Gerichtsbescheid vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 4317/07
Gründe
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Die Klage ist begründet.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 114 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NSchG. Danach hat der Beklagte als Träger der Schülerbeförderung die in seinem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler der ersten bis 10. Schuljahrgänge der allgemeinbildenden Schulen unter zumutbaren Bedingungen zur Schule zu befördern oder ihnen oder ihren Erziehungsberechtigten die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Allerdings hängt die Beförderungs- oder Erstattungspflicht nach § 114 Abs. 2 von dem Erreichen einer Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule ab, die vom Träger der Schülerbeförderung unter Berücksichtigung der Belastbarkeit der Schülerrinnen und Schüler und der Sicherheit des Schulweges festgelegt wird.
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Der Beklagte hat die Mindestentfernung in § 2 seiner Satzung über die Schülerbeförderung auf 2.000 m festgelegt. Die Länge der festgesetzten Mindestentfernung von 2.000 m ist nicht zu beanstanden. Da der Schulweg des Sohnes der Klägerin unstreitig kürzer als 2.000 m ist, hätte der Sohn der Klägerin gem. § 1 Abs. 1 der Satzung für den Sohn der Klägerin grundsätzlich keinen Anspruch auf Teilnahme an der Schülerbeförderung.
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Allerdings besteht gem. § 1 Abs. 3 der Satzung abweichend von § 1 Abs. 1 ein Anspruch auf Leistungen der Schülerbeförderung auch bei Nichterreichen der Mindestentfernung, wenn der Schulweg als besonders gefährlich einzustufen ist. Dies ist hier der Fall.
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Zwar teilt das Gericht die Auffassung der Beklagten, dass der Schulweg des Sohnes der Klägerin überwiegend nicht besonders gefährlich ist, sondern der Sohn der Klägerin überwiegend nur den im Straßenverkehr üblicherweise auftretenden Gefahren ausgesetzt ist. Derartige Gefahren können jedoch keine besondere Gefährlichkeit eines Schulweges begründen.
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Im Einzelnen:
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Der Schulweg des Sohnes der Klägerin ist jedoch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme im Bereich des Dorfkrugs in G. besonders gefährlich im Sinne der Rechtsprechung.
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Dies beruht auf den besonderen örtlichen Gegebenheiten und der baulichen Gestaltung des Fußweges. Der durch entsprechende Piktogramme gekennzeichnete Fußweg liegt an dieser Stelle auf gleicher Höhe zwischen der Fahrbahn und einen Parkbereich des Dorfkruges. Er ist aus dem gleichen Material wie die Fahrbahn und der Parkstreifen hergestellt. Von der Fahrbahn ist er nur durch eine ebenerdige Gosse, vom Parkbereich nur durch einen weißen Streifen abgetrennt. Diese bauliche Gestaltung führt dazu, dass der Fußweg von Autofahrern entweder nicht als Fußweg wahrgenommen oder nicht als Fußweg ernst genommen wird. Die Ortsbesichtigung bestätigte das Vorbringen der Klägerin, dass Fahrzeuge in diesem Bereich derart halten oder parken, dass Fußgänger gezwungen sind, auf die Fahrbahn zu wechseln. Sowohl am Beginn als auch am Ende der Ortsbesichtigung standen diverse Fahrzeuge verkehrswidrig an verschiedenen Stellen auf dem Fußweg. Die Fahrer stellten die Fahrzeuge sogar während der Ortsbesichtigung dort ab, obwohl auf der anderen Straßenseite Parkplätze frei waren. Selbst der Anblick des auf der anderen Seite abgestellten Polizeifahrzeuges hinderte die Fahrer nicht daran, verkehrswidrig zu halten bzw. zu parken. Auf den Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung angesprochen, reagierten die Fahrer überrascht. Sie hatten kein Unrechtsbewusstsein, da sie den Fußweg als solchen nicht wahrgenommen hatten bzw. das Halten oder Parken dort als normal empfanden.
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Die von der Stadt A. getroffenen Maßnahmen (stärkere Überwachung des ruhenden Verkehrs, Ansprache des Betreibers des Dorfkruges) sind zwar lobenswert, führen jedoch nicht dazu, die für die Schüler bestehende besondere Gefährlichkeit des Schulweges zu beseitigen. Die besondere Gefährlichkeit beruht auf den straßenbaulichen Gegebenheiten und lässt sich nicht durch kurze Kontrollen des ruhenden Verkehrs beseitigen. Dazu wäre es vielmehr notwendig, dass entweder während der gesamten Schulwegzeit morgens und mittags ein berechtigter Behördenmitarbeiter den ruhenden Verkehr überwacht und so die Sicherheit des Schulweges gewährleistet oder der Fußweg baulich so umgestaltet wird, dass er von der Kraftfahrern als Fußweg akzeptiert und nicht mehr als Parkfläche missbraucht wird.
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Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, es sei Sache der Eltern, diese besonders gefährliche Stelle abzusichern. Zwar gibt es eine derartige Formulierung in § 1 Abs. 3 der Satzung. Es kann offen bleiben, ob die Formulierung („und eine Begleitung .... würde.“) mit § 114 NSchG vereinbar ist. Jedenfalls wäre sie restriktiv auszulegen. Der Gesetzgeber hat entschieden, dass die Schülerbeförderung Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte ist. Insoweit ist es Sache des Trägers der Schülerbeförderung entweder in Zusammenarbeit mit der Straßenverkehrsbehörde oder dem Träger der Straßenbaulast besondere Gefahren eines Schulweges zu beseitigen oder wenn dies nicht möglich ist, den Schüler an der Schülerbeförderung teilnehmen zu lassen. Wenn nach der Rechtsprechung die Eltern nicht ganz aus der Verantwortung entlassen werden, bezieht sich dies im Wesentlichen darauf, dass es selbstverständlich Sache der Erziehungsberechtigten und nicht des Trägers der Schülerbeförderung ist, der jeweiligen Schülerin bzw. dem jeweiligen Schüler den Schulweg zu erläutern und mit ihm einzuüben. Da das Schülerbeförderungsrecht zudem auf objektive und nicht auf subjektive Kriterien abstellt, ist es auch Sache der Erziehungsberechtigten und nicht des Trägers der Schülerbeförderung z.B. überängstliche Kinder an nicht besonders gefährlichen Stellen abzusichern. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Erziehungsberechtigten objektiv unzumutbare Schulwege zumutbar zu machen. Das ist Sache des Trägers der Schülerbeförderung.
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