Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (10. Kammer) - 10 B 2715/07

Gründe

I.

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Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtschutzes die gerichtliche Feststellung, dass sie auf Grund der ihr erteilten Konzession zum Betrieb einer Spielbank auch Glücksspiele im Internet anbieten darf. Zusätzlich begehrt sie im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, einzelne Glücksspiele im Internet befristet zu genehmigen.

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Die Antragstellerin betreibt an zehn Standorten in Niedersachsen Spielbanken, in denen sie das Automatenspiel, zum Teil auch das sog „klassische“ Spiel wie französisches Roulette anbietet. Sie beabsichtigt, auch Glücksspiele im Internet anzubieten und hat dafür die technischen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen. Unter dem 4. Oktober 2006 beantragte sie beim Niedersächsischen Finanzministerium die Genehmigung zum Betrieb von Glücksspielen im Internet gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 des Niedersächsischen Spielbankengesetzes vom 16. Dezember 2004 sowie die Genehmigung von näher benannten Glücksspielen im Internet nach der Niedersächsischen Spielordnung. Mit Bescheid vom 15. Februar lehnte das Niedersächsische Finanzministerium den Antrag, die Genehmigung zum Betrieb von Glücksspielen im Internet gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Niedersächsischen Spielbankengesetzes zu erteilen, ab. Der Antrag auf Genehmigung von näher spezifizierten Glücksspielen im Internet nach den Maßgaben der Niedersächsischen Spielordnung wurde nicht beschieden, da die beantragten Glücksspiele ohne eine Zulassung für das Internetspiel nicht betrieben werden könnten.

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Mit ihrer hierauf am 5. März 2007 erhobenen Klage (Az.: 10 A 1224/07) macht die Antragstellerin geltend, sie sei auf der Grundlage der ihr bereits erteilten Zulassung zum Betrieb einer Spielbank und von Ziff. 1.2 der Nebenbestimmungen zu dieser Zulassung zum Anbieten von Glücksspielen im Internet berechtigt, ohne dass es hierfür einer besonderen Zulassung durch den Antragsgegner bedürfe. Lediglich hinsichtlich der einzelnen Spiele, die im Internet angeboten werden sollten, sei eine Genehmigung erforderlich. Auf die Erteilung dieser Genehmigung habe sie einen Anspruch, da sämtliche hierfür nach der Niedersächsischen Spielordnung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien.

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Am 18. Mai 2007 hat die Antragstellerin auch um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung ihres Begehrens beruft sie sich auf ihr Vorbringen im Hauptsacheverfahren und macht darüber hinaus geltend, es sei ihr nicht zumutbar, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten, um das Online-Casino in Betrieb zu nehmen. Die monatlichen Kosten, die allein durch die Vorhaltung des Online-Casinos entstünden, beliefen sich auf ca. 60.000 bis 70.000 Euro. Sie habe keine wirtschaftlich vernünftige Möglichkeit, diese Kosten zu reduzieren.

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Die Antragstellerin beantragt,

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1. im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO festzustellen, dass sie auf der Grundlage der Zulassung zum Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Hannover vom 24. Juni 2003 nebst Ziffer 1.2 der Nebenbestimmungen für die Zulassung zum Betrieb öffentlicher Spielbanken in Niedersachsen vom 24. Juni 2004 bis zum rechtskräftigen Abschluss des bei dem Verwaltungsgericht Hannover anhängigen Hauptsacheverfahrens zu dem Aktenzeichen 10 A 1224/07 berechtigt ist, in Niedersachsen Glücksspiele im Internet anzubieten und zu betreiben,

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2. den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Genehmigung der in der Anlage zu dem Antrag vom 4. Oktober 2006 spezifizierten Glücksspiele im Internet nach den dem Antrag anliegenden Spielregeln (§ 2 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 NSpielO) bis zum rechtskräftigen Abschluss des bei dem Verwaltungsgericht Hannover anhängigen Hauptsacheverfahrens zu erteilen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Er ist der Auffassung, die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 10 A 1224/07, 10 B 2715/07 und 10 A 3625/07 sowie der jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

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Der Antrag hat keinen Erfolg.

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Er ist unzulässig.

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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Dazu muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass die gerichtliche Entscheidung eilbedürftig ist (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch besteht (Anordnungsanspruch). Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter dem Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf die durch Artikel 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes gilt das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache jedoch nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h., wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät kommen würde (vgl. BVerfGE 34, 160 <163>) oder die dem Antragsteller drohenden Nachteile irreparabel oder existenziell gefährdend sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 15. Aufl. 2007, § 123 Rn. 14).

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Die mit den Eilanträgen erstrebte - wenn auch bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache befristete - Ermöglichung eines Glücksspielangebots im Internet stellt eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache dar. Über die Beibehaltung des status quo oder die bloße Sicherung von Ansprüchen hinaus erstrebt die Antragstellerin die vorübergehende - insoweit aber faktisch endgültige - Einräumung einer Rechtsposition. Eine unzumutbare Härte, die ihr durch ein Abwarten der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache droht, hat die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Die Aufnahme des Spielbetriebs im Internet erst nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache ist für die Antragstellerin nicht mit irreparabeln Nachteilen verbunden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Antragstellerin die von ihr geltend gemachten, aber weder substantiierten noch belegten Vorhaltekosten tatsächlich entstehen, wäre hierdurch keine existenzielle Gefährdung der Antragstellerin verbunden. Das Gericht hat im Übrigen über die in der Hauptsache erhobene Klage durch Urteil vom 20. August 2007 entschieden, so dass ein baldiger Abschluss des Hauptsacheverfahrens realistisch ist. Jedenfalls gegenwärtig kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, ein Zuwarten sei für die Antragstellerin unzumutbar.

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Als Unterlegene hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 S. 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der für das Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert ist im Hinblick auf den vorläufigen Charakter dieses Eilverfahrens auf ½ zu reduzieren (vgl. II. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./.8. Juli 2004, DVBl. 2004, 1525).

 


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