Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (2. Kammer) - 2 A 813/07

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Gerichtsgebühren aus einem kirchengerichtlichen Verfahren.

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Der Kirchenkreis Ronnenberg hatte zum A. die mit der Besoldungsgruppe A 14 des Kirchenbeamtenbesoldungs- und versorgungsgesetzes (KBBVG) bewertete Stelle des Leiters des Kirchenkreisamtes ausgeschrieben. Um diese Stelle bewarb sich der Beklagte, ein Kirchenbeamter der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD). Die Bewerbung blieb ohne Erfolg. Gegen die Mitteilung des Kirchenkreises, dass man sich gegen ihn entschieden habe, legte der Beklagte Widerspruch ein, der vom Landeskirchenamt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover (LKA Hannover) als unbegründet zurückgewiesen wurde. Daraufhin erhob der Beklagte vor dem Rechtshof der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen Klage, die mit Urteil vom 28.11.2003 (Konf R 4/03) abgewiesen wurde. Ferner wurden dem Beklagten als Kläger des dortigen Verfahrens gemäß § 77 Abs. 4 Rechtshofsordnung (ReHO) i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens auferlegt.

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Unter dem B. übersandte die Geschäftsstelle des Rechtshofs der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen dem Beklagten eine Kostenrechnung, mit der die Verfahrenskosten gemäß § 77 ReHO i.V.m. § 11 GKG sowie Nr. 2110 und 2115 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG auf 1.190,-- € festgesetzt wurden und der Beklagte um Überweisung des Betrages gebeten wurde. Mit Schreiben vom C. wandte sich der Beklagte an den Rechtshof und bat u.a. um Erläuterung der rechtlichen Grundlagen zur Erhebung der kirchengerichtlichen Gebühren. Mit Schreiben vom D. wies die Vorsitzende des Rechtshofs darauf hin, dass sich die Kostenentscheidung nach § 77 Abs. 1 ReHO auf die im Land Niedersachsen geltenden Vorschriften stütze und forderte den Beklagten erneut auf, die Gerichtskosten zu begleichen.

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Nachdem auch in der Folgezeit keine Zahlung erfolgte, beantragte das LKA Hannover für die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover beim Zentralen Mahngericht in Uelzen für die ausstehenden Gerichtskosten den Erlass eines Mahnbescheides, der dem Beklagten zugestellt wurde. Am E. erhob der Beklagte Widerspruch gegen den Anspruch insgesamt und wandte ein, die Zuständigkeit des Amtsgerichts sei nicht gegeben und die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert.

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Daraufhin hat die Geschäftsstelle des Rechtshofs der Konföderation am F. die Durchführung des streitigen Verfahrens vor dem Amtsgericht Springe beantragt. Mit Schreiben vom G. hat die Geschäftstelle des Rechtshofs der Konföderation beim Amtsgericht Springe eine Rubrumsänderung beantragt, derzufolge nicht mehr die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, sondern der Rechtshof der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen als Kläger aufgeführt werden soll.

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Durch Beschluss vom H. hat das Amtsgericht Springe den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Hannover verwiesen, weil es sich angesichts der anspruchsbegründenden Norm des § 77 Abs. 4 ReHO um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handele und auch der Hauptsachestreit als beamtenrechtsähnliche Klage dem Verwaltungsrecht zuzuordnen sei.

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Auf Anregung des Verwaltungsgerichts ist eine weitere Rubrumsberichtigung erfolgt. Danach ist nunmehr die Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen als Klägerin des Verfahrens eingetragen.

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Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, es bedürfe eines vollstreckbaren Titels vor einem ordentlichen Gericht, da Urteile des Rechtshofs nur mit staatlicher Hilfe vollstreckbar seien. Der Gebührenanspruch könne gegenüber dem Beklagten nur durch das staatliche Machtmonopol vollstreckungsfähig gemacht werden. Rechtsgrundlage des Anspruchs sei Art. 13 Abs. 3 des Loccumer Vertrags. Da das Land für die Vollstreckung kirchengerichtlicher Gebührenforderungen gemäß Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag keine Verwaltungsbehörde zur unmittelbaren Vollstreckungsbehörde bestimmt habe, sei aus der Justizgewährungspflicht des Staates der Gebührenanspruch im Wege der Leistungsklage zuzuerkennen. Der Beklagte habe sich durch die Anrufung des Rechtshofs mit Erhebung der Konkurrentenklage den Regelungen der Rechtshofsordnung unterworfen. Es sei treuwidrig, wenn der Beklagte den Rechtshof in Anspruch nehme, aber nicht für die entstandenen Gerichtsgebühren aufkommen wolle.

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Die Klägerin beantragt

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den Beklagten zu verurteilen, an die Landeskirchenkasse 1.190,-- € zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er wendet ein, die Klage habe durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Rechtshofs nicht wirksam erhoben werden können. Da das Konkurrentenstreitverfahren vor dem kirchlichen Gericht zu führen gewesen sei, müsse auch die kostenmäßige Abwicklung ausschließlich im kirchlichen Verfahren erfolgen. Außerdem bestehe für die Erhebung der Gerichtskosten durch den Rechtshof keine Rechtsgrundlage. Die entsprechende Regelung der ReHO habe jedenfalls den Bereich der nach Art. 140 GG zulässigen kircheninternen Regelung eigener Angelegenheiten überschritten. Da er nicht Kirchenbeamter der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers sei, habe er sich mit der Anrufung des Rechtshofes nicht etwa automatisch den Bestimmungen der ReHO unterworfen. Da die Kirche ein eigenes gerichtliches Verfahren geschaffen habe, hätte sie auch ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfe die Vollstreckung der Gerichtsgebühren regeln müssen. Nach Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag komme eine Vollstreckung durch den Staat nur für Gebühren in Frage, die im Zusammenhang mit der Erhebung von Kirchensteuern entstehen. Die Konföderation könne außerdem keine staatliche Rechts- und Amtshilfe beanspruchen und keinen Justizgewährungsanspruch geltend machen.

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Soweit das Verwaltungsgericht doch den Weg zu den staatlichen Gerichten als zulässig ansehe, könne die "Gebührenforderung" nicht greifen, weil zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von Gerichtsgebühren, die in dem kirchengerichtlichen Verfahren vor dem Rechtshof entstanden sind, hat Erfolg.

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Die Klage ist zulässig.

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Für die Klage ist der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten eröffnet. Dies folgt aus der dem Staat obliegenden Justizgewährungspflicht (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 92 GG). Die Pflicht des Staates zur Justizgewährung gilt sowohl gegen als auch zugunsten der Kirchen und Glaubensgemeinschaften (BGH, Urt. vom 28.03.2003, NJW 2003, 2097). Das Gericht folgt im Grundsatz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in seiner neueren Rechtsprechung den staatlichen Rechtsweg unter Hinweis auf die Justizgewährungspflicht des Staates für zulässig erachtet hat (BGH Urt. v. 11.02.2000, NJW 2000, 1555 ff.; Urt. vom 28.03.2003, NJW 2003, 2097. ff). Das Gericht hat dabei argumentiert, aus der dem Staat obliegenden Justizgewährungspflicht folge, dass die staatlichen Gerichte grundsätzlich zur Entscheidung aller Rechtsfragen berufen seien, deren Beurteilung sich nach staatlichem Recht richte, und zwar auch dann, wenn die Kirche oder Glaubensgemeinschaft die Zuständigkeit der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht eigens kirchenrechtlich begründet habe. Der siebte Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. BVerwG Urt. v. 28.02.2002, 7 C 7.01, E 116, 86 ff).

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Soweit der Beklagte einwendet, ein Zugang zu den staatlichen Gerichten sei nicht eröffnet, weil das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen jede Einflussnahme des Staates auf kircheninterne Vorgänge ausschließe, greift dieser Einwand im Ergebnis nicht durch. Die Beklagte ist nämlich auf die Autorität der staatlichen Gerichte - also auf die dem Staat obliegende Justizgewährung - angewiesen, um den von ihr geltend gemachten Zahlungsanspruch im Wege der Leistungsklage durchzusetzen. Innerkirchliche Möglichkeiten stehen ihr nicht zur Verfügung.

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Die Frage, ob eine innerkirchliche Möglichkeit zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs besteht, ist nicht erst eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses, sondern bereits für die Frage des Rechtswegs relevant. Denn wenn und soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten von einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Gelegenheit besteht, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, so gebietet - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Amtsrecht - die verfassungsrechtlich demgegenüber geschuldete Rücksichtnahme den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen (Amts)-Rechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden (vgl. BVerfG Beschl. v. 18.09.1998, NJW 1999, 349, 350).

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Vorliegend ist jedoch keine Möglichkeit gegeben, den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch etwa durch ein weiteres Gerichtsverfahren vor dem Rechtshof durchzusetzen. Zwar hat die Konföderation in der ReHO einen kirchlichen Rechtsweg geschaffen. Eine Klage der Konföderation gegen den Beklagten vor dem Rechtshof würde dem Anspruch der Klägerin aber nicht zur Durchsetzung verhelfen Denn die Forderung zur Zahlung von Gerichtskosten in Höhe von 1.190 EUR beruht bereits auf der in dem Urteil des Rechtshofs vom 28.11.2003 enthaltenen Kostengrundentscheidung, die nicht nach Kirchenrecht vollstreckbar ist (dazu sogleich). Auch ein weiteres kirchengerichtliches Urteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung der festgesetzten Gerichtsgebühren verurteilt würde, wäre nicht nach Kirchenrecht vollstreckbar. Insofern würde für eine solche kircheninterne Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil die Konföderation auf diese Weise das von ihr verfolgte Ziel nicht erreichen könnte. Der kirchengerichtliche Rechtsweg ist somit als ausgeschöpft anzusehen.

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Auch Vollstreckungsmöglichkeiten nach kirchlichem Recht gibt es nicht. Eine Vollstreckung der Kostenforderung nach Maßgabe des Kirchenrechts wäre nicht möglich. Die Kostengrundentscheidung des Rechtshofs in seinem Urteil vom 28.11.2003 ist nicht nach kirchlichen Vorschriften vollsteckbar, weil es keine kirchenrechtliche Regelung gibt, dass es sich insoweit um einen Vollstreckungstitel handelt. Dies gilt auch für die Kostenrechnung des Urkundsbeamten vom 18.05.2004.

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Die Eröffnung des staatlichen Rechtswegs lässt sich hier auch nicht mit dem Hinweis darauf verneinen, es gebe eine unmittelbar aus der Körperschaftsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV folgende Befugnis der Kirche, sich selbst durch eine entsprechende kirchenrechtliche Vorschrift einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen. Die Kirche hat bezogen auf die Gerichtsgebühren keine rechtliche Möglichkeit, selbst Regelungen zur Durchsetzung ihrer Forderung zu schaffen. Trotz der anzuerkennenden Gestaltungsbefugnisse der Kirche im Rahmen des garantierten Selbstbestimmungsrechts bleibt das Gewaltmonopol des Staates grundsätzlich unangetastet. Da der Staat Inhaber des Gewaltmonopols und damit ausschließlich zur Ausübung von Zwang im Wege der Vollstreckung berechtigt ist, kann auch nur das staatliche Recht bestimmen, was ein Vollstreckungstitel ist. Ausnahmen hiervon bedürften einer ausdrücklichen, rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden, gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die weder in Art. 137 Abs. 5 WRV gesehen werden kann, noch anderweitig ersichtlich ist. Folglich kann das Kirchenrecht nicht bestimmen, was ein Vollstreckungstitel i.S.d. staatlichen Rechtsordnung ist. Die Konföderation kann sich somit nach Kirchenrecht keine eigenen Vollstreckungstitel mit Wirkung für den staatlichen Rechtskreis schaffen (vgl. Ehlers „Rechtsfragen der Vollstreckung kirchlicher Gerichtsentscheidungen“, ZevKR 49 (2004), S. 496, 501, 506). Daran ändert auch die Generalverweisung des § 80 ReHO auf die im Lande Niedersachsen geltenden Vorschriften über das Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten, also auch auf die staatlichen Vollstreckungsvorschriften (z.B. §§ 167 - 172 VwGO) nichts, weil die ReHO als kirchliches Recht das staatliche Recht nicht modifizieren kann (vgl. Ehlers a.a.O., S. 502). Die Argumentation des Beklagten, dass die Konföderation die Durchsetzung der Gerichtsgebührenforderung ausschließlich durch eine rein kircheninterne Regelung erreichen müsse, kann deshalb nicht überzeugen.

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Die Zulässigkeit des staatlichen Rechtsweges ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin im Schrifts. v. I. damit unmittelbar aus der staatlichen Justizgewährungspflicht und nicht etwa aus Art. 13 Abs. 3 des Loccumer Vertrages oder aus dem kirchenrechtlichen § 1 Gebührenvollstreckungsgesetz der Konföderation vom 22.09.1986 (KABl. S. 152) - im Folg.: GebVollstrG - , weil dort nur eine Zuweisung zur staatlichen Verwaltungsvollstreckung und nicht zu den staatlichen Gerichten erfolgt.

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Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 VwGO vorliegen, bedarf es hier nicht, weil der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Springe vom 10.01.2007 hinsichtlich des Rechtsweges gem. § 17a Abs. 2 S. 3 GVG bindend ist.

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Nach § 61 Nr. 1 VwGO ist der Beklagte als natürliche Person beteiligungsfähig. Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 des Konföderationsvertrages ein kirchenrechtlicher Verband und selbst eine Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV. Sie ist damit als juristische Person ebenfalls beteiligungsfähig gemäß § 61 Nr. 1 VwGO.

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Die Prozessfähigkeit des Beklagten als nach bürgerlichem Recht geschäftsfähiger Person folgt aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Für die klagende Konföderation handeln nach § 62 Abs. 3 VwGO ihre gesetzlichen Vertreter, Vorstände oder besondere Beauftragte. Hier lässt sich die Klägerin gem. ihrer Vollmacht vom J. bzw. vom K. durch zwei Kirchenbeamte vertreten. Soweit der Beklagte geltend macht, dass die Klägerin im vorliegenden Prozess nicht ordnungsgemäß vertreten sei, greift sein Einwand nicht, weil er auf den Rechtshof als Kläger und nicht auf die Konföderation als Klägerin abstellt.

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Die Klage ist auch ordnungsgemäß erhoben worden, insbesondere hinsichtlich der im Rahmen der Schriftlichkeit der Klageerhebung gemäß § 81 Abs. 1 Satz1 VwGO erforderlichen Unterschrift von der zuständigen Person (vgl. Kopp/Schenke VwGO Komm. 13. Aufl. 2003, § 81 Rn. 5). Vorliegend ist der das streitige Verfahren einleitende Schriftsatz vom L. und die Klagebegründungsschrift vom M. nur vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben worden. Jedoch liegt inzwischen auch eine vom Vorsitzenden des Rates der Konföderation und des Stellvertreters der Geschäftsstelle unterzeichnete und damit den Anforderungen des § 12 des Konföderationsvertrages genügende Vollmacht vom J. bzw. vom K. vor, mit der zwei Kirchenbeamte bevollmächtigt werden, in dem Rechtsstreit des Rechtshofes der Konföderation gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht Springe, die Interessen der Klägerpartei zu vertreten und Erklärungen abzugeben. Die Rüge des Beklagten, es liege keine ordnungsgemäße Klageerhebung vor, greift deshalb nicht durch.

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Die Klage ist, da sie auf die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Geldbetrages gerichtet ist, als allgemeine Leistungsklage statthaft.

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Es fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin ihr prozessual verfolgtes Ziel auf andere Weise einfacher und schneller erreichen könnte. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere nicht deshalb, weil die kirchengerichtliche Kostenentscheidung nach staatlichem Recht vollstreckbar wäre.

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Es gibt keine Vollstreckungsmöglichkeiten nach staatskirchenvertraglichen Rechts- bzw. Amtshilfebestimmungen. Die Regelung des Art. 13 Abs. 3 des Loccumer Vertrages greift hier nicht zu Gunsten der Klägerin. Nach dieser Vorschrift, die aufgrund des Transformationsgesetz des Landes Niedersachsen vom 18.04.1955 eine landesgesetzliche Regelung darstellt, wird die Vollstreckung der kirchlichen Gebühren, soweit sie der Vollstreckung im Verwaltungswege unterliegen, auf Antrag der beteiligten Kirchen den Landesbehörden oder, wenn die Gemeinden (Kreise) zustimmen, diesen übertragen. Dabei handelt es sich um eine Amtshilferegelung. Das Gericht folgt der Auffassung des Beklagten, Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag erfasse nur die bei der Erhebung und Vollstreckung von Steuern und Friedhofsgebühren anfallenden Gebühren. Dies ergibt sich daraus, dass die in Rede stehende Vorschrift im systematischen Zusammenhang mit Art. 12 Loccumer Vertrag steht, der das Recht der Kirche und Kirchengemeinden auf Erhebung von Kirchensteuern regelt. Außerdem regelt Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag die Vollstreckung der kirchlichen Gebühren, „soweit sie der Vollstreckung im Verwaltungswege unterliegen“. Im Hinblick darauf, dass für den Bereich der Kirchensteuern durch § 15 KiStRG und für den Bereich der Friedhofsgebühren durch § 17 BestattG ausdrücklich eine landesgesetzliche Zuweisung der Vollstreckung an die Finanzämter bzw. Gemeinden erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass auch für den Bereich der kirchengerichtlichen Gebühren eine solche gesonderte landesgesetzliche Zuweisung der Verwaltungsvollstreckung an eine Verwaltungsbehörde erforderlich wäre und sich die Möglichkeit der Vollstreckung im Verwaltungswege nicht bereits unmittelbar aus Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag ergibt. Eine entsprechende landesgesetzliche Regelung ist jedoch für die Vollstreckung kirchengerichtlicher Gebühren nicht ersichtlich (vgl. hierzu Ehlers in Handbuch des Staatskirchenrechts, 2. Aufl. 1995, S. 1129 f.).

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Die erforderliche landesgesetzliche Zuweisung der Vollstreckung kann auch nicht in § 1 Abs. 1 NVwVG gesehen werden. Denn selbst wenn man bei großzügiger Auslegung die Kostenrechnung vom 18.05.2004 als Leistungsbescheid im Sinne dieser Vorschrift ansehen wollte, und berücksichtigt, dass es sich bei der Konföderation gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 des Konföderationsvertrages um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt, so untersteht diese jedoch zumindest in dem hier relevanten kirchengerichtlichen Bereich, der dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV zuzurechnen ist, entgegen der tatbestandlichen Vorgabe des § 1 Abs. 1 NVwVG nicht der Aufsicht des Landes.

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Eine Vollstreckungsmöglichkeit eröffnet auch nicht § 1 GebVollstrG. Ein Kirchengesetz wie das GebVollstrG kann Gebühren nicht aus sich heraus der Verwaltungsvollstreckung in dem von Art. 13 Abs. 3 Loccumer Vertrag gemeinten Sinne unterwerfen. Dies könnte nur durch ein staatliches Gesetz geschehen, das hier aber nicht vorliegt. Insofern kann das kirchliche GebVollstrG in § 1 letzter Halbsatz nur deklaratorisch auf diejenigen Gebühren verweisen, die bereits durch Landesgesetz der staatlichen Vollstreckung zugewiesen sind.

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Es bestehen hier auch keine Vollstreckungsmöglichkeiten nach anderen staatlichen Regelungen. Um nach staatlichen Vollstreckungsregelungen vollstreckt werden zu können, müsste die kirchengerichtliche Kostenentscheidung ein vom staatlichen Recht anerkannter Vollstreckungstitel sein. § 168 Abs. 1 VwGO lässt eine Vollstreckung zu aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen (Nr. 1), aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (Nr. 4) und aus vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen (Nr. 5), sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist. Unter Gerichtsentscheidungen im Sinne der VwGO sind jedoch nur Titel staatlicher Gerichte zu verstehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Komm. 15. Aufl. 2007 § 168 Rn. 3; Ehlers, ZevKR 49 (2004), S. 503). Da die evangelischen Kirchen in Niedersachsen jedoch nicht in den Staat inkorporiert sind und ihre Aufgaben und Befugnisse nicht vom Staat ableiten, sondern dem Staat vielmehr als Grundrechtsträger gegenüberstehen (vgl. BVerfGE 42, S. 312, 321f; 102, S. 270, 388), stellen Kirchengerichte keine staatlichen Gerichte dar (vgl. Ehlers a.a.O. S. 502 f.).

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An einem Kostenfestsetzungsbeschluss fehlt es hier. Außerdem fallen unter "Kostenfestsetzungsbeschlüsse" im Sinne der VwGO nur solche Beschlüsse, die im staatlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, also nach § 164 VwGO oder nach den Vorschriften des GKG ergangen sind (vgl. Ehlers a.a.O; Kopp/Schenke VwGO § 168 Rn. 6).

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Die kirchengerichtliche Entscheidung ist auch nicht etwa als schiedsgerichtliche Entscheidung anzusehen. Denn Schiedsgerichte zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Gerichtsbarkeit auf Streitigkeiten zwischen Verbandsangehörigen, Verbandsorganen oder zwischen einem Verbandsmitglied und einem Organ erstreckt, grundsätzlich aber nicht auf Streitigkeiten zwischen einem Nichtmitglied und dem Verband (Ehlers a.a.O. S. 504 m.w.N.). Vor den Kirchengerichten können aber auch Außenstehende oder Nichtmitglieder als Beteiligte auftreten, wie im vorliegenden Fall der Beklagte, der Kirchenbeamter der EKD ist. Kirchengerichte sind damit eine nichtstaatliche Gerichtsbarkeit sui generis (vgl. Thiele, Zur Vollstreckbarkeit kirchengerichtlicher Kostenfestsetzungsbeschlüsse, in: Dill/Reimers/Thiele (Hrsg.), Im Dienste der Sache, Liber amicorum für Joachim Gärtner, 2003, S. 675). Ist somit die kirchengerichtliche Kostenentscheidung nicht als Vollstreckungstitel im Sinne der VwGO zu qualifizieren, besteht auch insoweit keine vorrangige Rechtsschutzmöglichkeit.

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Die Klägerin kann auch nicht Rechtshilfe der staatlichen Gerichte zur Vollstreckung ihrer Forderung in Anspruch nehmen. (Eine solche Fallkonstellation lag dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 20.10.1998, 13 O 3662/98 zugrunde, bei der die klagende Religionsgemeinschaft die Durchsetzung einer kirchengerichtlichen Entscheidung im Wege der staatlichen Vollstreckungshilfe begehrt hatte). Auch der in Art. 35 GG normierte Grundsatz der Rechts- und Amtshilfe, der durch verschiedene Vorschriften zur Rechts- und Amtshilfe wie z.B. § 14 VwGO, 156 ff GVG, näher ausgeformt wurde, greift vorliegend nicht vorrangig vor der hier angestrebten Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der kirchengerichtlich festgesetzten Kosten im Rahmen der Leistungsklage ein. Denn der mit diesen Regelungen geschaffene Rechts- und Amtshilfeverbund soll die Einheit der Staatsgewalt realisieren (vgl. BVerfGE 7, S. 183, 190). Da die evangelischen Kirchen jedoch nicht in den Staat inkorporiert sind, sind die kirchlichen Gerichte auch nicht Stellen des Bundes und der Länder i.S.d. Art. 35 GG oder staatliche Gerichte i.S.d. Bestimmungen der staatlichen Gerichtsgesetze, so dass die Rechts- und Amtshilfevorschriften nicht eingreifen (so im Ergebnis auch das OVG NRW Beschl. v. 28.03.2002, 5 E 286/01, ZevKR 48 (2003), S. 342 f.).

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Die Klägerin kann auch nicht unter dem Gesichtpunkt der Justizgewährungspflicht die Vollstreckung ihres Kostenerstattungsanspruchs durch staatliche Gerichte durchsetzen. Unter Berufung auf die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip sowie Art. 92 GG ergebende allgemeine Justizgewährungspflicht des Staates ist in der Literatur vertreten worden, dass die Kirchen jenseits der gesetzlichen oder staatskirchenvertraglichen Bestimmungen ausnahmsweise ein subjektives Recht auf staatliche Rechts- oder Amtshilfe bei der Vollstreckung ihrer Entscheidungen haben müssten. Da es nur noch um die Durchsetzung der Rechtsfolgen eines internen, aber materiell-rechtlich abgeschlossenen Entscheidungsprozesses gehe, welche im Wege der Kirchengerichtsbarkeit nicht mehr erfolgen könne, müsse der Staat seinen Rechtsschutz zur Verfügung stellen (vgl. Thiele, in: Dill/Reimers/Thiele S. 678 f.).

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Dem kann nicht gefolgt werden. Denn die Justizgewährungspflicht erfordert nur, dass überhaupt staatlicher effektiver Rechtsschutz gewährt wird. Dies bedeutet nicht, dass dem Staat eine Garantenstellung für eine Effektuierung des kirchengerichtlichen Rechtsschutzes obliegen würde (vgl. OVG NRW Beschl. v. 28.03.2002, 5 E 286/01, ZevKR 48 (2003), 342 f.). Daher genügt es auch im vorliegenden Fall, dass die Konföderation Gelegenheit hat, ihren Anspruch auf Zahlung der Gerichtskosten dergestalt durchzusetzen, dass sie sich vor den staatlichen Gerichten hinsichtlich ihres materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Kostenpflichtigen des kirchengerichtlichen Verfahrens zunächst einen (staatlichen) gerichtlichen Titel verschafft, den sie dann vollstrecken lässt (vgl. OVG NRW a.a.O; Ehlers a.a.O. S. 510). Somit erfordert die Justizgewährungspflicht des Staates lediglich, dass auch die Kirche die Möglichkeit haben muss, zur Durchsetzung ihrer zuvor kirchengerichtlich festgestellten Ansprüche die staatlichen Gerichte anzurufen. Eine unmittelbare Pflicht des Staates, die kirchengerichtlichen Entscheidungen für vollstreckbar zu erklären oder gar selbst zu vollstrecken, besteht jedoch nicht. Daher führt auch dieser Gesichtspunkt nicht zur Versagung des Rechtsschutzbedürfnisses.

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Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der in dem kirchengerichtlichen Verfahren vor dem Rechtshof entstandenen Gebühren i.H.v. 1.190,-- €.

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Die Ansicht der Klägerin, dass Art. 13 Abs. 3 des Loccumer Vertrages die Rechtsgrundlage des mit der Klage verfolgten Zahlungsanspruchs gegen den Beklagten sei, geht allerdings fehl. Vielmehr beruht der Anspruch auf Kostenerstattung auf einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung, innerhalb der die Regelungen der Rechtshofordnung - hier insbesondere § 77 ReHO - gelten sollen.

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Da der Beklagte als Kirchenbeamter der EKD nicht einer Mitgliedskirche der Konföderation angehörte, bedurfte es einer besonderen Begründung einer Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Beklagten, innerhalb derer die ReHO das rechtliche Verhältnis zwischen der Konföderation und dem Beklagten regelt. Insofern kommt das Rechtsinstitut einer schuldrechtsähnlichen öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung (vgl. hierzu Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Band 2, 6. Aufl. 2000, § 55 Rn. 3 ff.) in Betracht. Eine solche kann entstehen, wenn innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses auch schuldrechtsähnliche Leistungsbeziehungen begründet werden und die Eigenart des öffentlichen Rechts nicht entgegensteht. Dann sind schuldrechtliche Regelungen, insbesondere auch die §§ 280 ff. BGB, anwendbar (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 280 Rn. 10 m.w.N.).

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In diesem Fall ist durch die Anrufung des Rechtshofs seitens des Beklagten ein Kirchenprozessrechtsverhältnisses begründet worden, das als öffentlich-rechtliche Sonderverbindung bezeichnet werden kann, innerhalb der die Regelungen der ReHO gelten sollen.

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Sofern wegen des schuldrechtsähnlichen Charakters einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung zu seiner Begründung eine Willenserklärung des Klägers erforderlich ist, sind die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden. Entscheidend ist demnach, wie der Empfänger die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen durfte. (vgl. hierzu Heinrichs, a.a.O. § 133 Rn. 4 m.w.N.). Hier ist aus der Sicht der Konföderation mit der Anrufung ihres Rechtshofs durch den jetzigen Beklagten konkludent die Willenserklärung abgegeben worden, eine Klärung des kirchenbeamtenrechtlichen Stellenbesetzungsstreits mit der Konföderation nach den Bestimmungen der ReHO in Form einer kirchengerichtlichen Entscheidung herbeiführen und daneben auch das entsprechende Prozesskostenrisiko tragen zu wollen. Dem Schriftsatz der Klägerin vom I. ist zu entnehmen, dass sie das Verhalten des Beklagten im kirchengerichtlichen Verfahren auch so verstanden hatte. Da der Rechtshof der Konföderation diesen Rechtsstreit daraufhin auch durchgeführt hat, liegen hier übereinstimmende Willenserklärungen vor. Aus § 77 Abs. 1 und 4 ReHO ergibt sich, dass die im Verfahren vor dem Rechthof unterlegene Partei in der Regel (im Rahmen der Billigkeitsentscheidung des Gerichts) nach entsprechender Entscheidung des Gerichts auch die Gerichtskosten zu tragen hat. Darin ist, weil mit den Kirchengerichtsgebühren auch eine vermögenswerte Leistung geschuldet wird, eine schuldrechtsähnliche Leistungsverpflichtung innerhalb des im Übrigen im Wesentlichen öffentlich-rechtlich ausgestalteten Kirchenprozessrechtsverhältnisses zu sehen.

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Damit liegt hier eine öffentlich-rechtliche Sonderverbindung vor, innerhalb der die ReHO gelten soll und die in Bezug auf die Verpflichtung des Klägers des kirchengerichtlichen Verfahrens (hier also des Beklagten) zur Zahlung der Kirchengerichtsgebühren schuldrechtsähnlichen Charakter aufweist. Der Einwand des Beklagten, sich mit der Anrufung des Rechtshofs jedenfalls deshalb nicht automatisch den Bestimmungen der ReHO unterworfen zu haben, weil er nicht Beamter einer der konföderierten Kirchen sei, greift deshalb nicht durch. Vielmehr ist die ReHO innerhalb dieses Rechtsverhältnisses die verbindliche Rechtsgrundlage für die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Rechtshof und dem Kläger, dem jetzigen Beklagten.

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Die Kostenforderung kann sich damit auf § 77 Abs. 1 und Abs.4 ReHO i.V.m. den in Bezug genommenen staatlichen Vorschriften - hier § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen hat - stützen. Weder die kirchengerichtliche Kostengrundentscheidung, durch die dem Beklagten die in Rede stehenden Kosten auferlegt wurden, noch die kirchenrechtlichen Bestimmungen der ReHO, auf die sich die Kostengrundentscheidung stützt, unterliegen einer vollumfänglichen Kontrolle staatlicher Gerichte. Das Gericht hat nicht etwa zu prüfen, ob das Urteil des Rechtshofs vom 28.11.2003 (Konf R 4/03), durch das die Klage des Beklagten abgewiesen und ihm die Kosten des Verfahrens vor dem Rechtshof auferlegt worden sind, zu Recht ergangen ist, und auch einer Kontrolle der insoweit angewendeten kirchenrechtlichen Bestimmungen sind dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht Grenzen gesetzt. Allerdings sind sie der Überprüfung durch das Gericht auch nicht gänzlich entzogen. Soweit bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts kirchliche Rechtsakte zugrunde zu legen und dabei auch kirchliche Rechtsnormen anzuwenden und auszulegen sind, ist nämlich zu prüfen, ob sich die kirchlichen Rechtsakte und das einschlägige Kirchenrecht in den Grenzen halten, die ihnen gemäß Art. 137 Abs. 3 WRV vom staatlichen Recht gezogen worden sind (vgl. Weber, NVwZ 1989, S. 2217, 2224; Goos, ZBR 2004, S. 159, 169). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für den Bereich des kirchlichen Arbeitrechts ist beispielsweise die Anerkennung eines vorangegangenen kirchlichen Rechtsaktes nur dann ausgeschlossen, wenn dieser im Widerspruch stünde zu Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), sowie in dem Begriff der guten Sitten (§ 138 BGB) und des ordre public (Art. 6 bzw. 30 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben (BVerfGE 70, S. 138, 168). Ähnliches soll auch für den Bereich des kirchlichen Amtsrechts im Sinne von Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV gelten, innerhalb dessen die kirchlichen Entscheidungen autonom und nur im Falle eines Verstoßes gegen das allgemeine Willkürverbot zu überprüfen seien (vgl. auch BGH, Urt. v. 28.03.2003, a.a.O.). Für den Bereich der Erhebung kirchlicher Friedhofsgebühren wird insofern z.B. vom OVG Hamburg (Urt. v. 25.01.1983, OVG Bf.VI 75/81, KirchE 21, S. 19 f.) als Ausfluss des Art. 20 Abs. 3 GG auch die Einhaltung der rechtsstaatlichen Mindestanforderungen wie etwa das Bestehen einer Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Kirchenverwaltungsakten verlangt, damit der Eingriff für den Betroffenen voraussehbar und berechenbar ist.

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Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab bestehen keine Bedenken daran, dass die Kostengrundentscheidung in einem kirchengerichtlichen Verfahren zustande gekommen ist, das mit den Grundprinzipien der Rechtsordnung übereinstimmt. Die der Kostenentscheidung des Rechtshofs zugrunde gelegte kirchenrechtliche Vorschriften des § 77 ReHO ist formell und materiell wirksam. Die ReHO wurde im KABl. 1973, S. 217 ff bzw. deren Änderung im KABl. 2002, S. 240 ff. öffentlich bekannt gemacht. Die ReHO bedarf auch nicht einer staatlichen Ermächtigungsgrundlage, weil das kirchengerichtliche Verfahren einschließlich des zugehörigen kirchengerichtlichen Gebührenrechts in den Bereich des durch Art 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 gewährleisteten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen fällt. Während das Recht auf Schaffung einer Kirchengerichtsbarkeit dem unantastbaren Kernbestand des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen zugerechnet wird, zählt das Recht der Gebührenerhebung immerhin noch zu dem sogenannten Privilegienbündel, also zu den mit dem Korporationsstatus verbundenen Rechten (vgl. von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 2. Aufl., § 18 VIII.). Die Befugnis zur Erhebung kirchlicher Gebühren, so auch hier der kirchengerichtlichen Gebühren, ist daher kraft der öffentlich-rechtlichen Körperschaftsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 5 WRV anerkannt (vgl. hierzu Mainusch „Grundfragen des kirchlichen Gebührenrechts“, ZevKR 43 (1998), S. 297, 299ff, 304 ff.).

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Nach den Regelungen der Rechtshofordnung ist der Beklagte zur Gebührenzahlung verpflichtet. § 77 Abs. 1 S. 1 ReHO verweist zur Erhebung der kirchengerichtlichen Gerichtskosten auf die im Lande Niedersachsen geltenden staatlichen Vorschriften. Dies ist als dynamische Verweisung zu verstehen, so dass vorliegend das GKG in der bis zum April 2004 geltenden Fassung in Bezug genommen ist. Nach § 77 Abs. 1 S. 1 ReHO werden in Verwaltungssachen Gerichtskosten erhoben. Nach § 77 Abs. 4 ReHO entscheidet der Rechtshof in der Endentscheidung unter Berücksichtigung der Entscheidung in der Hautsache nach billigem Ermessen über die Verteilung der Gerichtskosten auf die Parteien. Diese Entscheidung ist in dem Urteil des Rechtshofs (Konf R 4/03) vom 28.11.2003 dahingehend getroffen worden, dass der Kläger des dortigen kirchengerichtlichen Verfahrens - also der Beklagte in diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren - die Kosten des kirchengerichtlichen Verfahrens zu tragen hat. Gegen dieses Urteil in der Hauptsache hat der Beklagte ein Rechtsmittel (hier die nach § 65 ReHO grundsätzlich statthafte Revision zum Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands) nicht eingelegt. Damit ist das Urteil des Rechtshofs vom 28.11.2003 rechtskräftig geworden, so dass auch die dort getroffene Kostenlastentscheidung nicht mehr in Frage steht.

49

Auch weitere Einwände des Beklagten gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung dem Grunde nach greifen nicht durch. So rügt der Beklagte ohne Erfolg, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Die Aktivlegitimation ist zu bejahen, weil die Klägerin die geltend gemachte Leistung kraft materiellen Rechts vom Beklagten verlangen kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, a.a.O., Vorb. § 40 RdNr. 28). Die Konföderation ist als Rechtsträgerin des Rechtshofs, der hier die Kostengrundentscheidung getroffen hat, Inhaber der Forderung. Der Rechtshof ist lediglich eine Einrichtung der Konföderation und handelt insofern für seine Rechtsträgerin, die folglich auch bezüglich der geforderten Gerichtskosten Anspruchsinhaberin und damit auch aktiv legitimiert ist. Dass die Klägerin hier beantragt hat, den Beklagten zur Zahlung an die Landeskirchenkasse zu verurteilen, ist nach dem entsprechenden Vortrag der Klägerin dem innerorganisatorischen Umstand geschuldet, dass in den Haushaltsplänen der Konföderation regelmäßig das Landeskirchenamt Hannover mit der Kassenführung und Rechnungslegung beauftragt wird. Dies ändert aber nichts an der Anspruchsinhaberschaft der Konföderation.

50

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Kosten ist auch nicht verjährt. Nach § 77 Abs. 1 ReHO i.V.m. § 10 Abs. 1 GKG a.F. verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GKG a. F. sind auf die Verjährung die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird gem. § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Leistungsklage ist hier am N. erhoben worden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Forderung noch nicht verjährt war. Seit diesem Zeitpunkt ist die Verjährung gehemmt, so dass Verjährung nicht eingetreten ist.

51

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom O. die Zahlung der Gebührenforderung mit dem Hinweis darauf verweigert hatte, die Vorsitzende des Rechtshofs habe noch keine abschließende Entscheidung nach § 77 Abs. 7 Satz 2 ReHO getroffen, obwohl er mit seinem Schreiben vom P. einen entsprechenden Antrag gestellt habe, hat der Beklagte diesen Einwand nicht aufrechterhalten.

52

Der Anspruch der Klägerin besteht auch der Höhe nach. Die Gerichtskosten werden nach § 77 Abs. 1 S. 1 ReHO nach Maßgabe der im Lande Niedersachsen geltenden staatlichen Vorschriften, hier also nach § 11 GKG a.F. erhoben. Nach § 11 Abs. 1 GKG a.F. werden Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Nach Abs. 2 richten sich die Gebühren dabei nach dem Wert des Streitgegenstandes (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung ist hier nicht ersichtlich. Der Streitwert bestimmte sich nach § 13 Abs. 4 GKG a.F. nach dem Endgrundgehalt zuzüglich ruhegehaltsfähiger Zulagen des von dem Kläger begehrten Amtes. Dabei betrug der Streitwert nach § 13 Abs. 4 S. 2 GKG a.F. die Hälfte des nach § 13 Abs. 4 S. 1 Buchst. a) GKG a.F. ermittelten Betrages. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung war nach § 15 GKG a.F. bezogen auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift, also auf den Q. durchzuführen. Nach den Angaben des zuständigen Kirchenkreisamtes Ronnenberg vom R. betrug das maßgebliche Endgrundgehalt nach BesGr. A 14 seinerzeit 4.260,90 €, wobei Zulagen nicht zu berücksichtigen waren. Somit ergab sich nach § 13 Abs. 4 S. 1 Buchst a) GKG a.F. zunächst ein Betrag i.H.v. (13 x 4.260,90 € =) 55.391,70 €, der gem. § 13 Abs. 4 S. 2 GKG a.F. auf 27.695,85 € zu halbieren war. Folglich betrug die einfache Gebühr nach der Anlage 2 zum GKG 340,-- €. Nach KV-Nr. 2110 und 2115 fielen für das Verfahren im Allgemeinen eine 1,0-fache Gebühr und für das vom Rechtshof gefällte Urteil eine 2,5-fache Gebühr an, zusammen also (340,-- € x 3,5 =) 1.190,-- €.

53

Somit kann die Klägerin von dem Beklagten zu Recht die Zahlung der kirchengerichtlichen Gebühren i.H.v. 1.190,-- € verlangen.

54

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf § 167 VwGO.

55

Das Gericht hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

 


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