Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (2. Kammer) - 2 A 1857/06

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen des Klägers für eine zahnärztliche Behandlung seines Sohnes B., der berücksichtigungsfähige Angehöriger des Klägers mit einem Beihilfebemessungssatz von 80 v. H. ist.

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Nach einem Fahrradsturz musste sich der Sohn des Klägers in zahnärztliche Behandlung begeben. Hierfür stellte der Zahnarzt Dr. C. dem Kläger unter dem 26.08.2005 insgesamt 1.458,34 EUR in Rechnung, wovon 1.029,05 EUR auf zahnärztliches Honorar entfielen. Den Beihilfeantrag des Klägers beschied der Beklagte in seinem Beihilfebescheid vom 12.09.2005 dergestalt, dass er ein Honorar in Höhe von 404,41 EUR für nicht beihilfefähig erachtete. Mit seinem Widerspruch legte der Kläger eine Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes vor, der darin erstmals die Schwellenwertüberschreitung betreffend die Gebührenziffer 314 beim Zahn 22 begründete. Nachdem der Beklagte des Weiteren eine Auskunft der Zahnärztekammer Niedersachsen zum Ansatz einer Gebühranalogziffer 331 GOZ eingeholt hatte, setzte er die Beihilfe unter dem 01.02.2006 neu fest und zahlte 120,27 EUR an Beihilfe nach. Dem liegt zugrunde, dass der Beklagte aufgrund der Auskunft der Zahnärztekammer den 6-maligen analogen Ansatz der Gebührenziffer 631 anerkannte und nun auch die Begründung für die Erhebung des 3,5-fachen Steigerungssatzes bei der GOZ-Nr. 709 akzeptierte.

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Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 03.02.2006 weist den Widerspruch des Klägers im Übrigen zurück. Darin heißt es zur Begründung, bei den Gebührenziffern 314, 5000 und 5004 sei die Schwellenwertüberschreitung vom Zahnarzt noch immer nicht hinreichend begründet. Die in Rechnung gestellte lichthärtende Kompositfüllung in Schicht- und Ätz-Technik (Schmelz-Dentin-Adhäsivtechnik), die beim Zahn 21 des Sohnes zur Anwendung gekommen war, könne nicht analog GOZ-Nr. 217 abgerechnet werden. Auch sei der 3,5-fache Steigerungssatz dafür nicht anzuerkennen. Im Frontzahnbereich habe die Abrechnung auf der Grundlage der Nr. 209 GOZ zu erfolgen und könne nur mit dem 2,3-fachen in Ansatz gebracht werden.

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Der Kläger hat am 03.03.2006 Klage erhoben.

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Nachdem der behandelnde Zahnarzt seine Begründung zur Ziffer 314 GOZ ein weiteres Mal nachgebessert hatte, erkannte der Beklagte insoweit den 3,5-fachen Satz als beihilfefähig an. In der Neufestsetzung vom 02.09.2006 wurden dem Kläger deshalb weitere 29,69 EUR Beihilfe nachgezahlt.

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Unter dem 06.12.2006 erging ein weiterer Neufestsetzungsbescheid über die Beihilfeleistungen, nachdem der Zahnarzt erstmals seine doppelte Abrechnung der Nrn. 1 und 5 der GOÄ begründet hat. Nach Auszahlung eines weiteren Beihilfebetrages von 17,15 EUR beträgt die Kürzung der Honorarleistungen als nichtbeihilfefähig jetzt 195,52 EUR. Streitig ist zwischen den Beteiligten noch die zahnärztliche Abrechnung zu den Gebührenziffern 5000 und 5004 mit dem 2,5-fachen Steigerungssatz sowie die Abrechnung für Zahn 21 des Sohnes des Klägers mit dem 3,5-fachen der analogen Gebührenziffer 217 wegen Dentin-Adhäsiver-Mehrschichtrekonstruktion. Hinsichtlich der beiden im gerichtlichen Verfahren erfolgten Neufestsetzungsbescheide haben die Beteiligten das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt.

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Danach beantragt der Kläger noch,

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das beklagte Amt zu verpflichten, ihm eine weitere Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von 195,92 EUR zu gewähren und die Beihilfebescheide vom 12.09.2005 und 01.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2006 sowie die Neufestsetzungsbescheide vom 02.09. und 06.12.2006 aufzuheben, soweit sie dem Verpflichtungsbegehren entgegen stehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und verteidigt seine Entscheidung in der Fassung des letzten Neufestsetzungsbescheides.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben (Nachzahlungen von 29,69 EUR bzw. 17,15 EUR an Beihilfeleistungen aufgrund der Neufestsetzungen vom 02.09. und 06.12.2006), ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Billigem Ermessen entspricht es insoweit, den Kläger mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Die ursprüngliche Abrechnung des Zahnarztes Dr. C. vom 26.08.2005 war in vielfacher Hinsicht unvollständig wenn nicht falsch und nicht geeignet, den Gebührenanspruch in der ausgeworfenen Höhe zum Entstehen zu bringen. Erst nach vielfacher Nachbesserung ist dem Zahnarzt gelungen, die Rechnungspositionen, die schließlich zu Abhilfeentscheidungen im Widerspruchs- bzw. im Klageverfahren durch den Beklagten führten, den rechtlichen Vorgaben entsprechend zu begründen. Nachdem dies erfolgt ist, hat der Beklagte den Beihilfeanspruch des Klägers unverzüglich anerkannt. Billigem Ermessen entspricht es deshalb, in Anwendung des auch im Rahmen des § 161 Abs. 2 VwGO geltenden Rechtsgedankens des § 156 VwGO, den Kläger insoweit mit den Verfahrenskosten zu belasten.

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In dem noch zur Entscheidung des Gerichts gestellten Umfang ist die Klage zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg. Eine weitere Beihilfe zu den Gebührenpositionen 5000 und 5004 aus der zahnärztlichen Rechnung vom 26.08.2005 über die gewährten Beihilfeleistungen hinaus kann der Kläger nicht beanspruchen. Soweit die analoge Berechnung der Gebührenposition 217 GOZ den Zahn 21 betreffend im Streit ist, war dem Kläger über die als beihilfefähig anerkannten Beträge einer Berechnung zum 3,5-fachen Steigerungssatz nach der Gebührenziffer 209 GOZ Beihilfe zu einem Honorar auf der Grundlage der Gebührenziffer 217 GOZ zu gewähren, allerdings nicht mit dem 3,5-fachen, sondern nur zum 2,3-fachen Steigerungssatz. Dazu im Einzelnen:

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Nach Maßgabe der §§ 5 und 6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Beihilfevorschriften - BhV), die aufgrund der Verweisung in § 87 c Abs. 1 Satz 1 NBG auch auf den Kläger als Beamten des Landes Niedersachsen Anwendung finden, sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind. Die Angemessenheit der Aufwendungen - und nur diese ist zwischen den Beteiligten zu Recht streitig - beurteilt sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 BhV ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte. Der Verweis auf die hier einschlägige zahnärztliche Gebührenordnung setzt für die Beihilfefähigkeit damit grundsätzlich voraus, dass der Zahnarzt die Rechnungsbeträge bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung zu Recht in Rechnung gestellt hat.

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Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen des Klägers war die Übergangszeit, für die die Regelung des Beihilferechts aufgrund allgemeiner Vorschriften noch hinnehmbar ist (vgl. BVerwG, DVBl. 2004, 1420), noch nicht abgelaufen.

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Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte - GOZ - bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühren nach dem 1-fachen bis 3,5-fachen des Gebührensatzes. Nach § 2 Abs. 1 der genannten Vorschrift sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem 1-fachen und dem 2,3-fachen des Gebührensatzes bemessen werden und ein Überschreiten des 2,3-fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Die Überschreitung des 2,3-fachen Satzes ist dabei gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ schriftlich zu begründen. Stets muss die Begründung dabei inhaltlich so substantiiert sein, dass die konkreten Gründe und damit die Besonderheiten des Behandlungsfalles und ihr Verhältnis zum Maß der Überschreitung des Schwellenwertes des 2,3-fachen Gebührensatzes erkennbar werden und für den Patienten nachvollziehbar sind.

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Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung der Kammer im Anschluss an das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 17.12.1997, BVerwGE 95, 117) für die Überschreitung des Schwellenwertes eine patientenbezogene Begründung zu verlangen. Solche patientenbezogenen Besonderheiten i. S. d. § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ, die eine Überschreitung des Schwellenwertes rechtfertigen, sind besonders außergewöhnliche Schwierigkeiten, mit denen im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung regelmäßig nicht zu rechnen ist. Schwierigkeiten, die bloß über dem Durchschnitt liegen, rechtfertigen die volle Ausschöpfung des Schwellenwertes, nicht aber seine Überschreitung (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. z. B. U. v. 26.05.2004 - 2 A 550/03 -; U. v. 25.04.2006 - 2 A 4293/05 -).

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Diesen Anforderungen genügt die in der Rechnung des Zahnarztes Dr. C. vom 26.08.2005 hinsichtlich der hier streitigen Gebührenziffern 5000 und 5004 nicht, wie der Beklagte zu Recht erkannt hat. Die für die Röntgendiagnostik der Zähne und die Panoramaaufnahme beider Kiefer gegebene Begründung des 2,5-fachen Gebührensatz „digitales Verfahren“ lässt nur erkennen, dass der Zahnarzt ein hochwertiges und hochpreisiges Gerät zum Einsatz gebracht hat. Hohe Aufwendungen für die Praxis sind aber kein Grund, sich nicht an die Gebührenordnung zu halten. Im Zweifel dürfte der Einsatz eines solchen modernen Gerätes den Schwierigkeitsgrad für den Zahnarzt sogar herabsetzen. Eine weitere, insbesondere patientenbezogene Begründung ist vom Kläger bzw. seinem Zahnarzt nicht nachgeliefert worden. Die beihilferechtliche Kürzung durch den Beklagten kann daher nicht beanstandet werden.

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Der Einzelrichter verkennt nicht, dass er mit dieser Entscheidung zunächst den Kläger als „schwächstes Glied der Kette“ trifft und dieser das Gebührenrecht der Zahnärzte auch nicht zu beherrschen braucht. Diese Anforderungen sind hingegen an seinen Zahnarzt zu stellen, der aus dem Behandlungsvertrag mit dem Kläger eine wirksame Honorarforderung nur auf der Grundlage seiner Gebührenordnung erstellen kann, die er kennen muss. In diese zivilrechtliche Rechtsbeziehung kann das Beihilferecht und die vorliegende Entscheidung nicht eingreifen. Nur wenn die zivilrechtliche Rechtsbeziehung durch ein rechtskräftiges Urteil geklärt ist, entfaltet dieses Bindungswirkung auch für die beihilferechtliche Beurteilung durch den Beklagten und das Verwaltungsgericht (BVerwG, U. v. 25.11.2004, NVwZ 2005, 712).

21

Soweit die Behandlung des Zahnes 21 und der dafür in Rechnung gestellte Ansatz der Gebührenziffer 217 analog vom Zahnarzt in Rechnung gestellt wurde, ist dem Kläger eine weitere Beihilfeleistung in Höhe von 76,94 EUR zuzusprechen. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz des vom Beklagten anerkannten Betrages des 3,5-fachen der Gebührenziffer 209 zu dem 2,3-fachen der Gebührenziffer 217 analog, die beihilferechtlich anzuerkennen ist. Für das weitergehende Begehren des Klägers auf Anerkennung einer 3,5-fachen Gebühr zur analogen Ziffer 217 GOZ gibt es hingegen keine Rechtsgrundlage. Zu der zahnärztlichen Abrechnung von lichthärtenden Kompositfüllungen in Schicht- und Ätztechnik, sog. Schmelz-Dentin-Adhäsivtechnik, hat sich die Kammer in ihrem Urteil vom 04.06.2003 - 2 A 5448/02 -, das den Beteiligten bekannt ist, eingehend auseinander gesetzt. Das Nds. OVG hat im Beschluss vom 22.06.2004 - 2 LA 228/03 - den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt und es auch inhaltlich bestätigt. Das damalige Urteil ist tragend darauf gestützt, dass eine Analogberechnung durch Zahnärzte auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 GOZ erstens nur für selbstständige zahnärztliche Leistungen statthaft sind, die zum zweiten erst nach dem 01.01.1988, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der GOZ, zur Praxisreife gelangt sind. Die Kammer hatte eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidung wie sachverständiger Stellungnahmen verwertet und ist dabei auch auf die Differenzierung eingegangen, die den Arbeitshinweisen des Beklagten zugrunde liegen, nämlich ob der behandelte Zahn sich im Frontzahngebiet (bis Zahn 3) oder im Seitenzahngebiet (ab Zahn 4) befindet. Eine eindeutige Klärung der gebührenrechtlichen Zweifelsfrage war danach nicht möglich. Dazu sieht sich das Gericht auch heute nicht in der Lage, zumal die Anzahl der gutachterlichen Stellungnahme und gerichtlichen Entscheidungen zu diesem Problem nahezu unübersehbar geworden ist, nachdem auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 23.01.2003 sich nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage gesehen hat (BGH, NJW-RR 2003, 636). Nur beispielhaft sei darauf hingewiesen, dass eine analoge Abrechnung der Gebührennummern 214 bis 217 für rechtens erachtet wird vom LG Saarbrücken, U. v. 12.02.2004 - 11 S 246/01 -; LG Bonn, U. v. 04.05.2005 - 5 S 216/04 -; OLG München, U. v. 07.12.2004 - 25 U 5029/02 - und vom VGH München, U. v. 30.05.2006 - 14 BV 02.2643 -, es aber auch zivilgerichtliche Entscheidungen gibt, wonach Mehrschichtrekonstruktionen mit dentin-adhäsiven Kunststofffüllungen nach Nr. 205 f. GOZ abzurechnen sind (LG Coburg, VersR 2002, 1228; LG Mannheim, VersR 2002, 1229; LG Frankfurt, VersR 2002, 1228). Nach der letztgenannten Rechtsprechung sollen zur Zeit der Einführung der GOZ 1988 die Versorgung von Frontzähnen mittels der Schmelz-Ätz-Technik unter Verwendung von Komposit bereits praxisreif angewandt worden sein, so dass die Abrechnung nach den Nrn. 205, 207, 209 und 211 GOZ zu erfolgen hat, während die Behandlung von Seitenzähnen mit dieser Technik zum damaligen Zeitpunkt problematisch war, da noch keine zur Verwendung im kaubelasteten Bereich geeigneten Kunststoffe zur Verfügung standen (Compositäs). Kunststoffe, die dem Kaudruck im Seitenzahnbereich standhalten, sollen danach erst nach 1988 entwickelt worden sein.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 17.02.1994, E 95, 117; U. v. 30.05.1996, NJW 1996, 2094) ist die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen nicht stets von einer abschließenden Klärung ihrer gebührenrechtlichen Berechtigung abhängig. Vielmehr ist unter bestimmten Voraussetzungen ein vom Zahnarzt unter Zugrundelegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellter Betrag schon dann beihilferechtlich als angemessen anzusehen, wenn dieser einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht. § 5 Abs. 1 Satz 2 BhV schließt nämlich in erster Linie die beihilferechtliche Berücksichtigung von Gebührenvereinbarungen nach § 2 GOZ an Stelle der in der Verordnung enthaltenen Gebührensätze aus. Die Frage der Angemessenheit der Höhe der entstandenen Aufwendungen ist im Lichte auch der Fürsorgepflicht des Dienstherr auszulegen. Dies spricht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich dagegen, Unklarheiten der Gebührenordnungen zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen zu lassen, indem dieser vor die Wahl gestellt wird, entweder auf sein Risiko eine zivilrechtliche Auseinandersetzung über die zweifelhafte Rechtsposition mit seinem Zahnarzt zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Die Kammer hat sich schon früher dieser Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts angeschlossen (U. v. 04.06.2003 - 2 A 5448/02 -) und berücksichtigt ferner, dass sie nur in den Ausnahmefällen greifen kann, in denen bei objektiver Betrachtung ernsthaft widerstreitende Auffassungen über die Berechtigung des Gebührenansatzes bestehen. Diese Voraussetzung liegt nach den vorstehenden Ausführungen vor.

23

Die geschilderten Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts greifen des Weiteren auch nur dann durch, soweit es der Dienstherr selbst bei der Unklarheit belassen und nicht durch konkreten, veröffentlichten Hinweis auf die gebührenrechtliche Zweifelsfrage und seinen Rechtsstandpunkt dazu dem Beihilfeberechtigten Gelegenheit gegeben hat, sich vor Inanspruchnahme der Behandlung auf diesen Rechtsstandpunkt einzustellen und sich gegebenenfalls dem Zahnarzt gegenüber darauf zu berufen. An solchen im konkreten Fall die einschlägige gebührenrechtliche Zweifelsfrage den Rechtsstandpunkt des Dienstherrn klarstellenden Hinweis fehlt es hier. Die vom Terminsvertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Arbeitshinweise des Beklagten sind nicht veröffentlicht worden. Der Runderlass des MF und des MFAS vom 06.08.2001 (Nds. MBl. S. 748) stellt einen hinreichend konkreten Hinweis auf die Rechtsauffassung des Dienstherrn für den Einzelfall des Klägers nicht dar. Dort wird unter der Nr. 5 zunächst nur die Regelung in § 6 Abs. 2 GOZ wiedergegeben und sodann lapidar darauf hingewiesen, dass Kompositfüllungen eine Analogbewertung nicht rechtfertigen. Auch lichthärtende Kompositfüllungen in Schicht- und Ätztechnik zählten zum Leistungsinhalt der Nrn. 205 f. GOZ (vgl. Nr. 6.2 des RdErl.). Ob damit auch die hier in Rechnung gestellte „Dentin-Adhäsive-Mehrschichtrekonstruktion“ erfasst wird, kommt nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck

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Auch die Hinweise zum Gebührenrecht der Zahnärzte in den Hinweisen zu den Beihilfevorschriften des BMI (GMBl. 2005, 543, 600) können keine klarstellende Wirkung über den Rechtsstandpunkt des Dienstherrn gegenüber dem Kläger entfalten. Zweifel bestehen insoweit schon deshalb, weil die zahnärztliche Behandlung des Sohnes des Klägers im Juli und August des Jahres 2005 stattfand, die Hinweise zu den Beihilfevorschriften aber erst kurz zuvor im März des Jahres 2005 veröffentlicht wurden. Auch in der Sache selbst ist der Hinweis eher irreführend als klarstellend, wenn es dort unter der Nr. 2.2 Abs. 2 heißt: „Gemäß § 87 a SGB V ... sind Mehrkosten für lichthärtende Kompositfüllungen in Schicht- und Ätztechnik im Seitenzahnbereich bis zum 3,5-fachen des Gebührensatzes berechnungsfähig. Entsprechendes gilt für die Angemessenheit diesbezüglicher Aufwendungen nach § 5 Abs. 1 BhV.“ Die hier erfolgte Zahnbehandlung im Frontzahnbereich (Zahn 21) wird also nicht direkt angesprochen. Der vom Beklagten gezogene Umkehrschluss, nur im Seitenzahnbereich sei das 3,5-fache des Gebührensatzes berechnungsfähig, mithin also im Frontzahnbereich nicht, erscheint der Kammer nicht unbedingt zwingend. Hinzu kommt, dass sich der gebührenrechtliche Hinweis des BMI gerade nicht zu der entscheidenden Frage verhält, von welcher Gebührenziffer ein Mehrfaches des Gebührensatzes vom Zahnarzt in Rechnung gestellt werden kann, so dass die Beihilfestelle diese Aufwendungen eines Beamten auch für beihilfefähig erachtet. In dieser rudimentären Form ist der Hinweis zur Klärung der sich dem Gericht hier stellenden gebührenrechtlichen Zweifelsfrage nicht geeignet. Ist aber ausweislich der verwerteten sachverständigen Stellungnahmen einschließlich der dazu ergangenen Rechtsprechung auch die Behandlung eines Frontzahnes im Wege Dentin-Adhäsiver-Mehrschichtrekonstruktion analog Nr. 217 GOZ in vertretbarer Weise möglich, so ist die hieraus resultierende Aufwendung des Klägers angemessen i. S. d. Beihilferechts.

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Dies gilt indessen nur für die in Rechnung gestellte Gebührenziffer 217 analog dem Grunde nach, nicht hingegen hinsichtlich des dazu in Ansatz gebrachten Steigerungssatzes des 3,5-fachen. Insoweit muss sich die Honorarforderung des Zahnarztes an den allgemeinen, oben umschriebenen Anforderungen messen lassen. Diese werden hier nicht erfüllt. Die Begründung „hochwertige Aufbaufüllung“ bezieht sich erkennbar auf die Dentin-Konstruktion, mithin die Methode, die gerade die analoge Anrechnung der Gebührenziffer rechtfertigt. Diese ist per se nicht besonders schwierig. Die weitere Begründung „erhöhter Speichelfluss abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle“ vermag die Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Jede zahnärztliche Praxis hat so eingerichtet zu sein - und ist auch so eingerichtet - dass auch einem erhöhten Speichelfluss eines Patienten problemlos begegnet werden kann.

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Die Kammer teilt auch nicht die Rechtsauffassung des Bay. VGH in seinem Urteil vom 30.05.2006 (IÖD 2007, 105), wonach bei der Analogberechnung Dentin-Adhäsiver-Kunststofffüllungen regelmäßig nur ein Steigerungssatz des 1,5-fachen für angemessen zu erachten sei. Die zahnärztliche Gebührenordnung gibt zur Ausfüllung des Gebührenrahmens bis zum 2,3-fachen dem Zahnarzt ein Einschätzungsermessen. Dieses ist vom Patienten wie von der Beihilfestelle hinzunehmen, sofern nicht der Zahnarzt sein Ermessen innerhalb des Gebührenrahmens erkennbar überschreitet. Nicht der Kläger hat die Angemessenheit eines 2,3-fachen Steigerungssatzes zu begründen (so aber der Bay. VGH, a. a. O.), sondern der Beklagte hat tatsächliche Anhaltspunkte dafür darzutun, dass die Schwierigkeit der zahnärztlichen Behandlung unter dem Durchschnitt liegt, will er das 2,3-fache nicht anerkennen. Warum diese Beweisführungslast bei einer Analogberechnung nicht gelten soll, erschließt sich der Kammer nicht. Sie hat deshalb den Beklagten verpflichtet, eine Beihilfe zu dem 2,3-fachen Steigerungssatz zu einer Gebühr analog Nr. 217 GOZ zu gewähren. Daraus ergibt sich der zugesprochene Beihilfebetrag (Aufwendungen in Höhe von 155,22 EUR an Stelle der anerkannten 59,05 EUR = 46,17 EUR; davon 80 v. H. Bemessungssatz des Sohnes des Klägers).

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Die Kostenentscheidung war einheitlich zu treffen. Sie hatte sowohl zu berücksichtigen, dass der Kläger in dem zur Entscheidung des Gerichts gestellten Teil des Rechtsstreits teilweise unterlegen ist und er auch die Kosten für den erledigten Teil des Rechtsstreits zu tragen hat (§§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 VwGO).

28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 1 GKG.

 


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