Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 410/09
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Asylanerkennung, hilfsweise begehrt er Abschiebungsschutz hinsichtlich seines Heimatlandes Irak.
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Der am 00.00.1954 in B. /Irak geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Er reiste im September 1977 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 26.09.1977 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt -) seine Anerkennung als Asylberechtigter. Er erklärte dazu im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt, dass er 1954 im Sinjar/Irak geboren sei und dort die Grundschule besucht habe. Dann habe er in einer KFZ - Werkstatt gearbeitet. Ab etwa 1967 sei er für die kurdische Partei KDP (Kurdische Demokratische Partei) tätig gewesen und habe von 1970 bis 1975 am kurdischen Freiheitskampf gegen die irakische Armee teilgenommen. Zwei seiner Brüder seien getötet, er selbst sei 1974 verwundet worden. Er habe mit seiner Einheit zunächst im Gebiet um Sinjar und Zakho gekämpft, dann habe er bis zur Kapitulation im März 1975 im Gebiet von Ahmadiyya gekämpft. 1975 sei er in den Iran geflüchtet und habe sich dort zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder C. etwa ein Jahr aufgehalten. Da sich der Druck iranischer Behörden verstärkt habe, sei die Familie in den kurdischen Teil der Türkei geflohen. Von dort sei er Ende 1976 mit Hilfe des irakischen Kurdenführers Talabani nach Syrien eingereist. Dort seien er und sein Bruder von den Freiheitskämpfern um Talabani mit Waffen ausgestattet worden. 1977 habe er habe er mit weiteren 40 kurdischen Kämpfern versucht, über die Türkei in den Irak zurück zu kehren. Die Gruppe sei allerdings schon an der Grenze von irakischen Einheiten gestellt worden. Ihm und seinem Bruder C. sei es gelungen, über die Grenze zu Kurden in der Türkei zu flüchten. Mehrere Mitglieder der Gruppe seien allerdings getötet worden. Kurdische Freunde in der Türkei hätten ihm einen Pass besorgt, mit dessen Hilfe er von der Türkei aus in die Bundesrepublik Deutschland gereist sei.
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Das Bundesamt lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 31.10.1980 ab. Die Landeshauptstadt Hannover forderte ihn daraufhin mit Bescheid vom 25.11.1980 unter Androhung der Abschiebung auf, das Bundesgebiet zu verlassen.
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Bereits zuvor hatte das Landgericht D. - Jugendkammer - den Kläger mit Urteil vom 02.10.1980 (Az.: E.) zu 3 Jahren Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Der Kläger hatte zusammen mit anderen Personen einen Beamten der Kriminalpolizei 256 gr. eines Heroinhydrochlorid enthaltenen Substanzgemenges mit einem Heroinhydrochloridgehalt von 77, 7% verkauft. Bei der Übergabe wurde er zusammen mit seinen Mittätern von Polizeibeamten verhaftet.
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Der Klage des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 31.10. 1980 gab das Verwaltungsgericht Hannover mit Urteil vom 07.06.1984 (F.) statt und verpflichtete die Beklagte, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Dazu heißt es im Wesentlichen, es könne offen bleiben, ob das Verfolgungsvorbringen des Klägers hinreichend genau und frei von Widersprüchen und deshalb glaubhaft sei. Ihm drohe im Falle der Rückkehr in den Irak jedenfalls deshalb politische Verfolgung, weil er in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt habe und konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der irakische Staat und seine Behörden das Asylverfahren als Anzeichen politischer Gegnerschaft bewerten und zum Anlass von Verfolgungsmaßnahmen nehmen würden. Dem Kläger sei auch in der Türkei kein anderweitiger Schutz vor Verfolgung zuteil geworden. Ein Rechtsmittel wurde gegen dieses Urteil nicht eingelegt. Das Bundesamt erkannte den Kläger mit Bescheid vom 27.09.1984 als Asylberechtigten an.
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Am 15.08.1997 erhob die Staatsanwaltschaft G. u.a. gegen den Kläger Anklage wegen Mordes. Ihm wurde vorgeworfen, am … einen Menschen grausam und aus einem niedrigen Beweggrund getötete zu haben. In dieser Sache ist bislang kein Urteil ergangen. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht G. war 1998 ausgesetzt und der Kläger daraufhin aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Am xx.xx.2009 wurde erneut mit der Hauptverhandlung begonnen, die Verhandlung ist nach dem Kenntnisstand des Gerichts erneut ausgesetzt worden.
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Auf Anregung der Landeshauptstadt Hannover, die mit Schreiben vom 18.12.2006 u.a. auf den Bezug von Leistungen nach SGB II durch den Kläger und seiner Familie hinwies, hatte das Bundesamt am 04.01.2007 ein Widerrufsverfahren eingeleitet und den Kläger mit Schreiben vom 12.01.2007 zu einem beabsichtigten Widerruf seiner Asylanerkennung angehört. Der Kläger erklärte dazu mit Schreiben vom 18.01.2007, dass die Sicherheitslage im Irak schlecht sei und die Gefahr eines Bürgerkrieges bestehe. Auch gebe es keinen Schutz der Yeziden im Irak. Sein Herkunftsort an der jordanischen Grenze werde mittlerweile ausschließlich von sunnitischen Arabern bewohnt. Er legte in der Folgezeit eine Bescheinigung des J. e.V. in K. vom 03.02.2008 vor, wonach er yezidischer Religionsangehöriger sei. Das Bundesamt wies den Kläger mit Schreiben vom 11.12.2008 darauf hin, dass im Rahmen der zu treffenden Entscheidung auch Ausschlussgründe nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG zu prüfen seien. Danach wird die Flüchtlingseigenschaft u.a. dann nicht zuerkannt, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.
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Mit Bescheid vom 12.01.2009 - als Einschreiben abgesandt am 15.01.2009 - widerrief das Bundesamt den Anerkennungsbescheid vom 27.09.1984 und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen. Dazu heißt es im Wesentlichen, der Widerruf der Asylanerkennung sei geboten, weil der Kläger den Ausschlusstatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfülle. Er sei mit Urteil des LG D. vom 02.10.1980 wegen eines Rauschgiftdelikts zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden. Bei schweren Rauschgiftdelikten, insbesondere illegalem Heroinhandel sei von einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen. Ausweislich des Urteils des LG D. habe ein besonders schwerer Fall des Handeltreibens mit Heroin vorgelegen. Zudem werde ihm mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft G. vom 15.08.1997 vorgeworfen, im Juli 1995 aus niedrigen Beweggründen und grausam einen Menschen getötet zu haben. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG sei ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
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Der Kläger hat am 20.01.2009 Klage erhoben. Er trägt vor: Der Widerruf könne nicht auf § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG gestützt werden, weil das Urteil des LG D. vom 02. 10.1980 vor und nicht nach Erlass des Anerkennungsbescheides vom 27.09.1984 ergangen sei. Eine konkrete Wiederholungsgefahr könne nicht aus einer vor mehr als 28 Jahren begangenen Straftat hergeleitet werden. Auf die bereits im August 1997 erhobene Anklage wegen Mordes könne ein Widerruf der Asylanerkennung nicht gestützt werden. In dieser Sache sei bislang noch kein Urteil ergangen. Die Hauptverhandlung sei am 30.03.1998 ausgesetzt worden, weil ein Zeuge nicht habe geladen werden können. Er habe sich vom 12.06.1997 bis 20.04.1998 in Untersuchungshaft befunden und sei dann mit Beschluss des LG G. vom 20.04.1998 unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Im September 2005 seien Zeugenvernehmungen in Syrien durchgeführt worden. Das Schwurgericht habe nunmehr für die Zeit ab 18.08.2009 Verhandlungstermine angesetzt. Der Widerruf der Asylanerkennung sei auch nicht aus anderen Gründen gerechtfertigt. Die Beklagte sei zumindest bis Mitte 2009 selbst davon ausgegangen, dass Yeziden im Irak wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt würden. Es seien von ihr keine Gesichtspunkte aufgezeigt worden, die es rechtfertigen könnten, von der bislang angenommenen Gruppenverfolgung yezidischer Religionsangehöriger im Irak abzuweichen. Außerdem habe das Bundesamt nicht bis zu 31.12.2008 über den Widerruf entschieden. Diese gesetzlich bestimmte Frist sei hier maßgebend, weil er vor dem 01. 01.2005 als Asylberechtigter anerkannt worden sei. Nach Ablauf dieser Frist könne das Bundesamt nur noch nach Ermessen über den Widerruf der Asylanerkennung entscheiden zumindest Ermessen ausüben. Das Bundesamt habe sei im Bescheid vom 12.01. 2009 kein Ermessen ausgeübt, so dass dieser Bescheid auch aus diesem Grunde aufgehoben werden müsse.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12.01.2009 aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 12.01.2009 zu verpflichten festzustellen, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG in Bezug auf eine Abschiebung des Klägers in den Irak vorliegen sowie den Bescheid des Bundesamtes vom 12.01.2009 aufzuheben, soweit er diesem Begehren entgegen steht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist auf den angefochtenen Bescheid vom 12.01.2009.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 12.01.2009 verletzt im Ergebnis den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf den hilfsweise geltend gemachten Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG oder nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG.
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Der mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.01.2009 verfügte Widerruf der mit Bescheid vom 27.09.1984 ausgesprochenen Anerkennung als Asylberechtigter ist durch § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, der hier allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage, gedeckt. Danach sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (früher § 51 Abs. 1 AuslG; jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen.
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Das Bundesamt hat den Widerruf der Asylanerkennung zwar zu Unrecht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG gestützt. Danach findet § 60 Abs. 1 AufenthG, der die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft regelt (§ 3 Abs. 1 AsylVfG), keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. § 30 Abs. 4 AsylVfG bestimmt dazu ergänzend, dass ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen.
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Die Vorschrift des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG rechtfertigt im vorliegenden Fall schon deshalb keinen Widerruf der mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.09.1984 ausgesprochenen Asylanerkennung, weil der Kläger nicht nach seiner Asylanerkennung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt worden ist. Das Urteil des LG D. vom 02.10.1980, mit dem er wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, ist am 02.10.1980 rechtskräftig geworden. Die Beklagte ist demgegenüber erst mit Urteil des VG Hannover vom 07.06.1984 verpflichtet worden, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Unabhängig davon ist die Verurteilung durch das LG D. nicht mehr im Bundeszentralregister eingetragen, weil die Tilgungsfrist verstrichen ist. Die vom Gericht eingeholte Auskunft des Bundeszentralregisters vom 19.08.2009 weist keine Eintragung aus. Deshalb steht einer Verwertung dieser Verurteilung auch § 51 Abs. 1 BRZG entgegen. Auf die im xx.1997 erhobene Anklage wegen Mordes kann die Beklagte den Widerruf schon deshalb nicht stützen, weil der Kläger in diesem Zusammenhang bislang nicht zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt worden ist. Es ist in diesem Zusammenhang bislang kein Urteil ergangen, dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
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Ein Widerruf der Asylanerkennung kommt nach § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG insbesondere aber auch dann in Betracht, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
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Der Ausländer kann es nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerwG zu den mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG inhaltsgleichen Vorschriften des Art.1 C Nr. 5 Satz 1 und des Art. 1 C Nr. 6 Satz 1 der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.07.1951 (BGBl. II 1953 S. 559) - GFK - nicht mehr ablehnen, den Schutz seines Heimatlandes in Anspruch zu nehmen, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (BVerwG, Urt. v. 20.03.2007, BVerwGE 128, 199; Urt. v. 18.07.2006, BVerwGE 126, 243; Urt. v. 01.11. 2005, BVerwGE 124, 276).
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An diesen Voraussetzungen hat sich durch Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 11 Abs. 1e der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 (ABl. Nr. L 304 S. 12) - Qualifikationsrichtlinie - nichts geändert. Diese Vorschriften erfassen nicht den Widerruf des nach Art. 16 a Abs. 1 GG gewährten Asylrechts, weil die Asylgewährung alleine auf innerstaatlichen Rechtsnormen beruht und deshalb nicht - wie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG - in der Richtlinie 2004/83/EG geregelt ist (vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 14.10.2008 - 10 C 48/07 - BVerwGE 132, 79; OVG Münster, Beschl. v. 31.07.2008, 20 A 1473/08.A, zit. nach juris). Unabhängig davon hat der EuGH im Urteil vom 02.03. 2010 - C-175/08 u.a. - (NVwZ 2010, 505) ausgesprochen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 11 Abs. 1 e Qualifikationsrichtlinie erlischt, wenn in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände in dem fraglichen Drittland diejenigen Umstände, aufgrund deren der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 lit. c der Qualifikationsrichtlinie genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht eine aus anderen Gründen Furcht vor "Verfolgung" im Sinne des Art. 2 lit c. der Qualifikationsrichtlinie haben muss.
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Die Sachlage hat sich nach Erlass des Bescheides des Bundesamtes vom 27.09.84, mit welchem dem Kläger als Asylberechtigter anerkannt worden ist, in einer den Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG rechtfertigenden Weise geändert.
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Dem Kläger droht nicht mehr wegen des in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrages die Gefahr asylerheblicher Verfolgungsmaßnahmen im Falle seiner Rückkehr in den Irak. Insoweit hat sich die Verfolgungssituation für den Kläger in Folge des Irak - Krieges vom 20. März bis 01. Mai 2003 durchgreifend geändert. Der - in der Vergangenheit im Regelfall vorgenommenen - Bejahung einer Verfolgungsgefahr wegen Asylantragstellung und langjährigem illegalen Auslandsaufenthalt ist mit dem Sturz des Unrechtsregimes von Saddam Hussein der Boden entzogen, weil allein dieses, nicht aber auch eine spätere Regierung an die genannten Umstände asylrelevante Verfolgungsmaßnahmen angeknüpft hat (Nds. OVG, Urt. v. 19.03.2007, 9 LB 373/06, ebenso bereits BVerwG, Urt. v. 11.02.2004, 1 C 23/02). Eine Rückkehr des alten Regimes ist nach den aktuellen Machtverhältnissen ebenso ausgeschlossen wie die Bildung einer Struktur, die eine vom früheren Regime gesehene Gegnerschaft als solche übernimmt und erneut (wiederholend) verfolgt (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.03.2007, 9 LB 373/06; OVG Münster, Urt. v. 04.04.2006, 9 A 3590/ 05.A). Es liegen deshalb keinerlei Erkenntnisse dafür vor, dass in ihr Heimatland zurückkehrende Iraker dort immer noch staatlichen Maßnahmen unterworfen wären, die an asylerhebliche Merkmale wie etwa einer vermuteten oppositionellen Gesinnung wegen Asylantragstellung und illegalen Auslandsaufenthaltes anknüpften. Davon ist auch die Kammer in ständiger Rechtsprechung ausgegangen (vgl. Urt. v. 14.10.2008 - 6 A 6283/06 -; Urt. v. 23.05.2007 - 6 A 6403/04 -; Urt. v. 24.05.2006 - 6 A 520/04 und 6 A 7364/03 -). Auch der Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 11.04. 2010 bietet keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass wegen eines in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylantrages weiterhin Verfolgungsgefahren drohen. Der Kläger macht im Übrigen selbst nicht geltend, ihm drohen wegen des damals, im Jahr 1977 gestellten Asylantrages weiterhin Verfolgungsgefahren.
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Der Kläger ist auch nicht aus anderen Gründen als Asylberechtigter anzuerkennen. Art. 16 a Abs. 1 GG, wonach politisch Verfolgte Asylrecht genießen, schützt im Gegensatz zu § 60 Abs. 1 AufenthG nur vor staatlicher Verfolgung (BVerfG, Beschl. v. 10.08.2000, NVwZ 2000, 1165; Beschl. v. 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 334 - 336; BVerwG, Urt. v. 06.08.1996, NVwZ 1997, 194/195). Das Vorbringen des Klägers lässt nicht erkennen, dass ihm im Falle der Rückkehr in den Irak staatliche oder dem Staat zuzurechnende Verfolgung droht. Dies gilt insbesondere auch für die von ihm geltend gemachte Gefahr der Gruppenverfolgung in Anknüpfung an seine yezidische Religionszugehörigkeit. Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm gegen Yeziden im Irak liegen nicht vor (ebenso VG Karlsruhe, Urt. v. 09.06. 2010 - A 10 K 3473/09 -). Dazu heißt es auch im Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 11.04.2010, dass eine unmittelbare Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden nicht in systematischer Weise stattfindet (S. 18). Die Kammer ist in den Jahren 2008/2009 bei der Annahme einer Gruppenverfolgung yezidischer Religionsangehöriger auch nicht davon ausgegangen, dass derartige Handlungen dem irakischen Staat als Verfolgungshandlungen zugerechnet werden können. Sie hat nicht angenommen, dass der Staat einzelne oder Gruppen zu derartigen Straftaten anregt oder derartige Straftaten unterstützt oder tatenlos hinnimmt und damit den Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt, weil er zu einer Schutzgewährung nicht willens ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.03. 1990, BVerwGE 85,12; Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 11. Aufl., Art. 16a Rn. 5 + 6). Das BVerfG hat dazu bereits im Beschluss vom 23.01. 1991 (BVerfGE 83, 216) ausgesprochen, dass es keiner staatlichen Ordnungsmacht möglich ist, einen lückenlosen Schutz vor Unrecht und Gewalt zu garantieren. Die Kammer hat vielmehr angenommen, dass yezidischen Religionsangehörigen im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer gruppengerichteten Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG droht (Urt. v. 14.10. 2008, 6 A 6283/06; Urt. v. 25.09.2008, 6 A 3195/08; Urt. v. 12.06.2008, 6 A 3515/04; Urt. v. 28.02. 2008 - 6 A 1856/04, 6 A 4289/04, 6 A 2040/ 05 -). Auch das Nds.OVG hat bereits im Urteil vom 19.03.2007 (9 LB 373/06, juris) angenommen, dass die Übergriffe Dritter auf yezidische Religionsangehörige dem irakischen Staat nicht als eigene Verfolgungshandlungen zugerechnet werden können. Es hat dazu in diesem Urteil ausgeführt:
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"Für eine vom irakischen Staat ausgehende (unmittelbare oder mittelbare) Verfolgung religiöser Minderheiten, zu denen auch die Yeziden gehören, bestehen keine Anhaltspunkte. Seit dem Sturz des Saddam-Regimes sind staatliche Repressionen gegen Yeziden nicht mehr zu befürchten (vgl. Auskunft des UNHCR vom 2.8.2006). Sie müssen nicht mehr mit staatlichen Zwangsmaßnahmen wie Vertreibung, Enteignung und Arabisierung rechnen (Gutachten von amnesty international vom 16.8.2005). Die Religionsfreiheit ist rechtlich gewährleistet. In der neuen irakischen Verfassung werden die Yeziden als religiöse Minderheit ausdrücklich erwähnt. Die Verfassung soll die islamische Identität der Mehrheit des irakischen Volkes und gleichzeitig die Freiheit des Glaubens und der religiösen Praktiken für religiöse Minderheiten, wie etwa Christen, Yeziden und Sabäer (Mandäer), gewährleisten (Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts vom 12.9.2005). Soweit von gewaltsamen Übergriffen gegen die im Irak lebenden Yeziden berichtet wird, handelt es sich um Handlungen nicht seitens staatlicher Akteure, sondern durch Privatpersonen oder -gruppen (vgl. Lagebericht Irak vom 11.1.2007, Stellungnahmen des Deutschen Orient-Instituts vom 14.2.2005 und vom 12.9.2005, Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 15.6.2005, Auskunft des UNHCR vom 2.8.2006, Gutachten von amnesty international vom 16.8.2005). Für die Annahme einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung fehlt es schon an der dafür erforderlichen hinreichenden Schutzfähigkeit des irakischen Staates als Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung. Die staatlichen Einrichtungen sind nicht in der Lage, die Bevölkerung effektiv vor Gewalttaten nichtstaatlicher Akteure zu bewahren (Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts vom 14.2.2005). Namentlich die Polizei und das Militär sind machtlos, weil sie weder über Mittel noch über Wege verfügen, sich dem islamistischen Einfluss zu entziehen oder Verbrechensbekämpfung vorzunehmen, geschweige denn sich selbst zu schützen (Auskunft des Europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 7.3.2005, Lagebericht Irak vom 29.6.2006, Stellungnahme des Deutschen Orient-Instituts vom 14.2.2005, VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 16.11.2006 - A 2 S 1150/04 -)."
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Dem Widerruf der Asylanerkennung steht § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG nicht entgegen. Danach ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das BVerwG hat bereits entschieden, dass § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG nur eingreift, wenn es dem Flüchtling im Hinblick auf die ursprünglichen Verfolgungsgründe und -umstände nicht zuzumuten ist, in seinen Heimatstaat zurückzukehren (BVerwG, Urt. v. 20.03.2007 - 1 C 21/06 - NVwZ 2007, 1089; Urt. v. 18. 07.2006, DVBl. 2006, 1512; Urt. v. 01.11.2005, BVerwGE 124, 276 = DVBl. 2006, 511). Das Vorliegen derartiger Umstände ist weder ersichtlich noch von dem Kläger geltend gemacht worden.
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Dem Widerruf der Asylanerkennung steht auch nicht § 73 Abs. 7 AsylVfG entgegen. Danach hat die Prüfung nach § 73 Abs 2a Satz 1 AsylVfG spätestens bis zum 31.12.2008 zu erfolgen, wenn die Entscheidung über den Asylantrag vor dem 01. Januar 2005 unanfechtbar geworden ist. § 73 Abs. 2a Satz 1 AsylVfG bestimmt dazu, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG oder eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 AsylVfG vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Die Kammer geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass das Bundesamt jedenfalls dann nicht zu einer Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG verpflichtet ist, wenn die Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen erkennbar bis zum 31.12.2008 abgeschlossen und der Bescheid des Bundesamtes dem Ausländer alsbald nach Ablauf der in § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmten Prüfungsfrist zugestellt worden ist. Davon ist hier auszugehen.
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In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 27.07.2010 - 10 A 445/09 - und v. 12.07.2010 - 10 A 401/09 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 06.07.2010 - A 8 K 406/ 10 -, VG Frankfurt/M., Urt. v. 27.01.2010 - 6 K 2348/09.F.A - zit. nach juris) wird zwar teilweise vertreten, dass grundsätzlich eine Ermessensentscheidung des Bundesamtes notwendig ist, wenn bis zum Ablauf der in § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmten Frist (31.12.2008) kein das Prüfungsverfahren abschließender Bescheid ergangen ist. Der Wortlaut des § 73 Abs. 7 AsylVfG, wonach die Prüfung spätestens bis zum 31.12.2008 zu erfolgen hat, ist allerdings insoweit offen und lässt insbesondere auch die Auslegung zu, es reiche aus, dass die Prüfung aktenmäßig erkennbar auch vor dem 31.12.2008 Zeitpunkt abgeschlossen worden ist und nur noch die förmliche Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses aussteht. § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmt lediglich, dass die Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen bis zum 31.12.2008 zu erfolgen hat. Dass auch der das Prüfungsverfahren abschließende Bescheid zwingend bis zum 31.12.2008 ergehen muss, ist damit nicht bestimmt.
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Dementsprechend hält es auch das VG Hamburg in den zitierten Urteilen für möglich, dass dem Bundesamt in Anlehnung an § 75 VwGO ein weiterer Prüfungs- und Entscheidungszeitraum von 3 Monaten zuzubilligen ist. Auch das VG Frankfurt/M. hat dem Bundesamt im Urteil vom 27.01.2010 unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG vom 10.06. 2007 - 10 C 24/07 - (NVwZ 2007, 1330) einen weiteren Prüfungszeitraum zugebilligt, den es bei einem Zeitraum von 8 Monaten ohne weitere Ermittlungen des Bundesamtes allerdings als überschritten angesehen hat. Das VG Karlsruhe hat in dem zitierten Urteil vom 06.07.2010 angenommen, das Bundesamt sei jedenfalls deshalb zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet gewesen, weil die Widerrufsentscheidung erst mehr als ein Jahr nach dem 31.12.2008 wirksam geworden ist. Überwiegend wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vertreten, dass es für § 73 Abs. 7 AsylVfG ausreicht, wenn das Prüfungsverfahren vor dem 31.12.2008 eingeleitet worden ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 28.06.2010 - 11 ZB 10.30204 -; VG Augsburg, Urt. v. 22. 10.2010 - Au 7 K 10.30032 -; VG München, Urt. v. 21.10. 2010 - M 16 K 10.30410 -; VG Gießen, Urt. v. 01.09.2010 - 8 K 3155/09.GI.A -; VG Freiburg, Urt. v. 20.07.2010 - A 5 K 1409/09 - alle zit. nach juris). Das VG Freiburg hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Ausländer auf die Beibehaltung der Flüchtlingseigenschaft nicht vertrauen kann, wenn das Prüfungsverfahren vor dem 31.12. 2008 eingeleitet und auch bereits seine Anhörung erfolgt ist. Auch die Kammer hat in ihrem Urteil vom 28.01.2010 (6 A 386709, juris) nicht abschließend entschieden, dass über den Widerruf nur noch nach Ermessen (§ 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG) zu entscheiden ist, wenn die Prüfung eines vor dem 01.01.2005 ergangenen Anerkennungsbescheides nicht bis zum 31.12.2008 mit einem Bescheid abgeschlossen worden ist. Die Kammer hat diese Frage offen gelassen, weil sich die maßgeblichen Verhältnisse im Iran seit dem Anerkennungsbescheid nicht geändert haben und der angefochtene Widerrufsbescheid schon deshalb aufzuheben gewesen ist. Im Übrigen lassen die Ausführungen nicht zwingend den Schluss zu, das Bundesamt sei zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet, wenn eine bis zum 31.12. 2008 abgeschlossene Prüfung mit der alsbaldigen Zustellung eines Bescheides auch förmlich beendet wird.
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Im vorliegenden Fall war die Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen mit dem Hinweisschreiben des Bundesamtes vom 11.12.2008 erkennbar beendet. Der Kläger hat auf dieses Schreiben nicht reagiert, weitere Ermittlungen hat das Bundesamt auch nicht angestellt. Der Widerrufsbescheid des Bundesamtes ist auch alsbald nach Ablauf der in § 73 Abs. 7 AsylVfG bestimmten Prüfungsfrist dem Kläger zugegangen. Der Bescheid des Bundesamtes datiert vom 12.01.2009 und ist am 15.01.2009 als Einschreiben zur Post gegeben worden ist.
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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG. Danach darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S . 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.
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Der Kläger macht insoweit keine aktuellen einzelfallbezogenen Verfolgungsgründe geltend. Dies gilt auch im Hinblick auf den nicht näher ausgeführten Hinweis im Schreiben vom 18.01.2007, der Herkunftsort des Klägers an der jordanischen Grenze sei mittlerweile ausschließlich von sunnitischen Arabern bewohnt. Unabhängig davon, dass der Bezirk Sinjar der Provinz Ninawa, in welcher der Kläger geboren ist, an Syrien und nicht an Jordanien angrenzt, lässt diese Behauptung für sich alleine keine Verfolgungsgefahr erkennen. Es kann auch nicht angenommen werden, dass yezidische Religionsangehörige im Irak derzeit der Gefahr einer Gruppenverfolgung in Anknüpfung an ihre Religionszugehörigkeit ausgesetzt sind.
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Das BVerwG hat zu den Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung im Urteil vom 21.04. 2009 (NVwZ 2009, 1237) bezogen auf sunnitische Religionsangehörige im Irak ausgeführt:
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"Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religion anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms (vgl. hierzu Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <204>) - ferner eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 20). Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines der in § 60 Abs. 1 AufenthG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O. <204 f.>)…………..
- 41
Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a und b AufenthG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.O. Rn. 24)."
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Die vorliegenden Erkenntnismittel belegen nicht, dass nach diesen Maßstäben alle yezidischen Religionsangehörigen derzeit im Irak landesweit der aktuellen Gefahr ausgesetzt sind, in Anknüpfung an ihre Religion Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt zu sein. Davon ist die Kammer bereits in ihren Urteilen vom 31.08. 2010 (6 A 3525/08, juris) und vom 10.06.2010 (6 A 2375/08) ausgegangen.
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Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm gegen Yeziden im Irak, bei dem nach der Rechtsprechung des BVerwG einzelfallbezogene Feststellungen zur Verfolgungsdichte nicht erforderlich sind, liegen - wie bereits erwähnt - nicht vor (ebenso VG Karlsruhe, Urt. v. 09.06. 2010 - A 10 K 3473/09 -). Dazu heißt es auch im Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 11.04.2010, dass eine unmittelbare Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden nicht in systematischer Weise stattfindet (S. 18). Die für die Annahme einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure erforderliche Verfolgungsdichte lässt sich nicht feststellen.
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Die Kammer geht nach den vorliegenden Unterlagen (vgl. auch Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 12.08.2009 S. 22) davon aus, dass im Irak zwischen 200.000 und 600.00 Yeziden leben, die in der Mehrzahl in der Region von Sinjar, aus der auch der Kläger stammt, und im Distrikt Sheikhan angesiedelt sind. Im Lagebericht Irak vom 12.04. 2010 (S. 26), weist das Auswärtige Amt daraufhin, dass nach eigenen Angaben noch 200.000 Yeziden im Irak leben sollen. Auch das VG Ansbach ist in seinem Urteil vom 04.02.2010 (AN 14 K 09.30354, zit. nach juris) von vergleichbaren Größenordnungen ausgegangen und hat dazu ausgeführt:
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"Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 12. August 2009 benennt hier eine geschätzte Zahl zwischen 200 Tausend und 600 Tausend Menschen. Uwe Brocks vom German Institute of Global and Area Studies (GIGA) dem Institut für Nahost-Studien in Hamburg geht von einer im Irak lebenden Anzahl von 200 bis 250 Tausend Menschen aus. Der UNHCR hat in Hintergrundinformationen zur Gefährdung von Angehörigen religiöser Minderheiten im Irak vom April 2005 eine Anzahl von schätzungsweise 550 Tausend Menschen genannt, so dass durchschnittlich von ca. 400 Tausend Mitgliedern der Religionsgemeinschaft im Irak ausgegangen werden kann."
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Nach der angeführten Rechtsprechung des BVerwG, der die Kammer bereits mit Urteilen vom 31.08.2010 (6 A 3525/08), 10.06.2010 (6 A 2375/08) und vom 11.02.2010 (6 A 5823/ 07) gefolgt ist, ist die festgestellte oder angenommene Gruppengröße in eine Beziehung zu den in Anknüpfung an die yezidische Religionszugehörigkeit feststellbaren Verfolgungshandlungen zu setzen. Insoweit lassen sich allerdings keine genauen Feststellungen treffen, weil es keine gesonderte Sammlung von Berichten zu Übergriffen auf Yeziden im Irak gibt (Europäisches Zentrum für kurdische Studien vom 17.02.2010 an VG München S. 1,2). Das VG Ansbach (Urt. v. 04.02.2010, 14 K 09.30354, zit. nach juris) ist für die Zeit von März 2004 bis August 2007 von 500 - 600 Eingriffshandlungen ausgegangen, für die allerdings nicht festgestellt worden ist, dass alle diese Übergriffe in Anknüpfung an die Religionszugehörigkeit und damit an eines der Merkmale des § 60 Abs. 1 AufenthG erfolgt sind. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des Europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 17.02. 2010 (S. 14) kann als gesichert angesehen werden, dass es am 14/15.08.2007 in zwei am Rande des Sinjar gelegenen yezidischen Zentraldörfern zu Sprengstoffanschlägen mit mehr als 320 Todesopfern und zwischen 530 und 700 Verletzten gekommen ist. Außerdem ist es am 13.08.2009 zu einem Selbstmordanschlag in Sinjar - Stadt in einem vor allem von Yeziden besuchten Teehaus mit mindestens 21 Todesopfern und 32 Verletzten gekommen. Auf diese Anschläge weist auch das Auswärtige Amt in dem Lagebericht Irak vom 11.04.2010 (S. 26) hin. Die Stellungnahme des Europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 17.02.2010 weist darüber hinaus aus, dass am 14.12.2008 eine Gruppe von Bewaffneten in einem Haus in der Stadt Sinjar sieben Angehörige einer yezidischen Familie erschossen hätten. Auch seien in der Jahreshälfte 2008 mindestens 5 Yeziden ermordet worden, wobei genauere Angaben zu den Hintergründen nicht vorlägen (S. 14).
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Bei der Bewertung dieser Vorfälle ist zu berücksichtigen, dass die interkonfessionelle Gewalt zumindest seit Frühjahr 2008 deutlich nachgelassen hat (AA, Lagebericht vom 12.08. 2009 S. 6; Europäisches Zentrum für kurdische Studien vom 20.01.2009 an VG München S. 7/8) und auch der Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 11.04.2010 (S. 6) von einer deutlich verbesserten Sicherheitslage seit Frühsommer 2007 ausgeht. Es ist deshalb nach Auffassung der Kammer nicht mehr gerechtfertigt, insbesondere aus dem Bombenanschlag auf zwei yezidische Dörfer am 14./15.08.2007, bei dem 320 Yeziden getötet und mindestens 530 Yeziden verletzt worden sind, abzuleiten, dass yezidische Religionsangehörige nach Zahl und Intensität der Verfolgungshandlungen der Gefahr einer Gruppenverfolgung in Anknüpfung an ihre Religionszugehörigkeit ausgesetzt sind. Die für die Jahre 2008 und 2009 festgestellten Eingriffshandlungen, die an die yezidische Religionszugehörigkeit anknüpfen, rechtfertigen auch bei Annahme einer erheblichen Dunkelziffer nach Art und Intensität derzeit nicht mehr die Annahme einer Gruppenverfolgung.
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Die Kammer geht in diesem Zusammenhang von einer Gruppengröße von nur 200.000 Yeziden im Irak und angesichts der Dunkelziffer von derzeit 600 flüchtlingsrelevanten Verfolgungshandlungen aus. Daraus errechnet sich eine Verfolgungsdichte von lediglich 0,3 %. Diese Verfolgungsdichte rechtfertigt nicht die Annahme, jeder yezidische Religionsangehörige sei im Irak derzeit aktuell der Gefahr einer flüchtlingsrelevanten Verfolgungsmaßnahme und damit einer an die Religionszugehörigkeit anknüpfenden Gruppenverfolgung ausgesetzt. Die Ausführungen des BVerwG im Urteil vom 30.04.1996 (Az.: 9 C 170/95, BVerwGE 101, 123) lassen erkennen, dass bei einer größeren Gruppe eine Verfolgungsdichte von etwa einem Drittel für die Annahme einer Gruppenverfolgung ausreicht. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (VG Karlsruhe, Urt. v. 09.06.2010 - A 10 K 3473/09 -, VG Augsburg, Beschl. v. 23.03.2010 - Au 5 K 10.30056 -; VG Ansbach, Urt. v. 04.02.2010 - 14 K 09.30354 - alle zit. nach juris) ist gerade im Hinblick auf die Situation der Yeziden im Irak erwogen worden, dass bereits bei einer Verfolgungsdichte von 10 %, bei der immerhin noch 90 % der Gruppe verschont bleiben, die Gefahr einer Gruppenverfolgung angenommen werden könne. Die im vorliegenden Fall angenommene Verfolgungsdichte von derzeit 0,3 % liegt sehr deutlich darunter und genügt deshalb nicht den Anforderungen des BVerwG an die Annahme einer Gruppenverfolgung. Davon wird auch - soweit ersichtlich - allgemein in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ausgegangen (VG Minden, Urt. v. 11.10.2010 - 1 K 1129/10.A -,VG Trier, Urt. v. 12.08.2010 - 2 K 482/10.TR -;VG Karlsruhe, Urt. v. 09.06. 2010 - A 10 K 3473/09 -, VG Arnsberg, Urt. v. 23.04.2010 - 13 k 1944/09.A -; VG Koblenz, Urt. v. 23.03.2010 - 1 K 1294/09.KO -; VG Augsburg, Beschl. v. 23.03.2010 - Au 5 K 10.30056 -; VG München, Urt. v. 16.03.2010 - M 4 K 10.30037 -; VG Ansbach, Beschl. v. 22.07.2010 - AN 9 S 10.30242 -; Urt. v. 04.02. 2010 - 14 K 09.30354 -; alle zit. nach juris, ebenso wohl auch United Kingdom Asylum and Immigration Tribunal, Entsch. v. 02.12. 2009 - 2009 UKAIT 00048). Der Bewertung der Verfolgungssituation liegen im Wesentlichen Referenzfälle aus der Provinz Ninawa und insbesondere aus der Region Sinjar und damit aus der ursprünglichen Herkunftsregion des Klägers zugrunde, für die deshalb auch keine höhere Verfolgungsdichte festgestellt werden kann.
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Das VG Hamburg (Urt. v. 25.08.2010, 8 A 397/09, juris) hat allerdings angenommen, dass für in der Stadt Mosul lebende Yeziden die Gefahr einer Gruppenverfolgung anzunehmen ist, weil dort die Sicherheitslage sehr zugespitzt sei und nur noch sehr wenige Yeziden dort lebten. Es würden trotz der extrem geringen Zahl von Yeziden, die in der Stadt Mosul lebten oder sich zeitweise dort aufhielten, noch immer Übergriffe auf und Morde an Yeziden in der Stadt Mosul bekannt. Da Yeziden in der Stadt Mosul eine praktisch nicht mehr wahrnehmbare Minderheit bildeten, sei insoweit auch von der erforderlichen Verfolgungsdichte auszugehen. Die Kammer kann auch im vorliegenden Fall offen lassen, ob sie dieser Auffassung folgt und ebenfalls von einer auf das Stadtgebiet Mosul begrenzten Gruppenverfolgung yezidischer Religionsangehöriger ausgeht.
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Der Kläger hat selbst nicht behauptet, vor seiner Ausreise aus dem Irak im Jahr 1977 in Mosul gelebt zu haben. Sein Vorbringen bietet auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, er müsse sich im Fall seiner Rückkehr in den Irak zwingend in der Stadt Mosul aufhalten. Er hat angegeben, im Sinjar eine Grundschule besucht und dort in einer Kfz - Werkstatt tätig gewesen zu sein. Nach März 1975 hat er nach seinen Angaben im Iran, in der Türkei und in Syrien gelebt. Er ist 1977 auch von der Türkei aus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.
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Es liegen unabhängig davon auch durchaus Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger über soziale und wirtschaftliche Kontakte in den Nordirak verfügt und deshalb dort Zuflucht nehmen kann. So hat er zur Begründung seines Asylantrages geltend gemacht, längere Zeit für die kurdische Partei KDP tätig gewesen zu sein, sich von 1970 - 1975 am kurdischen Freiheitskampf beteiligt zu haben und mit Hilfe des Kurdenführers Talabani, des jetzigen irakischen Präsidenten, nach Syrien einreisen zu können.
- 52
Dass bei der Prüfung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG interne Schutzmöglichkeiten zu beachten und diese der Gewährung von Abschiebungsschutz entgegen stehen können, entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BVerwG, das im Urteil vom 21.04.2009 (NVwZ 2009, 1237) ausgeführt hat:
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"Darüber hinaus gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss."
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Auch nach § 8 Abs. 1 Qualifikationsrichtlinie kann eine innerstaatliche Zufluchtalternative berücksichtigt werden. Danach können die Mitgliedsstaaten bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält.
- 55
Dass yezidische Religionsangehörige in den kurdisch verwalteten Provinzen des Nordirak, zu denen die Provinzen Dohuk, Arbil und Sulaymania gehören, auch in der Zeit ab Mai 2007 - der eine Gruppenverfolgung religiöser Minderheiten befürwortende Erlass des Bundesministeriums des Innern datiert vom 15.05.2007 (M I 4 - 125 421 IRQ/0) - keiner Gefahr einer Gruppenverfolgung in Anknüpfung an ihre Religionszugehörigkeit ausgesetzt gewesen sind, entspricht gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. z.B. VG Braunschweig, Urt. v. 20.02.2009 - 2 A 234/08 -; VG Arnsberg, Urt. v. 09.01. 2009 - 13 K 2947/ 08.A -, zit. nach juris). Auch das Bundesamt ist in seiner damaligen Entscheidungspraxis nicht davon ausgegangen, dass Yeziden in den Provinzen Dohuk, Arbil und Sulaymania die Gefahr einer Gruppenverfolgung gedroht hat.
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Der Kläger kann auch nicht beanspruchen, dass der Bescheid des Bundesamtes vom 12.01.2009 jedenfalls insoweit aufgehoben wird, als mit ihm die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Er hat kein Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte Aufhebung dieses Ausspruchs. ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte gerichtliche Kontrolle und Aufhebung der Abweisung dieses Begehrens als offensichtlich unbegründet besteht nur dann, wenn diese Entscheidung auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12. 2008 - 1 C 37/07 - juris; Urt. v. 21.11.2006 - 1 C 10706 - BVerwGE 127, 161). Dies beruht darauf, dass nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG in diesen Fällen vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden darf. Im vorliegenden Fall ist die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht nach § 30 Abs. 3 AsylVfG, sondern ausdrücklich nach § 30 Abs. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. In einem derartigen Fall schränkt § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht ein.
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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf den hilfsweise begehrten Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Die Kammer geht dabei davon aus, dass entsprechend der neueren Rechtsprechung des BVerwG zunächst Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zu prüfen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07. 2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134,188,190/191; Urt. v. 24.06.2008 - 10 C 43/07 - BVerwGE 131,198, 201).
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Dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 oder 3 AufenthG vorliegen könnten, wird von dem Kläger nicht behauptet und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Danach ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 17.02.2009 - Rs. C-465/07 - NVwZ 2009, 705) und des BVerwG (Urt. v. 14.07.2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134,188,194/195; Urt. v. 24.06.2008, BVerwGE 131,198,213/214) setzt dies beim Fehlen individuell gefahrerhöhender Umstände voraus, dass der bewaffnete Konflikt ein so hohes Niveau an Gewalt erreicht hat, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson werde bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet tatsächlich Gefahr laufen, einer ernsthaften Bedrohung für Leib oder Leben ausgesetzt sein. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass in der Provinz Ninawa die Gefahr besteht, der Kläger werde allein durch seine Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer ernsthaften Bedrohung für Leib oder Leben ausgesetzt zu sein. Der Bay. VGH hat dazu in seinem Urteil vom 21.01.2010 (13 a B 08.30285) ausgeführt:
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" Bezüglich der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird (BVerwG vom 14.7.2009 BVerwG 10 C 9.08 Rn. 17 AuAS 2010, 31 = NVwZ 2010, 196). Es ist nicht anzunehmen, dass die Gefahrendichte in Mosul so hoch ist, dass praktisch jede Zivilperson alleine aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG vom 14.7.2009 a.a.O. Rn. 15; EuGH vom 17.2.2009 NVwZ 2009, 705). Dies ergibt sich aus der Größenordnung der Anschläge und der Anzahl der Opfer im Verhältnis zur Einwohnerzahl (vgl. BVerwG vom 21.4.2009 NVwZ 2009, 1237 = BayVBl 2009, 605). Gemäß den von der britischen regierungsunabhängigen Organisation Iraq Body Count erhobenen Daten, auf die sich sowohl die Klägerseite als auch die Beklagtenseite stützt, ergibt sich folgendes Bild: Bezogen auf den Irak im Ganzen war 2009 mit 4644 getöteten Zivilpersonen (2008: 9217) das Jahr mit der niedrigsten Anzahl von Opfern seit dem Einmarsch der Koalitionsstreitkräfte im Jahr 2003. Bezogen auf die Provinz Ninive (ca. 2,8 Mio. Einwohner) mit der Provinzhauptstadt Mosul (ca. 1,7 Mio. Einwohner) als Schwerpunkt wurden vom Iraq Body Count für das Jahr 2009 ca. 475 Anschläge mit 845 getöteten Zivilpersonen verzeichnet. Wenn man diese Zahlen zueinander ins Verhältnis setzt, beträgt die statistische Wahrscheinlichkeit, in Ninive/Mosul Opfer eines tödlichen Anschlags zu werden, ca. 0,03% oder ca. 1:3300 pro Jahr. Für das Jahr 2008 wurden vom Iraq Body Count 506 Anschläge mit 1149 getöteten Zivilpersonen verzeichnet (entspricht ca. 0,04%). Geht man mit dem Kläger außerdem davon aus, dass auf einen Toten durchschnittlich drei Verletzte kommen (s. Schriftsatz vom 16.5. 2007), so beträgt die Wahrscheinlichkeit, durch einen Terroranschlag verletzt oder getötet zu werden, für 2009 ca. 0,12% oder ca. 1:800 pro Jahr. Der Hinweis des Klägers auf den Lagebericht des UNHCR vom April 2009 (Eligibility guidelines for assessing the international protection needs for Iraqi asylum-seekers) stellt die Risikoabschätzung des Senats nicht in Frage. Die Erkenntnis des UNHCR bei RdNr. 205, dass sich in der Millionenstadt Mosul noch beinahe täglich Bombenattentate, Entführungen und gezielte Mordanschläge ereignen, steht nicht im Widerspruch zu den vom Senat zugrunde gelegten Statistiken. Die Auflistung von Anschlägen bei RdNr. 206 Fußnote 520 entspricht derjenigen des Iraq Body Count. Für die Annahme, dass sich die Sicherheitslage wesentlich verschärfen werde, gibt es keine prognostisch gesicherten Anhaltspunkte. Die nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgebliche Sachlage beruht deshalb hauptsächlich auf den Zahlen von 2009."
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Es kann unter diesen Umständen nicht davon ausgegangen werden, dass jede Zivilperson, die sich in der Provinz Ninawa aufhält, schon durch ihre bloße Anwesenheit Gefahr läuft, an Leib oder Leben bedroht zu sein. Besondere gefahrerhöhende Umstände sind - bezogen auf das gesamte Gebiet der Provinz Ninawa - für den Kläger weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Die Region Sinjar, aus welcher der Kläger stammt, gehört zu den Hauptsiedlungsgebieten der Yeziden.
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Der Kläger kann auch keinen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG beanspruchen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers nicht vor.
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Die schwierigen Lebensverhältnisse und die schlechte Sicherheitslage im Irak rechtfertigen nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerwG (Beschl. v. 22.08.2006, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 19; Urt. v. 12.07.2001, BVerwGE 115, 1; Urt. v. 08. 12.1998, NVwZ 1999, 666) und des Nds. OVG (Urt. vom 19.03. 2007, 9 LB 373/06; Beschl. v. 30.06.2004, 9 LB 53/04; Beschl. v. 30.03.2004, NVwZ-RR 2004, 614) grundsätzlich nicht die Gewährung von individuellem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Derartige Gefahren, denen die Bevölkerung wegen der im Irak anzutreffenden Verhältnisse allgemein ausgesetzt ist, werden gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG regelmäßig nur bei Entscheidungen nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (sog. Abschiebungsstopp) berücksichtigt. Dies gilt unter Beachtung der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur dann nicht, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland aufgrund der schlechten Lebens- und Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.09.2010 - 10 B 25/10 - juris; Urt. v. 24.06.2008 - 10 C 43/07 - BVerwGE 131, 198). Eine derartige Situation lässt sich weder für den Irak insgesamt noch für die Provinz Ninawa, aus welcher der Kläger stammt, feststellen. Dies folgt auch daraus, dass sich für die Provinz Ninawa die für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erforderliche Anschlagdichte nicht feststellen lässt.
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