Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 B 1584/05

Gründe

1

I. Der Antragsgegner ist Träger der Hauptschule A. mit eingerichteter 10. Klasse. In dem Schulgebäude war bis zum Ende des Schuljahres 2003/2004 auch eine Orientierungsstufe untergebracht. Nachdem der Nds. Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung von Bildungsqualität und zur Sicherung von Schulstandorten vom 02.07.2003 (Nds. GVBl. S. 244) die Abschaffung der Schulform Orientierungsstufe bereits zum Ende des Schuljahres 2003/2004 (31.07.2004) beschlossen hatte, wurden im Rahmen der Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes des Antragsgegners Überlegungen dazu angestellt, welche Konsequenzen aus der Abschaffung der Orientierungsstufe und der Zuordnung von Schülern der Jahrgänge 5 und 6 zu den anderen Schulformen für die einzelnen Schulstandorte gezogen werden müssten.

2

Die Samtgemeinde A. (Stellungnahme vom 18.12.2003) und auch der Schulelternrat der Realschule H. (Stellungnahme vom 25.11.2003) vertraten dazu die Auffassung, dass die Hauptschule A. und die Realschule H. die Räumlichkeiten tauschen sollten. Die Gebäude der Realschule in H. seien zu klein, um auch 5. und 6. Klassen aufnehmen zu können. Dagegen sei in A. ausreichend Platz für die Klassen 5 bis 10 der Realschule. Dass nur 2 Jahrgänge der Realschule nach A. ausgelagert würden (sogenannte Außenstellenlösung), sei allenfalls für einen begrenzten Zeitraum akzeptabel. Die Hauptschule A. (Stellungnahme vom 11.11.2003), der Schulelternrat der Hauptschule A. – der Antragsteller dieses Verfahrens – (Stellungnahme vom 26.11.2003) und auch die Grundschule A. (Stellungnahme vom 25.02.2004) sprachen sich für eine zusammengefasste Haupt- und Realschule mit den Jahrgängen 5 bis 10 in A. für Schüler aus der Samtgemeinde A. aus. Mit Beginn des Schuljahres 2004/2005 wurde in dem Schulgebäude in A. eine Außenstelle der Realschule H. mit 6 Klassen eingerichtet.

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Am 10.09. und am 12.09.2004 berichtete die örtliche Tageszeitung „Die Harke“, dass die Verwaltung des Antragsgegners in der Sitzung des Schulausschusses am 13.09.2004 vorschlagen werde, die Hauptschule A. und die Realschule H. sollten die Schulgebäude tauschen. Die Realschule habe mit ihren 460 Schülern einen Bedarf von 19 Klassenräumen. In H. stünden ihr nur 13 Klassenräume zur Verfügung. Als Übergangslösung würden derzeit Schüler des 5. und 6. Jahrganges der Realschule in A. beschult. Der Schulausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 13.09.2004 mit den Vorstellungen der Verwaltung und empfahl, einen Gebäudetausch der Hauptschule und der Realschule zum 01.08.2005 zu beschließen. In einem Bericht der Zeitung „Die Harke“ vom 21.09.2004 teilte die Vorsitzende und Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, die an der Sitzung des Schulausschusses am 13.09.2004 teilgenommen hatte, mit, dass der Antragsteller eine zusammengefasste Haupt- und Realschule in A. fordere, jedenfalls solle die Hauptschule dort verbleiben. Sie wies dabei auf eine am 22.09.2004 geplante Informationsveranstaltung des Antragstellers in der Hauptschule A. hin.

4

Am 09.11.2004 befasste sich der Kreisausschuss des Antragsgegners mit dem Vorschlag der Verwaltung und der Beschlussempfehlung des Schulausschusses. In diesem Zusammenhang wurde angesprochen, dass in Folge der Auflösung der Orientierungsstufe die Hauptschule A. einen Überhang von 10 Unterrichtsräumen habe. Der Realschule in H. fehlten dagegen 5 allgemeine Unterrichtsräume und 3 Fachunterrichtsräume. Der Gebäudetausch stelle keine schulorganisatorische Maßnahme im Sinne von § 106 NSchG dar, weil lediglich die Räume gewechselt und die Schulen ansonsten unverändert blieben. Der Kreisausschuss beschloss einstimmig, dem Kreistag einen Gebäudetausch der Hauptschule und der Realschule zum 01.08.2005 vorzuschlagen. Die zum Schuljahr 2004/2005 im Schulgebäude A. für die Realschule H. eingerichtete Außenstelle solle mit Ablauf des 31.07.2005 aufgehoben werden.

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In der Folgezeit wurden auch unter Mitwirkung der Vorsitzenden und Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers 650 Unterschriften aus H. und 300 Unterschriften aus A. gegen den geplanten Gebäudetausch der Schulen gesammelt und dem Antragsgegner übergeben. Mit Schreiben vom 26.11.2004 wandte sich der Antragsteller an den Petitionsausschuss des Nds. Landtages mit dem Hinweis, der geplante Gebäudetausch der Schulen verletze massiv die Elterninteressen. Die Schüler der Hauptschule müssten einen deutlich längeren Schulweg (10 km, 1 Stunde Fahrzeit täglich) hinnehmen, auch werde durch den Gebäudetausch die Zusammenarbeit mit den in A. ansässigen Betrieben beeinträchtigt. Diese Eingabe wurde dem Kultusausschuss zur Bearbeitung überwiesen. Mit weiterem Schreiben vom 26.11.2004 wandten sich der Antragsteller und die Interessengemeinschaft „zusammengefasste Haupt- und Realschule A.“ an die damalige Bezirksregierung Hannover und baten, den Tausch der Schulgebäude nicht zu genehmigen. Diese Maßnahme stelle sich faktisch als Schulaufhebung und damit als schulorganisatorische Maßnahme dar, die eine Elternbeteiligung erfordere. Diese sei nicht erfolgt. Die Erziehungsberechtigten in A. wollten mehrheitlich eine zusammengefasste Haupt- und Realschule in A.. Der Schulentwicklungsplan in der derzeit geltenden Fassung sehe für die Hauptschule A. auch den Schulstandort A. vor. Mit weiterem Schreiben vom 26.11.2004 forderten der Antragsteller und die Interessengemeinschaft den Antragsgegner als Schulträger auf, schulorganisatorische Maßnahmen im Hinblick auf die Einrichtung einer zusammengefassten Haupt- und Realschule in A. zu treffen. Der Antragsgegner teilte dazu mit Schreiben vom 07.12.2004 mit, dass die geäußerten Vorstellungen zur künftigen Schulstruktur im Bereich der Samtgemeinde A. in das Aufstellungsverfahren für den Schulentwicklungsplan einfließen würden. Der geplante Gebäudetausch sei keine schulorganisatorische Maßnahme, die eine Bedürfnisprüfung mit Elternbeteiligung erfordere, weil die Organisationseinheiten Realschule und Hauptschule im gemeinsamen Einzugsbereich der Samtgemeinden A. und H. erhalten blieben.

6

Bereits zuvor hatte die Fraktion im Kreistag Bündnis 90/Die Grünen unter dem 24.11.2004 beantragt, dass der Kreistag beschließen möge, den vom Kreisausschuss empfohlenen Tausch der Schulgebäude der Hauptschule A. und der Realschule H. bis auf weiteres auszusetzen und erneut zu überdenken. In der Bevölkerung in A., H. und I. gebe es eine breite Ablehnungsfront gegen den geplanten Schultausch. Für zusammengefasste Haupt- und Realschulen in A. und H. /I. sprächen pädagogische Gründe, die auch die Nachteile einer Außenstelle aufwögen. Der Kreistag beschloss in seiner Sitzung am 17.12.2004 gegen 6 Stimmen, dass die Hauptschule A. und die Realschule H. zum 01.08.2005 die Schulgebäude tauschen. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Abstimmung bis zum März 2005 zu vertagen, wurde abgelehnt.

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Der Antragsgegner ordnete daraufhin mit Verfügung vom 18.02.2005 folgendes an:

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Die bisherige Realschule „St. -Schule“, S.-straße 10, H. und die bisherige Hauptschule A., Z. A. tauschen mit Wirkung vom 01.08.2005 ihre bisherigen Schulgebäude.

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Die Schülerinnen und Schüler der Schulform „Realschule“ aus den Gebieten der Samtgemeinden A. und H. besuchen ab dem 01.08.2005 die Realschule im Schulgebäude „Z. in A.“.

10

Die Schülerinnen und Schüler der Schulform „Hauptschule“ aus den Gebieten der Samtgemeinden A. und H. besuchen ab dem 01.08.2005 die Hauptschule im Schulgebäude „Y. H.“.

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Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.

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Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, durch den Wegfall der Orientierungsstufen zum 31.07.2004 hätten sich veränderte Raumbedürfnisse von Schulen ergeben. Der wesentlich erhöhte Schulraumbedarf der Realschule in einer Größenordnung von 8 Unterrichtsräumen habe in dem Gebäude in H. nicht gedeckt werden können. Demgegenüber habe im Schulgebäude A. mit Aufhebung der dort untergebrachten Orientierungsstufe ein Raumüberhang von 10 Unterrichtsräumen bestanden. Zum Zwecke eines kurzfristigen Ausgleichs des unterschiedlichen Schulraumbedarfs sei für das Schuljahr 2004/2005 für die Realschule H. im Schulgebäude A. eine Außenstelle mit 6 Klassenverbänden eingerichtet worden. Außenstellenlösungen stellten für den Schulbetrieb organisatorisch (Pendelverkehr von Lehrkräften) und pädagogisch (eingeschränktes pädagogisches Gesamtangebot) eine erhebliche Belastung und damit einen erheblichen Nachteil für den Lern- und Lehrbetrieb dar. Dies gelte insbesondere angesichts des hier vorliegenden gemeindeübergreifenden Außenstellenbetriebes. Der Schulträger sei deshalb gehalten, Außenstellenlösungen nach Wegfall des Bedürfnisses zu beenden. Dem könne durch den verfügten Gebäudetausch Rechnung getragen werden, weil der Raumbedarf beider Schulen in dem jeweils anderen Gebäude ohne Weiteres und ohne besondere bauliche Investitionsmaßnahmen gedeckt werden könne. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse und im Interesse der Schüler und Lehrkräfte der Realschule geboten. Eine Fortsetzung der Außenstellenlösung über den 01.08.2005 hinaus würde die mit der Trennung der Standorte verbundenen Probleme und Nachteile vertiefen und insbesondere die Profilierung der Realschule mittels eines pädagogischen Gesamtangebots auf längere Zeit verhindern. Die für einige Schüler entstehenden Schulwegmehrbelastungen seien demgegenüber nachrangig, zumal der Antragsgegner verpflichtet sei, die in A. wohnenden Schüler zu zumutbaren Bedingungen an den neuen Schulstandort in H. zu befördern.

13

Die Verfügung wurde mit Schreiben vom 22.02.2005 unter anderem dem Antragsteller zur Kenntnis übersandt. Am 26.02.2005 wurde die Verfügung vom 18.02.2005 in der örtlichen Tageszeitung „Die Harke“ veröffentlicht. Die Veröffentlichung in der „Kreiszeitung“ erfolgte am 28.02.2005.

14

Der Antragsteller hatte bereits in seiner Sitzung am 21.02.2005 mit 10 gegen 1 Stimme beschlossen, Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners zu erheben und bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Zugleich wurde seine Vorsitzende mit der Verfahrensführung beauftragt.

15

Am 11.03.2005 hat der Antragsteller Klage (6 A 1583/05) erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er trägt vor: Der Antragsgegner habe mit dem verfügten Gebäudetausch der Schulen seine Beteiligungsrechte verletzt. Die mit Verfügung vom 18.02.2005 angeordnete Veränderung des Schulstandortes sei eine schulorganisatorische Maßnahme, bei der der Elternvertretung Mitwirkungsrechte eingeräumt seien. Da in der Samtgemeinde A. kein Gemeindeelternrat gebildet worden sei, stünden ihm als Schulelternrat diese Mitwirkungsrechte zu. Dies habe der Antragsgegner nicht beachtet, er habe es vielmehr ausdrücklich abgelehnt, ihn zu beteiligen. Er sei von der geplanten Maßnahme weder rechtzeitig informiert worden noch sei ihm Gelegenheit zu weiteren Vorschlägen gegeben worden. Von der geplanten Maßnahme habe er erstmals durch einen Bericht in der Tageszeitung „Die Harke“ vom 15.09.2004 erfahren. Zu diesem Zeitpunkt habe der Schulausschuss bereits seine Beschlussempfehlung zum Gebäudetausch abgegeben. Auch in der Sitzung des Kreistages am 17.12.2004 habe er sich nicht äußern können. Den anwesenden Eltern sei die Verweisung aus dem Saal angedroht worden, als sie sich äußern wollten. Er sei im Übrigen auch deshalb klage- und antragsbefugt, weil der Antragsgegner die Verfügung mit Schreiben vom 22.02.2005 an ihn gerichtet habe. Der mit Bescheid vom 18.02.2005 verfügte Gebäudetausch der Schulen sei auch materiell rechtswidrig, weil er in seinen Auswirkungen der Aufhebung einer Schule gleichkomme und der Antragsgegner deshalb im Rahmen einer Bedürfnisprüfung die Interessen der betroffenen Erziehungsberechtigten hätte feststellen müssen. Dies habe er ausdrücklich abgelehnt. Im Rahmen der gebotenen Bedürfnisprüfung hätte der Antragsgegner berücksichtigen müssen, dass viele Erziehungsberechtigte und die Schulelternräte aller A. r Schulen sich für den Erhalt der Hauptschule A. an ihrem Standort ausgesprochen hätten. Die Aussetzung des Vollzuges sei geboten, weil sich der zum 01.08.2005 vorgesehene Umzug der Schulen nur mit ganz erheblichen Schwierigkeiten wieder rückgängig machen lasse. Optimale Lernverhältnisse an der Realschule H. rechtfertigten nicht den Sofortvollzug, weil die Landesschulbehörde die Außenstelle in A. bis zum 31.07.2007 genehmigt habe.

16

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

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die aufschiebende Wirkung seiner Klage 6 A 1583/05 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 18.02.2005 wiederherzustellen.

18

Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

20

Er erwidert: Der Antrag sei bereits unzulässig, weil dem Antragsteller kein Mitwirkungsrecht an dem verfügten Gebäudetausch der Schulen zustehe. Die Verfügung sei auch nicht an den Antragsteller adressiert worden, er sei mit Schreiben vom 22.02.2005 lediglich auf den Wunsch seiner Vorsitzenden vorab über den Inhalt der Allgemeinverfügung informiert worden. Im Übrigen sei der Antragsteller trotz des fehlenden Beteiligungsrechts hinreichend über den beabsichtigten Gebäudetausch informiert gewesen. Die Vorsitzende des Antragstellers sei während der Sitzung des Schulausschusses am 13.09.2004 anwesend gewesen und habe sich in der Bürgerfragestunde auch geäußert. Danach habe sich unter Beteiligung der Vorsitzenden des Antragstellers und anderer Personen eine intensive Diskussion entwickelt. Die dabei geäußerten Argumente seien vor der abschließenden Entscheidungsfindung auch gewürdigt worden. Während der Kreistagssitzung am 17.12.2004 habe es lautstarke Beifalls- und Missfallensbekundungen aus dem Publikum gegeben. Der Vorsitzende habe dieses Verhalten für inakzeptabel erklärt und auf die Bürgerfragestunde am Ende des öffentlichen Teiles der Sitzung verwiesen. Als dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen worden sei, sei die interessierte Öffentlichkeit allerdings nicht mehr anwesend gewesen. Die angefochtene Verfügung, die allenfalls die Schüler und ihre Erziehungsberechtigten in ihren Rechten betreffen könne, sei auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Der Landkreis als Schulträger sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, vor Erlass des Bescheides eine Bedürfnisprüfung durchzuführen. Es handele sich im Gegensatz zur Annahme des Antragstellers insbesondere nicht um eine schulorganisatorische Maßnahme, die eine Bedürfnisprüfung und eine Ermittlung der Interessen der Erziehungsberechtigten erfordere. Der verfügte Gebäudetausch sei nicht der Aufhebung einer Schule gleichzustellen, weil weiterhin eine Hauptschule und eine Realschule im Einzugsbereich der Samtgemeinden A. und H. bestünden. Die Maßnahme sei allenfalls mit der Zusammenfassung verschiedener Schulformen vergleichbar, für die eine Bedürfnisprüfung nicht erforderlich sei. Die Schüler und ihre Eltern hätten auch keinen Anspruch darauf, dass bereits eingeführte Schulen an bestimmten Standorten erhalten blieben. Gewisse Verlängerungen des Schulweges seien zumutbar, dies gelte auch für eine weniger gute Ausstattung des neuen Schulgebäudes.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vorgelegten Verwaltungsvorganges des Antragsgegners verwiesen.

22

II. Der Antrag ist unzulässig.

23

Der Antragsteller ist nicht beteiligungsfähig, weil ihm in Bezug auf den mit Bescheid des Antragsgegners vom 18.02.2005 verfügten Tausch der Schulgebäude kein Recht zustehen kann.

24

Der Schulelternrat, der weder eine natürliche oder juristische Person (§ 61 Nr. 1 VwGO) noch eine Behörde (§ 61 Nr. 3 VwGO) ist, wäre als Organ der Schule nach § 61 Nr. 2 VwGO nur dann fähig, an einem Verfahren beteiligt zu sein, wenn ihm im Hinblick auf die streitige Maßnahme eine Rechtsposition zustünde. Daran fehlt es hier.

25

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und auch in der Kommentarliteratur ist seit langem anerkannt, dass ein Elternrat schulorganisatorische Maßnahmen, insbesondere auch die Verlegung einer Schule, inhaltlich nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen kann (vgl. OVG Lüneberg, B. v. 11.08.1981, OVGE 36, 441; VGH Baden-Württemberg, B. v. 06.09.1995, NVwZ-RR 1996, 89; BayVGH, B. v. 03.08.1981, BayVGHE 34, 82, 84; B. v. 22.06.1981, BayVBl. 1981, 719, 720; VG Osnabrück, U. v. 16.06.1999, NdsVBl. 2000, 96, 97; Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, Vor § 88 Erl. 10; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 61 Rnr. 10). Dies gilt auch für einen nach dem NSchG gebildeten Schulelternrat. Auch das NSchG räumt einem Schulelternrat nur Informations- und Anhörungsrechte im Rahmen des verwaltungsinternen Willensbildungsprozesses ein. Weitergehende Rechte, die der Schulträger bei einer schulorganisatorischen Entscheidung berücksichtigen müsste, stehen ihm dagegen nicht zu.

26

Dies gilt zunächst für die vom Antragsteller wiederholt angesprochene Vorschrift des § 99 Abs. 1 Satz 4 NSchG. Dem Antragsteller steht ein aus § 99 Abs. 1 Satz 4 NSchG abgeleitetes Beteiligungsrecht nicht zu. Nach dieser Vorschrift beteiligen die Schulträger die Schulelternräte, wenn keine Gemeindeelternräte gebildet werden müssen. In der Samtgemeinde A. muss kein Gemeindeelternrat gebildet werden, weil die Samtgemeinde nicht Trägerin von mehr als zwei Schulen ist (§ 97 Abs. 1 Satz 1 NSchG). § 99 Abs. 1 Satz 4 NSchG lässt deutlich erkennen, dass der Schulelternrat nur an Stelle des - nicht vorhandenen - Gemeindeelternrates beteiligt werden soll.  Bereits daraus folgt, dass ein Schulelternrat nur dann zu beteiligen ist , wenn eine Gemeinde oder Samtgemeinde als Schulträger eine schulorganisatorische Maßnahme oder eine sonstige Maßnahme von besonderer Bedeutung treffen will (vgl. auch Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, § 99 Erl. 6). Bei einer Maßnahme eines - wie hier - Landkreises als Schulträger besteht kein Bedürfnis, den Schulelternrat anstelle des nicht vorhandenen Gemeindeelternrates zu beteiligen, weil nach § 97 Abs. 1 Satz 1 NSchG in jedem Landkreis ein Kreiselternrat zu bilden ist, der bei beabsichtigten schulorganisatorischen Maßnahmen beteiligt werden kann. Dementsprechend könnte im vorliegenden Fall nicht der Antragsteller als Schulelternrat, sondern nur der Kreiselternrat eine unzureichende Beteiligung rügen.

27

§ 99 Abs. 1 Sätze 2 und 3 NSchG, auf die § 99 Abs. 1 Satz 4 NSchG Bezug nimmt, räumen dem zu beteiligenden Elternrat im Übrigen auch bei schulorganisatorischen Maßnahmen nach § 106 Abs. 1 Satz 1 NSchG kein Recht auf Mitbestimmung, sondern nur Auskunfts- und Informationsrechte ein (Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG, § 99 Erl. 5). Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 NSchG haben Schulträger und Schulbehörde den Gemeinde- und Kreiselternräten die für ihre Arbeit notwendigen Auskünfte zu erteilen und rechtzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Vorschlägen zu geben. Dies gilt nach § 99 Abs. 1 Satz 3 NSchG insbesondere für schulorganisatorische Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 Satz 1 NSchG. Diese Auskunfts- und Informationsrechte des Elternrates begründen keine Rechte, die der Schulträger bei einer schulorganisatorischen Maßnahme berücksichtigen muss (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 16.06.1999, NdsVBl. 2000, 96, 97 m.w.N.). 

28

Auch § 106 NSchG räumt einem Schulelternrat keine weitergehende Beteiligungsrechte ein. § 106 Abs. 3 Nr. 2 NSchG spricht im Rahmen der Bedürfnisprüfung das zu ermittelnde Interesse der Erziehungsberechtigten an. Wie der Schulträger dieses Interesse zu ermitteln hat, ist ihm nicht vorgegeben worden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 16.06.1999, NdsVBl. 2000, 96, 98; Seyderhelm/Nagel/Brockmann, NSchG § 106 Erl. 4). § 106 NSchG spricht den Schulelternräten insbesondere kein formalisiertes Beteiligungsrecht bei der Bedürfnisermittlung und der Ermittlung der Interessen der Erziehungsberechtigten zu.

29

Der Antragsteller hat unabhängig davon nicht aufgezeigt, welche weitergehenden Auskünfte und Informationen der Antragsgegner ihm vor der Sitzung des Kreistages am 17.12.2004 hinsichtlich des geplanten Gebäudetausches noch hätte erteilen können. Der geplante Gebäudetausch ist in einem Bericht der Tageszeitung „Die Harke“ vom 10.09.2004 ausführlich besprochen worden. Insbesondere ist auch auf den erhöhten Raumbedarf der Realschule H. hingewiesen worden, der am Standort H. nicht gedeckt werden könne. Die Vorsitzende des Antragstellers hat nach ihrem eigenen Bekunden an der Sitzung des Schulausschusses am 13.09.2004 teilgenommen. Die dort erteilten und ansonsten bekannten Informationen haben dem Antragsteller ausweislich des Berichtes in der Tageszeitung „Die Harke“ vom 21.09.2004 befähigt, am 22.09.2004 eine Informationsveranstaltung zum geplanten Gebäudetausch in der Hauptschule A. durchzuführen. Der Antragsteller hat auch die Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Vorschlägen gehabt. Er hat sich mit Schreiben vom 26.11.2004 an den Nds. Landtag sowie an die damalige Bezirksregierung Hannover gewandt und dabei Einwände gegen den geplanten Gebäudetausch erhoben. Ausweislich des vorgelegten Verwaltungsvorganges hat der Antragsteller zumindest mündlich auch vergleichbare Einwände gegenüber dem Antragsgegner erhoben. Dass er gehindert gewesen wäre, diese Einwände schriftlich gegenüber dem Antragsgegner zu erheben, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 26.11.2004 auch Vorschläge zur Gestaltung der zukünftigen Schulstruktur im Bereich der Samtgemeinde A. gemacht. Er hat die Einrichtung einer zusammengefassten Haupt- und Realschule in A. für Schüler aus der Samtgemeinde A. vorgeschlagen. Der Antragsteller hat mithin vor der Kreistagssitzung am 17.12.2004 Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Vorschlägen hinsichtlich des geplanten Gebäudetausches gehabt.

30

Der Antragsteller kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er könne den Bescheid des Antragsgegners vom 18.02.2005 anfechten, weil er an ihn adressiert worden sei. Das von ihm in diesem Zusammenhang angesprochene Schreiben vom 22.02.2005 vermittelt ihm keine besondere Rechtsposition. Es enthält schon dem Wortlaut nach keine eigenständige, an den Antragsteller gerichtete Anordnung, die ihm ein Handeln, Unterlassen oder Dulden gebieten würde. Dem Antragsteller ist - wie auch den beteiligten Schulen - vielmehr die Verfügung vom 18.02.2005 zur Kenntnisnahme übersandt worden. Diese Verfügung richtet sich ihrem Wortlaut nach nicht an den Schulelternrat und damit den Antragsteller, sondern an die Schüler der Hauptschule A. und der Realschule H. und deren Erziehungsberechtigten.

31

Der Antragsteller ist auch nicht befugt, Rechte der Erziehungsberechtigten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2 GG oder der Schüler aus Art. 2 Abs. 1 GG im eigenen Namen geltend zu machen. Die Einrichtung von Elternvertretungen ist nicht Ausfluss des Erziehungsrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG, sondern gründet in der aus Art. 7 Abs. 1 GG folgenden Befugnis des Staates zur Organisation des Schulwesens (vgl. BVerfG, B. v. 09.02.1982, BVerfGE 59, 360, 380/381; VGH Baden-Württemberg, B. v. 06.09.1995, NVwZ-RR 1996, 89). Aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG können grundsätzlich keine konkreten Ansprüche auf Beteiligung der Eltern an der Schulselbstverwaltung abgeleitet werden (vgl. BVerfG a.a.O., S. 381).

 


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