Urteil vom Verwaltungsgericht Hannover (13. Kammer) - 13 A 3145/10

Tenor

Die Beurteilung für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2008 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen trägt die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein Postbetriebsassistent, wendet sich gegen seine dienstliche Beurteilung.

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In der hier streitgegenständlichen Beurteilung für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2008 erhielt der Kläger die Wertung „Gesamtpunkte 7 - erfüllt voll und ganz die Anforderungen“, im Einzelmerkmal Arbeitsquantität und Arbeitsgüte erhielt er jeweils „2 Punkte - erfüllt voll und ganz die Anforderungen“.

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Der Kläger rief zunächst die Schlichtungsstelle bei der „Niederlassung Brief“ an. Im Schlichtungsverfahren führte der Beurteiler aus, bei der Arbeitsquantität und bei der Arbeitsgüte weise der Kläger ein nicht zu beanstandendes Ergebnis auf; er sei hier unauffällig und habe daher jeweils 2 Punkte erhalten. Das Schlichtungsverfahren führte nicht zu einer Abänderung der Beurteilung.

4

Nunmehr legte der Kläger Widerspruch gegen die Beurteilung ein. Er habe nur einige wenige Zustellabbrüche nach 10 Stunden und 45 Minuten gehabt. Das sei durch die Aufteilung eines zusätzlichen Zustellbezirks und Sendungen, die der Regelzusteller nicht erledigt habe, bedingt gewesen.

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Mit Bescheid vom 25.05.2009 lehnte die Beklagte deshalb eine Änderung der Beurteilung ab. Der Kläger erhob auch dagegen Widerspruch.

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Einen früheren Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009, indem lediglich eine eingeschränkte Überprüfung, wie sie den Verwaltungsgerichten auferlegt ist, durchgeführt wurde, hob die Beklagte auf. Mit einem neuen Widerspruchsbescheid vom 21.06.2010, zugestellt am 23.06.2010, wies die Deutsche Post anschließend den Widerspruch des Klägers erneut zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Beurteiler habe die gehäufte Zahl von Zustellabbrüchen negativ bei der Beurteilung der Arbeitsquantität berücksichtigen dürfen. Dabei seien die Leistungen des Klägers sachgerecht mit den Leitungen anderer „Springer“ verglichen worden. Hinsichtlich der Arbeitsgüte lägen keine Beanstandungen vor, der Kläger rage aber auch nicht aus dem Kreis vergleichbarer Beamte hervor.

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Der Kläger hat am 15.07.2010 Klage erhoben.

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Er trägt vor: Die Widerspruchsbehörde sei von einem unzutreffenden Überprüfungsmaßstab ausgegangen. Sie habe verkannt, dass sie die gleiche Entscheidungsbefugnis wie der Beurteiler habe.

9

Der der Beurteilung zugrunde liegende Sachverhalt sei erheblich umstritten. Es ergebe sich nicht, welche konkreten Zustellabbrüche negativ in der Beurteilung berücksichtigt worden seien. Ihm dürften Abbrüche, die durch Aufteilungen, unlogische Aufteilpläne, defekte Kraftfahrzeuge und der Heilig-Abend-Regelung begründet seien, nicht zur Last gelegt werden.

10

Der Kläger beantragte zunächst,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.03.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2010 zu verpflichten, über ihn für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2008 eine dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

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Am 15.12.2010 beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 13.12.2010 nunmehr,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.03.2009 und des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2010 zu verpflichten, ihm für den Zeitraum 01.01.2008 bis zum 31.12.2008 eine neue dienstliche Beurteilung/Leistungsbeurteilung zu erteilen mit folgenden Beurteilungsstufen:

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- Arbeitsquantität: 3 Punkte

15

- Arbeitsgüte: 3 Punkte

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- Arbeitsweise: 3 Punkte

17

- Gesamtpunktzahl: 9 Punkte

18

- Gesamtbeurteilungsstufe: Erfüllt voll und ganz die Anforderungen

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Der Kläger führte weiter aus, den Antrag aus der Klagschrift verfolge er nur noch hilfsweise.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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Es sei sachgerecht, wenn zur Beurteilung der Arbeitsquantität u.a. die Zustellabbrüche herangezogen würden. Die Beurteilung sei nur auf Zustellabbrüche gestützt, die auf ein zu geringes Arbeitstempo zurückzuführen seien. Zustellabbrüche, auf die der Kläger keinen Einfluss gehabt habe, seien unberücksichtigt geblieben. Es sei weiterhin berücksichtigt worden, dass der Kläger einen Zustellbezirk habe, der als eher schwierig gelte. Auch die Widerspruchsbehörde habe den Sachverhalt umfassend geprüft. Schriftliche Meldungen der Zustellabbrüche könnten aber nicht mehr herangezogen werden, weil diese aus Datenschutzgründen regelmäßig vernichtet würden. Ebenso hätten aufgrund einer Betriebsvereinbarung Daten des IT-Systems zur Arbeitszeiterfassung nicht ausgewertet werden können.

23

Der neugestellte Antrag sei in sich widersprüchlich, weil Gesamtpunktzahl und Gesamtbeurteilungsstufe einander nicht entsprechen würden. Im Übrigen könne das Gericht im Normalfall nur zu einer Neubescheidung verurteilen.

24

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

25

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

27

Die zulässige Klage ist nur zum Teil unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine bestimmte neue Beurteilung mit der nunmehr im Hauptantrag genannten Punktzahl und Gesamtbeurteilung.

28

Dem Dienstherrn steht bei der Beurteilung seiner Beamten eine Beurteilungsermächtigung zu. In Anbetracht dessen hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln verstoßen, den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rdnr. 477; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl. Loseblattwerk, B 18.1, jeweils mit w. N.). Keinesfalls darf das Gericht seine eigene Bewertung und Einschätzung anstelle des dazu berufenen Beurteilers setzen. Mithin kann und darf das Gericht nicht zu beurteilen, ob die Leistungen des Klägers nun tatsächlich zutreffend mit 7 Punkten oder vielleicht doch eher - wie er meint - mit einer höheren Zahl von 9 Punkten zu bewerten sind.

29

Daneben weist die Beklagte zu Recht daraufhin, dass der Klageantrag in sich nicht ganz schlüssig ist. Einerseits begehrt der Kläger nunmehr eine Gesamtpunktzahl von 9 Punkten, andererseits nur ein Gesamturteil „Erfüllt voll und ganz die Anforderungen“, was aber eine Gesamtpunktzahl von lediglich 5 bis 7 Punkten entsprechen würde.

30

Der Hilfsantrag ist jedoch begründet. Die Beurteilung erweist sich als zum Teil fehlerhaft, so dass der Kläger neu zu beurteilen ist.

31

Formale Fehler sind allerdings nicht erkennbar.

32

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.05.1979 - 2 C 4/78 - (zit. n. juris) ausgeführt:

33

„Gemäß § 68 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 VwGO sind sowohl vor Erhebung einer Anfechtungsklage als auch einer Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Widerspruchsbehörde ist nicht wie die Gerichte - insbesondere auch bei Ermessensentscheidungen - auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 113 Abs 1 und 4, § 114 VwGO). Sie hat vielmehr im Vorverfahren grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde (vgl auch Urteil vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 -, aaO; Kopp, VwGO, 4. Aufl, § 68 RdNr 9; Wolff, Verwaltungsrecht III, 4. Aufl, § 161 RdNr 25). Eine Einschränkung verwaltungsinterner Kontrollmöglichkeiten der Widerspruchsbehörde lässt sich in Fällen der vorliegenden Art weder damit begründen, daß es sich bei dienstlichen Beurteilungen um persönlichkeitsbedingte Werturteile des Dienstherrn handele noch damit, dass nur der für eine dienstliche Beurteilung zuständige Dienstvorgesetzte die letztverbindliche Bewertung vornehmen dürfe. Zwar mag sich, wie der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem erwähnten Urteil vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 - ausgeführt hat, eine Prüfungsbeschränkung der Sache nach ergeben, wenn die Widerspruchsbehörde aus tatsächlichen Gründen eine Leistung nicht oder nur eingeschränkt bewerten kann, etwa weil die in einer einmaligen und nicht wiederholbaren Prüfungssituation, zum Beispiel in einem Prüfungsgespräch, erbrachte Leistung zu bewerten ist. Die Beurteilung dienstlicher Leistungen eines Beamten kann aber mit einer derartigen Fallgestaltung nicht verglichen werden. Eine dienstliche Beurteilung kann nicht nur von dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten und den sonst für die dienstliche Beurteilung zuständigen Beamten erteilt, sondern auch von der Widerspruchsbehörde nachvollzogen werden. Die dienstliche Beurteilung erfordert keine Kenntnisse bzw Erkenntnisse, die dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Beamten bzw dem für die dienstliche Beurteilung sonst zuständigen Beamten vorbehalten und (oder) ihm allein zugänglich sind. Die dienstliche Beurteilung durch den unmittelbaren Dienstvorgesetzten hat den Vorteil, dass er den betreffenden Beamten und die Anforderungen des von ihm wahrgenommenen oder wahrzunehmenden Amtes persönlich kennt. Sie muss aber nicht notwendigerweise auf persönlichen Eindrücken beruhen. Der beurteilende Beamte kann sich die notwendigen Kenntnisse verschaffen und sich ua auf Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten und vor allem auch auf Berichte von dritter Seite stützen, wobei größere Erfahrungen, größerer Überblick und größere Vergleichsmöglichkeiten, bessere Kenntnis der Anforderungen der Ämter und Laufbahnen zu einer gleichmäßigen, objektiven und gerechten Beurteilung beitragen. Fehlende eigene Wahrnehmungen fallen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. In Übereinstimmung hiermit hat der erkennende Senat im Urteil vom 30. Mai 1968 - BVerwG 2 C 46.64 - (Buchholz 237.1 Art 19 BayBG 60 Nr 2) die dienstliche Beurteilung eines Beamten durch die vorgesetzte Dienstbehörde und die Verschlechterung des Gesamtergebnisses von "Überdurchschnitt" auf "Durchschnitt" bei einem Polizeimeister gemäß § 23 der Bayerischen Laufbahnverordnung - LBV - vom 23. Juni 1952 (GVBl S 199) für rechtmäßig erachtet, weil als Erkenntnisquellen der vorgesetzten Dienstbehörde auch die Einzelbewertungen des Dienstvorgesetzten in Betracht kommen. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich dieser Rechtsprechung im Urteil vom 21. März 1969 - BVerwG 6 C 114.65 - (Buchholz 237.1 Art 12 BayBG 60 Nr 1) angeschlossen und ausgeführt, dass die vorgesetzte Dienstbehörde in Wahrnehmung ihrer in § 23 LBV geregelten Befugnisse ermächtigt ist, den Beamten ohne rechtliche Bindung an die Beurteilung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten selbständig dienstlich zu beurteilen (vgl ferner Urteil vom 7. November 1962 - BVerwG 6 C 144.61 - und Beschluss vom 2. Januar 1979 - BVerwG 2 B 21.78 -; vgl ferner auch § 49 Abs 2 der Bayerischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 1. Februar 1978 (GVBl S 39)). Das Berufungsgericht hat mit Recht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch der für die Beurteilung des Klägers zuständige Präsident der Oberfinanzdirektion B. nicht unmittelbarer Dienstvorgesetzter aller derjenigen Beamten ist, die er zu beurteilen hat. Die Auffassung der Beklagten, dass die Widerspruchsbehörde die dienstlichen Leistungen eines Beamten aus tatsächlichen Gründen nicht uneingeschränkt bewerten kann, entbehrt deshalb der Grundlage. Auch die Widerspruchsbehörde steht bei der Überprüfung der dienstlichen Beurteilung als persönlichkeitsbedingtem Werturteil nicht vor unüberwindlichen Schwierigkeiten. Ihre Mitarbeiter können sich - ebenso wie es häufig für die zur Beurteilung zuständigen Beamten erforderlich sein wird - die für ihre Kontrolltätigkeit notwendigen Erfahrungen, Überblicke und Vergleichsmöglichkeiten durch Ausschöpfen anderer Erkenntnisquellen verschaffen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, zur verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung dienstlicher Beurteilungen (BVerwGE 21, 127; Urteile vom 23. November 1966 - BVerwG 6 C 94.63 - (Buchholz 232 § 8 BBG Nr 3), vom 16. Oktober 1967 - BVerwG 6 C 44.64 - (Buchholz 232 § 15 BBG Nr 1) und vom 21. März 1969 - BVerwG 6 C 114.65 - (aaO) sowie Beschluss vom 22. Januar 1974 - BVerwG 6 B 79.73 -), vermag die von der Beklagten angenommene eingeschränkte Prüfungsbefugnis der Widerspruchsbehörde ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn diese beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltender Akt wertender Erkenntnis ist. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Eine derartige Zurückhaltung zu üben, besteht für die Widerspruchsbehörde kein Anlass, schon weil sie selbst eine Behörde des Dienstherrn ist (§ 126 Abs 3 Nr 2 BRRG, § 3 Abs 1 BBG). Sie würde auch dem Zweck der § 126 Abs 3 BRRG und der §§ 68ff VwGO, in Beamtenrechtsstreitigkeiten stets die Entscheidung der Erstbehörde durch die oberste Dienstbehörde nochmals umfassend zu überprüfen, um eine möglichst einheitliche Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen innerhalb der Verwaltung zu gewährleisten, in unvertretbarer Weise zuwiderlaufen.“

34

Nach Erlass des neuen Widerspruchsbescheides vom 21.06.2010 wurde aber entgegen der Ansicht des Klägers nunmehr im Vorverfahren die Beurteilung hinsichtlich aller Aspekte überprüft, so dass eine isolierte vollständige Aufhebung des Widerspruchsbescheides nicht mehr in Betracht kommt. Es ist nicht erkennbar, dass die Widerspruchsbehörde entgegen dem Vortrag der Beklagten doch nicht umfassend die Beurteilung überprüft hat. Eine dienstliche Beurteilung muss nicht zwingend auf persönlichen Eindrücken des Beurteilers und ggf. der Widerspruchsbehörde beruhen. Die Beurteilung kann auch auf Berichte von dritter Seite - im Fall der Widerspruchsbehörde damit auch auf eine Darstellung des ursprünglichen Beurteilers - gestützt werden. Soweit sie aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, die tatsächlichen Zustellabbrüche konkret festzustellen, durfte sie sich auf die Angaben des Niederlassungsleiters verlassen und brauchte nur nach Anhaltspunkte zu suchen, ob dieser ggf. von einen unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Dazu hat die Widerspruchsbehörde jedoch keine Anhaltspunkte gefunden. Dies wurde auch nur im Widerspruchsbescheid ausgeführt. Aus dieser Darstellung ergibt sich daraus aber nicht, wie der Kläger meint, dass die Widerspruchsbehörde die Beurteilung nicht vollumfänglich überprüft hat.

35

Weiterhin ist die Bewertung der „Arbeitsgüte“ nicht zu beanstanden. Der Kläger meint zwar, hier mehr als 2 Punkte verdient zu haben. Die Beklagte hat die Bewertung damit begründet, dass hinsichtlich der Arbeitsgüte zwar keine Beanstandungen vorliegen würden, andererseits der Kläger aber auch nicht aus dem Kreis vergleichbarer Beamte hervorrage. Diese Einschätzung des Klägers liegt im Rahmen des der Beklagten zustehenden Beurteilungsspielsraums. Die Einstufung mit „Erfüllt voll und ganz die Anforderungen“ ist insoweit nachvollziehbar.

36

Ursprünglich wurde die Beurteilung des Klägers zur Arbeitsquantität im Schlichtungsverfahren ebenso begründet. Wäre es bei dieser Begründung allein geblieben, so hätte insoweit das Gericht auch hier den Beurteilungsspielraum der Beklagten respektieren müssen. Im Widerspruchsbescheid - und auch im Vortrag vor dem Gericht - hat die Beklagte jedoch eingeräumt, dass daneben die Zahl der Zustellabbrüche, die angeblich beim Kläger über dem Maß der Zustellabbrüche vergleichbaren Beamten liegen soll, bei der Vergabe der Punktzahl mit eingeflossen sind.

37

Der Kläger ist dieser Sachverhaltsgrundlage entgegengetreten. Zwar hat der Kläger eingeräumt, dass es auch von ihm zu vertretende Zustellabbrüche gab (die er mit übriggebliebenen Sendungsmengen vom Vortag des Regelzustellers oder mit einer seiner Ansicht nach hohen Arbeitsbelastung - Aufteilung eines zusätzlichen Bezirks - erklärt). Er trägt aber weiter vor, eine Vielzahl von Zustellabbrüchen habe er nicht zu vertreten und er liege mit dem Rest nicht über dem Maß anderer Kollegen.

38

In diesem Punkt liegt der angefochtenen Beurteilung nicht nur auf eine allgemeine Einschätzung des Beurteilers zu Grunde. Die Beurteilung wurde vielmehr auf Tatsachen gestützt - der Kläger hat mehr zu vertretene Zustellabbrüche als andere Zusteller.

39

Zwar ist das Maß der zu vertretenen Zustellabbrüche durchaus bei der Frage der Arbeitsquantität zu berücksichtigen. Weist ein Beamter mehr Zustellabbrüche auf als andere, so ist er im Vergleich mit diesen anderen Zustellern in diesem Punkt eben schlechter und kann insoweit - wenn nicht auf andere Weise ein Ausgleich erzielt wird - nicht ebenso gut wie diese anderen Beamten beurteilt werden.

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Eine Beurteilung, die jedoch auf unrichtige tatsächliche Annahmen gestützt wird, ist fehlerhaft.

41

Im hier zu entscheidenden Fall ist streitig, ob die der Beurteilung von der Beklagten zu Grunde gelegten Sachverhalte tatsächlich so zutreffend sind oder nicht. Verwendet ein Dienstherr für die Beurteilung aber Tatsachen, so muss er diese ggf. auch belegen können. Das kann hier die Beklagte nicht. Der Umstand, dass entsprechende Meldezettel nicht mehr vorhanden sind, liegt in der Risikosphäre der Beklagten, die sich auf die nachzuweisenden Tatsachen beruft. Auch hat der Beurteiler selbst für seine Beurteilungen keine entsprechenden Notizen oder Aufzeichnungen gefertigt.

42

Da nach alledem nicht festgestellt werden kann, dass der Beurteiler von richtigen tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist, kann die Beurteilung keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben und die Beklagte hat den Kläger für den streitigen Zeitraum erneut zu beurteilen. Denn, ob gleichwohl der Kläger bei der Arbeitsquantität mit „3 Punkten - übertrifft die Anforderungen“ oder (nur) mit „2 Punkten - erfüllt voll und ganz die Anforderungen“ zu bewerten ist, liegt im Beurteilungsspielraum des Beurteilers. Dieses Werturteil des Beurteilers kann vom Gericht nicht überprüft werden. Insoweit muss das Gericht sich auf die Aufhebung der Beurteilung beschränken.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

 


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