Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (11. Kammer) - 11 A 6143/07

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung eines Schlages als Ackerland und nicht als Grünland bei der Festsetzung des Wertes von Zahlungsansprüchen im Rahmen der einheitlichen Betriebsprämienregelung.

2

Der Kläger bewirtschaftet als Einzelunternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb in D.. Ab dem Jahr 2003 nahm er mit einer Fläche von 8,00 ha (Schlagbezeichnung "E. "), die er in den Jahren 2001 und 2002 mit Silomais bebaut hatte, an der Proland-Maßnahme "Umwandlung von Ackerland in extensiv bewirtschaftetes Grünland" teil. In Anlage A zum Zuwendungsvertrag "EU-Trinkwasserschutzmaßnahmen" zwischen den Land Niedersachsen und dem Kläger heißt es u.a.:

3

"Das Vorhaben ist nur für Flächen zulässig, die im Sinne der Agrarförderung im letzten und vorletzten Jahr vor der Antragstellung prämienberechtigt gem. VO (EG) 1251/1999 waren. Demnach sind Flächen, die am 31.12.1991 als Grünland genutzt wurden, generell ausgeschlossen (Kennzeichnung "D" in Spalte 17 des GFN.

4

[…]

5

Für die Flächen dürfen für die Dauer des Vertrages keine weiteren Flächenzahlungen im Antrag für Agrarförderung beantragt werden, so dass sie im GNN in der Spalte 12 mit der Code-Nr. 418, jedoch ohne die Kennzeichnung "D" in der Spalte 17, geführt werden. So bleiben der Ackerstatus und alle damit verbundenen Möglichkeiten über den Vertragszeitraum hinaus erhalten. Die Code-Nr. 418 ist auch deshalb sachgerecht, da die nachfolgende Bewirtschaftungsbedingungen die Grünlandnutzung im Sinne des GW-Schutzes festschreiben, gleichzeitig aber Abstimmungsprobleme bzgl. der Definition der Flächen, z.B. mit den Unteren Wasserbehörden mit Blick auf die SchuVO, vermieden werden. "

6

Im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis für das Jahr 2003 trug der Kläger unter den laufenden Nummern 81 und 82 in den Spalten 12 und 13 für die Fläche den Code 452 und die Bezeichnung "Mähweide" ein. Spalte 17 "Kennzeichnung der Nutzung" ließ er - wie schon in den Vorjahren - offen. Andere Flächen, die auch als Mähweiden codiert waren, bezeichnete der Kläger in Spalte 17 mit einem "D" für Dauergrünland. In Spalte 18 (Agrarumweltmaßnahmen) trug der Kläger die Kennziffer "720" für die Teilnahme an der Proland-Maßnahme ein.

7

Unter dem 10.05.2005 stellte der Kläger den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen sowie Sammelantrag Agrarförderung und Agrarumweltmaßnahmen 2005. Unter Ziffer II.4.1 beantragte der Kläger die Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich des betriebsindividuellen Betrags. Unter Ziffer IV.12. beantragte der Kläger außerdem die Auszahlung der Beihilfen für die in Anlage 2 aufgeführten Agrarumweltmaßnahmen, an denen er teilnahm. Im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis führte der Kläger unter der laufenden Nummer 39 den Schlag 52 "E. " zu einer Größe von 8,00 ha auf, deren Flächenstatus 2003 er in Spalte 5 mit "A" für Acker angab und den er mit der Kulturcode-Nr. 424 für "Feld-/Ackergras" codierte. In Anlage 2 ordnete der Kläger den Schlag der Fördermaßnahme Nr. 720 zu.

8

Mit Bescheid vom 07.04.2006 wies die Beklagte dem Kläger 110,72 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 356,86 Euro pro Hektar, 155,03 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 210,49 Euro pro Hektar, 5,67 normale Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zum Wert von 356,86 Euro pro Hektar und 9,22 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 255,12 Euro pro Hektar zu. Den Schlag "E. " berücksichtigte die Beklagte als Ackerland.

9

Mit Bescheid vom 13.11.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 07.04.2006 auf und setzte die Zahlungsansprüche des Klägers neu fest. Sie wies ihm nunmehr 103,47 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 356,64 Euro pro Hektar, 163,03 normale Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 201,27 Euro pro Hektar, 5,50 normale Zahlungsansprüche mit OGS-Genehmigung zum Wert von 356,64 Euro pro Hektar und 8,64 Stilllegungs-Zahlungsansprüche ohne OGS-Genehmigung zum Wert von 255,12 Euro pro Hektar zu. Zur Begründung gab sie an, der Status "Ackerland" für den Schlag "E. " habe nach Prüfung der vorliegenden Unterlagen nicht aufrechterhalten werden können. Der Status sei aufgrund der Codierung "452 (Mähweiden)" in 2003 bzw. "nicht beantragt" in Grünland geändert worden.

10

Der Kläger hat am 14.12.2007 Klage erhoben.

11

Er macht geltend, bei dem Schlag "E. " handele es sich um Ackerland, nicht um Dauergrünland. Für die Beihilfefähigkeit einer Fläche im Jahr 2005 komme es gem. Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrPrämDurchfG auf den Status der Fläche zum 15.05.2003 an. Gem. Art. 32 Abs. 4a VO (EG) Nr. 795/2004 gelte für die Anwendung des Art. 61 VO (EG) Nr. 1728/2003 eine genutzte Fläche als Dauergrünlandfläche, die von einem Betriebsinhaber in seinem Beihilfeantrag für 2003 als Dauergrünlandfläche angemeldet war. Für die Beurteilung der Anmeldung seien nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 16.10.2007 (12 A 2553/06) alle Angaben des Antragsstellers in den Blick zu nehmen und auszulegen. Er habe die Fläche im Jahr 2003 nicht als Dauergrünland einordnen wollen und habe entsprechend in Spalte 17 kein "D" gesetzt. Andere Flächen, die auch als Mähweiden codiert gewesen seien, habe er dagegen durchaus mit "D" gekennzeichnet. Die Codierung 452 für "Mähweide" anstelle von 418 für "Ackergras" sei fehlerhaft, was für die Beklagte auch offensichtlich gewesen sei. Sie könne auch nicht für die Beurteilung als Dauergrünland herangezogen werden, weil im Jahr 2003 Dauergrünlandflächen nur solche Flächen gewesen seien, die für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren der Fruchtfolge entzogen gewesen seien. Diese Voraussetzung erfülle der Schlag "E. " nicht. Die Einordnung als Dauergrünland stehe auch im Widerspruch zu der Eintragung in Spalte 18 des GFN 2003. Gemäß Anlage A des Zuwendungsvertrages über die die Teilnahme an der Proland-Maßnahme "Umwandlung von Ackerflächen in extensiv bewirtschaftetes Grünland" habe der Teilnehmer für diese Flächen im Antragsjahr keine weitere Flächenzahlungen beantragen dürfen, so dass sie "in der Spalte 12 mit der Code-Nr. 418, jedoch ohne die Kennzeichnung "D" in der Spalte 17 geführt werden". Schließlich spreche das Verhalten der Beklagten im Antragsjahr 2003 für die Nichteinstufung als Dauergrünland. Die Beklagte habe im Vordruck 2003 in Spalte 17 das "D" nicht vorgegeben und außerdem die Proland-Maßnahme genehmigt. Damit habe sie den offensichtlichen Irrtum hinsichtlich der Codierung und Bezeichnung der Flächen in Spalte 12 und 13 erkannt und sei seinem tatsächlichen Willen gefolgt.

12

Der Kläger beantragt,

13

den Bescheid vom 13.11.2007 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie macht im Wesentlichen geltend, nach Art. 32 Abs. 4 Buchstabe a VO (EG) Nr. 795/2004. komme es ausschließlich auf die Anmeldung in 2003 als Dauergrünland (Code Nr. 45*) an, was hier mit der Codierung Nr. 452 der Fall gewesen sei. Der Verweis des Klägers auf die „D“-Kennzeichnung einer Fläche im Antrag 2003 gehe fehl, weil bis 2004 sogenanntes historisches Dauergrünland mit „D“ gekennzeichnet worden sei, also Grünland, das im Zeitraum von 1987 bis 1991 ununterbrochen der Grasnutzung gedient habe. Das historische Dauergrünland sei im Zeitraum von 1993 bis 2004 von Flächenzahlungen nach der damals geltenden VO (EG) Nr. 1251/1999 ausgeschlossen gewesen. Ein Zusammenhang mit den nunmehr geltenden Fördergrundsätzen bestehe nicht.

17

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 13.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Rechtsgrundlage für die Rücknahme einer Zuweisung von Zahlungsansprüchen ist § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG). Danach sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG zurückzunehmen, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind. Die Zuteilung von Zahlungsansprüchen ist eine Regelung bei Direktzahlungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG.

21

Die Voraussetzungen von § 10 MOG liegen hier vor. Der Bescheid vom 07.04.2006 ist insoweit rechtswidrig, als die Beklagte den Schlag "E. " zu einer Größe von 8 ha bei der Zuweisung der Zahlungsansprüche des Klägers als Ackerland und nicht als Dauergrünland einordnete.

22

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zahlungsansprüchen nach der erstmals für das Jahr 2005 geltenden Betriebsprämienregelung ist die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 270 v. 21.10.2003, S. 1) mit den Durchführungsverordnungen der Kommission zur Betriebsprämienregelung in der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141 v. 30.04.2004, S. 1) und zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141 v. 30.04.2004, S. 18). Die VO (EG) Nr. 1782/2003 wird hinsichtlich der einheitlichen Betriebsprämie durch das Betriebsprämiendurchführungsgesetz (BetrPrämDurchfG) umgesetzt; dieses wird durch die Betriebsprämiendurchführungsverordnung (BetrPrämDurchfV) konkretisiert.

23

Bei der Festsetzung des Wertes von Zahlungsansprüchen ist § 5 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (BetrPrämDurchfG) Grundlage für die Berücksichtigung von beihilfefähigen Flächen als Ackerflächen und nicht als Dauergrünlandflächen.

24

Neben der Anzahl ist der Wert der Zahlungsansprüche maßgeblich für die jährlich zu beantragende Beihilfe, da diese im Rahmen der Betriebsprämienregelung auf der Grundlage zugeteilter Zahlungsansprüche für eine entsprechende Hektarzahl beihilfefähiger Flächen gezahlt wird (Art. 33 Abs. 1a und Art. 36 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003). Dass Ackerflächen einen anderen Wert als Dauergrünlandflächen haben, beruht darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland von der Möglichkeit nach Art. 59 VO (EG) Nr. 1782/2003 Gebrauch gemacht hat, den Gesamtbetrag der regionalen Obergrenze nach Art. 58 VO (EG) Nr. 1782/2003 teilweise auf alle Betriebsinhaber der jeweiligen Region aufzuteilen. Deshalb war sie nach Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 ermächtigt, für Dauergrünland und sonstige förderfähige Hektarflächen (insbesondere Ackerland) unterschiedliche Werte pro Einheit festzusetzen. In Umsetzung des gewählten Kombinationsmodells bestimmt § 5 Abs. 1 BetrPrämDurchfG, dass sich der Wert des Zahlungsanspruchs aus einem flächenbezogenen Betrag und einem betriebsindividuellen Betrag (BIB) zusammensetzt. Letzterer berechnet sich für das Jahr 2005 nach § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG, indem zunächst die Summe der betriebsindividuellen Beträge für jede Region von der jeweiligen regionalen Obergrenze abgezogen und sodann der nach dem Abzug verbleibende Teil der regionalen Obergrenze nach Art. 59 Abs. 3 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 aufgeteilt wird. Dabei wird unterschieden zwischen Flächen, die am 15.05.2003 als Dauergrünland genutzt wurden, und anderen Flächen. Hierzu ist in Anlage 2 zu § 5 BetrPrämDurchfG für die Regionen Niedersachsen und Bremen für Dauergrünland ein Wertverhältnis von 0,391 festgelegt, was zu einem entsprechend niedrigeren Basiswert des Zahlungsanspruchs je Hektar Dauergrünland (99,75 EUR) gegenüber Ackerland (255,12 EUR) führt.

25

Ob eine Fläche als Dauergrünland i.S.d. Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrPrämDurchfG einzuordnen ist, richtet sich nach Art. 32 Abs. 4 Satz 1 VO (EG) Nr. 795/2004. Danach gelten als für die Anwendung von Art. 54 Abs. 2 und Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 im Jahr 2003 als Dauergrünland genutzte Flächen a) die von einem Betriebsinhaber in seinem Beihilfeantrag für 2003 als Dauergrünland angemeldeten Flächen, und b) die von einem Betriebsinhaber in seinem Beihilfeantrag für 2003 nicht angemeldeten Flächen, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass diese Flächen im Jahr 2003 nicht als Dauergrünland genutzt wurden.

26

Art. 32 Abs. 4 VO (EG) Nr. 795/2004 geht aufgrund der Verweisung auf den vorliegend einschlägigen Art. 61 VO (EG) Nr. 1782/2003 dem Art. 2 Abs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004 vor (Urt. d. Kammer v. 12.03.2008 - 11 A 3210/06 -, Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Anders als diese Vorschrift, nach der für die Dauer von fünf Jahren der Fruchtfolge entzogene, grasbewachsene Flächen als Dauergrünland einzuordnen sind, stellt Art. 32 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 1974/2004 allein auf die Anmeldung der Fläche als Dauergrünland im Antrag auf Agrarförderung 2003 ab. Insoweit enthält die Regelung eine Fiktion, die der Behörde die entsprechenden Feststellungen erleichtern soll (so VG Braunschweig, Urt. v. 05.07.2007, 2 A 13/07, n.v.).

27

Maßgeblich ist damit in erster Linie die Anmeldung der betreffenden Flächen als Dauergrünland im Antrag auf Agrarförderung 2003. Auf die Dauer der Nutzung außerhalb der Fruchtfolge kommt es jedenfalls dann, wenn die betreffende Fläche im GFN 2003 angemeldet war - was hier der Fall ist -, nicht an. Dass dies zu Härten führen kann, hat der deutsche Verordnungsgeber in Kauf genommen, als er von der Möglichkeit des Art. 32 Abs. 4 Satz 2 VO (EG) Nr. 795/2004 keinen Gebrauch gemacht hat. Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten abweichend von Satz 1 regeln, dass Flächen, die im Beihilfeantrag für 2003 und in den Beihilfeanträgen für mindestens fünf Jahre vor 2003 durchgehend als für den Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzte Flächen angemeldet wurden, als im Jahr 2003 als Dauergrünland genutzte Flächen gelten. Im Rahmen der Beratungen über die Betriebsprämiendurchführungsverordnung beantragte das Land Rheinland-Pfalz, die Option des Art. 32 Abs. 4 Satz 2 VO (EG) Nr. 795/2004 auszuüben und in die Betriebsprämiendurchführungsverordnung folgenden § 2a einzufügen:

28

„Flächen, die im Beihilfeantrag für 2003 und in den Beihilfeanträgen für mindestens fünf Jahre vor 2003 durchgehend als für den Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzte Flächen angemeldet wurden, gelten als im Jahr 2003 als Dauergrünland genutzte Flächen.“

29

In der Begründung des Änderungsantrags (BR-Drs. 728/2/04 v. 02.11.2004) heißt es hierzu:

30

„[...] Die Anwendung dieser Option hätte dagegen den Vorteil, dass durch eine 5-jährige „Rückschau“ über alle Flächen die in den Ländern z.T. doch erheblich unterschiedlichen „Codierungsgewohnheiten“ bei den Flächennachweisen ausgeglichen werden können.

31

Wird diese Option nicht angewandt, hat dies aufgrund der o.a. „Codierungsgewohnheiten“ im Übrigen auch zur Folge, dass es von der gewählten Angabe des Landwirts im Flächennachweis 2003 abhängt, ob ein Härtefall gemäß § 13 der vorliegenden Verordnung begründet wird oder nicht. Dies hat zur Folge, dass bei völlig identischen Sachverhalten (z.B. Teilnahme mit 1 ha Ackerfläche an einem Agrarumweltprogramm mit Umwandlung von Ackerfläche in extensiv zu nutzendes Dauergrünland) in Abhängigkeit der Codierung in 2003 völlig voneinander abweichende Verwaltungsverfahren mit entsprechend abweichenden Ergebnissen in Gang gesetzt werden müssen. Hat nämlich der Landwirt in 2003 die Kulturart „Wiese“ für die umgewandelte Fläche gewählt, muss er einen Antrag auf „Härtefall“ stellen und der Verrechnung gemäß § 13 Abs. 1 zustimmen. Hat er dagegen „Wechselgrünland“ gewählt, erhält er „automatisch“ einen Zahlungsanspruch für Ackerland und kann die Prämie aus der Agrarumweltmaßnahme weiterhin ungeschmälert erhalten.

32

Eine solche Ungleichbehandlung kann nicht gewollt sein.“

33

Der Änderungsantrag fand keine Mehrheit. Der Verordnungsgeber hat - wohl im Sinne der Verwaltungsvereinfachung - die mit der Anwendung des Art. 32 Abs. 4 Buchstabe a VO (EG) Nr. 795/2004 im Einzelfall einhergehende Härte in Kauf genommen, die aus einer falschen Codierung als Dauergrünland in 2003 erwächst.

34

Diese Härte trifft vorliegend den Kläger. Der Kläger hat den betreffenden Schlag im Antrag auf Agrarförderung 2003 als Dauergrünland angemeldet, indem er die Fläche als Mähweide (Code-Nr. 452) codierte. Ausweislich der für das Antragsjahr 2003 geltenden Hinweise zum Ausfüllen des Gesamtflächen- und Nutzungsnachweises fällt der Code unter die Kulturarten „Futterbau“ (Ziff. VI. zum Verzeichnis der anzugebenden Kulturarten/Fruchtarten), dort unter die Rubrik Dauergrünland. Hierzu gehören neben Mähweiden auch Wiesen (Code-Nr. 451), Weiden (Code-Nr. 453), Hutungen (Code-Nr. 454) und beweidete Sand- und Moorheiden (Code-Nr. 461). Der in den Hinweisen vorgenommenen Einordnung lag aufgrund der Bindungswirkung von EG-Verordnungen die Definition des Begriffs „Dauergrünland“ nach Anhang I Nr. 1 zur für die Agrarförderung 2003 maßgeblichen VO (EG) Nr. 2316/1999 der Kommission vom 22. Oktober 1999 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 280 v. 30.10.1999, S. 43) zugrunde. Danach handelt es sich bei Dauergrünland um nicht in die Fruchtfolge einbezogene, dauernd (für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren) grasbestandene Flächen. Nach dieser Definition waren der Schlag "E. " im Jahr 2003 materiell (noch) nicht Dauergrünland, da der Kläger mit den vormaligen Ackerflächen erst seit 2003 an dem Feuchtgrünlandprogramm teilgenommen hat. Auf diese tatsächliche Lage kommt es nach dem oben Gesagten jedoch nicht an.

35

Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger im GFN 2003 in der Spalte 17 kein "D" und in Spalte 18 die Agrarumweltmaßnahme FM-Nr. "720" eintrug. Nach dem Wortlaut des Art. 32 Satz 1 Abs. 4 Buchstabe a VO (EG) Nr. 795/2004 kommt allein auf die Anmeldung "als Dauergrünland" an. Damit sind nur die Spalten 12 und 13 des GFN 2003 für die Bestimmung relevant, ob die Fläche im Referenzjahr 2003 den Status von Acker oder von Dauergrünland hatte (a.A. VG Oldenburg, Urt. v. 16.10.2007, 12 A 2553/06, Rechtsprechungsdatenbank der Nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Dies entspricht auch dem oben bereits dargelegten Zweck des Art. 32 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a VO (EG) Nr. 795/2004, der Verwaltungsvereinfachung. Die Codierung ist in der Zusammenschau mit den Eintragungen des Klägers in Spalte 17 und 18 auch nicht der Auslegung dahingehend zugänglich, dass sie für eine Mähweide stehen sollte, die kein (materielles) Dauergrünland war. Zum einen entspricht der Erklärungswert der Auslassung in Spalte 17 des GFN 2003 der tatsächlichen Lage der betreffenden Flächen, die in dem für das sogenannte historische Dauergrünland maßgeblichen Zeitraum vom 01.01.1987 bis zum 31.12.1991 gerade nicht als Grünland genutzt worden waren. Zum anderen besagt die Eintragung in Spalte 18 lediglich, dass der Kläger mit der betreffenden Fläche an der entsprechenden Maßnahme teilgenommen hat.

           

36

Da maßgeblich die Codierung und nicht der tatsächliche Status der Flächen im Jahr 2003 ist, kann sich der Kläger auch nicht auf Anlage A zum Zuwendungsvertrag "EU-Trinkwasserschutzmaßnahmen" berufen. Diese geht davon aus, dass die Flächen im GFN mit 418 codiert werden, um den Ackerstatus zu erhalten. Eine das Land Niedersachsen bindende "Zusicherung" kann hierin schon deshalb nicht gesehen werden, weil der Hinweis auf die Codierung ersichtlich auf die tatsächliche Nutzbarkeit der betreffenden Flächen nach Ablauf der Bindungsfrist der Proland-Maßnahme gerichtet ist, um damit auch die Beihilfefähigkeit der Flächen zu erhalten. Gem. Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 160 v. 26.06.1999, S. 1) waren Dauergrünlandflächen grundsätzlich nicht beihilfefähig. Vorliegend kommt es indes weder auf die tatsächliche Nutzbarkeit der betreffenden Flächen ab 2007 noch auf die Beihilfefähigkeit der Flächen nach der aufgehobenen VO (EG) Nr. 1251/1999 an.

37

Die materiell fehlerhafte Codierung der betreffenden Flächen als „Mähweide“ und damit als Dauergrünland ist auch nicht als offensichtlicher Irrtum entsprechend Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 zu berichtigen. Nach dem Hinweis des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 09.05.2006 zum Erlass vom 25.10.2005 über die Anwendung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 ist auch die Antragstellung 2003 in die Prüfung eines offensichtlichen Irrtums einzubeziehen, wenn hierauf im Rahmen der Zuteilung von Zahlungsansprüchen - wie in Art. 32 VO (EG) Nr. 795/2004 - Bezug genommen wird. Ob der Anwendungsbereich des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 etwa im Wege der Analogie auf die Antragstellung 2003 ausgedehnt werden kann, kann hier offen bleiben. Denn die Codierung der betreffenden Flächen durch den Kläger mit dem Code Nr. 452 stellt keinen offensichtlichen Irrtum i.S.d. Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 dar.

38

Bei der gebotenen objektiven Betrachtung ist ein Irrtum nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts dann offensichtlich, wenn er bei einer Bearbeitung des Antrags ohne weiteres klar erkennbar ist und sich die Fehlerhaftigkeit der Angaben einem aufmerksamen und verständigen, mit den Umständen des Falles vertrauten Durchschnittsbeamten ohne weiteres aufdrängt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 15.08.2007, 10 LA 37/06, juris, m.w.N.). Die zu Art. 5a VO (EWG) Nr. 3882/92 und zu Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001 ergangene Rechtsprechung ist auf die entsprechende Regelung des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 übertragbar. Denn die Vorschriften sind nicht nur im Wesentlichen wortgleich. Die VO (EG) Nr. 796/2004 soll nach ihrem Erwägungsgrund 3 trotz des Regimewechsels in der Gemeinsamen Agrarpolitik die Grundsätze der aufgehobenen VO (EG) Nr. 2419/2001, die ihrerseits die VO (EWG) Nr. 3887/92 ersetzt hat, weiterführen. In Anlehnung an das Arbeitsdokument AGR 49533/2002 der Kommission zum Begriff offensichtlicher Irrtum gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 können danach u.a. simple Schreibfehler, die bereits bei der grundlegenden Prüfung des Antrages ins Auge fallen, sowie widersprüchliche Angaben innerhalb des Antrags einen offensichtlichen Fehler darstellen. Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Es ist nicht ohne weitere Kenntnisse von den Voraussetzungen der Proland-Maßnahme, die sich in der Anlage zum Zuwendungsvertrag niedergeschlagen haben, und von der Dauer der Teilnahme des Klägers an dem Programm zu erschließen, dass der mit dem Code Nr. 452 gekennzeichnete Schlag "E. " im Referenzjahr 2003 materiell kein Dauergrünland, d.h. tatsächlich nicht schon fünf Jahre lang grasbewachsen und der Fruchtfolge entzogen war.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

 


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