalige Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung zu gestatten. Dazu machte er im wesentlichen geltend, bei ihm habe während des Prüfungsverfahrens eine außergewöhnliche Belastung vorgelegen. Seine am 1917 geborene Großmutter J. K. L. sei im August 2001 an ihrem Wohnort M. u.a. wegen Magenkrebs im fortgeschrittenen Stadium operiert worden. Die Ärzte hätten nach der Operation mitgeteilt, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben habe. Da seine Großmutter nach der Operation pflegebedürftig gewesen sei, hätten er und seine Mutter Dr. N. L. sich entschlossen, die Großmutter nach I. zu holen und dort zu betreuen. Er habe die Pflege zum größten Teil übernehmen müssen, weil seine Mutter als selbständige Zahnärztin von 8.00 - 19.00 Uhr in der Praxis habe tätig sein müssen. Ab ca. 19.00 Uhr habe seine Mutter die Pflege der Großmutter übernommen. An den Tagen, an denen er Sitzungsdienst habe leisten müssen, sei er bei der Pflege von seiner Schwester vertreten worden, die selbst berufstätig sei und dafür ihren ganzen Jahresurlaub verbraucht habe. Zunächst sei lediglich eine unterstützende Betreuung der Großmutter notwendig gewesen, kurze Zeit später habe sich jedoch ihr Gesundheitszustand mit der Folge eines ganz erheblichen Pflegeaufwandes deutlich verschlechtert. Einen Pflegedienst hätten er oder seine Mutter nicht beauftragt, weil seine Großmutter den Willen geäußert habe, zu Hause sterben zu wollen. Im Oktober 2001 habe er überlegt, ob er angesichts des hohen Pflegeaufwandes und der damit verbundenen psychischen Erschöpfung seine Beurlaubung vom Referendardienst beantrage. Weshalb er diesen Antrag nicht gestellt, sondern die Examensklausuren angefertigt habe, sei ihm unerklärlich. Tatsächlich habe er sich nicht ordnungsgemäß auf das Examen vorbereiten können. Der Gedanke an den unmittelbar bevorstehenden Tod seiner Großmutter habe seine Leistungsfähigkeit soweit geschmälert, dass er nicht ansatzweise das ihm mögliche Leistungsbild habe erbringen können. Seine Großmutter sei dann am 27.01.2002 in I. verstorben.
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Der Kläger legte dazu eine Stellungnahme seiner Mutter Dr. N. L. vor, die folgenden Wortlaut hat:
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„Daß mein Sohn B. C., meine Mutter K. L., seit der Zeit nach ihrer schweren Carzinomoperation im August letzten Jahres im E Krankenhaus in M., zu einem erheblichen Teil bedauerlicher Weise allein, bis zu ihrem Tod im Januar 2002, pflegen musste. Eine Pflege von mir war aus beruflichen Gründen in der geforderten Intensität zumindest von morgens bis in die Abendstunden nicht möglich, zumal ich während tagsüber in meiner Praxis unabkömmlich bin. Eine Übergabe meiner Mutter an einen Pflegedienst bzw. in eine weitere stationäre Behandlung kam mit Rücksicht auf den Willen meiner Mutter und ihrer noch zu erwartenden Lebensdauer nicht in Frage.“
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Außerdem legte er eine Stellungnahme des in I. ansässigen Internisten Dr. A. vom 03.02.2002 vor, in der es heißt:
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„Frau K. L. geb. am 1917 in M. wurde im August 2001 im Krankenhaus E wegen eines Carcinoms des Magens, der Bauchspeicheldrüse und des Duodenums operiert. Von weiteren Behandlungen, wie z.B. Chemotherapie, wurde wegen ihres Alters und Metastasen in der Leber abgesehen, zumal keine Aussicht auf Heilung bestand.
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Frau L. wurde nach der stationären Behandlung von ihrem Enkelsohn Herrn B. C. nach I. geholt, da sie nach der OP pflegebedürftig war.
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Frau L. erhielt ab diesem Zeitpunkt immer höhere Dosen Morphine zur Schmerzlinderung. Auf Grund dieser Dosen war Frau L. täglich immer nur kurzzeitig bei vollem Bewusstsein, so dass sie sich weder selbst Anziehen, Waschen, Essen oder die Toilette aufsuchen konnte. Bei all diesen Tätigkeiten wurde sie von ihrem Enkel unterstützt.
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Der Zustand von Frau L. verschlechterte sich jedoch auf Grund ihres Krankheitsbildes in relativ kurzer Zeit, so dass sie intensiv pflegebedürftig wurde. Auch in dieser Zeit wurde sie von ihrem Enkelsohn betreut, da er die Beauftragung eines Pflegedienstes bzw. eine stationäre Unterbringung von Frau L. mit Rücksicht auf ihren letzten Willen und wegen der engen familiären Bindung ablehnte. Frau L. musste regelmäßig in kurzen Abständen gefüttert, umgebettet und gewaschen werden.
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In der Zeit von August 2001 bis Januar 2002 war der Enkel Herr B. C. durch die intensive Pflege und den wahrnehmbaren Verfall seiner Großmutter einem starken physischen als auch psychischen Druck ausgesetzt. Er war dadurch nicht in der Lage seinen beruflichen Obliegenheiten nachzugehen.“
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Auf entsprechende Hinweise des Beklagten (Schreiben vom 21.05.2002 und vom 17.09.2002) ergänzte der Kläger sein Vorbringen mit Schreiben vom 05.07.2002 und vom 16.10.2002: Seine Großmutter habe anlässlich eines Besuchs der Familie in M. den „letzten Willen“ geäußert, im Haus ihrer Tochter im Kreise der Familie sterben zu dürfen. Ein betreutes Wohnen habe sie ausdrücklich abgelehnt. Sie habe auch lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt. Er sei bei diesem Gespräch anwesend gewesen. Angesichts dieser Äußerungen seiner Großmutter sei die Beauftragung eines Pflegedienstes nicht in Betracht gekommen. Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge habe er für die Betreuung seiner Großmutter nicht in Anspruch nehmen können, weil er auf die bereits gekürzten Anwärterbezüge angewiesen gewesen sei. Er wohne zwar mietfrei bei seiner Mutter, seine Mutter verfüge aber nicht über ausreichende Mittel, um während eines Sonderurlaubs auch die Kosten seiner Ausbildung finanzieren zu können. Seine Mutter sei aus Gründen des Datenschutzes nicht bereit, genaue Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen.
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Mit Schreiben vom 26.03.2003 erklärte der Kläger dann, seinem bisherigen Anwalt sei es nicht ausreichend gelungen, seine damalige Situation hinreichend zu verdeutlichen. Er habe nicht vorrangig aus finanziellen Gründen davon abgesehen, im September oder Oktober 2001 Sonderurlaub zu beantragen, um seine Großmutter betreuen zu können. Maßgebend seien vielmehr folgende Erwägungen gewesen:
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„Dass der zunehmende körperliche Verfall, das unsägliche Leiden meiner Großmutter unter den Schmerzen, trotz immer höherer Dosen von Schmerzmitteln, und der allgegenwärtige Gedanke daran, dass jeder Tag der letzte sein konnte, eine derart große physische und psychische Belastung für mich darstellen würde, wurde mir erst im Lauf der Zeit bewusst. Ein wesentlicher Grund dafür, dass ich mich dennoch dazu entschloss, das Examen nicht aufzuschieben, bestand darin, dass meine Großmutter nicht den Eindruck bekommen sollte, ihre Pflege würde mich in meinem beruflichen Fortkommen behindern. Ein solcher Eindruck hätte sie derart belastet, dass sie wahrscheinlich ihren letzten Lebenswillen verloren hätte. Ich persönlich bin der Überzeugung, dass meine Großmutter versuchte, ihren Tod solange wie möglich hinauszuzögern, um mein „bestandenes Examen“ noch zu erleben. Meine Großmutter war immer sehr stolz darauf, dass ihr einziger Enkelsohn Jura studierte und bald seine Ausbildung beendet haben würde. Hinzu kam, dass meine Einzelnoten insbesondere in der damals laufenden staatsanwaltlichen Station einen deutlichen Aufwärtstrend zeigten. Dementsprechend sah mein Ausbilder, Herr Dr. O., in einem persönlichen Gespräch keinen Anlass, das Examen aufzuschieben. Auch dies war für mich ein Ansporn weiterzumachen.“
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Mit Bescheid vom 08.05.2003 - dem Kläger zugestellt am 09.05.2003 - lehnte der Beklagte den Antrag auf Gestattung der erneuten Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung ab und führte dazu aus, der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass eine außergewöhnliche Beeinträchtigung während der Anfertigung der Klausuren im November 2001 vorgelegen habe. Es sei bereits nicht glaubhaft, dass die Großmutter auch gegen einen Pflegedienst, der die Pflegeleistungen in der häuslichen Umgebung erbringe, eingestellt gewesen sei. Ein Pflegedienst hätte in I. auch sofort beauftragt werden können. Es sei nicht dargelegt und auch nicht belegt worden, dass seine Mutter als vollbeschäftigte Zahnärztin den Pflegedienst nicht hätte finanzieren oder bis zum Eintreten der Pflegeversicherung hätte vorfinanzieren können. Der Kläger habe dienstrechtlich die Pflicht gehabt, seine Pflegetätigkeit mit einer ordnungsgemäßen Examensvorbereitung zu koordinieren. Er hätte deshalb der Zahnarzttätigkeit seiner Mutter nicht den unbedingten Vorrang einräumen dürfen. Er hätte auch Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge beantragen und nehmen können, um seine Großmutter in der von ihm gewünschten Weise pflegen und betreuen zu können. Da er von diesen Entlastungsmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht und die Pflege seiner Großmutter auch freiwillig übernommen habe, könne eine außergewöhnliche Beeinträchtigung während des Prüfungsverfahrens nicht festgestellt werden.
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Der Kläger hat am 10.06.2003, dem Dienstag nach Pfingsten, Klage erhoben. Er trägt vor: Seine Großmutter habe nach der Operation im August 2001 nach Angaben der Ärzte eine Lebenserwartung von noch 6 - 8 Wochen gehabt. Er habe seine Großmutter nach I. geholt, um sie während ihrer letzten Lebenstage betreuen zu können. Er habe nicht erkannt, welche Belastungen durch die Betreuung der Großmutter auf ihn zukommen würden. Angesichts der prognostizierten Lebenserwartung sei mit einem Versterben seiner Großmutter Ende September/Mitte Oktober 2001 zu rechnen gewesen. Die Klausuren habe er erst im November 2001 schreiben müssen. Er habe deshalb nicht angenommen, dass sich Sterbebegleitung und Prüfungsphase überschneiden würden. Mit einer längeren Pflege der Großmutter bis zu ihrem tatsächlichem Tod am 27.01.2002 habe in der Familie niemand gerechnet. Die tägliche Betreuung eines qualvoll sterbenden Menschen stelle eine außergewöhnliche Belastung dar, so dass der Beklagte verpflichtet sei, ihn die zweite juristische Staatsprüfung nochmals wiederholen zu lassen, zumindest jedoch über seinen Antrag erneut zu entscheiden.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 08.05.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die nochmalige Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung zu gestatten,
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hilfsweise,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2003 zu verpflichten, über seinen Antrag auf nochmalige Gestattung der zweiten juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er wiederholt und vertieft den Inhalt des ablehnenden Bescheides vom 08.05.2003 und führt ergänzend aus, dem Kläger seien die konkreten Auswirkungen der Pflegetätigkeit immer und damit auch während des Prüfungsverfahrens bewusst gewesen. Dennoch habe er nichts unternommen, um seine Belastungen vor der für ihn existenziellen Prüfung zu verringern. Er habe sich vielmehr in Kenntnis aller Umstände der Prüfung gestellt, obwohl er durch einen Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge den Prüfungszeitraum hätte hinausschieben können. Einem solchen Begehren wäre ohne weiteres entsprochen worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten (insgesamt 3 Bände Prüfungs- und Personalakten des Klägers) verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.05.2003 den Antrag des Klägers auf Gestattung einer nochmaligen Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung ohne erkennbare Rechtsfehler abgelehnt, so dass der Kläger weder den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf Gestattung noch den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch auf Neubescheidung seines Begehrens hat.
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Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen - NJAG - in der hier noch anwendbaren Fassung vom 22.10.1993 (Nds. GVBl. S. 449), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.09.2001 (Nds. GVBl. S. 614), kann das Justizministerium eine nochmalige Wiederholung der zweiten Staatsprüfung gestatten, wenn die erfolglosen Prüfungen bei dem niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt abgelegt worden sind und eine außergewöhnliche Beeinträchtigung der Referendarin oder des Referendars in dem zweiten Prüfungsverfahren vorgelegen hat. Eine außergewöhnliche Beeinträchtigung des Klägers während der Anfertigung der Klausuren im November 2001 und damit während des zweiten Prüfungsverfahrens hat nicht vorgelegen.
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Nach der Rechtsprechung der Kammer (Urt. v. 08.07.2004, 6 A 5928/03) hat der Gesetzgeber mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der außergewöhnlichen Beeinträchtigung eine persönliche Situation der Referendarin oder des Referendars gekennzeichnet, die über die mit der Situation und den Inhalten einer Prüfung verbundenen typischen Belastungen weit hinausgeht und der sich der zur Prüfung Anstehende nicht entziehen kann, weil ihr Eintritt gleichermaßen unerwartet und nicht abwendbar erscheint. Der Ausnahmecharakter des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG hat nicht nur in seinem Wortlaut einen eindeutigen Ausdruck gefunden, sondern entspricht ausweislich der Gesetzesbegründung (Lt - Drs. 12/5200 S. 41) auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Dort heißt es:
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„.... Die nochmalige Wiederholung soll nur ausnahmsweise in wenigen Fällen bei Vorliegen besonderer Umstände gestattet werden können. Darüber soll auch nicht - zur Unterstreichung der Ausnahmesituation - das Landesjustizprüfungsamt selbst, sondern das Justizministerium entscheiden. Eine erneute Wiederholung soll in Zukunft nur von objektiven Umständen, die die Chancengleichheit im Prüfungsverfahren beeinträchtigt haben und denen sich der Prüfling aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte, hingegen nicht mehr von einer prognostischen Beurteilung des Prüfungserfolgs abhängig sein. Die Voraussetzung der „außergewöhnlichen Behinderung“ ist sprachlich in eine „außergewöhnliche Beeinträchtigung“ verändert worden, ohne dass die bisherige Bedeutung damit verändert werden soll.“
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Angesichts der Zweckbestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG, die Chancengleichheit bei nicht anders abwendbaren Belastungssituationen wieder herzustellen, ist der Prüfungskandidat gehalten, vorrangig von den ihm von der Prüfungsordnung oder sonstigen Rechtsvorschriften zur Verfügung gestellten Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die sein Leistungsvermögen beeinträchtigende Belastungssituation abzuwenden. Dementsprechend ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bereits angenommen worden, dass der Prüfling im Falle einer Erkrankung unverzüglich von der Prüfung zurücktreten oder bei sonstigen prüfungsrechtlich relevanten Beeinträchtigungen rechtzeitig Rügen erheben muss, um seine Rechte zu wahren und der Prüfungsbehörde eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen (vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 12.11.1998, NVwZ-RR 1999, 245/246; Urt. der Kammer vom 08.07.2004, 6 A 5928/03).
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Der Kläger hat sich entgegen seiner nachdrücklich geäußerten Ansicht im November 2001 in keiner nicht anders abwendbaren Belastungssituation befunden. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben die Pflege und Betreuung seiner Großmutter zu einem nicht näher angegebenen Zeitpunkt im August 2001 in Kenntnis der alsbald bevorstehenden Klausurtermine übernommen hat. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass er sich auf Grund einer engen familiären Verpflichtung verbunden gefühlt hat, seine Großmutter spätestens ab Mitte September 2001 fast durchgängig ganztägig zu betreuen, so hätte er durch einen Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub die aus der Examensvorbereitung resultierende weitere Belastung vermeiden können.
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Nach § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Sonderurlaubsverordnung - Nds. SUrlVO - vom 11.12.1997 (Nds. GVBl. S. 508) kann in anderen als den in den §§ 2 bis 10 genannten Fällen bis zu sechs Monaten Urlaub unter Wegfall der Bezüge erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Kläger hat davon abgesehen, einen Sonderurlaubsantrag zu stellen, obwohl ihm diese Beurlaubungsmöglichkeit nach seinem eigenen Vorbringen bekannt gewesen ist. Es ist auch weder ersichtlich noch vom ihm dargelegt worden, dass ein derartiger, im September bzw. Oktober 2001 gestellter Urlaubsantrag von vornherein aussichtslos oder ihm nicht zuzumuten gewesen wäre.
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Die Betreuung und Pflege einer schwerkranken Verwandten kann als wichtiger Grund im Sinne des § 11 Abs. 1 Nds. SUrlVO die Gewährung von Sonderurlaub ohne Bezüge rechtfertigen. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Nds. SUrlVO soll Urlaub unter Weitergewährung der Bezüge für einen Arbeitstag im Urlaubsjahr bei schwerer Erkrankung eines im Haushalt lebenden Angehörigen gewährt werden, wenn und soweit eine andere Person zur Pflege und Betreuung nicht zur Verfügung steht und die Notwendigkeit der Anwesenheit der Beamtin oder des Beamten zur Pflege ärztlich bescheinigt wird. Diese Regelung ist auch bei der Auslegung und Anwendung des § 11 Abs. 1 Nds. SUrlVO zu berücksichtigen, denn § 11 Abs. 1 Nds. SUrlVO erfasst auch den Urlaub, der über die in §§ 2 - 10 Nds. SUrlVO - hier § 9 Abs. 2 Nr. 1 Nds. SUrlVO - geregelte Dauer hinausgeht (vgl. Weber/Banse, Das Urlaubsrecht des öffentlichen Dienstes, § 13 SUrlV Rn. 1). Die in § 9 Abs. 2 Nr. 1 Nds. SUrlVO beschriebene Situation kann deshalb auch die Gewährung eines längeren, nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nds. SUrlVO bis zu 6 Monate dauernden Sonderurlaubs rechtfertigen. Das BVerwG hat bereits wiederholt entschieden, dass ein wichtiger, auch eine längere Urlaubsgewährung rechtfertigender Grund insbesondere dann vorliegt, wenn der Beamte sich in einer Ausnahmesituation befindet, die sich als wirkliche und nicht von ihm zu vertretende Zwangslage darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.01.1996, ZBR 1996, 182; Beschl. v. 19.05.1992, ZBR 1992, 310; Beschl. v. 26.10.1973, BVerwGE 46, 173). Die Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall der Dienstbezüge kann dementsprechend auch zur Betreuung und Unterstützung eines erkrankten nahen Familienangehörigen gewährt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.01.1996 aaO.). Dass dienstliche Gründe bei einem Referendar der Gewährung von Urlaub unter Wegfall der Bezüge in einem solchen Fall entgegenstehen, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Dies hängt in erster Linie davon ab, ob die Freistellung des Beamten die Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben in einem nicht mehr vertretbaren Maße beeinträchtigt (vgl. Weber/Banse, Das Urlaubsrecht des öffentlichen Dienstes, § 13 SUrlV Rn. 5). Die Dienstpflicht eines Referendars besteht im Wesentlichen darin, sich ausbilden zu lassen und sich mit den Anforderungen der verschiedenen juristischen Berufe vertraut zu machen (§ 6 NJAG). Eine Eingliederung in den Dienstbetrieb einer Behörde erfolgt nur befristet und auch nicht zur selbständigen Aufgabenwahrnehmung. Das öffentliche Interesse an der Dienstleistung eines Referendars hat deshalb ein deutlich geringeres Gewicht als es bei einem auf Lebenszeit oder Zeit eingestellten Beamten der Fall ist, der Dienstaufgaben wahrzunehmen hat, die im Falle seiner Abwesenheit von Ersatz- oder Vertretungskräften wahrgenommen werden müssten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 30.01.1986, ZBR 1987, 12; Hess.VGH, Urt. v. 06.09.1989, DÖD 1990, 191). Der Vertreter des Beklagten hat dazu in der mündlichen Verhandlung auch erklärt, dass dem Kläger auf Antrag problemlos Sonderurlaub gewährt worden wäre. Der Kläger hat demgegenüber keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die den Schluss zulassen könnten, dass ein im September bzw. Oktober 2001 gestellter Urlaubsantrag von vornherein aussichtslos gewesen wäre.
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Die Gründe, die der Kläger für das Absehen von einem Urlaubsantrag angegeben hat, sind durchaus widersprüchlich und teilweise auch schwer nachvollziehbar. So hat er in der Antragsschrift vom 14.02.2002 angegeben, es sei ihm nicht erklärlich, weshalb er nicht spätestens im Oktober 2001 von der ihm bekannten Beurlaubungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben. In den Schriftsätzen vom 05.07.2002 und vom 16.10.2002 hat er dann ausführlich dargelegt, dass er aus finanziellen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, Sonderurlaub unter Wegfall der Bezüge zu nehmen. Allerdings hat er auch erklärt, seine Mutter wolle aus Gründen des Datenschutzes keine näheren Angaben zu ihren finanziellen Verhältnissen machen. Aus diesem Grunde ist ungeklärt geblieben, ob seine Mutter tatsächlich nicht in der Lage gewesen ist, ihn während der Zeit eines Sonderurlaubs finanziell zu unterstützen. Darauf hat der Beklagte auch bereits in seinem Schreiben vom 23.12.2002 hingewiesen.
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Der Kläger hat dann diese Argumentationslinie im Schreiben vom 26.03.2003 aufgegeben. In diesem Schreiben hat er vorgetragen, er habe keinen Sonderurlaub beantragt, sondern sich dem Examen unterzogen, um seiner Großmutter noch eine letzte Freude machen zu können. Finanzielle Gründe hätten in diesem Zusammenhang weniger eine Rolle gespielt. Dieses Vorbringen steht in einem nicht aufgelösten Widerspruch zu seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, mit denen er sein Vorbringen aus den Schriftsätzen vom 13.08.2003 (Bl. 25 GA) und vom 02.10.2003 (Bl. 31 GA) wiederholt hat. Danach sei er bei der Übernahme der Betreuung nicht davon ausgegangen, dass sich Sterbebegleitung und Prüfungsphase überschneiden könnten. Er habe angenommen, dass seine Großmutter vor Beginn der Prüfung sterben werde. Im August 2001 sei eine Lebenserwartung der Großmutter von 6 - 8 Wochen, mithin bis Ende September/Mitte Oktober 2001 prognostiziert worden. Die Klausuren habe er erst im November 2001 schreiben müssen. Die gesamte Familie und auch er hätten deshalb nicht mit einer längeren Pflege, sondern einer eher kurzzeitigen Sterbebegleitung gerechnet. Weshalb der Kläger bei dieser Annahme seiner Großmutter - wie im Schreiben vom 26.03.2003 behauptet - mit dem (bestandenen) Examen noch eine letzte Freude hat machen wollen, hat sich der Kammer nicht erschlossen.
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Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass weder die Personalakte noch das Zeugnisheft einen Anhalt für die vom Kläger nunmehr geltend gemachte ganz erhebliche Belastung durch die Betreuung und Pflege der Großmutter bieten. In der Zeit vom 01.09. - 30.11.2001 war er der StA Oldenburg zur Ausbildung zugewiesen. Er hat in dieser Zeit 20 Ermittlungsvorgänge bearbeitet und im Zeugnis vom 30.11.2001 die für ihn überdurchschnittliche Gesamtnote vollbefriedigend (10 Punkte) erhalten. Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Belastungen des Klägers in physischer oder psychischer Hinsicht enthalten diese Verwaltungsvorgänge nicht. Im Zeugnis vom 30.11.2001 ist lediglich vermerkt, dass der Kläger vom 17.09. - 28.09.2001 erkrankt gewesen sei.
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Der Hinweis des Klägers, er habe angesichts des in der letzten Ausbildungsstation erreichten Leistungsstandes nach Rücksprache mit seinem Ausbilder angenommen, die Prüfung trotz der ihm bekannten Belastungen bestehen zu können, zeigt keine Gesichtspunkte auf, die nach § 17 Abs. 2 NJAG seine Zulassung zur erneuten Wiederholungsprüfung rechtfertigen können. Es ist allgemein anerkannt, dass ein Prüfungskandidat, der sich in Kenntnis seines Leistungs- und Gesundheitszustandes der Prüfung unterzogen hat, nach Bekanntgabe der Noten erschwerte Prüfungsbedingungen und Belastungssituationen nicht mehr geltend machen kann. Andernfalls könnte sich der Prüfungskandidat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit eine weitere Prüfungsmöglichkeit eröffnen, die andere Kandidaten nicht haben (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 06.09.1995, BVerwGE 99, 172, 181; Urt. v. 17.02.1984, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 195; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 326). § 17 Abs. 2 Satz 1 NJAG dient seinem Sinn und Zweck nach nicht dazu, dem Prüfungskandidaten die Möglichkeit zu eröffnen, unter Hinweis auf bislang nicht geltend gemachte Belastungen und Erschwernisse einen weiteren Prüfungsversuch abzulegen. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn - wie bereits dargelegt - der Prüfungskandidat diese Belastungen nicht im Rahmen der prüfungsrechtlichen Regelungen oder sonstiger Rechtsvorschriften hat abwenden können.
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Der Klägers hat nicht hinreichend dargelegt, dass während des Prüfungsverfahrens im November 2001 eine in diesem Sinne für ihn unabwendbare Belastungssituation vorgelegen hat, so dass seine Klage auf Gestattung einer erneuten Wiederholung der zweiten juristischen Staatsprüfung abzuweisen war.
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