Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 5340/08

Gründe

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Die Klage ist nach § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO nicht begründet.

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Die Ablehnung des Anrechnungsbegehrens des Klägers durch die Beklagte verstößt auch nicht gegen materielle Rechte des Klägers, denn für die Anerkennung von an einer Fachhochschule erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen als gleichwertig mit der Zwischenprüfung des Studiums der Rechtswissenschaft, fehlt es ersichtlich an einer Rechtsgrundlage.

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Zunächst kann der Rechtsansicht des Klägers, wonach die von dem Studiendekanat der Juristischen Fakultät bis zum Sommersemester 2008 durchgeführten Informationsveranstaltungen und seine Internet-Präsentationen sowie die ihm zugesandte E-Mail der Beschäftigten des Prüfungsamtes H. I. Zusicherungen über die Anerkennung seiner früher erbrachten Prüfungs- und Studienleistungen enthielten, nicht gefolgt werden. Denn Zusicherungen, die nach § 38 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 NVwVfG) einen eigenen Rechtsgrund für den Erlass eines Anrechnungsbescheides darstellten, sind hierin zweifelsfrei nicht zu sehen. Informationsveranstaltungen und Internet-Präsentationen lassen sich mit dem Begriff der sog. „Wissenserklärungen“ kennzeichnen; ihnen fehlt daher schon von vornherein der auch für die Zusicherung begriffsimmanente Wille des Erklärenden zur Regelung eines Einzelfalls. Der Inhalt der von dem Kläger auf seine E-Mail vom 3. November 2007 erhaltenen elektronischen Antwort der Beschäftigten des Prüfungsamtes H. I. konnte als Bestandteil eines ausschließlich elektronischen Dokuments schon nicht die Wirksamkeitsvoraussetzung der Schriftform (§ 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) einer Zusicherung erfüllen, weil die Beteiligten zuvor nicht die in § 3a Abs. 2 VwVfG hierfür bestimmten Voraussetzungen einer qualifizierten elektronischen Signatur für den Austausch von Mitteilungen per E-Mail geschaffen hatten.

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Ein Rechtssatz, der einen Anspruch auf Anerkennung der Prüfungs- und Studienleistungen des Klägers an der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege begründen könnte, ist nicht vorhanden. Die Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaften (Staatsexamen) ist gemäß § 1a Abs. 1 bis 3 NJAG (i.V.m. § 5a Abs. 4 DRiG) eine Hochschulprüfung, die studienbegleitend durchgeführt wird und deren Einzelheiten der Prüfungsanforderungen und des Prüfungsverfahrens in einer Zwischenprüfungsordnung der Juristischen Fakultät zu regeln sind. Demzufolge finden sich Vorschriften über die Anrechnung und das Verfahren der Anerkennung gleichwertiger Leistungen aus anderen Studiengängen als dem rechtswissenschaftlichen Studium weder im NJAG noch in den gemäß § 1a Abs. 4 NJAG ergänzend anzuwendenden Bestimmungen des NHG. § 7 Abs. 2 Satz 2 NHG schreibt lediglich vor, dass Leistungspunkte auf gleiche oder verwandte Studiengänge derselben oder anderer Hochschulen ohne besondere Gleichwertigkeitsprüfung nach Maßgabe der Prüfungsordnung angerechnet werden. Bei der Ausbildung für den gehobenen Dienst der Landesverwaltung an der ehemaligen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, die auf die entsprechenden Laufbahnen vorbereitet, handelt es sich aber zweifelsfrei nicht um einen Studiengang, der dem einem Erwerb der Befähigung zum Richteramt dienenden Jurastudium gleich oder verwandt wäre.

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Die danach allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommende Zwischenprüfungsordnung (ZwPrO) der Juristischen Fakultät der Beklagten enthält aber keine Bestimmung, die einen Anspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit von Fachhochschulstudien- und -prüfungsleistungen begründen könnte. Unstreitig erfasst § 6 ZwPrO nur Tatbestände des Hochschulwechsel im Rahmen eines Studiums der Rechtswissenschaft, und die Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 4 ZwPrO erschöpft sich in der Regelung des Stimmrechts.

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Aus den von der Beklagten genannten Gründen kann sich der Kläger auch nicht auf die bisherige Verfahrenspraxis ihrer Juristischen Fakultät berufen.

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Dabei kommt es auf die grundsätzliche Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die öffentliche Verwaltung bei der Zuerkennung von gesetzlich nicht vorgesehenen Vergünstigungen einen Vertrauensschutz des Begünstigten in den Fortbestand der Verwaltungspraxis berücksichtigen muss und bei welchen Fallgestaltungen der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes einer Änderung der Verwaltungspraxis entgegen stehen kann (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003, BVerwGE 118, 379 ff. = NVwZ 2004 S. 350 ff.), nicht an. Eine Selbstbindung der Verwaltung kann nämlich nur dort eintreten, wo die Behörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens oder ihres fachlichen Einschätzungsspielraumes rechtsfehlerfrei zu unterschiedlichen Entscheidungen gelangen darf. Denn schutzwürdig kann das Vertrauen in den Fortbestand einer Verwaltungspraxis immer nur im Rahmen der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) sein. Hierzu entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sich die tatsächliche Praxis der öffentlichen Verwaltung nur dann als Richtschnur für die chancengleiche Gewährung staatlicher Leistungen heranziehen lässt, wenn diese Praxis ihrerseits der Rechtsordnung voll und ganz entspricht (BVerwG, a.a.O.; NVwZ 2004 S. 351). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht lässt sich dagegen auch aus dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten.

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Die von dem Kläger beanspruchte Anrechnung seiner Prüfungs- und Studienleistungen aus dem vorangegangenen Fachhochschulstudium ist aber - wie bereits ausgeführt - in den die Vorschriften über das Jurastudium (§ 5 a Abs. 1 bis 3 DRiG) nach § 5a Abs. 4 DRiG ergänzenden Regelungen des Landesrechts über die Zwischenprüfung nicht vorgesehen. Eine gleichwohl ausgesprochene, in der Zwischenprüfungsordnung aber nicht als Erleichterung von den inhaltlichen Prüfungsanforderungen vorgesehene Anrechnung würde mithin in unzulässiger Weise dem in § 1a Abs. 3 Satz 1 NJAG normierten Vorbehalt der Prüfungsordnung zuwiderlaufen. Außerdem widerspräche eine solche (freiwillige) Anrechnungspraxis auch den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an den Inhalt der Ordnungen für berufsbezogene Prüfungen. Denn die verfassungsrechtlich zulässige Einschränkung des Grundrechts der Freiheit der Berufswahl setzt zwingend voraus, dass die Leistungen, die in einer berufsbezogenen Prüfung gefordert werden, und die Maßstäbe, nach denen die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, eine gesetzliche Grundlage haben (BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 u.a. -, BVerfGE 84, 59 ff. = NJW 1991 S. 2008 ff.). Zwar darf sich der Gesetzgeber für Ausbildungen, die ein Studium voraussetzen, darauf beschränken, nur die Mindestanforderungen an das Studium im Gesetz zu verankern und das Nähere durch den untergesetzlichen Normgeber regeln lassen (BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1 ff. = NVwZ 1989 S. 850 ff.). Dann muss aber das „Nähere“ der Prüfung allgemeinverbindlich durch den Verordnungsgeber selbst festgelegt werden. Hierzu zählen die grundlegenden Festlegungen über den Prüfungsinhalt, das Prüfungsverfahren und die Bestehensvoraussetzungen, die entweder in der Prüfungsordnung über die entsprechende Staatsprüfung oder aber in Bezug auf Hochschulprüfungen in der Prüfungsordnung der Hochschule getroffen werden müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989, a.a.O., NVwZ 1989 S. 851).

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Schon aus diesem Grund konnte ein rechtlicher Schutz des Vertrauens des Klägers in die inzwischen geänderte, von der Rechtsordnung nicht vorgesehene Anrechnungspraxis der Beklagten nicht entstehen.

 


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