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Das Verfahren war einzustellen, soweit die Klägerin die Anfechtungsklage gegen Nr. 2 des Bescheids des Regierungspräsidiums ... vom 11.05.2004 (Az.: 46a4-3872.1-1/857) und auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis zurückgenommen hat (§ 92 Abs. 1 VwGO).
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Soweit die Klage auf Aufhebung der im Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 11.05.2004 (Az.: 46a4-3872.1-1/857) enthaltenen Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung an die Beigeladene gerichtet ist, ist sie zulässig und begründet (I.). Hinsichtlich der mit Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 11.05.2004 (Az.: 46a4-3872.1-1/858) erfolgten Ablehnung der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung an die Klägerin hat die Klage keinen Erfolg (II.).
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Die Klage ist mit dem Anfechtungsantrag zulässig (1.). Sie ist auch begründet. Die der Beigeladenen gem. § 13 PBefG erteilte Genehmigung ist rechtswidrig, da die Vergabeentscheidung nach § 13 a PBefG und dem dort vorgesehenen Verfahren hätte erfolgen müssen (2.). Selbst wenn man davon ausginge, dass eine Genehmigungserteilung nach § 13 PBefG hätte erfolgen können, wäre diese rechtswidrig, da ihr Fehler bei der Ermessensausübung anhaften (3.).
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1.
Der Anfechtungsantrag ist zulässig. Die Klägerin ist als konkurrierende Bewerberin um die Erteilung einer Liniengenehmigung gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.04.2000 - 3 C 6/99 - DVBl 2000, 1614; Urt. d. Kammer v. 14.01.2003 - 5 K 1141/02 - , Beschl. d. Kammer v. 03.08.2004 - 5 K 1417/04 - m. w. N.). Diese Rechtsposition steht auch einer Kommanditgesellschaft zu (Urt. d. Kammer v. 14.01.2003, a.a.O.). Als inländische Personengesellschaft kann sich die Klägerin zumindest entsprechend Art. 19 Abs. 3 GG hinsichtlich der von ihr angestrebten Erwerbstätigkeit auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG berufen (vgl. BVerwG, Urt., v. 02.07.2003 - 3 C 46/02- NVwZ 2003, 1114). Dem steht auch nicht entgegen, dass im Verlaufe des gegen die Genehmigung vom 11.05.2004 gerichteten Widerspruchsverfahrens der ursprüngliche Komplementär - eine natürliche Person - ausgeschieden und stattdessen die B.-GmbH eingetreten ist. Denn hinsichtlich der Rechtspersönlichkeit der Klägerin als Kommanditgesellschaft hat sich dadurch nichts geändert. Es fand lediglich ein Wechsel des Komplementärs statt, der auch eine juristische Person, z. B. eine GmbH sein kann. Die GmbH & Co KG ist als Prototyp der Kommanditgesellschaft mit einer juristischen Person als persönlich haftendem Gesellschafter rechtlich eine Kommanditgesellschaft (Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 32. Auflage 2006, HGB § 161; RN 3, 10). Bei einer solchen Gesellschaft ist gem. §§ 161 Abs. 2, 124 Abs. 1 HGB die Gesellschaft Träger der Rechte und Pflichten aus der Genehmigung (Bidinger, Personenbeförderungsrecht B § 3, Anm. zu Abs. 1)
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2.
Soweit mit der Klage die der Beigeladenen am 11.05.2004 erteilte Linienverkehrsgenehmigung angefochten ist, ist diese auch begründet. Die Linienverkehrsgenehmigung und der hierauf bezogene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 15.06.2005 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Genehmigung hätte nicht unter Zugrundelegung der Bestimmungen des § 13 PBefG erteilt werden dürfen.
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Die Vorschriften, die die Anforderungen an den einzelnen Bewerber um die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung regeln, können die Freiheit der Berufswahl in Gestalt subjektiver und objektiver Zulassungsvoraussetzungen beschränken. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zumindest die grundlegenden Eignungsanforderungen und Auswahlgesichtspunkte selbst regeln muss. Die Verwirklichung der Grundrechte fordert auch eine dem Grundrechtsschutz angemessene komplementäre Verfahrensgestaltung (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.07.2003 - 3 C 46.02 - NJW 2003, 2696 mit Bezugnahme auf BVerfG, Urt. v. 18.06.1986, BVerfGE 73, 280, 296; BVerfG, Beschl. v. 17.04.1991, BVerfGE 84, 34 und 84, 59; vgl. ferner: BVerfG [1. Senat, 2. Kammer], Beschl. v. 14.01.2004, BVerfGK 2, 223 und Beschl. v. 04.03.2004, BVerfGK 3, 49). Das gilt auch für die Wahrung der Rechte der Konzessionsbewerber aus Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens kann unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung genommen werden. Deshalb muss das Verfahren, soll es den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügen, gewährleisten, dass tatsächlich von allen potentiellen Bewerbern derjenige gefunden wird, der am ehesten den gesetzten Anforderungen entspricht. Hinsichtlich der Erteilung von Linienverkehrgenehmigungen hat der nationale Gesetzgeber zwischen zwei „Genehmigungssystemen“ differenziert. Soweit eine Genehmigung für die Umsetzung einer Verkehrsleistung aufgrund einer Auferlegung oder Vereinbarung im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates erforderlich ist, ist der in § 13 a PBefG vorgezeichnete Weg zu beschreiten und diejenige Lösung zu wählen, die die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt (sog. Genehmigung bei gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen): In diesem Fall ist i. d. R. ein Ausschreibungs- und Vergabeverfahren nach den dort genannten Bestimmungen durchzuführen. Anderenfalls ist eine Genehmigungserteilung nach § 13 PBefG vorgesehen, die an das Vorliegen von den in § 13 Abs. 1 und 2 PBefG aufgestellten subjektiven und objektiven Zulassungsvoraussetzungen geknüpft ist (Genehmigung bei sog. eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistungen). Wird in einem Genehmigungswettbewerb - obgleich bei der Erteilung der Genehmigung der Weg des § 13 a PBefG hätte beschritten werden müssen - die Genehmigung nach § 13 PBefG vergeben, hat dies zur Folge, dass das durch § 13 a Abs. 2 PBefG geschützte Recht der Mitbewerber auf chancengleiche Teilnahme am Genehmigungswettbewerb verletzt ist (vgl. auch: BVerwG, Beschl. v. 06.04.2000, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 04.11.2005 - 7 B 11329/05; VG Karlsruhe, Urt. v. 14.01.2003, a.a.O.).
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Die im Rahmen der vorliegenden Genehmigungserteilung vom Beklagten getroffene, auf § 13 PBefG gestützte Auswahlentscheidung ist europarechtswidrig. Sie verstößt gegen Art. 1 Abs. 3 und Art. 1 Abs. 5, 1. Unterabsatz Satz 2 VO (EWG) Nr. 1191/69 des Rates über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs in der Fassung der VO (EWG) 1893/91 des Rates vom 20.06.1991 zur Änderung dieser Verordnung (im folgenden: VO (EWG) 1191/69). Diese Vorschrift ist für einen Mitgliedstaat bindend, denn nach Art. 249 Abs. 2 EG-Vertrag (EGV) gelten EG-Verordnungen in jedem Mitgliedstaat unmittelbar, ohne dass sie der Umsetzung in nationales Recht bedürfen. Die VO (EWG) 1191/69 stellt die Weiche dafür, ob eine Genehmigung nach § 13 PBefG erteilt werden darf oder das in § 13 a PBefG bezeichnete Auswahlverfahren beschritten werden muss.
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Die VO (EWG) 1191/69 ist dann anwendbar, wenn - wie vorliegend - durch die streitgegenständliche Genehmigung einem Verkehrsunternehmen auf dem Gebiet des Straßenverkehrs Verpflichtungen auferlegt werden, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind. Daher sind bei der Auferlegung dieser Verpflichtungen und der Gewährung von Ausgleichszahlungen die Vorgaben in den Abschnitten II bis IV der VO (EWG) 1191/69 zu beachten, wobei als Instrumentarium das nationale Recht die Erteilung einer Genehmigung nach § 13 a PBefG vorsieht (a.). § 8 Abs. 4 PBefG stellt keine (Teil-)Bereichsausnahme i. S. d. Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 dar (b.). Selbst wenn das nationale Recht mit § 8 Abs. 4 PBefG eine Ausnahme in diesem Sinne regeln würde, entspräche diese nicht den Anforderungen an die erforderliche inhaltliche Bestimmtheit (c.); zudem würde die Beigeladene auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen, deretwegen ein Unternehmen ausgenommen werden kann (d.).
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a.
Die VO (EWG) 1191/69 ist hier anwendbar, denn dem durch die Genehmigung begünstigten Unternehmen werden Verpflichtungen auferlegt, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind.
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Die VO (EWG) 1191/69 gilt für Verkehrsunternehmen, die Verkehrsdienste auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs betreiben (Art. 1 Abs. 1, 1. Unterabsatz). Die Beigeladene zählt - wie auch die Klägerin - zu diesen Unternehmen, da sie Verkehrsdienste zumindest auf dem Gebiet des Straßenverkehrs anbietet. Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 1191/69 verpflichtet die Mitgliedstaaten grundsätzlich, die auf dem Gebiet des Verkehrs auferlegten Verpflichtungen aufzuheben, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind. Dies sind nach der Definition des Art. 2 Abs. 2 VO (EWG) 1191/69 Leistungen, die das Verkehrsunternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde: darunter fallen die Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht. Im Stadt-, Vorort- und Regionalpersonenverkehr können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes beibehalten oder auferlegen. Allerdings legt Art. 1 Abs. 5, 1. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 fest, dass dabei die in den Abschnitten II bis IV der VO (EWG) 1191/69 festgelegten Bedingungen und Einzelheiten, einschließlich der Ausgleichsmethoden einzuhalten sind; insbesondere ist nach Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) 1191/69 bei mehreren Alternativen diejenige Lösung von den Behörden zu wählen, welche die geringsten Kosten für die Allgemeinheit verursacht. Im Übrigen sieht die VO (EWG) 1191/69 den Abschluss eines Vertrags über Verkehrsdienste nach Maßgabe des Abschnitts V als weitere Möglichkeit für die Regelung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes vor. Die VO (EWG) 1191/69 selbst knüpft ihre Anwendbarkeit nicht daran an, ob ein Verkehrsunternehmen eine gemeinwirtschaftliche oder eine eigenwirtschaftliche Verkehrsleistung erbringt. Das Begriffspaar eigenwirtschaftlich/gemeinwirtschaftlich ist nicht Gegenstand der Geltung bzw. Nichtgeltung der EG-VO (vgl. auch Gutachten der KCW GmbH, Berlin vom 24.02.2004 zur Anwendbarkeit der VO (EWG) Nr. 1191/69 in Deutschland [im folgenden: Gutachten KCW], ergänzende Stellungnahme vom 10.08.2004, S. 13,
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http://www.wirtschaft.hessen.de/irj/HMWVL_Internet?cid=324799753334e2d2f20230b7d47fceb3 |
KCW).Die VO (EWG) 1191/69 gilt für die Genehmigung und Finanzierung von allen Verkehren, die mit Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes wie Betriebs-, Tarif- und Beförderungspflicht verbunden sind (EuGH, Urt. v. 24.07.2003 - C-280/00 -, DVBl. 2003, 1206 [Altmark-Trans], RZ 12, 47, der EuGH nennt diese Verkehre „gemeinwirtschaftliche Verkehre“). Sollen Unternehmen einseitig Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes auferlegt werden, sind von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates sowohl die in den Abschnitten II bis IV der VO (EWG) 1191/69 geregelten Modalitäten für eine Auferlegung als auch für evtl. Ausgleichszahlungen zu beachten. |
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Die Beigeladene zählt - wie auch die Klägerin - zu den Unternehmen i. S. d. Art. 1 Abs. 1, 1. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69, da sie Verkehrsdienste zumindest auf dem Gebiet des Straßenverkehrs anbietet.
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Mit der Genehmigung werden auch Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflichten einseitig auferlegt. Betriebspflicht ist nach Art. 2 Abs. 3 VO (EWG) 1191/69 „die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, für die Strecken oder die Einrichtungen, deren Betrieb ihnen durch Konzession ... übertragen ist, alle Maßnahmen zu treffen, um eine Verkehrsbedienung sicherzustellen, welche festgesetzten Normen für die Kontinuität, die Regelmäßigkeit und die Kapazität entspricht.“ Beförderungspflicht wird nach Art. 2 Abs. 4 VO (EWG) 1191/69 als die Verpflichtung der Verkehrsunternehmen definiert, alle Personen- oder Güterbeförderungen zu bestimmten Beförderungsentgelten und -bedingungen anzunehmen und auszuführen. Tarifpflicht ist nach Art. 2 Abs. 5 VO (EWG) 1191/69 die „Verpflichtung der Verkehrsunternehmen, zur Anwendung von behördlich festgesetzten oder genehmigten, mit dem kaufmännischen Interesse des Unternehmens nicht zu vereinbarenden Entgelten, die sich insbesondere bei bestimmten Gruppen von Reisenden ... aus der Auferlegung ... von besonderen Tarifmaßnahmen ergeben.“ Die hier nach § 13 PBefG der Beigeladenen erteilte Genehmigung löst die genannten Pflichten aus. Die Beförderungspflicht, welche sich u. a. an Unternehmer von Linienverkehr richtet, wird gem. § 22 PBefG gesetzlich begründet, (vgl.: Bidinger, Personenbeförderungsrecht, B § 22 Nr. 2), wenn die Beförderungsbedingungen eingehalten werden, die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann. Bereits die als gesetzliche Folge der Linienverkehrsgenehmigung entstehende und inhaltlich mit der Beförderungspflicht i. S. d. Art. 2 Abs. 4 VO (EWG) 1191/69 deckungsgleiche Beförderungspflicht bewirkt, dass dem Unternehmer eine Verpflichtung i. S. d. Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 1191/69 auferlegt ist mit der Folge, dass bei der Genehmigungserteilung die Modalitäten der Abschnitte II bis IV der VO (EWG) 1191/69 zu beachten sind. Weiter trifft den Unternehmer gem. § 21 PBefG auch die Betriebspflicht: Diese Vorschrift begründet für den Unternehmer die Verpflichtung, den ihm genehmigten Betrieb aufzunehmen und während der Geltungsdauer der Genehmigung den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Stand der Technik entsprechend aufrechtzuerhalten (vgl. Art. 2 Abs. 3 VO (EWG) 1191/69). Schließlich entsteht mit der Genehmigung gem. § 39 PBefG auch das Genehmigungserfordernis für die Beförderungsentgelte (Tarifpflicht). Diese geht mit der gesetzlichen Verpflichtung einher, bestimmte Personengruppen preisvergünstigt (Schüler) oder kostenlos (Schwerbehinderte: § 145 SGB IX) und damit unrentabel zu befördern (vgl. Art. 2 Abs. 5, 1. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69). Dementsprechend ist auch mit Nr. 2 der in der angefochtenen Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen eine einseitige Festlegung erfolgt, welche das Verkehrsunternehmen an bestimmte Beförderungsentgelte bindet, und somit dem Unternehmen keine freie Gestaltungsmöglichkeit für die Leistungserbringung zubilligt. Denn dort heißt es ausdrücklich: „Es dürfen nur diejenigen Beförderungsentgelte erhoben werden, denen das Regierungspräsidium ... zugestimmt hat.“ Bereits die Auferlegung einer der genannten Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes führt dazu, dass die besonderen Vorschriften der VO (EWG) 1191/69 bei der Erteilung der Genehmigung zu beachten sind.
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Der Beigeladenen werden auch Ausgleichszahlungen für die aufgrund dieser Verpflichtungen entstehenden Nachteile gewährt. Sie bestätigte in der mündlichen Verhandlung, dass sie Ausgleichszahlungen nach § 45 a PBefG (für die Schülerbeförderung), Erstattungen für die Schwerbehindertenbeförderung und die gesetzlichen Erstattungs- und Ausgleichszahlungen erhält.
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Da demzufolge bei der Auferlegung der Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes die Vorgaben der VO (EWG) 1191/69 zu beachten sind, hätte der Beklagte bei der Entscheidung über die Vergabe der Linie ... keine Genehmigung nach § 13 PBefG erteilen dürfen; insbesondere hätte er das Auswahlverfahren anwenden müssen, welches zu der mit den geringsten Kosten für die Allgemeinheit einhergehenden Lösung führt. Dieses ist in § 13 a PBefG geregelt, der zum 1. Januar 1996 in das PBefG eingefügt worden ist. Gem. § 13 a Abs. 1 PBefG ist die Genehmigung zu erteilen, soweit diese für die Umsetzung einer Verkehrsleistung aufgrund einer Auferlegung oder Vereinbarung i. S. d. Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates erforderlich ist und dabei diejenige Lösung gewählt wird, die die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt. § 13 Abs. 1 und 2 Nr. 1 sowie § 14 PBefG sind anzuwenden. Als geringste Kosten für die Allgemeinheit i. S. d. Vorschrift gelten die von der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1705) ermittelten Kosten der zu beurteilenden Verkehrsleistung. Gem. § 13 a Abs. 2 PBefG ist die Genehmigung zu versagen, wenn für die Umsetzung der Verkehrsleistung i. S. d. Absatzes 1 nicht diejenige Lösung gewählt worden ist, die die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt, oder bei der Auferlegung oder Vereinbarung der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt worden ist. Das Verfahren zur Ermittlung der geringsten Kosten ist in der VO zur Anwendung von § 13 a Abs. 1 Satz 3 PBefG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1705) festgelegt. Daher ist in der Regel ein Vergabeverfahren nach VOL Tel A Abschnitt 1 vom 03.08.1993 (BAnz. Nr. 175 a v. 17.09.1993) durchzuführen (§ 1 Abs. 2 dieser VO). Daran fehlt es hier.
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b.
Eine Ausnahmeregelung, die es zuließe, der Beigeladenen die Genehmigung ohne Beachtung der Vorgaben der VO (EWG) 1191/69 zu erteilen, ist in den Vorschriften des nationalen Rechts nicht getroffen worden.
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Zwar gewährt Art. 1 Abs. 1 Unterabsatz 2 VO (EWG) 1191/69 den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Unternehmen, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Betrieb von Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten beschränkt ist, vom Anwendungsbereich der VO auszunehmen (sog. Bereichsausnahme). Eine Ausnahmebefugnis kann sich auf die Liniendienste im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr beziehen und diese insgesamt von der Anwendbarkeit der Abschnitte II bis IV der VO (EWG) 1191/69 ausnehmen, oder aber diese Ausnahmebefugnis auf die eigenwirtschaftlichen Verkehre beschränken (vgl. EuGH, Urt. v. 24.07.2003, a.a.O., RN 57, 51).
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Das deutsche Recht hat indes nicht (mehr) von der Möglichkeit einer Bereichsausnahme Gebrauch gemacht. § 8 Abs. 4 PBefG stellt keine derartige (Teil-)Bereichsausnahme dar. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr eigenwirtschaftlich zu erbringen. Soweit eine ausreichende Verkehrsleistung nicht eigenwirtschaftlich möglich ist, wird in Satz 3 die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 in der jeweils gültigen Fassung für anwendbar erklärt. Hieraus wird teilweise gefolgert, dass eigenwirtschaftliche Verkehre von der Anwendbarkeit der VO (EWG) 1191/69 ausgeschlossen seien und § 8 Abs. 4 PBefG eine (Teil-) Bereichsausnahme i. S. d. VO (EWG) 1191/69 begründe (Nieders. OVG, Urt. v. 16.09.2004 - 7 LB 3545/01; NVwZ-RR 2005, 105; VG Stade, Urt. v. 16.09.2004 - 1 A 463/03, NVwZ-RR 2005, 140; anders: OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 04.11.2005, a.a.O.). Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
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Dem Wortlaut nach ist in § 8 Abs. 4 PBefG keine explizite Teilbereichsausnahme ausgesprochen worden. Denn dann hätten darin
Unternehmen
(oder auch bestimmte Verkehre von Unternehmen), die ausschließlich im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr tätig sind, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen werden müssen (vgl. auch: Gutachten KCW S. 32). So hieß es auch in der bis 31.12.1995 geltenden Bestimmung, die eine Bereichsausnahme für diese Unternehmen vorsah: „Unternehmen, die Personenverkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen betreiben, sind vom Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 ... ausgenommen, wenn sie diese Tätigkeit ausschließlich auf Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste beschränken“ (§ 1 zur Festlegung des Anwendungsbereichs der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 i.d.F. der VO (EWG) Nr. 1893/91 vom 31.07.1992, BGBl. I S. 1442 sowie Verordnung vom 29.11.1994, BGBl. I, S. 3630, welche den Wortlaut der Bereichsausnahme-Verordnung beibehielt und den Zeitpunkt des Endes der Bereichsausnahme bis zum 31.12.1995 - dem Tag vor Inkrafttreten des reformierten Personenbeförderungsgesetzes - verschob). Statt dessen knüpft § 8 Abs. 4 PBefG an eigenwirtschaftliche
Verkehrsleistungen
an. Nach Art. 1 Abs. 1 Unterabsatz 2 VO (EWG) 1191/69 können jedoch nur
Unternehmen
ausgenommen werden, und deren Tätigkeit muss
ausschließlich
auf den Betrieb von Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten beschränkt sein.
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Soweit vertreten wird, der Europäische Gerichtshof habe in seiner Altmark Trans-Entscheidung die VO (EWG) 1191/69 so ausgelegt, dass nicht nur Unternehmen, die ausschließlich im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr tätig seien, von deren Anwendbarkeit ausgenommen werden könnten, sondern auch Verkehrsleistungen als solche (Sellmann/Wiemann im Gegengutachten zum Gutachten KCW, zitiert in: Gutachten KCW, ergänzende Stellungnahme, a.a.O., S.11), kann dem nicht gefolgt werden. Eine solche Aussage hat der Europäische Gerichtshof in der genannten Entscheidung nicht getroffen. Der Wortlaut der VO (EWG) 1191/69 ist eindeutig. Er stellt auf den Begriff des Unternehmens und nicht auf die erbrachte Verkehrsleistung ab. Ausgehend von dieser Vorgabe hat der Europäische Gerichtshof lediglich festgestellt, dass ein Mitgliedstaat die Ausnahmebefugnis für Liniendienste im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr auch eingeschränkt anwenden darf, d. h. in der Ausnahmebestimmung nicht die genannten Liniendienste insgesamt ausnehmen muss (sog. Teilbereichsausnahme). In diesem Sinne hält er es für grundsätzlich zulässig, dass bei eigenwirtschaftlichen Verkehrsleistungen ohne Einhaltung der in der VO (EWG) 1191/69 festgelegten Bedingungen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt und Zuschüsse gewährt werden können (EuGH, Altmark Trans, a.a.O., RN 57). Mit der auf „eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen nach deutschem Recht“ bezogenen Formulierung hat der Europäische Gerichtshof keinesfalls zum Ausdruck gebracht, dass bei der Ausnahmeoption auf die Verkehrsleistung abzustellen sei, sondern lediglich festgestellt, dass diese auf die Verkehrsleistung beschränkte Ausnahmemöglichkeit ein Minus zur Ausnahmeoption für das ganze Unternehmen sei (vgl.: Gutachten KCW, ergänzende Stellungnahme, a.a.O., S.11). Eine den Wortlaut erweiternde Auslegung des in Art. 1 Abs. 1 Unterabsatz 2 VO (EWG) 1191/69 geregelten Ausnahmetatbestands kommt nicht in Betracht, da Ausnahmetatbestände nach dem Grundsatz des „effet utile“ eng auszulegen sind und der Europäische Gerichtshof die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilbereichsausnahme mit der praktischen Wirksamkeit der mit der VO (EWG) 1191/69 verfolgten Ziele begründet hat (EuGH, Altmark Trans, a.a.O., RN 55).
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Auch aus dem Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 PBefG lässt sich nicht zwingend darauf schließen, dass mit dieser Bestimmung eine Teilbereichsausnahme getroffen werden sollte. Vielmehr kommt dieser Bestimmung die Differenzierungsfunktion zwischen den Genehmigungssystemen von § 13 PBefG und § 13 a PBefG zu: Nur wenn voraussichtlich keine Genehmigung für die im öffentlichen Interesse erforderliche Bedienung („ausreichende Bedienung“) auf eigenwirtschaftlicher Basis beantragt wird, ist Platz für die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Verkehre nach Maßgabe der Subsidiaritätsregelung in § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG. Die Eingriffskompetenz der Genehmigungsbehörde zur Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs durch Auferlegung und Vereinbarung von Pflichten des öffentlichen Dienstes nach Maßgabe der VO (EWG) 1191/69 soll auf das zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge erforderliche Maß eingeschränkt werden. So verstanden, gilt die VO (EWG) 1191/69 für alle Verkehre in Deutschland in vollem Umfang. Unter Betrachtung des nationalen Rechts läuft die in § 8 Abs. 4 PBefG getroffene Differenzierungsregelung auch nicht leer: Die Eingriffskompetenz für eigenwirtschaftlichen Verkehr wird nicht auf Null reduziert, denn die Regelungen zu eigenwirtschaftlichen Verkehren kommen bei real eigenwirtschaftlichen Verkehren im ÖPNV und in jedem Fall im Fernlinienverkehr zum Tragen (vgl. Gutachten KCW, a.a.O., S. 42 f.). Einer Interpretation des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG als Teilbereichsausnahme steht auch entgegen, dass Regelungsgegenstand die Verkehrsleistung im öffentlichen Personennahverkehr ist und daher auch Verkehrsleistungen von Unternehmen erfasst sein können, die zudem Fernverkehr oder verkehrsfremde Betätigungsfelder betreiben. Dieser Regelungsumfang ginge über das hinaus, was von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 gedeckt wäre. Eine derartige nicht mehr europarechtskonforme Auslegung des § 8 Abs. 4 PBefG als Bereichsausnahme verbietet sich bereits deswegen.
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Auch systematische Gesichtspunkte sprechen gegen die Annahme einer Teilbereichsausnahme. Der Gesetzgeber hat das Instrumentarium zur Festlegung einer Bereichsausnahme in § 57 Abs. 1 Nr. 7 PBefG dergestalt geregelt, dass das Verkehrsministerium im Wege einer Verordnung Ausnahmen über den Anwendungsbereich der VO (EWG) 1191/69 bestimmen kann. Im Zusammenhang mit der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Neufassung des § 8 Abs. 4 PBefG wurde das bisherige Instrumentarium für die Einführung einer Bereichsausnahme, nämlich § 57 Abs. 1 Nr. 7 PBefG beibehalten, ohne davon Gebrauch zu machen. Davon ausgehend wäre es systemwidrig, in der neu eingeführten Bestimmung des § 8 Abs. 4 PBefG eine Bereichsausnahme zu sehen. Hinzu tritt, dass namentlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 PBefG und der Ermächtigungsnorm nicht deckungsgleich sind (vgl. Gutachten KCW, a.a.O., S. 34 f.): Nach Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 dürfen nur Unternehmen, die ausschließlich Nahverkehrsdienste anbieten, ausgeschlossen werden; eine Teilbereichsausnahme müsste daher nach den auszunehmenden Unternehmen differenzieren. § 8 Abs. 4 PBefG knüpft jedoch an die (Eigenwirtschaftlichkeit der) Verkehrsleistungen an. Damit kann nicht per se gesagt werden, welches Unternehmen von dieser Vorschrift erfasst sein soll. Schließlich wird bei der Ausführung des § 8 Abs. 4 PBefG nicht der richtige „Akteur“ tätig. Die VO (EWG) 1191/69 ermächtigt den Mitgliedstaat zum Erlass einer Bereichsausnahme und differenziert zwischen Mitgliedstaat und zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. § 8 Abs. 4 PBefG wurde zwar vom Mitgliedstaat (deutscher Gesetzgeber) erlassen, indes ist es der ausführenden Behörde überlassen, über die Anwendung der VO (EWG) 1191/69 zu entscheiden (vgl. auch Gutachten KCW, a.a.O., S. 34). Ganz besonders deutlich wird dies im vorliegenden Fall. Hier tritt das Regierungspräsidium als zuständige Genehmigungsbehörde mit der an die Bewerber ergangenen Vorgabe, die Verkehrsleistung habe eigenwirtschaftlich zu erfolgen, als Entscheidungsträger über die Anwendbarkeit der VO (EWG) 1191/69 auf.
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Dem Willen des Gesetzgebers lässt sich ebenso wenig entnehmen, dass er mit § 8 Abs. 4 eine Bereichsausnahme erlassen wollte. Das Gesetz zur Einführung des § 57 Abs. 1 Nr. 7 PBefG im Jahr 1992 wollte eine angemessen befristete Bereichsausnahmeverordnung ermöglichen. Es wurde davon ausgegangen, dass durch die Neufassung der VO (EWG) 1191/69 im Jahr 1991, welche Art. 1 änderte und mit Abs. 2 die Verpflichtung zur Aufhebung von Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflichten einführte, eine Neuordnung der traditionellen Markt-, Finanzierungs- und Unternehmensstrukturen sowie deren Rechtsgrundlagen erforderlich werden wird. So heißt es: „Die hierfür erforderliche Zeit wird gewonnen durch eine Ausnahmeregelung, die die EG-Vorschrift selbst vorsieht und die durch Rechtsverordnung des Bundes mit einer angemessenen Befristung getroffen werden soll“ (BT-Drucks. 12/2573 S. 4). Auch die Begründung zur Bereichsausnahmeverordnung liefert keine Anhaltspunkte für die Absicht, die durch Verordnung zu schaffende Bereichsausnahme durch eine spätere neue Regelung im Personenbeförderungsgesetz zu ersetzen. So wird in der BR-Drucks. 419/92 S. 2 f. darauf abgestellt, dass die bestehenden Strukturen vorläufig aufrecht erhalten und erst nach Abstimmung mit allen Betroffenen unter Beachtung der Zielsetzung der EG-Vorschriften sachgerecht angepasst werden sollen (vgl. Gutachten KCW, a.a.O. S. 38).
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Soweit das Niedersächsische OVG (Urt. v. 16.09.2004, a. a. O.) und das VG Stade (Urt. v. 16.09.2004, a.a.O.) davon ausgegangen sind, dass § 8 Abs. 4 PBefG eine Bereichsausnahme darstellt, haben sie ihre Auffassung nicht begründet. Auch haben weder das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof vom 06.04.2000 (a.a.O.) noch der Europäische Gerichtshof in seiner Altmark Trans-Entscheidung (a.a.O.) eine Aussage darüber getroffen, ob es sich bei § 8 Abs. 4 PBefG um eine Bereichsausnahme handelt. Der Europäische Gerichtshof ging vielmehr davon aus, dass die deutschen Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich regeln, ob die VO (EWG) 1191/69 auch für die Erteilung von Genehmigungen eigenwirtschaftlicher Verkehrsleistungen mit Omnibussen gilt und unterstellte lediglich deren Nichtanwendung auf eigenwirtschaftliche Verkehre (Altmark Trans-Entscheidung, a.a.O., RN 50, 51).
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c.
Selbst wenn man unterstellt, dass es sich bei § 8 Abs. 4 PBefG um eine Teilbereichsausnahme handelt, würde diese nicht den Erfordernissen entsprechen, die an die hinreichende Bestimmtheit einer solchen Ausnahmevorschrift zu stellen sind.
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Zwar hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass die in der VO (EWG) 1191/69 gewährte Ausnahmebefugnis die Mitgliedstaaten nicht nur ermächtige, Liniendienste im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr von deren Anwendbarkeit gänzlich auszunehmen, sondern dass die Ausnahmebefugnis auch eingeschränkt angewendet werden könne. Um feststellen zu können, in welchem Fall eine solche Ausnahme gelte und in welchem Fall die VO (EWG) 1191/69 anwendbar sei, müsse jedoch in den nationalen Rechtsvorschriften klar festgelegt sein, in welchem Umfang von dieser Ausnahmebefugnis Gebrauch gemacht werde; für die Erfüllung des Erfordernisses der Rechtssicherheit müsse die Rechtslage für den Einzelnen ex ante hinreichend bestimmt und klar sein (EuGH, Altmark-Trans, RN 57- 59).
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Ob dies bei § 8 Abs. 4 PBefG der Fall ist, hat der Europäische Gerichtshof (Altmark-Trans, RN 60) zwar angezweifelt, die Prüfung jedoch dem zuständigen nationalen Gerichten überlassen.
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Eine hinreichend klare Bestimmung, welcher Sachverhalt von der Ausnahme erfasst sein soll, ist in § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG nicht getroffen worden (vgl. dazu auch: OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 04.11.2005, a.a.O.). Dies folgt daraus, dass das Personenbeförderungsgesetz keine objektiven Kriterien zur Beantwortung der Frage enthält, wann ein bezuschusster Verkehr eigen- oder gemeinwirtschaftlich zu genehmigen ist. Die Frage, ob die VO (EWG) 1191/69 anwendbar ist, wird hier nicht von vornherein durch im Personenbeförderungsgesetz, namentlich in § 8 Abs. 4 PBefG festgelegte Kriterien entschieden, sondern durch den Verkehrsunternehmer und/oder den Aufgabenträger. Für den Fall, dass ein solches Wahlrecht des Unternehmers besteht und die nationalen Rechtsvorschriften nicht klar und bestimmt regeln, in welchem Fall Genehmigungen unter die eine oder die andere Regelung fallen, muss es eine rechtssichere Abgrenzung geben (Altmark Trans, RN 62) Es muss ex ante rechtssicher prognostizierbar sein, ob eine Ausnahme besteht. Bei der Prüfung, ob eine ausreichende Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich i. S. d. § 8 Abs. 4 PBefG möglich ist, steht das Ergebnis eigentlich erst am Ende des Verfahrens fest. Fraglich ist bereits, wann eine ausreichende Verkehrsbedienung gegeben ist. Was ausreichend ist, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls für einen bestimmten Zeitraum entschieden werden. Eine trennscharfe Abgrenzung, was noch ausreichend oder nicht mehr ausreichend ist, wird nicht möglich sein. Vielmehr wird es zur Bestimmung der „ausreichenden Verkehrbedienung“ aufgrund der dem Begriff immanenten gestalterischen und planerischen Elemente erforderlich sein, kontinuierlich neu zu bestimmen, ob ein Angebot als ausreichend anzusehen ist und bei mehreren Bewerbern, welches von den Angeboten ausreichend, noch ausreichend oder nicht mehr ausreichend ist (vgl. auch: Gutachten KCW, a.a.O., S. 54 ff.). Bei der Bewertung und Gewichtung von Verkehrsbedürfnissen hat die Genehmigungsbehörde einen Beurteilungsspielraum. Davon, dass der Genehmigungsbehörde ein Spielraum bei der Gestaltung einer Verkehrsbedienung zusteht, geht auch das Bundesverwaltungsgericht aus (BVerwG, Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 31.87 - Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 29; Beschl. v. 02.10.1991 - 7 B 59.91 - Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 33). Zwar betreffen diese Entscheidungen die von der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Prüfung, ob eine Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen i. S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG vorliegt, vorgenommene Beurteilung der Verkehrsbedürfnisse. Indes sind die Erwägungen auch auf die Prüfung übertragbar, ob eine ausreichende Verkehrsbedienung i. S. d. § 8 Abs. 4 PBefG sichergestellt ist. Auch hier hat die Behörde im Konflikt zwischen verschiedenen öffentlichen Verkehrsinteressen eine abwägende (planerische) Entscheidung zu treffen; sie hat die Verkehrsbedürfnisse zu ermitteln und zu bewerten, um dann zu entscheiden, ob und in welchem Maß sie befriedigt werden können und sollen. Selbst wenn man dem nicht folgt und den Begriff der ausreichenden Verkehrsbedienung als unbestimmten, der vollen gerichtlich Überprüfung zugänglichen Rechtsbegriff ansähe, wird ex ante eine hinreichend rechtssichere Beantwortung der Frage, ob eine ausreichende Verkehrsbedienung vorliegt, nicht möglich sein. Denn auch dann wird es Fallkonstellationen geben, bei denen es der Auslegung überlassen ist, ob diese unter das Tatbestandsmerkmal fallen. Erfahrungsgemäß gibt es bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe immer wieder Streitpunkte, ob bestimmte Fallkonstellationen darunter subsumiert werden können mit der Folge, dass eine obergerichtliche Klärung erforderlich wird. Zudem wird sich auch erst nach Klärung, wann eine ausreichende Bedienung vorliegt, zeigen, ob diese eigenwirtschaftlich erfolgen kann. Demzufolge wird erst nach Durchführung des Marktzugangsverfahrens (Ausschreibung oder Genehmigungswettbewerb) feststehen, ob die Bewerber in den Anwendungsbereich der VO (EWG) 1191/69 fallen oder ausgenommen sind. Schließlich kommt noch hinzu, dass das Personenbeförderungsgesetz keine klare begriffliche Abgrenzung dafür enthält, was unter gemeinwirtschaftlichem Verkehr zu verstehen ist. Eine Definition dessen, was gemeinwirtschaftlicher Verkehr ist, findet sich nicht im Personenbeförderungsgesetz (vgl. zur Abgrenzung: Karnop, Der Begriff der „gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistung“ nach § 13 a PBefG, DVBl 2004, 160 ff.).
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Soweit das Niedersächsische OVG (Urt. v. 16.09.2004 - 7 LB 3545/01 NVwZ-RR 2005,105) § 8 Abs. 4 PBefG als eine hinreichend bestimmte Ausnahmeregelung ansieht, kann dessen Argumentation nicht gefolgt werden. Das OVG stellt seinem Ergebnis die (nicht begründete) Auffassung voran, dass die VO (EWG) 1191/69 für den eigenwirtschaftlichen Verkehr nicht gelte. Das OVG führt weiter aus, § 8 Abs. 4 PBefG enthalte eine klare Differenzierung der beiden Verkehrsarten, eigenwirtschaftliche und gemeinwirtschaftliche Verkehre schlössen sich gegenseitig aus. Gemeinwirtschaftliche Verkehre kämen nur subsidiär in Betracht, wenn eine ausreichende Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich nicht möglich sei. Nach diesem Stufenverhältnis habe der Unternehmer ein Wahlrecht nur insofern, als er entscheiden könne, ob er den Verkehr eigenwirtschaftlich betreiben wolle. Demgegenüber sei es Sache des Aufgabenträgers, wenn festgestellt werde, dass durch eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen eine ausreichende Verkehrsbedienung nicht zustande komme, die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen zu veranlassen, indem er entsprechende Vereinbarungen treffe oder dem Verkehrsunternehmen die Erfüllung der entsprechenden Pflichten auferlege. Dabei sei die Frage der Finanzierung nicht Gegenstand des personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens, sondern dies werde auf subventionsrechtlicher Schiene abgewickelt. Bereits der Ansatz des Niedersächsischen OVG, dass die VO (EWG) 1191/69 nach eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehren unterscheidet, ist so nicht richtig: Die VO (EWG) 1191/69 selbst kennt - wie ausgeführt - die Begriffe eigenwirtschaftlicher/gemeinwirtschaftlicher Verkehr nicht. Sofern der Europäische Gerichtshof den (ebenfalls nicht in der VO (EWG) 1191/69 genannten) Begriff „gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“ verwendet (Altmark Trans-Entscheidung, a.a.O, vgl. etwa RN 32), gebraucht er diesen als Synonym zu den in Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 1191/69 genannten Verpflichtungen, die mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbunden sind und meint damit die Tarif-, Beförderungs- und Dienstleistungspflichten (vgl. Gutachten KCW, Ergänzende Stellungnahme S. 13; Lindner, Anm. zu EuGH „Altmark Trans“, BayVBl 2004, 171,176 FN 16). Auch die Auffassung des Niedersächsischen OVG, dass Finanzierungsfragen - und damit die Prüfung der Eigenwirtschaftlichkeit - nicht Gegenstand der Genehmigungserteilung sein können, ist nicht zutreffend. Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass Finanzierung und Genehmigung untrennbar miteinander zusammenhängen und daher schon die Genehmigung und das dieser vorgelagerte Verfahren den Anwendungsbereich der VO (EWG) 1191/69 tangiert (Altmark Trans-Entscheidung, a.a.O., RN 47, 65). Auch die Begründung des Niedersächsischen OVG für die Entbehrlichkeit einer Überprüfung der Eigenwirtschaftlichkeit im Genehmigungsverfahren, nämlich dass die Genehmigungsbehörden praktisch vor unlösbare Aufgaben gestellt würden, überzeugt nicht angesichts dessen, dass Probleme tatsächlicher Erkenntnis nicht die Rechtsanwendung determinieren dürfen und derartige Aufgabenstellungen von der Rechtsprechung, u. U. unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe lösbar sind. Auch dem VG Stade (Urteil vom 16.09.2004 - 1 A 463/03 - NVwZ-RR 2005,140), das § 8 Abs. 4 Satz 3 PBefG für eine wirksame Teilbereichsausnahme hält, ist nicht zu folgen. Eine tragfähige Herleitung, dass § 8 Abs. 4 PBefG erstens eine Teilbereichsausnahme darstellt und zweitens den an eine hinreichende Rechtssicherheit zu stellenden Anforderungen entspricht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Vielmehr stellt das VG Stade darauf ab, dass die in § 8 Abs. 4 PBefG genannten Erträge aus gesetzlichen Ausgleichs- und Erstattungsregelungen im Tarif und Fahrplanbereich klar abgrenzbar seien und der Annahme der Eigenwirtschaftlichkeit deswegen nicht entgegenstünden, weil diese Zuschussmöglichkeiten jedem Unternehmen in gleicher Weise eingeräumt würden und daher nicht geeignet seien, Wettbewerbsverzerrungen herbeizuführen. Die Frage, inwieweit die als eigenwirtschaftlich nach § 8 PBefG eingestuften Einnahmen hinreichend bestimmt und ob die fraglichen Zuschüsse gegen europäisches Primärrecht, etwa Art. 92 Abs. 1 EG-Vertrag, verstoßen, wird jedoch erst mit der Bejahung einer hinreichend bestimmten Bereichsausnahme, die die Anwendung des Sekundärrechts sperren würde, relevant; erst dann hätte die Prüfung zu erfolgen, ob die fraglichen Zuschüsse gegen Bestimmungen des EG-Vertrags verstoßen.
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Abgesehen davon wären, selbst wenn man davon ausginge, § 8 Abs. 4 PBefG stelle eine hinreichend bestimmte Bereichsausnahme dar, nach nationalem Recht von der Genehmigungsbehörde zunächst hinreichende Feststellungen zur Eigenwirtschaftlichkeit des Unternehmens zu treffen. Dies ist nicht geschehen.
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d.
Selbst unter der Annahme, § 8 Abs. 4 PBefG stelle eine hinreichend rechtssichere (Teil-) Bereichsausnahme dar, wären dessen tatbestandliche Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Beigeladene ist kein Unternehmen, auf das eine Teilbereichsausnahme anwendbar ist.
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§ 8 Abs. 4 PBefG selbst differenziert zwar nicht nach Unternehmen, die unter eine (Teil-) Bereichsausnahme fallen können, sondern stellt auf die Eigenwirtschaftlichkeit des Verkehrs ab. Nach der unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 können aber nur solche Unternehmen von einer Bereichsausnahme erfasst werden, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Betrieb von Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten beschränkt ist. Fasst man § 8 Abs. 4 PBefG als (Teil-)Bereichsausnahme auf, muss insoweit als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung gelten, dass Subjekt der Teilbereichsausnahme nur ein Unternehmen i. S. d. Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 sein kann.
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Die Beigeladene zählt nicht zu diesen Unternehmen. Ihre Tätigkeit ist nicht ausschließlich auf den Betrieb von Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdiensten beschränkt. Denn die Beigeladene hat - außer dem Regionalverkehr - noch weitere Standbeine: So geht aus ihrer Homepage (...) hervor, dass sie - was von ihrem Vertreter in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt wurde - auch Ausflugsverkehr betreibt. Da Art. 1 Abs. 1 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 für eine Bereichsausnahme voraussetzt, dass sich das betreffende Unternehmen
ausschließlich
auf dem Gebiet des Personennahverkehrs betätigt, kommt es nicht darauf an, ob - wie von der Beigeladenen geltend gemacht - der Ausflugsverkehr lediglich als untergeordneter Erwerbszweig betrieben wird. Allein der Umstand, dass die Beigeladene neben dem Personennahverkehr ein weiteres Betätigungsfeld hat, führt dazu, dass sie nicht zu den Unternehmen gehören kann, die unter eine Bereichsausnahme fallen. Abgesehen davon zählt die Beigeladene auf ihrer Homepage noch weitere Erwerbszweige auf, die nicht zum Regionalverkehr gehören. Danach beschreibt sie sich wie folgt: „Als überregionales Omnibusunternehmen verfügen wir über großes Know-how in der Busvermietung. Hierbei haben wir uns schon einen guten Namen gemacht. Wir halten für Sie Fahrzeuge verschiedener Typen bereit bis hin zum komfortablen, komplett ausgestatteten Fernreisebus. An dieser Stelle möchten wir Ihnen unseren neuen "Reise" - Service vorstellen. Wir bieten Ihnen wie bisher die Busgestellung in alle Zielgebiete an.“ In einer gesonderten Rubrik „Reisen und Ausflüge“ bietet die Beigeladene insbesondere für Gruppen an: „individuelle Reiseausarbeitung zum Ziel Ihrer Wahl in Tages- oder Mehrtagesreisen, Buchung der Unterkünfte und Verpflegung, Ausarbeitung von Ausflügen und Besichtigungen vor Ort, auf Wunsch Reiseleiterbegleitung“ und führt weiter aus: „Als Verkehrsmittel bieten wir Ihnen von den gängigen wie Bus, Bahn, Schiff oder Fähre bis hin zum Hovercraft, Heißluftballon, Zeppelin, Seilbahn u.v.m“. Unabhängig davon kommt hinzu, dass die Beigeladene - wie aus der ihrem Genehmigungsantrag der Beigeladenen beigefügten Broschüre hervorgeht - eine Tochtergesellschaft der DB Regio ist. Da bei dem Begriff des „Unternehmens“ i. S. d. Art. 1 Abs. 1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 europarechtlich nicht auf den einzelnen Betrieb abzustellen, sondern eine Konzernbetrachtung vorzunehmen ist (vgl. Gutachten KCW, a.a.O., S. 15 f.), wird die Beigeladene auch deswegen nicht vom Anwendungsbereich einer Bereichsausnahme erfasst, denn die Deutsche Bahn AG ist nicht ausschließlich im Personennahverkehr tätig.
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Schließlich müsste als weitere Voraussetzung der von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellte Verkehr eigenwirtschaftlich i. S. d. § 8 Abs. 4 PBefG betrieben sein und eine ausreichende Verkehrsbedienung sichern. Feststellungen insbesondere zur Eigenwirtschaftlichkeit hat der Beklagte, wie er in der mündlichen Verhandlung ausführte, jedoch nicht getroffen, sondern die Eigenwirtschaftlichkeit vorausgesetzt. Alleine der Umstand, dass sich die Erlöse für die von der Genehmigung erfassten Linie anhand einer abstrakten vom Verkehrsverbund ... zugrunde gelegten Berechnung ermitteln lassen, vermag hinreichende Feststellungen der Genehmigungsbehörde zur Frage, ob das konkrete Unternehmen die fragliche Linie eigenwirtschaftlich bedienen kann, nicht zu ersetzen. Denn insoweit hängt die Eigenwirtschaftlichkeit auch von weiteren unternehmensinternen Faktoren ab, wie z. B. dem Kostenaufwand für sächliche und personelle Mittel, und es wird auch ein gewisser Gewinn zu fordern sein, den die Linie abwirft (vgl. hierzu: VG Freiburg, Beschl. v. 12.11.1999 - 3 K 2269/99). Sollten - ferner - Zuschüsse in die Berechnung mit einfließen, dürfen diese keine nach Art. 92 EG unzulässige Subventionierung darstellen. Danach sind grundsätzlich staatliche Beihilfen unzulässig, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen. Öffentliche Zuschüsse, die den Betrieb von Liniendiensten im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr ermöglichen sollen, fallen nicht unter diese Bestimmung, soweit sie als Ausgleich anzusehen sind, der die Gegenleistung für Leistungen darstellt, die von den begünstigten Unternehmen zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden. Ob dies des Fall ist, ist am Maßstab der vier vom Europäischen Gerichtshof in der Altmark Trans-Entscheidung (a.a.O, RN 95) entwickelten Kriterien zu prüfen.
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Auch insoweit sind vom Beklagten keine Feststellungen getroffen worden. Das Gericht hat allerdings keinen Anlass, von Amts wegen eine solche Überprüfung der Zuschüsse vorzunehmen, da - selbst wenn man das Vorliegen der Eigenwirtschaftlichkeit bejahte und sich kein Verstoß gegen das Subventionierungsverbot feststellen ließe - die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung an die Beigeladen aus den oben genannten Gründen rechtswidrig ist.
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3.
Wäre die Genehmigung auf der Grundlage des § 13 PBefG zu erteilen, wäre diese rechtswidrig. Die vom Regierungspräsidium getroffene Entscheidung, die Genehmigung an die Beigeladene zu erteilen, ist ermessensfehlerhaft und verletzt dadurch zugleich das nach §§ 2, 13 PBefG gewährleistete Recht der Klägerin auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung.
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a. Offen bleiben kann, ob die Genehmigung auch an formellen Mängeln leidet. Soweit die Klägerin rügt, sie sei nicht zu den Genehmigungsanträgen der Konkurrenten angehört worden, wohingegen nach § 14 PBefG anhörungsberechtigte Mitbewerber, darunter auch die Beigeladene, in die Anhörung miteinbezogen worden sind, wird sich allerdings eine Rechtsverletzung durch die unterbliebenen Informationen über ihre Mitbewerber nicht herleiten lassen. Ein Recht, zu den Anträgen mitkonkurrierender Unternehmen angehört zu werden, wird insbesondere nicht durch § 14 PBefG gewährt. Die Klägerin gehört nicht zum Kreis der Unternehmen, die nach der hier einschlägigen Bestimmung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 PBefG von der Genehmigungsbehörde vor der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Genehmigung für die Beförderung von Personen mit Obussen im Linienverkehr anzuhören sind. Darunter fallen die Unternehmen, die im Einzugsbereich des beantragten Verkehrs Eisenbahn-, Straßenbahn-, Obusverkehr oder Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen betreiben. Die Klägerin betreibt jedoch im Einzugsbereich der Linie ... keinen Linienverkehr. Demgegenüber ist die Beigeladene im ganzen ...-Kreis im Linienverkehr mit Obussen und damit auch im Einzugsbereich der Linie ... tätig. Eine Verletzung des § 28 Abs. 1 LVwVfG scheidet ebenfalls aus. Danach ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Vorschrift kann nach ihrem Sinngehalt grundsätzlich nur für solche beschwerenden Verwaltungsakte gelten, mit denen die Behörde in die Rechtssphäre des Bürgers eingreift und gegen die dem Bürger die Anfechtungsklage zusteht (sogenannte "Eingriffsverwaltung"). Sie kann auf die einen Antrag ablehnenden Verwaltungsakte der "Leistungsverwaltung" nicht entsprechend angewandt werden (BVerwG, Urt. v. 30.04.1981 Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 3). Auch ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf entsprechende Informationen über einen Konkurrenten besteht nicht. Einen Informationsanspruch eines potentiellen Verfahrensbeteiligten im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens hat zwar das Bundesverwaltungsgericht aus dem Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG im Hinblick auf die einem Mitbewerber zu gewährende Chancengleichheit mit den Altkonzessionären hergeleitet (Urt. v. 02.07.2003 - 3 C 46/02 - hinsichtlich der Geltungsdauer der von der Genehmigungsbehörde erteilten Linienverkehrsgenehmigungen), dessen Umfang aber auf den Rahmen beschränkt, der für ein Unternehmen erforderlich ist, um sachgerecht die Frage prüfen und entscheiden zu können, ob und in welchen Umfang es sich um eine behördliche Genehmigung bewirbt. Hieraus folgt jedoch nicht, dass einem Konkurrenten in jedem Stadium des Bewerbungsverfahrens sämtliche über die Mitkonkurrenten vorhandenen Informationen offen zu legen sind.
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Soweit die Klägerin darauf abstellt, das Bewertungsraster sei ihr nicht vorab zur Kenntnis gegeben worden, braucht hier nicht entschieden zu werden, ob eine Verpflichtung zur vorherigen Offenlegung durch die Genehmigungsbehörde besteht. Allerdings darf die Genehmigungsbehörde nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass ein Kriterium, auf das sie bei ihrer Auswahlentscheidung abstellen will, von einem Bewerber erfüllt oder nicht erfüllt ist. Insbesondere darf sie nicht - wie im vorliegenden Genehmigungsverfahren den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung zufolge geschehen - untätig bleiben, wenn ein Bewerber zu den geforderten (aber ihm nicht bekannten) Kriterien keine Angaben gemacht hat. Vielmehr ist die Genehmigungsbehörde im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet aufzuklären, ob die Bewerber die Kriterien, auf die sie abstellen will, erfüllen oder nicht.
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b. Erfolgt die Genehmigungserteilung nach § 13 PBefG, muss der zur Genehmigung gestellte Verkehr eigenwirtschaftlich i. S. d. § 8 Abs. 4 PBefG betrieben und eine ausreichende Verkehrsbedienung gesichert sein. Das Vorliegen der Eigenwirtschaftlichkeit des Verkehrs i. S. d. § 8 Abs. 4 PBefG ist ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung, da § 8 Abs. 4 PBefG die Abgrenzung zum Verfahren nach § 13 a PBefG setzt (vgl. dazu auch: Karnop, Der Begriff der „gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistung“ nach § 13 a PBefG, DVBl 2004, 160). Hinreichende Feststellungen, ob der von der von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellte Verkehr eigenwirtschaftlich betrieben wird, hat der Beklagte - wie bereits oben (Punkt I. 2. d) ausgeführt - nicht getroffen. Eine Klärung im gerichtlichen Verfahren war jedoch deswegen nicht geboten, weil die angefochtene Genehmigung schon aus anderen Gründen als der fehlenden Eigenwirtschaftlichkeit keinen Bestand haben kann (s. I. 2.).
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c. Abgesehen von der Frage der Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsleistung kann die gem. § 13 PBefG erteilte Genehmigung auch aus anderen Gründen keinen Bestand haben. Zwar besteht kein Anlass zu Zweifeln am Vorliegen der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG bei der Beigeladenen. Es liegt auch kein zwingender Versagungsgrund nach § 13 Abs. 2 PBefG vor. Indes ist die Auswahlentscheidung vom Regierungspräsidium ermessensfehlerhaft getroffenen worden.
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Bei der für die Entscheidung über das Vorliegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen i. S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG erforderlichen Bewertung und Gewichtung von Verkehrsbedürfnissen hat die Genehmigungsbehörde einen Beurteilungsspielraum. Sie hat im Konflikt zwischen verschiedenen öffentlichen Verkehrsinteressen eine abwägende (planerische) Entscheidung zu treffen. Dazu hat sie zuvor die örtlichen und die überörtlichen Verkehrsbedürfnisse zu ermitteln und zu bewerten, um dann zu entscheiden, ob und in welchem Maß sie befriedigt werden können und sollen. Diese Entscheidung unterliegt ähnlich wie andere planerische Verwaltungsentscheidungen nur beschränkter gerichtlicher Kontrolle. Erfüllen mehrere Bewerber für dieselbe Linie die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 1 PBefG und liegt kein zwingender Versagungsgrund nach § 13 Abs. 2 PBefG vor, kann jedoch nur einer der Bewerber zum Zug kommen, hat die Genehmigungsbehörde nach Ermessen auszuwählen und zu entscheiden, wem sie die Genehmigung erteilt, wobei vorrangig die öffentlichen Verkehrsinteressen einschließlich der Frage der Kostengünstigkeit zu berücksichtigen und die langjährige beanstandungsfreie Bedienung einer Linie durch einen Bewerber nach § 13 Abs. 3 PBefG “angemessen“ zu berücksichtigen sind (BVerwG, Urt. v. 17.01.1969, - VII C 74.67 - BVerwGE 31, 184; Beschl. v. 18.06.1998, 1998 - 3 B 223.97 - Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 35 S. 3; Beschl. v. 06.04.2000, a. a. O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.05.1995, 3 S 886/94 - TranspR 1997, und Urt. v. 18.05.2000 - 3 S 812/99 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.02.2006 - 3 S 2407/05, VBlBW 2006, 240; VG Freiburg, Urt. v. 18.12.2002 - 1 K 2400/99). Eine Prüfung der Finanzierung der von der Beigeladenen und ihren Mitbewerbern zur Genehmigung gestellten Verkehre ist jedoch nicht erfolgt. Die Auswahlentscheidung ist demzufolge jedenfalls wegen unzureichender Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungsmaterials ermessensfehlerhaft. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte bei seiner Auswahlentscheidung neben quantitativen auch qualitative Kriterien heranziehen durfte und ob er auch ansonsten das Abwägungsmaterial vollständig erfasst hat.
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Die mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 11.05.2004 (46a4-3872.1-1/858) erfolgte Ablehnung der Erteilung der von der Klägerin beantragten Linienverkehrgenehmigung ist allerdings im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Beantragt hat die Klägerin unter dem 27.02.2004 die Erteilung einer Genehmigung nach § 13 PBefG. Eine Genehmigung nach § 13 PBefG hätte jedoch nicht erteilt werden dürfen, vielmehr hätte über die Erteilung einer Genehmigung nach dem in § 13 a PBefG vorgezeichneten Verfahren entschieden werden müssen. Da sich auch das Begehren der Klägerin an § 13 a PBefG messen lassen muss und dessen Voraussetzungen ohne die grundsätzlich vorher notwendige Durchführung eines gesonderten in der Verordnung zur Anwendung von § 13 a Abs. 1 Satz 3 PBefG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1705) geregelten Vergabeverfahrens nicht erfüllt sind, bleibt die Verpflichtungsklage insgesamt ohne Erfolg; es kommt auch kein Bescheidungsurteil in Betracht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 07.04.1998 - A 1/4 S 221/97 - juris, S. 11).
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Dass die Antragsgegnerin in der angefochtenen Verfügung die Ablehnung auf andere Gründe gestützt hat, führt nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, bestimmt sich vielmehr nach dem materiellen Recht und nicht danach, welches Recht die Verwaltung (in Erfüllung ihrer formellen Begründungspflicht, vgl. § 39 Abs.1 LVwVfG) herangezogen hat. Ist der Entscheidungssatz eines Verwaltungsakts zwar bei Anwendung der von der Behörde herangezogenen Vorschrift fehlerhaft, erweist er sich aber bei Heranziehung einer anderen Rechtsgrundlage als zutreffend, ohne dass am Ausspruch etwas Wesentliches geändert werden muss, ist der Verwaltungsakt, wenn für die Anwendung des richtigen Rechts alle für die richtige Rechtsgrundlage geltenden formellen und materiellen Voraussetzungen vorliegen, nicht rechtswidrig (zum Rechtswidrigkeitsbegriff des § 113 VwGO sowie zur sog. „schlichten Rechtsanwendung“, die einer Umdeutung vorgeht: BVerwG, Urt. v. 19.08.1988 - 8 C 29/87 - NVwZ 1989, 471).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 und Abs. 2, 154 Abs. 3 VwGO. Hierbei bewertet die Kammer die Erfolgsquote des Klägers aufgrund der vorrangigen Bedeutung der Anfechtungsklage gegen die im Bescheid des Regierungspräsidiums vom 11.05.2004 (Az.: 46a4-3872.1-1/857) enthaltene Linienverkehrsgenehmigung mit der Hälfte. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich am Kostenrisiko beteiligt hat, waren ihr sowie dem Beklagten die Kosten jeweils hälftig (d.h. insgesamt jeweils zu einem Viertel) aufzuerlegen. Die Kammer sieht davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
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Die Berufung ist zuzulassen, denn die Frage, ob § 8 Abs. 4 PBefG eine Bereichsausnahme i. S. d. Art. 1 Abs.1, 2. Unterabsatz VO (EWG) 1191/69 darstellt, hat grundsätzliche Bedeutung (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Diese entscheidungserhebliche Frage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt.
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Der ...-Kreis oder der Zweckverband Verkehrsverbund ... waren nicht notwendig beizuladen (§ 65 Abs. 2 VwGO). Das Gericht sah auch keine Veranlassung, der Anregung des ...-Kreises zu folgen und diesen in Form der einfachen Beiladung (§ 65 Abs. 1 VwGO) am Verfahren zu beteiligen.
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Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 04.07.2005 gem. §§ 52 Abs. 1 und 2, 39 GKG auf EUR 25.000,-- festgesetzt. Hierbei ging die Kammer für den die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis betreffenden Streitgegenstand mangels anderweitiger Anhaltspunkte von dem Regelstreitwert aus; für den die Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung betreffenden Streitgegenstand waren EUR 20.000,-- festzusetzen (in Anlehnung an Nr. 47.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 07./08. Juli 2004; VBlBW 2004, 467; DVBl. 2004, 1525; NVwZ 2004, 1327).
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