Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 3372/06
Tatbestand
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Der am 15. November 1993 geborene Kläger war im vergangenen Schuljahr 2005/2006 Schüler der Klasse 6b der Beklagten, einer Realschule in I..
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Nachdem er einen entsprechenden Hinweis von Schülerinnen und Schülern der Schule erhalten hatte, teilte der Lehrer M. N. dem Schulleiter der Beklagten am 24. Februar 2006 mit, dass in dem Chatroom der Internet-Seite www.single-city.de die ganz oder teilweise mit den Namen von Lehrkräften der Schule identischen Usernamen M.-N., O., PopoP., Q. -R. und S. arsch benutzt würden, und dass unter diesen Chatnamen Lehrkräfte der Schule unter anderem mit sexuellen Begriffen und Unterstellungen beleidigt und beschimpft worden seien. Daraufhin loggte sich der Schulleiter der Beklagten am darauf folgenden Sonntag, dem 26. Februar 2006, in den Chatroom ein. Von den an jenem Tag mit Usernamen M.-N., O. und Q. -R. sowie mit dem Usernamen der Lehrerin T. geschriebenen Chatbeiträgen fertigte er Ausdrucke. Am 27. Februar 2006 überreichten Schülerinnen und Schüler der Klasse 6b eine Auflistung von Userprofilen des Internet-Chats single-city. Hierin war dem Userprofil T. der Name des Klägers zugeordnet worden.
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Nachdem die betroffenen Lehrkräfte Strafanzeigen erstattet hatten, führten am 8. März 2006 zwei Polizeibeamte in der Schule in Gegenwart des Schulleiters ein Gespräch mit einer betroffenen Schülerin. Im Anschluss an dieses Gespräch ließ der Schulleiter der Beklagten den Kläger aus dem Unterricht holen, um mit diesem ein Gespräch zu führen, für das er die Anwesenheit der Polizeibeamten erbat. In diesem Gespräch, an dem sich auch die Beamten beteiligten, gab der Kläger zu, unter dem Namen der Lehrerin T. ein Userprofil erstellt und darunter bis auf den letzten Satz des vom Schulleiter gefertigten Ausdrucks alle Chatbeiträge geleistet zu haben.
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Am 22. März 2006 fand eine Klassenkonferenz der Klasse 6b statt, in welcher der Kläger einräumte, dass er das Nutzerprofil mit dem Namen der Lehrerin T. eingerichtet hatte. Er behauptete aber zugleich, er habe nicht alle Äußerungen unter diesem Profil abgegeben, vielmehr seien auch Klassenkameraden daran beteiligt gewesen. Er habe im Chat nur Wörter wie „hässlich“ und „doof“, aber keine Äußerungen mit sexuellem Inhalt verbreitet.
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Die Klassenkonferenz beschloss, den Kläger an die Realschule U. zu überweisen. Diese Entscheidung gab die Beklagte den Erziehungsberechtigten des Klägers mit Bescheid vom 23. März 2006 bekannt. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Landesschulbehörde mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2006 als unbegründet zurück.
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Der Kläger hat am 26. Mai 2006 Anfechtungsklage erhoben, die er im Verlauf des Verfahrens in eine Fortsetzungsfeststellungsklage geändert hat.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, dass seine Überweisung an eine andere Schule rechtswidrig gewesen sei. Es fehle bereits an einer groben Pflichtverletzung, zumal das bisherige Verfahren bei ihm eine nachhaltige Wirkung gezeigt habe. Vorgeworfen würden ihm allenfalls geringfügige, unreflektierte Beleidigungen, von denen er sich, soweit sich beleidigende Äußerungen auf sexueller Ebene bewegten, eindeutig distanziert habe, und die allenfalls Anlass für Erziehungsmittel hätten sein können. Dagegen setze die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme voraus, dass die Sicherheit und Ordnung des Schulbetriebes ernsthaft gefährdet sei. Das sei vorliegend evident nicht der Fall. Außerdem stelle der Wechsel auf eine andere Schule während des laufenden Schuljahres eine völlig unverhältnismäßige Belastung dar. Entweder hätte ihm die Schule eine solche Maßnahme nur androhen oder aber ihn in eine Parallelklasse versetzen können. Schließlich sei er aufgrund seines geringen Alters nicht in der Lage gewesen, sein Verhalten richtig einzuschätzen. Die Verfahrensweise der Beklagten, bei der ein zwölfjähriger Junge in Anwesenheit des Schulleiters und zweier Polizeibeamter ein Geständnis ablege, widerspreche elementaren Rechtsgrundsätzen.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Ordnungsmaßnahme auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruhe. Es sei keinesfalls unstreitig, dass er unter dem Namen der Lehrerin T. ein Userprofil eingerichtet und sämtliche Beiträge unter diesem Profil verfasst habe. Vielmehr bestreite er seine volle Urheberschaft für die gegenständlichen Inhalte der Internet-Seite. Seine Behauptung, wonach andere Schüler eine Mitverantwortung für die Chat-Beiträge trügen, sei nicht lebensfremd. Er habe nämlich ausdrücklich vorgetragen, dass auch andere, von ihm namentlich benannte Personen über das Password verfügten. Dies sei von einer in der Konferenz anwesenden Schülerin ausdrücklich bestätigt worden. Auch bestreite er ausdrücklich, dass er das Password an Mitschüler weitergegeben habe, denn dieses sei sämtlichen Beteiligten bereits bekannt gewesen. Schließlich sei es nicht seine Aufgabe, sich zu entlasten. Die Annahme der Beklagten, dass er die Beiträge allein verfasst habe, beruhe nur auf vagen Vermutungen. Die Beklagte habe die ihm vorgeworfenen Beiträge weder bewiesen, noch seien diese beweisbar.
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Schließlich sei es zweifelhaft, dass überhaupt Beleidigungen von Lehrkräften im Sinne von § 185 StGB vorlägen. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte liege nicht vor, zumal deren Vornamen von ihm nicht genannt worden seien und ein öffentlicher Bezug zu bestimmten Lehrkräften nicht zu erkennen gewesen sei.
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Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesschulbehörde vom 15. Mai 2006 rechtswidrig war.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor, sie gehe davon aus, dass der Kläger unter dem Usernamen der Lehrerin T. Einträge im Internet vorgenommen habe. Diese seien von Lehrkräften der Schule als verunglimpfend und ehrverletzend empfunden worden. Seine Behauptung, auch andere Schüler trügen hierfür die Verantwortung, habe der Kläger nicht konkretisiert. Selbst wenn er nach seinen nicht glaubhaften Einlassungen einige Texte nicht erstellt und andere Schüler ihn bedroht hätten, wäre er nach der Weitergabe seines Passwords für die entsprechenden beleidigenden und sexistischen Inhalte auf der Internetseite verantwortlich gewesen. Welche Maßnahme die pädagogische Antwort auf das Fehlverhalten des Klägers sei, beurteile sich nicht nach strafprozessualen Gesichtspunkten. Vielmehr könne dabei auch sein vertrauensschädigendes Verhalten bewertet werden. Dieses bestehe darin, zunächst angesichts der Beweislage in Anwesenheit von Polizeibeamten alles zuzugeben und sich sodann auf angeblich fehlende Beweise zu berufen. Das Verhalten des Klägers in der Konferenz zeige vielmehr, dass er seine Tat nicht bereue und sich mit ihr nicht ernsthaft auseinandergesetzt habe.
Entscheidungsgründe
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Die nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die den Erziehungsberechtigten des Klägers mit dem Bescheid der Beklagten vom 23. März 2006 mitgeteilte und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Landesschulbehörde vom 15. Mai 2006 ergänzend begründete Ordnungsmaßnahme der Überweisung des Klägers auf eine andere Realschule war rechtmäßig.
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Die Überweisung eines Schülers an eine andere Schule derselben Schulform ist eine Ordnungsmaßnahme, die in § 61 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) ausdrücklich vorgesehen ist.
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Das hierfür vorgeschriebene Verfahren hat die Beklagte eingehalten. Sie hat am 22. März 2006 die nach § 61 Abs. 5 Satz 1 NSchG erforderliche Klassenkonferenz als zuständiges Entscheidungsorgan veranstaltet und dabei dem Kläger sowie seinen Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die gemäß § 61 Abs. 7 NSchG vorgeschriebene Genehmigung der Ordnungsmaßnahme durch die Schulbehörde liegt vor.
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Inhaltlich setzt die Ordnungsmaßnahme der Überweisung eines Schülers an eine andere Schule derselben Schulform voraus, dass dieser seine Pflichten grob verletzt hat (Abs. 2), insbesondere gegen rechtliche Bestimmungen verstößt, den Unterricht nachhaltig stört, die von ihm geforderten Leistungen verweigert hat oder dem Unterricht unentschuldigt ferngeblieben ist. Dass die Überweisung an eine andere Schule derselben Schulform nicht erst dann zulässig wäre, wenn der Schüler durch den Schulbesuch die Sicherheit von Menschen ernstlich gefährdet oder den Unterricht nachhaltig und schwer beeinträchtigt hat, folgt aus § 61 Abs. 4 Satz 1 NSchG.
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Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und bei umfassender Würdigung des vorliegenden Sachverhalts ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger unter dem Namen der bei der beklagten Schule beschäftigten Lehrerin T. ein Userprofil eingerichtet und unter diesem Profil in einer für eine bestimmte Zielgruppe (Singles) eingerichteten Internet-Plattform (Chat) zumindest die Beiträge verfasst hat, die von dem Schulleiter der Beklagten am 26. Februar 2006 beobachtet und ausgedruckt worden sind.
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Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte den der Ordnungsmaßnahme zugrunde liegenden Sachverhalt in rechtlich einwandfreier Weise ermittelt hat. Die für die Feststellung der verfahrensrechtlich erheblichen Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen sind von dem nach § 43 Abs. 2 Nr. 3 NSchG zuständigen Schulleiter der Beklagten durchgeführt worden. Dafür, dass die durch Informationen aus der Schülerschaft ausgelösten Sachverhaltsfeststellungen auf einer Verletzung der Persönlichkeitssphäre von Schülerinnen und Schülern beruhen könnten, ist nichts ersichtlich. Insoweit sind die Ausführungen im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2006 - 13 PA 246/06 -, wonach sich die Frage aufdrängen soll, mit welcher Zielrichtung Lehrer der Schule die Freizeitaktivitäten von Schülern auf der genannten Internetseite beobachten oder daran sogar teilnehmen, tatsächlich nicht nachvollziehbar. Dass der Schulleiter oder Lehrkräfte der Beklagten Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern auf der Internetseite www.single-city.de beobachtet oder daran sogar teilgenommen hätten, lässt sich weder dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge noch dem Vorbringen der Prozessbeteiligten entnehmen. Die Tatsache, dass der Schulleiter der Beklagten den Kläger am 8. März 2006 in den Räumen der Schule in Gegenwart zweier Polizeibeamter zu dem durch die Namensliste begründeten Verdacht, dass er der Urheber der Chatbeiträge unter dem Namen T. ist, befragt hat, begründet ebenfalls nicht einen Verfahrensfehler oder ein Verwertungsverbot. Vielmehr folgt aus dem Vermerk des Schulleiters vom 21. März 2006 eindeutig, dass der Kläger seinerzeit nicht von den Polizeibeamten in einem Ermittlungsverfahren vernommen worden ist. Vielmehr ist seine Befragung ausschließlich auf Initiative des nach § 43 Abs. 2 NSchG zuständigen Schulleiters erfolgt, so dass sich Fragen nach der rechtlichen Notwendigkeit der Anhörung der Erziehungsberechtigten während der Befragung (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 2 JGG, 136 Abs. 2 StPO) nicht stellten. Vielmehr reicht es nach der Wertung des Gesetzgebers in § 55 Abs. 3 NSchG aus, dass die Schule die Erziehungsberechtigten des betroffenen Kindes oder Jugendlichen von Vorkommnissen, die Anlass zu Ordnungsmaßnahmen geben können, umgehend in Kenntnis setzt. Dieser Informationspflicht ist die Beklagte nachgekommen, indem der Schulleiter der Beklagten die Eltern des Klägers noch am selben Tag telefonisch von dem Verhalten ihres Sohnes informiert hatte, woraufhin mit den Eltern des Klägers ein Gesprächstermin vereinbart worden war (Vermerk vom 21.3.2006, Bl. 14 Beiakte A).
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Dass der Kläger tatsächlich das Userprofil „T.“ erstellt hat, ist von ihm nicht nur während des Gesprächs am 8. März 2006 gegenüber dem Schulleiter der Beklagten, sondern auch in der Klassenkonferenz am 22. März 2006 durch seinen Verfahrensbevollmächtigten ausdrücklich bestätigt worden (Seite 1 der Konferenzniederschrift). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die im weiteren Verlauf der Klassenkonferenz aufgestellte Behauptung des Klägers, die fünf namentlich genannten Mitschüler hätten ihn dazu angestiftet, glaubhaft ist. Jedenfalls steht fest, dass der Kläger das Userprofil „T.“ bei sich zu Hause (Seite 2 der Konferenzniederschrift) an einem Computer eingerichtet hat. Demzufolge war er es auch, der nicht nur die Profilbeschreibungen angelegt, sondern auch ein Password für das Nutzerprofil ausgewählt und erstmalig eingetragen hat. Dass sich dieser Vorgang unstreitig auf einem privaten, in der Wohnung der Familie des Klägers aufgestellten Computer ereignet und der Kläger darüber hinaus auch eigene Beiträge unter dem Nutzerprofil „T.“ in den Chatroom eingeräumt hat, begründet die tatsächliche Vermutung, dass er es auch war, der die am 26. Februar 2006 festgestellten Chatbeiträge unter dem Namen seiner Lehrerin abgegeben hat. Zur Ausräumung dieser Tatsachenvermutung reicht es nicht aus, dass der Kläger seine Beteiligung an bestimmten Chatbeiträgen unter diesem Profil mit Hinweis auf die Beweislast der beklagten Schule schlicht bestreitet und ohne nachvollziehbar Erklärung auf die Mitverantwortung von anderen Schülern verweist. Denn nur er ist in der Lage, einen bestimmten, von der Tatsachenvermutung abweichenden Geschehensablauf zu offenbaren. Das hat der Kläger bisher nicht getan. Er hat weder nachvollziehbar dargelegt, wann und unter welchem Umständen in den Privaträumen seiner Familie die Anlegung des Chatprofils T. „unter Mitwirkung“ der von ihm genannten fünf Schüler stattgefunden haben soll. Unter diesen Umständen ist es ferner nicht nachvollziehbar, wie seine Mitschüler in das Wissen um das von ihm angelegte Password gekommen sein sollen. Zu der Frage, wie seine Mitschüler in den Besitz des von ihm vergebenen Kennwortes für das von ihm erstellte Userprofil gelangt sein sollen, was auch das Wissen um das notwendige Password zum Einloggen in den Chat umfasst, hat der Kläger zur Klagebegründung nichts vorgetragen, obwohl die Kammer ihn in den Gründen ihres Beschlusses vom 7. Juni 2006 - 6 B 3325/06 - auf den diesbezüglichen Mangel in seinem Tatsachenvortrag hingewiesen hat. Demzufolge hat der Kläger mit seinem nicht substantiierten Bestreiten auch nicht offenbart, auf welche Weise Mitschüler unter demselben Profil Beiträge im Chatroom abgegeben haben sollen, wenn er sich zur selben Zeit von dem Rechner in seiner Wohnung mit dem entsprechenden Password auf der Internetseite eingeloggt hatte.
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Unter diesen Umständen muss die Kammer von der durch das Handeln des Klägers begründeten tatsächlichen Vermutung seiner Verantwortung für die Chatbeiträge ausgehen.
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Die Kammer hält im Anschluss an ihre Ausführungen im Beschluss vom 7. Juni 2006 - 6 B 3325/06 - daran fest, dass das durch den Seitenausdruck dokumentierte Verhalten des Klägers eine grobe Verletzung seiner Pflichten als Schüler im Sinne von § 61 Abs. 2 NSchG darstellt. Eine grobe Pflichtverletzung liegt nicht erst dann vor, wenn von Schülern Erpressungen, Bedrohungen, Gewalttätigkeiten, Rauschgiftdelikte, pornografische Darstellungen usw. ausgehen. Vielmehr zählt es auch zur Pflicht von Schülerinnen und Schülern, die Persönlichkeitsrechte aller im Schulalltag miteinander vereinten Menschen zu beachten. Daraus folgt, dass zum Beispiel beleidigende, abwertende oder entwürdigende Schüleräußerungen je nach Lage des Einzelfalles (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 3.6.2003 - 6 B 1848/03 - u. 1.4.2003 - 6 B 1318/03 -) zu Ordnungsmaßnahmen führen können. Zu den Schülerpflichten zählt dabei auch die Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte, deren Geltung insbesondere im außerschulischen, durch den Begriff der Privatsphäre gekennzeichneten persönlichen Bereich eine Grenze darstellt, die von Schülerinnen und Schülern nicht überschritten werden darf (vgl. Beschluss der Kammer vom 19.5.1998 - 6 B 2226/98 -). § 61 Abs. 2 NSchG stellt klar, dass auch der Verstoß gegen andere als schulrechtliche Bestimmungen eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des Schulrechts sein kann. § 61 Abs. 2 NSchG erfasst somit auch Verletzungen geschützter Rechtsgüter anderer Personen. Hierzu zählen nicht nur die Straftatbestände der Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung (§§ 185 ff. StGB) und die übrigen Erscheinungsformen des sog. Mobbings, sondern auch andere Verletzungen des durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechts.
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Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Es umfasst nicht nur den Schutz der persönlichen Ehre, sondern soll allgemein die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen gewährleisten. Demzufolge ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dazu z.B. BVerfGE 72, 155, 170, m.w.N.) auch das Recht auf Selbstbestimmung im Bereich der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten als Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt. Dieses Grundrecht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seines Namens sowie dessen Weiterverbreitung im Zusammenhang mit Meinungsäußerungen und anderen Auftritten in der Öffentlichkeit zu bestimmen, steht auch Lehrkräften im Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern ihrer Schule zu. Auch sie verfügen insoweit über eine Privatsphäre, deren Achtung von jedem anderen am Schulleben Beteiligten verlangt werden darf. Auch in dieser Hinsicht trägt die Schule als staatliche Institution (vgl. Art. 7 Abs. 1 GG) im Rahmen ihrer Bildungsarbeit eine Verantwortung für die Einhaltung der Grundrechte, wie dieses mit der Beschreibung ihres Bildungsauftrags in § 2 Abs. 1 NSchG zum Ausdruck kommt. Die Tatsache, dass die (scheinbar) anonymen Kommunikations- und Äußerungsformen im Internet es als besonders verlockend erscheinen lassen, Lehrkräfte als „digitales Freiwild“ anzusehen, ändert hieran nichts.
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Die ohne Wissen und Genehmigung der Betroffenen vorgenommene Verbreitung der Namen von Lehrkräften der Schule in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Seite im Internet, die von diesen Lehrkräften gegen deren Willen ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das ihnen tatsächlich nicht zukommt und von ihnen als beleidigend empfunden wird, ist danach eine schwer wiegende Pflichtverletzung, die Anlass zu einer Ordnungsmaßnahme sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn sich daran mehrere Schüler gemeinschaftlich beteiligen und damit rechnen müssen, dass diese Lehrkräfte anschließend im Bereich der Schulöffentlichkeit auf diese Weise der Lächerlichkeit und dem Gespött von Mitschülern und Mitschülerinnen ausgesetzt werden. Auch hierdurch kann das für ein funktionierendes Schulleben unverzichtbare Vertrauensverhältnis zwischen Schülerinnen, Schülern und ihren Erziehungsberechtigten einerseits sowie Lehrkräften und Schulleitung andererseits nachhaltig beschädigt werden.
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Die Kammer hat weiterhin keinen Zweifel daran, dass die von dem Kläger am 26. Februar 2006 verfassten Beiträge diese Grenze der zu beachtenden Persönlichkeitsrechte von Lehrkräften überschreiten. Denn der Kläger hat damit den Namen seiner Lehrerin T. benutzt, um sich abfällig über diese („Ich hasse Frau T.“), über Mitschüler (z.B.: „V. hat seine Mutter ... ohohohoh sex mit V.“) und Mitschülerinnen (z.B.: „W. ist eine ...“, X. ist ein Schwein Gesicht“) zu äußern. Auch hat er seine Lehrerin mit der Nennung ihres Vornamens und im selben Satz den Schulleiter der Beklagten mit sexuellen Anzüglichkeiten bedacht („Oh oh oh oh Y. Z. vick mich“). Unter diesen Umständen ist die im Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2006 - 13 PA 246/06 - vertretene Auffassung, dass die Lehrerin T. nicht durch Chatäußerungen beleidigt und beschimpft worden sei und die hieran anschließende Auffassung des Klägers, es läge in den Chatäußerungen kein Bezug zu Lehrkräften der Schule und damit auch keine Verletzung von Persönlichkeitsrechten vor, ebenfalls nicht nachvollziehbar. Zu bedenken ist dabei, dass die Chatbeiträge des Klägers im Zusammenhang mit den Beiträgen der Schüler und der Schülerin gesehen werden müssen, die sich unter den Namen der Lehrer N., O., R., P. und S. am Internet-Chat beteiligt haben. Dieses ist offensichtlich, was die Reaktion im Februar 2006 gezeigt hat, auch in der Schülerschaft der Beklagten so gesehen worden. Dabei haben die übrigen beteiligten Schüler und die Schülerin teilweise noch drastischere Ausdrucksformen mit sexuellem Bezug gewählt, wie die von der Beklagten vorgelegten Ausdrucke (Bl. 346 bis 348 d.GA) zeigen, und dabei in bestimmten Aussagen über das Verhalten im Unterricht zugleich den unmittelbaren Zusammenhang mit deren Tätigkeit als Lehrkräfte an der Realschule hergestellt. Ob sich der Kläger angesichts seines geringeren Alters von diesen Beiträgen der älteren Mitschüler hat leiten lassen, kann offen bleiben. Jedenfalls hat er sich mit seinen Beiträgen in der Öffentlichkeit an einem Vorgang beteiligt, der in der Schülerschaft allgemein bekannt war und einzelne Lehrerinnen und Lehrer der Schule verächtlich machte. Unter diesen Umständen waren auch die im Chat direkt und indirekt angesprochenen Lehrerinnen T. und O. auch ohne unmittelbare Angabe ihrer Vornamen identifizierbar, so dass an der Verletzung ihres Rechtes, mit derartigen Vorgängen nicht verglichen zu werden, nicht ernsthaft gezweifelt werden kann.
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Die Überweisung des Klägers an eine andere Realschule verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Vielmehr hat die Beklagte von dem ihr eingeräumten Ermessen, eine bestimmte Ordnungsmaßnahme aus dem Katalog des § 61 Abs. 3 NSchG auszuwählen, in einer der gesetzlichen Ermächtigung des § 61 Abs. 2 NSchG entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 40 VwVfG), denn sie hat hierbei erkennbar auf den Vertrauensverlust abgestellt, der im Verhältnis zwischen den Lehrkräften der Schulen einerseits und den beteiligten Schülern sowie der beteiligten Schülerin andererseits eingetreten ist.
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Unverhältnismäßig ist die Überweisung an eine andere Schule auch nicht im Hinblick auf das Alter und die fehlende Strafmündigkeit des Klägers, denn im vorliegenden Fall sind die strafrechtlichen Aspekte des Verhaltens des Klägers nicht entscheidend. Eine Ordnungsmaßnahme dient im Unterschied zu Erziehungsmitteln der Schule (§ 61 Abs. 1 NSchG) und zu Maßnahmen der Jugendgerichte nach dem Jugendgerichtsgesetz nicht vorrangig dazu, den Einzelnen erzieherisch zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. Vielmehr sollen Ordnungsmaßnahmen in erster Linie die durch sein persönliches Fehlverhalten und das daraus möglicherweise resultierende Verhalten anderer Schülerinnen und Schüler gefährdete Ordnung des Schulbetriebs gewährleisten. Die Auswahl der Ordnungsmaßnahme darf sich deshalb an der pädagogischen Prognose dessen, was zur Beseitigung des gestörten Schulfriedens erforderlich ist, orientieren.
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Hat die von einem großen Teil der Schulöffentlichkeit wahrgenommene grobe Pflichtverletzung eines oder mehrerer Schüler wie im vorliegenden Fall zu einem erheblichen Verlust des Vertrauens zwischen den Lehrkräften und der Schülerschaft geführt, kann die Ordnungsmaßnahme aus dem Katalog des § 61 Abs. 3 NSchG ausgewählt werden, die unter Wahrung des Bildungsanspruchs des betroffenen Schülers einen ungestörten Schulbetrieb voraussichtlich am Besten wiederherstellt. Dass dieses nach der Einschätzung der Beklagten die Überweisung des Klägers sowie der übrigen betroffenen Schüler und der Schülerin an eine andere Realschule ist, lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Tatsächlich gibt diese Ordnungsmaßnahme sowohl dem Kläger als auch den betroffenen Lehrkräften die Möglichkeit, unbelastet von gegenseitigen Vorbehalten die Arbeit im Unterricht fortzusetzen. Zugleich führt sie dazu, dass einem eventuellen Misstrauen im Verhältnis zwischen den Lehrkräften und anderen, nicht beteiligten Schülerinnen und Schülern vorgebeugt wird.
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Dass der Kläger sich durch die Ordnungsmaßnahme bedingt in den Stand des Unterrichts einer anderen Klasse derselben Jahrgangsstufe einarbeiten und dabei eventuell Versäumtes in Eigeninitiative nachholen musste, ist für sich gesehen ebenfalls noch nicht unverhältnismäßig, sondern liegt in der Natur dieser Ordnungsmaßnahme und wird von dem Gesetzgeber in Kauf genommen. Dasselbe gilt für die weiteren belastenden Folgen des Schulwechsels; auch diese sind keine unverhältnismäßigen Folgewirkungen, sondern die mit einer Entscheidung nach § 61 Abs. 3 Nr. 2 NSchG notwendigerweise einhergehenden Umstände.
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