Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (3. Kammer) - 3 B 92/09

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 24.11.2008 vorläufig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - zusätzlich zu den bereits bewilligten Leistungen Vorausleistungen in Höhe von 42,45 € für den Monat November 2008, von 181,93 € für dem Monat Dezember 2008 und von monatlich 191,93 € für den Zeitraum von Januar bis August 2009 zu gewähren.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 5/6 und die Antragsgegnerin zu 1/6.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG als Vorausleistung.

2

Die Antragstellerin studiert seit dem 01.09.2008 im Studiengang Kunst im Sozialen / Kunsttherapie an der Fachhochschule D.. Die Fachhochschule D. ist eine staatlich anerkannte Fachhochschule in privater Trägerschaft, die für das Studium einen monatlichen Beitrag von 237 € erhebt. Am 11.09.2008 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG bei der Antragsgegnerin. Am 16.10.2008 beantragte sie formlos die Gewährung von Vorausleistungen nach § 36 BAföG, weil ihr Vater nicht bereit sei, Unterhalt an sie zu leisten, obgleich sie diesen bereits gerichtlich gegen ihn geltend mache. In einem Telefonat am 14.11.2008 teilte die Antragsgegnerin der Mutter der Antragstellerin mit, dass Vorausleistungen nicht für Zeiträume bewilligt werden könnten, für die die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch gegen ihren Vater gerichtlich geltend mache, weil insoweit ein Anspruchsübergang auf das Land Niedersachsen ausgeschlossen sei.

3

Am 24.11.2008 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sie trägt vor, dass sie außer dem von ihrer Mutter weitergeleiteten Kindergeld von 154 € und Unterhaltszahlungen ihrer Mutter in Höhe von 82 € über keinerlei Einkommen verfüge. Der Anspruch auf Vorausleistungen sei durch die klagweise Durchsetzung ihres Unterhaltsanspruchs gegen ihren Vater nicht ausgeschlossen, da der in § 37 BAföG geregelte Anspruchsübergang auch bei Rechtshängigkeit des Anspruchs stattfinde und sich lediglich auf ihre Aktivlegitimation im Zivilprozess auswirke.

4

Während des Eilverfahrens hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 29.01.2009 für den Zeitraum von September 2008 bis August 2009 BAföG-Leistungen in Höhe von 212 € monatlich bewilligt. Dabei ist sie von einem monatlichen Bedarf von 568 € ausgegangen und hat davon einen Unterhaltsbetrag der Mutter von 54,07 € und des Vaters von 302,14 € abgezogen. Zugleich hat sie festgestellt, dass über den Antrag auf Vorausleistungen nach § 36 BAföG noch nicht abschließend entschieden wurde, da die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren abgewartet werde.

5

Mit zwei Bescheiden vom 27.02.2009 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin Vorausleistungen in Höhe von 120,21 € monatlich für den Zeitraum von September bis Dezember 2008 und in Höhe von 110,21 € monatlich für den Zeitraum von Januar bis August 2009 bewilligt. Laut Abgangsvermerk hat sie diese Bescheide am 27.02.2009 abgesandt. Die Antragstellerin hat an Eides statt versichert, die Bescheide weder unter ihrer Studienadresse noch an ihrem ersten Wohnsitz in E. oder unter der Anschrift ihrer Mutter erhalten zu haben. Sie habe lediglich ein Schreiben vom 05.02.2009 bekommen, in dem eine entsprechende Bewilligung angekündigt worden sei. Außerdem stünden ihr Vorausleistungen in Höhe ihres Gesamtbedarfes von 568 € zu. Das Kindergeld und die Unterhaltszahlungen ihrer Mutter dürften nicht angerechnet werden, da die Freibeträge aus §§ 21 ff. BAföG nicht überschritten würden. Insbesondere wegen der monatlichen Studiengebühren sei ohne die Vorausleistungen ihr Studium gefährdet. Eine Erwerbstätigkeit könne neben dem Vollzeitstudium nicht von ihr verlangt werden. Fördermöglichkeiten durch Stipendien seien nicht gegeben und auf ein Studienbeitragsdarlehen bestehe kein Anspruch, weil die Fachhochschule D. nicht zu den förderungsfähigen Hochschulen zähle.

6

Die Antragstellerin beantragt,

7

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung als Vorausleistung für ihr Studium der Kunsttherapie in dem Bewilligungszeitraum ab dem 15.09.2008 zu gewähren.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Zunächst hat sie die Auffassung vertreten, dass die klageweise Erwirkung eines Unterhaltstitels durch die Antragstellerin einem Anspruch auf Vorausleistungen für den gleichen Zeitraum entgegenstehe, und dass zudem noch Unterlagen fehlten, um über den Anspruch auf BAföG-Leistungen dem Grunde nach zu entscheiden. Nach einem Hinweis des Gerichts und der Übermittlung von Unterlagen durch die Antragstellerin hat sie diesen Standpunkt aufgegeben und die erwähnten Bescheide vom 29.01.2009 und vom 27.02.2009 erlassen. Zur Höhe der gewährten Vorausleistungen führt sie aus, dass die Ausbildung der Antragstellerin nur insoweit gefährdet sei. Von dem angerechneten Unterhaltsbetrag des Vaters in Höhe von 302,14 € seien das weitergeleitete Kindergeld in Höhe von 154 € monatlich im Jahr 2008 und 164 € monatlich im Jahr 2009 sowie die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen der Mutter der Antragstellerin in Höhe von 82 € - abzüglich des für sie angerechneten Unterhaltsbetrags von 54,07 € - zu subtrahieren. Die von der Antragstellerin zu entrichtenden Studiengebühren seien in dem nach dem BAföG zu ermittelnden Bedarf nicht enthalten. Eine Berücksichtigung von Studiengebühren komme nach dem BAföG nur im Rahmen eines Antrags nach § 23 Abs. 5 BAföG in Betracht. Diese Regelung sei auf die Antragstellerin aber nicht anwendbar, da das weitergeleitete Kindergeld und die Zahlungen der Mutter kein Einkommen der Antragstellerin im Sinne von § 23 BAföG seien. Die Antragstellerin könne die Studiengebühren durch die Aufnahme einer studentischen Tätigkeit oder eines allgemeinen KfW-Studienkredites finanzieren.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

12

Der Antrag ist nach § 88 VwGO nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel auszulegen als Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin Ausbildungsförderung nach dem BAföG unter Einschluss von Vorausleistungen nach § 36 BAföG in Höhe von 568 € monatlich für ihr Studium der Kunsttherapie in dem Bewilligungszeitraum ab dem 15.09.2008 zu gewähren. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich, dass es ihr mit dem Eilantrag nicht lediglich um den Anteil der Ausbildungsförderung ging, der als Vorausleistung nach § 36 BAföG erbracht werden könnte, sondern um einen Förderbetrag in Höhe ihres gesamten Bedarfs.

13

Der so verstandene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat nur teilweise Erfolg.

14

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dazu muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass ihm der in der Hauptsache verfolgte Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ihm schwerwiegende Nachteile drohen, wenn die von ihm angegriffene Entscheidung des Antragsgegners bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren unverändert bestehen bliebe (Anordnungsgrund).

15

1. Soweit die Antragsgegnerin während des Eilverfahrens Leistungen nach dem BAföG bewilligt hat, ist der Eilantrag unzulässig geworden. Der Antragstellerin fehlt insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung, da sie klaglos gestellt worden ist.

16

Im Übrigen ist der Antrag zulässig. Insbesondere steht ihm nicht die Bestandskraft der Bescheide vom 27.02.2009 entgegen. Da die Antragstellerin abstreitet, diese Bescheide erhalten zu haben, und die Antragsgegnerin keinen Nachweis über die Zustellung erbracht hat, kann nicht angenommen werden, dass diese Bescheide der Antragstellerin bereits bekannt gegeben worden sind.

17

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist teilweise begründet.

18

Die Antragstellerin hat einen über die zwischenzeitlich bewilligten Leistungen hinausgehenden Anordnungsanspruch in Höhe von monatlich 181,93 € für den Zeitraum von September bis Dezember 2008 und von monatlich 191,93 € für den Zeitraum von Januar bis August 2009 glaubhaft gemacht (nachfolgend unter a.). Ein weitergehender Anordnungsanspruch besteht nicht (nachfolgend unter b.). Für den Zeitraum ab Stellung des Eilantrages bei Gericht ist auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen (nachfolgend unter c.). Insoweit ist die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung jedoch nur zur vorläufigen Leistung unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu verpflichten, und nicht wie beantragt zur endgültigen Leistungsgewährung (nachfolgend unter d.).

19

a. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Vorausleistungen in voller Höhe des für ihren Vater angerechneten Unterhaltsbetrages aus § 36 BAföG hat.

20

Nach § 36 Abs. 1 BAföG wird auf Antrag nach Anhörung der Eltern Ausbildungsförderung ohne Anrechnung des nach den Vorschriften des BAföG angerechneten Unterhaltsbetrages geleistet, wenn der Auszubildende glaubhaft macht, dass seine Eltern diesen Betrag nicht leisten, und die Ausbildung - auch unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten im Bewilligungszeitraum - gefährdet ist.

21

Es ist unstreitig, dass die Antragstellerin die Anspruchsvoraussetzungen dieser Norm dem Grunde nach erfüllt. Ihr Anspruch besteht voraussichtlich auch in voller Höhe des für ihren Vater angerechneten Unterhaltsbetrages. Der Vater der Antragstellerin leistet den für ihn auf den Bedarf der Klägerin angerechneten Unterhaltsbetrag in Höhe von 302,14 € nicht. Das von der Mutter der Antragstellerin weitergeleitete Kindergeld und ihre über ihren eigenen angerechneten Unterhaltsbetrag hinausgehende Unterhaltszahlung von 27,93 € (82 € Zahlung - 54,07 € angerechneter Unterhaltsbetrag) können auf den nicht geleisteten Unterhaltsbetrag des Vaters nicht angerechnet werden. Sowohl das weitergeleite Kindergeld als auch die weitere Leistung der Mutter sind als Unterhaltsleistungen der Mutter zu qualifizieren. Da für beide Elternteile ein gesonderter Unterhaltsbetrag errechnet wurde, sind ihre Leistungen auch im Rahmen von § 36 Abs. 1 BAföG getrennt voneinander zu betrachten.

22

Das Studium der Antragstellerin ist ohne den Unterhaltsbetrag des Vaters gefährdet. Die Unterhaltszahlungen der Mutter der Antragstellerin lassen diese Gefährdung nicht entfallen, da sie unter der Freibetragsgrenze aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG von 255 € liegen. Die Freibetragsregelung für Einkommen des Auszubildenden aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ist für den Bereich von Vorausleistungen nach § 36 BAföG analog auf Unterhaltsleistungen von Eltern des Auszubildenden anzuwenden. Insoweit sind eine unbeabsichtigte Regelungslücke sowie Interessenidentität anzunehmen.

23

Für Auszubildende, die Einkommen im Sinne von § 21 BAföG erzielen, ist geklärt, dass Einkommen unterhalb der Freibeträge des § 23 BAföG der Annahme einer Gefährdung der Ausbildung gemäß § 36 BAföG nicht entgegensteht (vgl. Leitsatz 1 des Urt. d. BVerwG v. 14.12.1994, Az. 11 C 22/93, NVwZ 1996, 174 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hatte dazu in dem benannten Urteil ausgeführt:

24

"Der sich aus § 36 Abs. 1 Satz 1 BAföG ergebende Anspruch auf Ausbildungsförderung ohne Anrechnung des nach den sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes anzurechnenden Unterhaltsbetrages der Eltern hat eine Doppelfunktion: Er dient nicht nur dazu, Beeinträchtigungen der Ausbildung infolge einer Nichterfüllung bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsansprüche zu verhindern, sondern soll zugleich die durch die unterschiedlichen Voraussetzungen entstehende Lücke zwischen dem bürgerlichen Unterhaltsrecht und dem Ausbildungsförderungsrecht schließen (…). Im Hinblick auf diese Bedarfssicherungsfunktion der Leistungen nach § 36 Abs. 1 BAföG sind die Gründe, die den Gesetzgeber dazu veranlasst haben, bestimmte Beträge vom Einkommen und Vermögen des Auszubildenden bei der staatlichen Förderung anrechnungsfrei zu lassen, auch im Bereich dieser Leistungen unverändert tragfähig: Durch die Normierung solcher Freibeträge soll zum einen in Einklang mit der Lebenswirklichkeit und dem Unterhaltsrecht auch für bedürftige Studenten ein Anreiz geschaffen werden, durch gelegentliche - insbesondere in die vorlesungsfreie Zeit fallende - Nebentätigkeit, die mit der Ausbildung vereinbar ist, einen Nebenverdienst zu erzielen, der ihnen die Befriedigung eines individuellen, von den auf einen pauschalierten Mindeststandard beschränkten Ausbildungsförderungsleistungen nicht hinreichend gedeckten Bedarfs ermöglicht (…). Gerade die dadurch gegebene Möglichkeit des Auszubildenden, im Bedarfsfall die Sozialleistungen, die er aus Mitteln der Ausbildungsförderung erhält, im Wege der Selbsthilfe aufzustocken, rechtfertigt es auch vor dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzip, dass § 26 Satz 1 BSHG Personen, die eine im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolvieren, von der Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich ausschließt (…). Neben dieser Bedarfsergänzungsfunktion haben die hier in Rede stehenden Freibeträge den Zweck, die Förderungsverwaltung im Interesse der Praktikabilität davon zu entlasten, Einkommen und Vermögen des Auszubildenden in jedem Einzelfall auch dann zu ermitteln und zu prüfen, wenn es sich um relativ geringfügige Beträge handelt. Beide Gründe erscheinen dem Gesetzgeber offenbar als hinreichend wichtig, um auf die bei uneingeschränkter Anrechnung allen Einkommens und Vermögens des Auszubildenden zu erwartende finanzielle Entlastung der Staatskasse zu verzichten. Es ist nicht ersichtlich, warum dies nur in den typischen Fällen gelten soll, in denen die Eltern kein anzurechnendes Einkommen haben oder den anzurechnenden Unterhaltsbetrag leisten, nicht aber in jenen Fällen, in denen ein Auszubildender glaubhaft macht, dass die Pauschalierung elterlicher Unterstützung der Wirklichkeit seiner Situation nicht gerecht wird."

25

Diese Argumentation hat der Gesetzgeber sich ausdrücklich zu eigen gemacht, als er mit dem Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19.03.2001 den zuvor eingeführten Ausschluss eines Anspruchs auf Vorausleistungen auch in Fällen, in denen Einkommen des Auszubildenden die Freibeträge nach § 23 BAföG nicht übersteigt, wieder rückgängig gemacht und damit den ursprünglichen Rechtszustand wieder hergestellt hat (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, Bundestags-Drs. 14/4731, S. 40).

26

Wenn demgegenüber Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils im Rahmen von § 36 Abs. 1 BAföG die Gefährdung der Ausbildung entfallen lassen würden - wie neben der Antragsgegnerin auch Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, 30. Lfg. 2008, § 36 Ziff. 9.4 ohne weitere Begründung annimmt - würde dies zu einem Wertungswiderspruch führen. Denn nach der Systematik des BAföG sind Unterhaltsleistungen der Eltern gegenüber eigenem Einkommen des Auszubildenden privilegiert: Während Einkommen des Auszubildenden im Sinne von § 21 BAföG nur bis zu den Freigrenzen aus § 23 BAföG anrechnungsfrei bleibt, werden tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen der Eltern - die nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 BAföG nicht als Einkommen gelten - unbegrenzt nicht berücksichtigt. Diese gesetzgeberische Wertung würde durch eine unbeschränkte Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen eines Elternteils als gefährdungsausschließend im Sinne von § 36 Abs. 1 BAföG in ihr Gegenteil verkehrt. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Gesetzgeber diese Konsequenz der Herausnahme von Elternunterhalt aus dem Einkommensbegriff des § 21 BAföG und damit auch aus den Freibetragsregelungen in § 23 BAföG bewusst war. Da die vom Bundesverwaltungsgericht in der oben wiedergegebenen Entscheidung ausgeführten und vom Gesetzgeber der geltenden Fassung des § 36 BAföG bekräftigten Erwägungen für die Unschädlichkeit von Einkommen unterhalb der Einkommensgrenzen des § 23 BAföG ebenso auf Einkünfte des Auszubildenden aus Unterhaltszahlungen seiner Eltern zutreffen, erscheint eine analoge Anwendung dieser Freibetragsgrenzen für die Bewertung, ob Unterhaltszahlungen eines Elternteils die Gefährdung der Ausbildung durch die fehlende Leistung des angerechneten Unterhaltsbetrages des anderen Elternteils entfallen lassen, interessengerecht und geboten.

27

Der Anspruch der Antragstellerin auf Vorausleistungen in Höhe von 302,14 € monatlich ist hier durch die Bewilligung von Vorausleistungen mit den Bescheiden vom 27.02.2009 bereits teilweise erfüllt, so dass ein Anordnungsanspruch nur noch in Höhe des Differenzbetrages von monatlich 181,93 € für den Zeitraum von September bis Dezember 2008 und von monatlich 191,93 € für den Zeitraum von Januar bis August 2009 besteht.

28

b. Ein weitergehender Anspruch auf BAföG-Leistungen ist nicht gegeben. Die Antragsgegnerin hat auf den Bedarf der Antragstellerin von 568 € zu Recht Einkommen der Mutter in Höhe von 54,07 € angerechnet. Die Berechnung dieses Betrages ist von der Antragstellerin auch nicht beanstandet worden. Da die Mutter diesen Unterhaltsbetrag tatsächlich leistet, kommt insoweit auch kein Anspruch auf Vorausleistungen in Betracht.

29

c. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr das Abwarten einer Entscheidung im Hauptsachverfahren nicht zuzumuten ist. Weil ihre Einkünfte einschließlich der zwischenzeitlich bewilligten Ausbildungsförderung nicht ausreichend sind, um ihren Lebensunterhalt und die Studiengebühren zu finanzieren, müsste sie ihr Studium voraussichtlich abbrechen, bevor eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergehen würde. Da eine einstweilige Anordnung jedoch nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Notlage getroffen werden kann, ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes erst ab Eingang des Eilantrags bei Gericht zu bejahen.

30

d. Der Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung umfasst zudem nicht die beantragte Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache. Um die Antragstellerin zu schützen, ist die angeordnete Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistung unter dem Vorbehalt der Rückforderung ausreichend.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO. Der Eilantrag war hinsichtlich eines Betrages von ungefähr einem Drittel der monatlich begehrten Leistungen erfolgreich. Allerdings wurde insoweit nicht die beantragte Anordnung zur unbedingten Gewährung ab dem 15.09.2008, sondern nur eine weniger weit gehende vorläufige Regelung ab dem 24.11.2008 getroffen, so dass auch diesbezüglich nur ein hälftiges Obsiegen anzunehmen ist.

32

Gerichtskosten werden nach § 188 S. 2 VwGO nicht erhoben.

 


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