Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 5912/08
Tatbestand
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Die Klägerin besuchte bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008 das beklagte B.-Gymnasium in C. und nahm dort im Frühjahr 2008 an der Abiturprüfung teil.
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Nachdem sie in Block III als Leistungen aus dem vierten Schulhalbjahr im ersten Prüfungsfach Biologie 5 Punkte und im zweiten Prüfungsfach Mathematik 7 Punkte in die Gesamtqualifikation eingebracht hatte, waren ihre schriftlichen Prüfungsleistungen im ersten Prüfungsfach Biologie mit 2 Punkten und im zweiten Prüfungsfach Mathematik mit 1 Punkt bewertet worden. In der am Nachmittag des 23. Juni 2008 durchgeführten zusätzlichen mündliche Prüfung im zweiten Prüfungsfach erzielte die Klägerin 8 Punkte, so dass sie im Prüfungsfach Mathematik nur insgesamt 17 Punkte in Block III erreichte.
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Am Vormittag des 23. Juni 2008 fand die von der Abiturprüfungskommission beschlossene zusätzliche mündliche Prüfung in dem ersten Prüfungsfach Biologie statt. Den Vorsitz dieser mündlichen Prüfung hatte der Vorsitzende der Prüfungskommission Studiendirektor D. übernommen. Im Übrigen war der Fachprüfungsausschuss mit der Fachprüfungsleiterin Studienrätin E., dem Prüfer Studienrat F. und der Protokollführerin Studienrätin G. besetzt. Als Zuhörerin war als Tutorin der Klägerin die Studienrätin H. anwesend.
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Der Fachprüfungsausschuss bewertete die aus zwei Aufgabenteilen bestehende Prüfungsleistung der Klägerin mit der Note 8 Punkten, wobei er ausweislich des Prüfungsprotokolls für die Lösung der ersten Aufgabe 9 bis 10 Punkte und der zweiten Aufgabe 5 Punkte vergab. Das Prüfungsprotokoll enthält ferner die von der Studienrätin G. vorgenommenen Eintragungen „Prüfungsbeginn: 10.15 Uhr“ und „Schluss: 10.35 Uhr“.
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Mit Bescheid vom 24. Juni 2008 gab der Beklagte der Klägerin bekannt, dass sie die Abiturprüfung nicht bestanden habe, weil sie weder im ersten noch im zweiten Prüfungsfach des Blocks III der Abiturprüfung jeweils mindestens 20 Punkte erzielt, sondern in beiden Fächern nur jeweils 17 Punkte erreicht habe.
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Die Klägerin erhob am 24. Juni 2008 Widerspruch. Zur Begründung machte sie geltend, dass sie am Vortag im ersten Prüfungsfach Biologie nicht ordnungsgemäß geprüft worden sei. Einerseits habe die mündliche Prüfung nicht mindestens 20 Minuten gedauert. Da dem Prüfer klar gewesen sei, dass sie mindestens 11 Punkte brauchen würde, um das Abitur zu bestehen, hätte dieser die Prüfung nicht auf einen Zeitraum von weniger als 20 Minuten beschränken dürfen. Für ihn habe aber das Ergebnis schon vor der Prüfung festgestanden, denn er habe bereits bei Ausgabe des Halbjahreszeugnisses erklärt, dass sie eine Achtpunktekandidatin sei und nie darüber hinaus käme. Außerdem habe er in der Prüfung ständig Äußerungen wie „wunderbar, wunderbar, wunderbar“ und „okay“ gemacht, was die Frage aufwerfe, warum er sie dann bereits nach 18 Minuten aus der Prüfung entlassen habe.
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Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29. September 2008 legte die Klägerin als „Eidesstattliche Erklärungen“ bezeichnete Zeugenerklärungen der Zeuginnen K. L. und M. N., der Mutter der Klägerin, vor. In diesen Erklärungen heißt es, dass die Klägerin um 10.15 Uhr in Begleitung einer Lehrerin in den Prüfungssaal gegangen sei. Sie, die Zeuginnen, seien ihr gefolgt und hätten sich auf die vor dem Saal befindliche Treppe gesetzt und auf die Uhr geschaut. Es sei 10.16 Uhr gewesen, als die Klägerin in den Prüfungssaal betreten habe. Als die Tür vom Prüfungssaal wieder aufgegangen und die Klägerin herausgekommen sei, sei es 10.34 Uhr gewesen.
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Die Prüfungskommission des Beklagten beschloss am 15. September 2009 sinngemäß, dem Widerspruch nicht abzuhelfen. Die Landesschulbehörde wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2008 als unbegründet zurück.
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Mit der am 2. Dezember 2008 erhobenen Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf Wiederholung der zusätzlichen mündlichen Prüfung im Prüfungsfach Biologie geltend.
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Sie trägt vor, dass sie am 23. Juni 2008 um 9.45 Uhr in den Vorbereitungsraum gegangen sei und dort einen Umschlag mit ihren Prüfungsmaterialien erhalten habe. Danach habe sie eine halbe Stunde Zeit gehabt, um die Materialien durchzuarbeiten. Im Anschluss an die halbstündige Vorbereitung habe Frau G. sie um 10.15 Uhr von in den Prüfungsraum begleitet. Um dorthin zu gelangen, habe sie erneut am Sekretariat vorbei und eine Treppe hinuntergehen müssen. Dann hätten Frau G. und sie den Prüfungsraum betreten und die Prüfung habe nach der Begrüßung begonnen. Die Prüfung sei sehr harmonisch verlaufen, und sie sei aufgrund ihrer guten Vorbereitung nicht aufgeregt gewesen. Weil sie zu allen Prüfungsfragen ein Antwort parat gehabt und der Prüfer dies immer mit Worten wie z.B. wunderbar, sehr gut und okay kommentiert habe, habe sie am Ende der Prüfung den Raum verlassen, ohne auf die Idee zu kommen, ihr Ziel nicht erreicht zu haben. Ihre Mutter und deren Freundin K. L. seien sehr erstaunt gewesen und meinten, dass sie nur eine gute Viertelstunde im Prüfungsraum gewesen sei. Sie hätten noch einmal auf die Uhr geschaut und es sei 10.34 Uhr gewesen. Da nicht sofort nach dem Eintritt in den Prüfungsraum mit der Prüfung begonnen worden sei, könne von einem Beginn der Prüfung um etwa 10.17 Uhr ausgegangen werden. Nach Abzug der Zeit für die Verabschiedung und das Verlassen des Raumes blieben nicht mehr als eine Viertelstunde Prüfungszeit übrig. Insoweit sei die Angabe in dem Prüfungsprotokoll nicht korrekt. Außerdem vertrete sie die Auffassung, dass ihr die längstmögliche Prüfungszeit von 30 Minuten hätte eingeräumt werden müssen, weil dem Prüfer klar gewesen sei, dass sie zum Bestehen des Abiturs 11 Punkte erzielen musste.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten über das Nichtbestehen der Abiturprüfung vom 24. Juni 2008 und den Widerspruchsbescheid der Landesschulbehörde vom 6. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über das Bestehen der Abiturprüfung im Schuljahr 2007/2008 nach Wiederholung der ergänzenden mündlichen Prüfung der Klägerin im Prüfungsfach Biologie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte weist darauf hin, dass das Protokoll über die mündliche Prüfung der Klägerin eine Prüfungszeit von 20 Minuten festhalte. Damit sei der nach Nr. 10.1 der Erg. Best. zu § 10 AVO-GOFAK vorgegebene Zeitrahmen einer mündlichen Prüfung eingehalten worden.
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Das Verwaltungsgericht hat am 12. März 2009 durch Vernehmung der Zeuginnen P. G., K. L. und M. N. über die Tatsache, dass sich die Klägerin zur Teilnahme an ihrer zusätzlichen mündlichen Prüfung im Prüfungsfach Biologie am 23. Juni 2008 nur für einen Zeitraum von 18 Minuten im Prüfungsraum der Beklagten aufgehalten hat, Beweis erhoben.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 12. März 2009 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten nimmt das Verwaltungsgericht auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Landesschulbehörde, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung des Beklagten über das Bestehen der Abiturprüfung des Schuljahres 2007/2008 nach Wiederholung der für die durchgeführten ergänzenden mündlichen Prüfung im Prüfungsfach Biologie.
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Nach Durchführung der Beweisaufnahme lässt sich nicht zu Gunsten der Klägerin feststellen, dass die Entscheidung des Beklagten über das Nichtbestehen der Abiturprüfung vom 24. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Landesschulbehörde vom 6. November 2008 rechtswidrig wäre und die Klägerin in ihren Rechten verletzte.
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Das Bestehen der Abiturprüfung des Jahres 2008 setzte nach § 15 Abs. 4 Satz 3 der Verordnung über die Abschlüsse in der gymnasialen Oberstufe, im Fachgymnasium, im Abendgymnasium und im Kolleg (AVO-GOFAK) in der auf die Prüfung in jenem Jahr noch anzuwendenden Fassung vom 19. Mai 2005 (Nds. GVBl. S. 169) voraus, dass in Block III der Abiturprüfung in mindestens drei Prüfungsfächern, darunter mindestens im ersten oder zweiten Prüfungsfach, jeweils mindestens 20 Punkte erreicht worden sind. Dieses Ziel hat die Klägerin mit dem von der Beklagten jeweils rechnerisch richtig ermittelten Ergebnis von jeweils 17 Punkten im ersten und zweiten Prüfungsfach nicht erreicht.
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Es lässt sich auch nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen, dass die am 23. Juni 2008 durchgeführte zusätzliche mündliche Prüfung im ersten Prüfungsfach Biologie im Zusammenhang mit der ihrer von der Klägerin beanstandeten Dauer an einem wesentlichen Verfahrensfehler litt, der sich auf das Prüfungsergebnis auswirken konnte und damit zur Rechtswidrigkeit der Nichtbestehensentscheidung des Gymnasiums geführt hätte.
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Die Dauer der mündlichen Abiturprüfung ist in Niedersachsen zwar nicht in einer Rechtsnorm geregelt, sondern wird den Fachprüfungsausschüssen nur in Nr. 10.1 Satz 1 der Ergänzenden Bestimmungen zur AVO-GOFAK (RdErl. des Nds. Kultusministeriums vom 19.5.2005, SVBl. S. 361, mit späteren Änderungen) vorgeschrieben. Danach soll in einer mündlichen Prüfung mindestens 20 und höchstens 30 Minuten geprüft werden, was dem Fachprüfungsausschuss einen Zeitrahmen eröffnete, in welchem er zu einem tragfähigen Urteil über die Benotung der mündlichen Prüfungsleistung gelangen darf. Die Ausschöpfung dieses Rahmen ist dabei allein von der jeweiligen Prüfungssituation und der darauf beruhenden Einschätzungslage der Prüfer abhängig. Die Klägerin kann daher nicht beanspruchen, dass dieser Zeitrahmen bis zu seiner Höchstdauer von 30 Minuten vollständig ausgeschöpft wird, weil sie im Fach Biologie - für den Fall des Nichterreichens von 20 Punkten im zweiten Prüfungsfach Mathematik - ein Prüfungsergebnis von mindestens 11 Punkten erzielen musste, um das Abitur zu bestehen.
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Soweit die Klägerin geltend macht, dass dieser Zeitrahmen in ihrem Fall nicht eingehalten worden ist, ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich nur wesentliche Verfahrensfehler zur Aufhebung einer im Klagewege angefochtenen Prüfungsentscheidung und einem Anspruch auf Wiederholung der Prüfung führen können. Wesentlich sind dabei nur solche Fehler im Prüfungsverfahren, die so schwerwiegend sind, dass sich ihrer Natur nach erfahrungsgemäß auf das Prüfungsergebnis auswirken können. Nur unbedeutende Abweichungen vom Prüfungsverfahrensrecht können dagegen nicht zur gerichtlichen Aufhebung einer Prüfungsentscheidung führen. Dieser Grundsatz findet sich in der prozessualen Regelung des in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO wieder, wonach das Verwaltungsgericht einen Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid nur aufhebt, wenn der Verwaltungsakt nicht nur rechtswidrig ist, sondern den Kläger dadurch auch in seinen Rechten verletzt.
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Für Verfahrensfehler in Gestalt der Abweichung von der vorgegebenen Mindest- oder Höchstdauer einer mündlichen Prüfung gilt dasselbe. Nur geringfügige Unter- oder Überschreitungen der vorgegebenen Prüfungsdauer wirken sich erfahrungsgemäß nicht auf die Verlässlichkeit des in der Prüfung gezeigten Leistungsbildes eines Prüflings aus und können daher allein noch nicht zur gerichtlichen Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen. So ist zum Beispiel die Überschreitung der höchstzulässigen Prüfungszeit von 12 Minuten um fünf Minuten nicht als wesentlich angesehen worden (Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29.5.2000, BayVBl. 2001 S. 751 f.), während eine Überschreitung der Prüfungszeit von 61 % (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.7.1991, VBlBW. 1992, S. 149) oder um 50 % (VG Hannover, Beschluss vom 17.12.2003 - 6 B 5940/02 -, JURIS) zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsentscheidung führt.
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Es sprechen allerdings ernsthafte Gründe dafür, bei einer Unterschreitung der vorgeschriebenen Prüfungszeit einen strengeren Maßstab an die Auslegung des Begriffs der „Geringfügigkeit“ anzulegen, denn anders als bei der die Gefahr der übermäßigen Belastung und Fehlerhäufung bergenden Überschreitung der Prüfungszeit besteht bei einer Verkürzung der Prüfungszeit eine weitaus größere Gefahr für eine chancenungleiche Verfälschung des Prüfungsergebnisses. Diese beruht darauf, dass der Prüfling - unabhängig von seinen individuellen Darstellungsfähigkeiten - generell nicht dieselbe Chance zum Nachweis seiner Kenntnisse, zur Korrektur oder zum Ausgleich seiner Aussagen oder Darlegung eines weiteren themenrelevanten Wissens erhält als andere Prüflinge. Daraus folgt nach Überzeugung des Gerichts, dass eine Unterschreitung der Mindestdauer einer mündlichen Abiturprüfung von 20 Minuten um mehr als 10 % einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellen kann, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass zum Vorgang des „Geprüftwerdens“ nach Nr. 10.1 Satz 1 der Ergänzenden Bestimmungen zur AVO-GOFAK nicht nur der reine Frage- und Antwortablauf zwischen dem Prüfer und dem Prüfling zählt, sondern auch die mit einer mündlichen Prüfung notwendigerweise verbundenen Formalien wie Begrüßung, Fragen nach der Prüfungsfähigkeit und dem Aufgabenverständnis, Verabschiedung usw..
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Im Fall der Klägerin hat die durchgeführte Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass bei ihrer zusätzlichen Prüfung im Fach Biologie am 23. Juni 2008 zwischen dem Betreten und dem Verlassen des Prüfungsraumes nur ein Zeitraum von exakt 18 Minuten verstrichen wäre. Dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin, wonach sie den Prüfungsraum um 10.16 Uhr betreten und um 10.34 Uhr wiederverlassen habe, steht zunächst die Beweiskraft des von der Studienrätin G. gefertigten und von den Mitgliedern des Fachprüfungsausschusses sowie dem bei der Prüfung anwesenden Vorsitzenden der Prüfungskommission unterzeichneten Prüfungsprotokolls entgegen, in welchem beurkundet worden ist, dass die Prüfung von 10.15 Uhr bis 10.35 Uhr stattgefunden hat. Die Niederschrift über die Abiturprüfung ist in § 24 AVO-GOFAK zwingend vorgeschrieben. Sie stellt damit eine öffentliche Urkunde dar und begründet nach § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 98 VwGO den vollen Beweis über die darin bezeugten Tatsachen und damit auch über Beginn und Ende der Prüfung.
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Zwar kann nach § 418 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 98 VwGO der Beweis der Unrichtigkeit der Urkunde geführt werden. Der Aussage der Zeugin P. G. können allerdings keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Niederschrift entnommen werden. Zwar kann nach ihrer Aussage davon ausgegangen werden, dass sich die Zeugin nicht mehr genau an die Uhrzeit des Beginns der mündlichen Prüfung der Klägerin erinnern kann, was angesichts des inzwischen verstrichenen Zeitraums nachvollziehbar ist. Insoweit hat die Zeugin glaubwürdig erklärt, dass sie bei mündlichen Prüfungen, bei denen ich als Protokollführerin eingesetzt ist, das Protokollformular vorbereitet und den Prüfungsbeginn einträgt, wenn der Prüfling in den Prüfungsraum gekommen ist und Platz genommen hat, und dass sie dies mit Sicherheit am 23. Juni 2008 auch so gemacht hat. Ferner hat die Zeugin ihr entsprechendes Verhalten als Protokollführerin erklärt, wenn es um den Schluss einer mündlichen Prüfung geht, zumal sich insoweit alle Mitglieder des Fachprüfungsausschusses in diesem Fall durch entsprechende Zeichen über das Erreichen der Prüfungszeit verständigen.
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Mit dem Ergebnis der Vernehmung der Zeuginnen K. L. und M. N. ist es der Klägerin zwar gelungen, die Richtigkeit der mit genau 20 Minuten in der Zeit von 10.15 bis 10.35 Uhr eingetragenen Prüfungsdauer zu erschüttern. Allerdings hat die Beweisaufnahme in diesem Punkt auch nicht das sichere Ergebnis ergeben, dass sich die Klägerin höchstens 18 Minuten, nämlich genau von 10.16 bis 10.34 Uhr im Prüfungsraum aufgehalten hat, was zur Folge hätte, dass die Prüfungsdauer in diesem Fall tatsächlich um mehr als 10 %, also mehr als zwei Minuten unterschritten worden wäre:
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Den Aussagen der Zeuginnen K. L. und M. N. kann nur mit Sicherheit entnommen werden, dass beide Zeuginnen auf die Armbanduhr der Zeugin L. geschaut haben, als sich die Tür des Prüfungsraumes im Anschluss an die Prüfung der Klägerin öffnete, und dass beide dabei festgestellt haben, dass die Uhr 10.34 Uhr anzeigte. Dies mag mit der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung der Klägerin übereinstimmen, wonach die Vorsitzende des Fachprüfungsausschusses die Frage des Prüfers F., ob die Prüfungszeit bereits abgelaufen sei, nur nach anfänglichem Zögern bejaht habe. Damit wäre allerdings nur die Richtigkeit der Eintragung des Prüfungsendes mit 10.35 Uhr erschüttert, was aber bei einer Abweichung von nur einer Minute durchaus auf Ungenauigkeiten der Darstellung der Uhrzeit auf Armbanduhren beruhen kann.
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Entscheidend ist aber, dass die Beweisaufnahme keine zwingenden Anhaltspunkte für die Richtigkeit der weiteren Behauptung der Klägerin, es sei (bereits) 10.16 Uhr gewesen, als sie den Prüfungsraum betreten habe, und die damit behauptete Unrichtigkeit der Eintragung „Prüfungsbeginn 10.15 Uhr“ in der Prüfungsniederschrift erbracht hat. Denn die Zeugin L. hat bei ihrer Vernehmung ausdrücklich erklärt, dass sie nicht erneut auf ihre Armbanduhr geschaut hat, als oder nachdem sie mit der Mutter der Klägerin gegenüber der Tür zum Prüfungsraum auf den Treppenstufen Platz genommen hatte. Die Mutter der Klägerin, die Zeugin M. N., hat keine genaue Erinnerung mehr daran, was geschah, als oder nachdem sie sich mit ihrer Freundin auf die Treppenstufen gesetzt hatte. Sie hat hierzu erklärt, sie wisse nicht mehr, ob sie und Frau L. auf die Uhr sahen, als die Klägerin in den Prüfungsraum gegangen sei. Zwar hat die Zeugin N. sodann zunächst ausgesagt, sie hätten (beide) auf jeden Fall auf die Uhr geguckt, nachdem sie sich auf die Treppe gesetzt hatten, dann aber auf Nachfrage des Gerichts erklärt, sie könne sich heute nicht mehr genau daran erinnern, ob sie nach dem Hinsetzen auf die Uhr geschaut hätten, sie wisse nur noch, dass sie auf die Uhr von Frau L. geguckt hätten, als sich die Tür des Prüfungsraums wieder öffnete.
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Somit verbleibt allein der Umstand, dass die Zeugin K. L. nach vorangegangenen mehrfachen Blicken auf die Uhr beobachtet hat, dass es 10.15 Uhr war, als die Klägerin nach dem Verlassen des Vorbereitungsraumes an ihr vorbeiging, um die Treppe zum Prüfungsraum hinunter zu gehen, was allerdings die Zeugin M. N. nach ihrer Erinnerung aus eigener Feststellung nicht bestätigen kann. Da aber die Klägerin nach Aussage der Zeugin L. nur um einen kurzen Weg bis zum Prüfungsraum zurücklegen musste, zwingt die Beobachtung dieser Zeugin angesichts der schon oben erwähnten Ungenauigkeit der analogen oder digitalen Anzeige von Minutenschritten auf Armbanduhren nicht zu der Annahme, dass sich die Klägerin nur für höchstens 18 Minuten im Prüfungsraum aufgehalten hätte und die Eintragung in der Prüfungsniederschrift „Prüfungsbeginn 10.15 Uhr“ unrichtig wäre.
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Lässt sich jedoch angesichts der danach verbleibenden Unsicherheit darüber, wie lange sich die Klägerin tatsächlich zur mündlichen Prüfung in dem Prüfungsraum aufgehalten hat, nicht zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts feststellen, dass die Mindestdauer ihrer zusätzlichen mündlichen Prüfung im Fach Biologie von 20 Minuten um mehr als 10 % unterschritten worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Rechtswi-drigkeit der angefochtenen Abiturentscheidung vom 24. Juni 2008.
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