Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (13. Kammer) - 13 A 3238/08

Tatbestand

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Der Kläger begehrt eine weitere Beihilfe von seiner bisherigen Beihilfestelle.

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Er ist als Ruhestandsbeamter grundsätzlich mit einem Bemessungssatz von 70 v.H. beihilfeberechtigt.

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Seine Ehefrau ist am 27.01.2008 verstorben. Aus dem Recht seiner verstorbenen Ehefrau erhält der Kläger ab 01.02.2008 ein Witwergeld vom Land Bremen, welches entsprechend § 54 Abs. 4 BeamtVG auch auf sein Ruhegehalt angerechnet wird.

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Mit Beihilfeantrag unter dem Datum 18.04.2008 beantragte der Kläger eine Beihilfe für verschiedene krankheitsbedingte Aufwendungen für sich selbst. Unter anderem auch für

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- am 25.03.2008 in Höhe von 21,55 € - Nr. 3

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- am 19.03.2008 in Höhe von 92,22 € - Nr. 4

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- am 04.04.2008 in Höhe von 68,48 € - Nr. 7 und

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- am 04.04.2008 in Höhe von 67,19 € - Nr. 8.

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getätigte Aufwendungen.

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Mit Bescheid vom 24.04.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Beihilfe für vor Februar 2008 entstandene Aufwendungen, versagte jedoch hinsichtlich der Nr. 3, 4, 7 und 8 eine Beihilfe mit der Begründung, die Aufwendungen seien nach dem 31.01.2008 entstanden und es bestehe daher ein Anspruch bei der Versorgungsstelle der verstorbenen Ehefrau.

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Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er beziehe zwar vom Land Bremen Witwergeld. Das Land Bremen gewähre ihm jedoch nur einen Beihilfesatz von 65 Prozent. Ihm stünde jedoch ein Bemessungssatz von 70 v.H. zu.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 20.05.2008, zugestellt am 22.05.2008, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Da der Kläger ab 01.02.2008 Witwergeld vom Land Bremen erhalte, sei Bremen ab dieser Zeit auch für die Gewährung von Beihilfe zuständig. Dem Grunde nach seien alle Beihilfeansprüche gleichwertig. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BhV regele die Rangfolge der Beihilfeansprüche. Daher gehe der Anspruch gegen das Land Bremen vor.

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Der Kläger hat am 20.06.2008 Klage erhoben.

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Er hat seine Klage nicht weiter begründet.

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Der Kläger beantragte ursprünglich,

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unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 24.04.2008 und des Widerspruchsbescheids vom 20.05.2008 die Beklagte zu verpflichten, ihm einen Beihilfesatz von 5% zu gewähren.

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Mit Schriftsatz vom 31.12.2008 beschränkte der Kläger das Aufhebungsbegehren auf den eine Beihilfe ablehnenden Teil der angefochtenen Bescheide.

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Außerdem erweiterte er seine Klage und beantragt nunmehr zusätzlich

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festzustellen, dass die Beihilfeansprüche des Klägers nach der Beihilfeverordnung des Bundes geregelt werden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

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Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

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Wörtlich beantragt der Kläger zunächst die vollständige Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2008 und damit auch die Aufhebung des stattgebenden Teils. Insoweit wäre die Klage bereits unzulässig gewesen, denn soweit Beihilfe gewährt wurde, ist der Kläger nicht beschwert und es fehlt ihm insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis. Allerdings hat er sein Aufhebungsbegehren insoweit mit Schriftsatz vom 31.12.2008 geändert (und zwar ausdrücklich, so dass nicht von einer Klarstellung auszugehen ist) und es auf den versagenden Teil beschränkt. Hinsichtlich des „überschießenden“ Aufhebungsbegehrens liegt formal eine Klagerücknahme vor, die allerdings geringfügig ist und keine Auswirkung hinsichtlich der Kostenentscheidung hat.

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Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte nun anstelle des ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens nunmehr zusätzlich einen Feststellungsantrag gestellt. Im Hinblick auf die an sich zulässige und auch weiterhin aufrechterhaltene Verpflichtungsklage ist die zusätzlich erhobene Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig. Denn die Rechtsfragen, zu der eine Feststellung begehrt wird, werden im Rahmen der Verpflichtungsklage abschließend geklärt.

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Die Verpflichtungsklage auf Gewährung einer weiteren Beihilfe ist hingegen zulässig und begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht für die hier streitigen Aufwendungen keine Beihilfe mehr bewilligt.

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Zwar kann sich grundsätzlich die Beklagte auf § 4 Abs.1 Nr. 2 der Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) als Rechtsgrundlage berufen, die nach § 58 Abs. 1 BBhV weiter anzuwenden sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar bereits mehrfach entschieden, dass diese Beihilfevorschriften gegen den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen und deshalb nichtig sind. Sie waren jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übergangsweise weiter anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 - 2 C 2/07, zit. n. juris) und sind es jetzt für die vergangene Zeit nach § 58 BBhV. Auch schließt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BhV eine Beihilfeberechtigung aufgrund eines neuen Versorgungsbezuges die Beihilfeberechtigung aufgrund früherer Versorgungsbezüge aus. Nach dem Wortlaut der Vorschrift hätte die Beklagte die Beihilfe nach alledem zu Recht versagt. Der Kläger hatte bis einschließlich Januar 2008 einen Beihilfeanspruch aufgrund seiner eigenen Versorgungsberechtigung. Nach dem Tod seiner Ehefrau im Januar dieses Jahres trat als neuer Versorgungsbezug, der ebenfalls eine Beihilfeberechtigung vermittelt, das Witwergeld hinzu. Nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 1 Nr. 2 BhV würde der neue Anspruch auf Beihilfe gegen das Land Bremen den Anspruch auf Beihilfe gegen den früheren Dienstherrn des Beamten nunmehr ausschließen.

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Diese Konkurrenzregel führt jedoch in Fällen, in denen - wie hier - an die Stelle des bisherigen Anspruches ein deutlich schlechterer Anspruch aus abgeleiteten Recht tritt, zu unbilligen Ergebnissen, die sich schlechterdings mit der Fürsorgepflicht des originären Dienstherrn seinem Ruhestandsbeamten gegenüber und letztendlich auch mit dem ursprünglichen Sinn und Zweck des § 4 Abs. 2 BhV nicht vereinbaren lassen.

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Zu der Konkurrenzregelung der hier streitigen Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 25.10.1978 - 6 C 20/79 (zit. n. Juris) ausgeführt:

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„Die Regelung soll, wie der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Urteil vom 23. September 1971 - BVerwG 2 C 15.70 - (Buchholz 238.925 BhV Hessen Nr 2) in Auslegung des § 3 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Hessischen Beihilfenverordnung - BhV HE - (= Nr 2 Abs 1 Nr 1 Buchst b BhV) ausgeführt hat, bewirken, dass "der Dienstherr (hier: die Versorgungsbehörde) ... mit der Pflicht zur Gewährung einer Beihilfe nicht belastet sein (soll), soweit es sich um Aufwendungen von Personen handelt, für die - bei demselben oder einem anderen Dienstherrn - beihilferechtlich ohnehin gesorgt wird". In dem hier allein zu entscheidenden Fall des Zusammentreffens der unmittelbaren Beihilfeberechtigung einer Versorgungsempfängerin mit einer anderen, jedoch gleichrangigen beihilferechtlichen Regelung wird dieses Mindestmaß an beihilferechtlicher "Sorge" nur durch eine Beihilferegelung erreicht, die derjenigen entspricht, die für die Klägerin als Versorgungsempfängerin maßgebend ist. Andernfalls würden die ihr im Rahmen ihrer versorgungsrechtlichen Beihilfeberechtigung zustehenden Ansprüche verkürzt. Das widerspräche nicht nur der gegenüber der versorgungsberechtigten Witwe nach Maßgabe des G 131 bestehenden Betreuungspflicht. Dafür bietet Nr 1 Abs 3 Ziff 2 BhV auch keine Handhabe. Diese Konkurrenzregelung soll vielmehr - wie ausgeführt - nur verhindern, dass auf der Grundlage beider nebeneinander stehenden Berechtigungen doppelt Beihilfen geleistet werden.“

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Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht nur um einen Ausschluss von doppelten Beihilfeleistungen. Unstreitig gewährt das Land Bremen - abgesehen von anderen zum Teil ebenfalls schlechteren Beihilferegelungen - dem Kläger Beihilfe mit einem um fünf Prozentpunkte niedrigeren Bemessungssatz als der Dienstherr des Klägers. Beim Kläger entsteht eine „Lücke“ von 5 Prozent seiner Aufwendungen, die er entweder aus eigenen Mitteln decken oder für die er ggf. einen zusätzlichen Versicherungsschutz erwerben muss (und ein entsprechender Tarifwechsel dürfte in seinem Alter als Versorgungsempfänger wenn überhaupt nur zu erheblich schlechteren Konditionen möglich sein). Es wird in diesem Fall nach alledem nicht nur eine doppelte Beihilfeberechtigung vermieden, sondern der Beamte im Ergebnis schlechter gestellt.

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Unterscheide in den einzelnen Beihilfesystemen stehen zwar grundsätzlich einem Verweis auf den jüngeren Anspruch aus abgeleiteten Recht nicht entgegen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner oben zitierten Entscheidung weiter ausgeführt:

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„Beide konkurrierenden Beihilferegelungen entsprechen einander allerdings nicht nur, wenn sie in allen Einzelheiten, insbesondere in der Konkretisierung der beihilfefähigen Aufwendungen, übereinstimmen. Das in Nr 1 Abs 3 Ziff 2 BhV enthaltene Tatbestandsmerkmal "zum Bezug von Beihilfen berechtigt" wird auch von einer generellen Beihilferegelung erfüllt, die im Vergleich zu den im Rahmen des Versorgungsverhältnisses anzuwendenden Beihilfevorschriften technische Unterschiede aufweist; durch solche Unterschiede bedingte Abweichungen in der im Einzelfall zu zahlenden Beihilfe stellen das nicht in Frage.“

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§ 4 BhV geht nach alledem davon aus, dass unbeschadet der konkreten Ausgestaltung im Einzelnen die auf beamtenrechtlichen Vorschriften basierenden Konkurrenzregelungen in den Beihilfevorschriften gleichwertig sind, weil sie alle ihren Ursprung in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn haben.

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Bei kleineren Abweichungen und „technisch bedingten Unterschieden“ wird der Beamte geringfügig für ihn schlechtere Regelungen aus dem jüngeren Beihilfeanspruch hinnehmen müssen (so auch Topka/Möhle, Beihilfevorschriften, § 4 Rdnr. 3.3, Loseblattwerk Stand September 2008). Nach Ansicht des Gerichts kann aber der aus dem eigenen Beamtenverhältnis erworbene Beihilfeanspruch dann nicht vollständig untergehen, wenn - wie hier - die beihilferechtlichen Regelungen des Landes Bremen gegenüber den Bundesvorschriften zu einer bedeutenden Einschränkung des Anspruches führen. In derartigen Fällen geht der originäre Anspruch nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 BhV nur insoweit unter, wie er durch den jüngeren Anspruch abgedeckt wird. Bleibt eine Differenz - wie hier die fünf Prozent beim Bemessungssatz - so besteht insoweit der ursprüngliche eigene Beihilfeanspruch weiter fort und der originäre Dienstherr des Beamten hat nach dem für ihn geltenden Beihilfevorschriften eine ergänzende Beihilfe zu gewähren. Es entspricht nicht der Fürsorgepflicht, wenn aus nur abgeleitetem Recht selbst erdiente Beihilfeansprüche untergehen.

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Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1Satz 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

 


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