Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 5 K 1338/13

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 32.981,65 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die am ...1947 geborene Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes den Antragsgegner zu verpflichten, ihren Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum Ablauf des 31.07.2014 hinauszuschieben.
Die Antragstellerin ist als Oberstudienrätin im Dienst des Antragsgegners tätig. Ihr Eintritt in den Ruhestand gemäß § 25 BeamtStG i.V.m. § 50 Abs. 2 LBG a.F. mit Ablauf des 31.07.2011 wurde auf ihre Anträge hin gemäß § 39 Satz 1 Nr. 1 LBG mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11.01.2011 zunächst um ein Jahr bis zum Ablauf des 31.07.2012 und mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.03.2012 um ein weiteres Jahr bis zum Ablauf des 31.07.2013 hinausgeschoben.
Mit nicht datiertem Antrag beantragte die Antragstellerin die nochmalige Hinausschiebung des Ruhestands um ein weiteres Jahr. Dieser Antrag ging am 28.02.2013 beim Regierungspräsidium Karlsruhe ein. Mit Verfügung vom 15.04.2013 lehnte das Regierungspräsidium diesen Antrag ab: Die Antragstellerin habe ihren Antrag nicht rechtzeitig gestellt. Mit Schreiben vom 22.04.2013 legte die Antragstellerin gegen diese Verfügung „Einspruch“ ein: Sie bitte die geringfügige Versäumung der Antragsfrist zu entschuldigen; bei der Sechs-Monats-Frist (des § 39 Satz 2 LBG) handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist, die Personalverwaltung könne daher jederzeit auch bei einem später gestellten Antrag den Ruhestandseintritt hinausschieben.
Mit Bescheid vom 08.05.2013 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück: Bei der in § 39 Satz 2 LBG festgesetzten Frist handele es sich nicht um eine Ordnungsfrist, sondern um eine Ausschlussfrist. Der Widerspruchsbescheid wurde der Antragstellerin am 11.05.2013 zugestellt.
Am 04.06.2013 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage mit dem Antrag erhoben, das beklagte Land zu verpflichten, ihren Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze um ein weiteres Jahr, längstens bis zum Ablauf des 31.07.2014 hinauszuschieben (Az.: 5 K 1339/13). Gleichzeitig hat sie um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht und beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihren Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Antrag vom 28.02.2013, längstens bis zum Ablauf des 31.07.2014 hinauszuschieben.
Zur Begründung führt sie aus: Richtig sei, dass sie die Sechs-Monats-Frist des § 39 Satz 2 LBG nicht eingehalten habe. Ihr Antrag hätte spätestens zum 31.01.2013 beim Regierungspräsidium Karlsruhe gestellt werden müssen. Grund für ihren verspäteten Antrag sei Unkenntnis über die entsprechende Gesetzesänderung im Dienstrechtsreformgesetz „vom 09.10.2012“ (gemeint wohl vom 09.11.2010) gewesen. Erst durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30.01.2013 (Az.: 4 S 1519/12) habe sie erfahren, dass ein Rechtsanspruch auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand bis zur Vollendung des 68. Lebensjahrs möglich sei, soweit dienstliche Interessen nicht entgegenstünden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei sie davon ausgegangen, dass eine weitere Hinausschiebung ihres Ruhestands über den 31.07.2013 hinaus nicht möglich sei. Bei der Sechs-Monats-Frist des § 39 LBG handele es sich ferner entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums Karlsruhe nicht um eine Ausschlussfrist. Sinn und Zweck der rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 39 LBG sei eine reibungslose Personalverwaltung und -planung. Die Lehrerbedarfsberechnungen für das kommende Schuljahr erfolge regelmäßig in den Monaten Februar/März eines jeden Jahres. Insoweit habe für das Regierungspräsidium bei Antragseingang am 28.02.2013 ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, sie in der Personalplanung zu berücksichtigen. Auch mit Blick auf die Zielsetzung des § 39 Satz 2 LBG handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Den personalverwaltenden Stellen stehe es vielmehr frei, auch nicht fristgerechte Anträge entgegenzunehmen und zu bescheiden. Ihr um ca. vier Wochen verspäteter Antrag habe der Personalplanung ausreichend Zeit gelassen, sich auf ihre Weiterbeschäftigung einzustellen. Soweit daher das Regierungspräsidium von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen pflichtgemäßen Gebrauch gemacht habe, führe dies zu einer fehlerhaften Entscheidung. Dass es sich bei § 39 Satz 2 LBG nicht um eine Ausschlussfrist handele, entspreche der gängigen Rechtsauffassung in den verschiedenen Ministerien des beklagten Landes. So finde sich ein entsprechender Hinweis in der Orientierungshilfe des Innenministeriums Baden-Württemberg zur Anwendung von § 39 LBG vom 14.02.2011.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
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Er wiederholt und vertieft seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und führt ergänzend aus: Selbst wenn es sich bei der Frist des § 39 Satz 2 LBG nicht um eine Ausschlussfrist handele, sei das Ermessen des Regierungspräsidiums durch die Bekanntmachung vom 21.09.2012 - 22-6740.0/686 „Frühzeitige Bekanntmachung von stellenwirksamen Änderungswünschen der Lehrerinnen und Lehrer für Sommer 2013" - gebunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Behördenakten des Antragsgegners (1 Band) verwiesen, die dem Gericht vorlagen.
II.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes ergehen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Da der vorläufige Rechtsschutz seiner Zweckbestimmung nach die Hauptsacheentscheidung lediglich offen halten soll, kann er grundsätzlich dem Antragsteller nicht bereits das gewähren, was er in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gilt nur dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) schlechterdings notwendig ist. Das setzt aber voraus, dass die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.12.1989, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15; Beschluss vom 13.08.1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.09.2003 - 1 S 2007/03 -, NVwZ-RR 2004, 63; vgl. auch Beschluss vom 12.10.2007 - 1 S 2132/07 -, ESVGH 58, 99). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie hier - durch die aufgrund der einstweiligen Anordnung zu treffende Entscheidung der Status des Beamten berührt ist. Vom Vorliegen dieser strengen Voraussetzungen ist hier nicht auszugehen.
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Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund (hierzu unter 1.), aber keinen Anordnungsanspruch (hierzu unter 2.) glaubhaft gemacht, denn sie kann voraussichtlich nicht beanspruchen, dass ihr Eintritt in den Ruhestand über die für sie geltende gesetzliche Altersgrenze hinausgeschoben wird.
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1. Bei der Antragstellerin ist ein Anordnungsgrund gegeben, denn ihrem geltend gemachten Begehren auf Hinausschieben des Ruhestands kann (sowohl im Eil- wie auch im Hauptsacheverfahren) nur stattgegeben werden, solange der Ruhestand noch nicht eingetreten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.2011 - 2 B 94.11 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 25.09.2008 - 3 AE 08.2500 -, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 12.09.2012 - 1 K 1931/12 -, juris).
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2. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs auf Hinausschieben ihres Eintritts in den Ruhestand jedoch nicht glaubhaft gemacht.
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Gemäß § 39 Satz 1 LBG kann der Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze auf Antrag
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1. der Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit,
2. der Beamtinnen und Beamten auf Probe nach § 8 LBG
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bis zu einem Jahr, jedoch nicht länger als bis zu dem Ablauf des Monats, in dem die Beamtin oder der Beamte das 68. Lebensjahr vollendet, hinaus geschoben werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Nach Satz 2 ist der Antrag spätestens sechs Monate vor dem Erreichen der Altersgrenze zu stellen.
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Die Antragstellerin, deren Eintritt in den Ruhestand gemäß § 39 Satz Nr. 1 LBG mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11.01.2011 zunächst um ein Jahr bis zum Ablauf des 31.07.2012 und mit weiterer Verfügung vom 23.03.2012 um ein weiteres Jahr bis zum Ablauf des 31.07.2013 hinausgeschoben wurde, hätte gemäß § 39 Satz 2 LBG den Antrag auf (nochmaliges) Hinausschieben ihres Ruhestands bis zum Ablauf des 31.01.2013 stellen müssen. Diesen gesetzlichen Anforderungen genügt ihr - nach eigenen Angaben - Anfang Februar dem Schulleiter des ...-Gymnasiums ... übergebener, am 28.02.2013 beim Regierungspräsidium Karlsruhe eingegangener, undatierter Antrag - unstreitig - nicht.
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Das Gericht kann vorliegend offen lassen, ob es sich bei der Frist in § 39 Satz 2 LBG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt (hierzu unter 2.1.) oder um eine (einfache) gesetzliche Antragsfrist (hierzu unter 2.2.), denn die Antragstellerin dürfte voraussichtlich in beiden Fällen einen etwaigen Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestands jedenfalls nicht mehr geltend machen können.
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2.1. Sofern es sich bei der Sechs-Monats-Frist des § 39 Satz 2 LBG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt (so wohl die Gesetzesbegründung in LT-Drs. 14/6694, S. 419), bewirkt der Ablauf der Antragsfrist nicht nur, dass ein Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestandes nicht mehr geltend gemacht werden kann. In diesem Fall wäre der Anspruch der Antragstellerin als solcher mit Fristablauf vernichtet.
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Gleichwohl ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich die Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen, wenn deren Zweck dem nicht entgegensteht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalls die Fristversäumnis maßgeblich auf das Verhalten der Behörde zurückgeht, ohne dass den Betroffenen in diesem Zusammenhang ein Verschulden trifft. Die Unzulässigkeit der Rechtsausübung kann jedoch auch darauf zurückgehen, dass der Berechtigte außer Stande gewesen ist, sich auf eine Ausschlussfrist einzurichten oder aus vom Dienstherrn zu berücksichtigenden Gründen gehindert war, den Antrag innerhalb der Frist zu stellen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1984 - 6 C 33.83 -, Buchholz 238.90 Reisekosten und Umzugskosten Nr. 105; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2008 - 4 S 1315/06 -). Diese Voraussetzungen dürften im Fall der Antragstellerin voraussichtlich nicht gegeben sein.
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Insoweit ist es nicht ausreichend, dass die Antragstellerin sich darauf beruft, sie sei nicht in der Lage gewesen, sich auf die Frist des § 39 Satz 2 LBG einzurichten, da ihr diese bzw. der Umfang der einschlägigen gesetzlichen Regelung nicht bekannt gewesen sei. Mangelnde Rechtskenntnis allein ist kein Grund, dem Dienstherrn die Berufung auf die darauf beruhende Fristversäumnis zu versagen. Denn mangelnde Rechtskenntnis geht zu Lasten des Beamten, weil das geltende Recht allgemein als bekannt anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.1984, a.a.O.). Dies gilt im Fall der Antragstellerin ums so mehr, da sie von der hier maßgeblichen Regelung des § 39 LBG in der Fassung des Dienstrechtsformgesetzes vom 09.10.2010 (DRG, GBl. S. 793) bereits zweimal Gebrauch gemacht und ihren Ruhestand auf dieser rechtlichen Grundlage hinausgeschoben hat. In beiden Verlängerungsverfügungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die auf ihren Antrag hin erlassen wurden, ist die gesetzliche Grundlage des § 39 LBG auch ausdrücklich aufgeführt worden. Die Verlängerungsmöglichkeit bis zum 68. Lebensjahr und die Antragsfrist von sechs Monaten ergeben sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung. Entsprechend wird sich die Antragstellerin voraussichtlich nicht darauf berufen können, sie habe hiervon erst durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15.01.2013 - 4 S 1519/12 - erfahren. Die Antragstellerin wird sich voraussichtlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen können, sie habe erst durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg erfahren, dass sie nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung eines Antrags auf Hinausschiebung ihres Ruhestands habe, sondern ein (bindender) Rechtsanspruch hierauf besteht, sofern dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Für die Kammer ist bereits nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin aus diesem Grund gehindert gewesen sein sollte, die Antragsfrist des § 39 Satz 2 LBG einzuhalten. Im Übrigen begründet auch ein Irrtum über die Erfolgsaussichten eines Antrags grundsätzlich keine unverschuldete Fristversäumung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.03.1989 - 7 B 40.89 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Auflage 2012, § 32 Rdnr. 30b).
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2.2. Sollte es sich bei der Sechs-Monats-Frist des § 39 Satz 2 LBG um eine (einfache) gesetzliche Antragsfrist handeln, die nicht zugleich eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist, kann die Antragstellerin nach der vorliegend erfolgten Fristversäumung ihren Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestands nicht mehr geltend machen, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die versäumte gesetzliche Frist nach § 32 LVwVfG vor. Letzteres dürfte hier voraussichtlich nicht der Fall sein.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin führt die Versäumung einer gesetzlichen Frist, die keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist, nicht dazu, dass die Behörde sich nach freiem Ermessen über die gesetzliche Fristenregelung hinwegsetzen könnte (so aber wohl Müller/Beck/Danner/Gehlhaar/Heinz, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, § 39 Rdnr. 2). Vielmehr ist in den Fällen von Fristenregelungen in einem formellen Gesetz, die keine Ausschlussfristen im Sinne von § 32 Abs. 5 (L)VwVfG sind, grundsätzlich die Wiedereinsetzungsregelung des § 32 Abs. 1 bis 4 (L)VwVfG einschlägig. Dies ist auch hier der Fall, da das Landesbeamtengesetz insoweit keine besonderen Rechtsvorschriften enthält, die gemäß § 1 LVwVfG dem § 32 LVwVfG vorgehen würden. Aus dem eindeutigen Wortlaut von § 39 Satz 2 LBG („ist spätestens“) lässt sich keine vom Gesetzgeber gewollte Dispositionsbefugnis der Behörde über die Antragsfrist ableiten (vgl. anders die Dispositionsbefugnis bei behördlichen Fristen: BVerwG, Beschluss vom 30.04.2012 - 2 VR 6.11 -, juris). Schließlich besteht auch für eine anderweitige verfassungskonforme Auslegung kein Anlass, da die Einhaltung der Sechs-Monats-Frist dem Beamten zumutbar ist und Härtefälle grundsätzlich über die Regelung des § 32 LVwVfG ausgeglichen werden.
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Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das für die Versäumung der gesetzlichen Frist ursächlich war, zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (Satz 2). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (Satz 3). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (Satz 4).
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Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Antragstellerin nicht gerecht. Die Antragstellerin dürfte zum einen voraussichtlich nicht die Zwei-Wochen-Frist des § 32 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG eingehalten haben (hierzu unter 2.2.1.), zum anderen dürfte die Fristversäumung der Antragstellerin nicht unverschuldet gewesen sein (hierzu unter 2.2.2.). Entsprechend dürfte auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen nach § 32 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG nicht in Betracht kommen (hierzu unter 2.2.3.).
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2.2.1. Die Antragstellerin dürfte vorliegend bereits nicht die Zwei-Wochen-Frist des § 32 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG eingehalten haben.
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§ 32 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG regelt als verfahrensrechtliche Norm die Voraussetzungen, die bei der Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beachtet werden müssen. Danach muss nicht nur der Antrag als solcher innerhalb der Zwei-Wochen-Frist gestellt werden, dieser muss auch innerhalb dieser Frist mit Tatsachen begründet werden (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 32 Rdnr. 31). Nach § 32 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG sind die Tatsachen zur Begründung (lediglich) nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist „glaubhaft zu machen“. Die Glaubhaftmachung der angeführten Tatsachen kann mithin auch im (weiteren) Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag erfolgen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O.).
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Die Zwei-Wochen-Frist beginnt nach Wegfall des Hindernisses, das heißt nach Fortfall des unverschuldeten, die Einhaltung der Frist hindernden Umstandes. Hängt das Hindernis von der Kenntnis des Antragstellers ab (sog. inneres Hindernis), ist positive Kenntnis erforderlich. Diese Kenntnis hat die Antragstellerin - auch bei unterstelltem Nichtwissen ihrer Fristversäumnis - spätestens durch den im Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.04.2013 enthaltenen Hinweis auf die in § 39 LBG enthaltene Sechs-Monats-Frist erlangt. Einen förmlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat die Antragstellerin nicht gestellt. Das Gericht kann weiter offen lassen, ob der „Einspruch“ der Antragstellerin vom 22.04.2013 als konkludenter Antrag auf Wiedereinsetzung zu werten ist, denn jedenfalls sind hierin keine Tatsachen angeführt, die sie an der Einhaltung der Antragsfrist des § 39 LBG gehindert hätten. Insbesondere führte die Antragstellerin damals nicht aus, ihr sei die Frist bzw. die gesamte Regelung des § 39 LBG als solche unbekannt gewesen. Das Schreiben vom 22.04.2013 enthält insoweit lediglich die (Rechts-)Ausführungen, es handele sich bei der Sechs-Monats-Frist „nicht um eine Ausschlussfrist“ und die Personalverwaltung könne „daher jederzeit auch bei einem später gestellten Antrag den Ruhestand hinausschieben“. Erst im vorliegenden Eilverfahren - und damit außerhalb der Zwei-Wochen-Frist - hat die Antragstellerin als Grund für ihre Fristversäumung angeführt, sie habe die entsprechende Gesetzesänderung im Dienstrechtsreformgesetz mit der Anhebung auf die Vollendung des 68. Lebensjahres zuvor nicht gekannt; dies sei der Grund, warum sie erst Anfang Februar einen entsprechenden Antrag auf dem Dienstweg gestellt habe.
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2.2.2. Weiter dürfte die Antragstellerin auch nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sein, die Sechs-Monats-Frist des § 39 Satz 2 LBG einzuhalten.
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Ein Verschulden an der Fristversäumung kann nur dann verneint werden, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt hat walten lassen, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles auch zuzumuten war (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 01.09.1988 - 6 C 56.87 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 54 zu § 60 VwVO, der insoweit gleich lautend zu § 32 LVwVfG ist). Mangelnde Rechtskenntnis kann eine Fristversäumung in aller Regel nicht entschuldigen (BVerwG, Beschluss vom 14.09.1998 - 8 B 154.98 -, NVwZZ-RR 1999, 538; Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 32 Rdnr. 32).
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Gemessen hieran kann voraussichtlich von einer unverschuldeten Fristversäumung durch die Antragstellerin nicht ausgegangen werden. Soweit die Antragstellerin in ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vorträgt, ihr sei die entsprechende Gesetzesänderung im Dienstrechtsreformgesetz mit der „Anhebung der Hinausschiebung ihres Eintritts in den Ruhestand bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres“ nicht bekannt gewesen, muss sie sich - wie unter 2.1. ausgeführt - entgegen halten lassen, dass mangelnde Rechtskenntnis zu Lasten des Beamten geht, weil das geltende Recht allgemein als bekannt anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.1984, a.a.O.). Auf die einschlägige rechtliche Grundlage ist die Antragstellerin in den beiden vorangegangene Verfügungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11.01.2011 sowie 23.03.2012 hingewiesen worden. Die Verlängerungsmöglichkeit bis zum 68. Lebensjahr und die Antragsfrist von sechs Monaten ergeben sich unmittelbar aus dem Wortlaut von § 39 LBG. Insoweit ist weder eine Gesetzesänderung seit den vorangegangen Verlängerungsanträgen der Antragstellerin eingetreten, noch hat sich insoweit eine Änderung durch die von der Antragstellerin angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Beschluss vom 15.01.2013 - 4 S 1519/12 - ergeben. In dem Beschluss vom 15.01.2013 hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass § 39 Satz 1 Nr. 1 LBG i.V.m. der Übergangsvorschrift des Art. 62 § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 DRG nicht nur einen Rechtsanspruch des Beamten auf ermessensfehlerfreie Entscheidung seines Antrags auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand begründet, sondern ein Rechtsanspruch hierauf besteht, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich nicht, warum sie vor Kenntnis dieser Entscheidung gehindert gewesen sein sollte, einen (weiteren) Antrag auf Hinausschieben des Eintritts ihres Ruhestands zu stellen. Derartige Gründe sind auch sonst für die Kammer nicht ersichtlich. Für die Antragstellerin hätte auch dann die Antragsfrist des § 39 Satz 2 LBG gegolten, wenn sie (lediglich) einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezüglich ihres Begehrens auf Hinausschiebung ihres Ruhestands um ein weiteres Jahr gehabt hätte. Darüber hinaus stellt ein Irrtum über die Erfolgsaussichten eines Antrags grundsätzlich auch kein Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.03.1989 - 7 B 40.89 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Auflage 2012, § 32 Rdnr. 52).
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2.2.3. Auch eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 32 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG dürfte vorliegend nicht in Betracht kommen.
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Nach § 32 Abs. 2 Satz 4 LVwVfG kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Da auch bei einer Entscheidung von Amts wegen die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 2 und 3 vorliegen müssen, kann Satz 4 nur in den wenigen Fällen relevant werden, in denen die versäumte Handlung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt worden ist, die Wiedereinsetzungsgründe selbst zwar offenkundig oder gerichtskundig sind, dem Betroffenen aber unbekannt geblieben sind (Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 32 Rdnr. 37; vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 32 Rdnr. 51). Wie unter 2.2.2. ausgeführt, sind durchgreifende Wiedereinsetzungsgründe vorliegend aber weder vorgetragene noch sonst ersichtlich.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 GKG. Das danach maßgebliche Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 beträgt nach Anlage 6 zu § 28 LBesGBW 5.074,10 EUR. Anzusetzen ist die Hälfte des 13-fachen Betrags. Da mit der begehrten Entscheidung die Hauptsache vorweg genommen wird, war eine weitere Halbierung des Streitwerts nicht angebracht.

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