Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 1 K 1748/12

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBfeG).
Die Klägerin ist bereits im Besitz von Mietwagengenehmigungen, die sie im Oktober 2010 bei der Beklagten beantragt hatte. Darüber hinaus ist sie ausweislich eines Abhilfebescheids der Stadt ... vom 07.06.2013 Inhaberin von bis zum 01.08.2014 geltenden Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Stadtgebiet ... (Rheinland-Pfalz). Der Klägerin waren, nachdem die Stadtverwaltung ... die vom 21.06.2010 datierenden Genehmigungsanträge zunächst abgelehnt hatte, durch Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt (Weinstraße) vom 23.04.2012 (3 K 804/11) insgesamt fünf Genehmigungen zugesprochen worden. Unter dem 11.06.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Verwendung zehn behördlicher Vordrucke Genehmigungen zum Gelegenheitsverkehr mit Taxen mit einer jeweiligen Geltungsdauer von fünf Jahren. Zum beabsichtigten Beginn der Geltungsdauer der im Wege der Ersterteilung beantragten Genehmigungen wurden keine Angaben gemacht. Auf den Antragsformularen waren die nachstehend genannten Anlagen bereits vorangekreuzt, die dem Antrag zwingend beigefügt werden sollten.
- Eigenkapitalbescheinigung
- Polizeiliches Führungszeugnis für den Antragsteller und gegebenenfalls die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen
- Bescheinigungen, Dienstzeugnisse und Prüfzeugnisse des Antragstellers oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen zum Nachweis der fachlichen Eignung
- Angaben über die Zahl, die Art (KOM, PKW), das amtliche Kennzeichen und Sitzplätze der zu verwendenden Fahrzeuge
- Bescheinigung des Finanzamtes und der Gemeinde des Betriebssitzes über die steuerliche Zuverlässigkeit
- Bescheinigung der zuständigen Stellen über die ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge zur sozialen Kranken- und Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung
- Bescheinigung der Berufsgenossenschaft über die ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge (einschließlich etwa zu zahlender Vorschüsse) zur Unfallversicherung
Beigefügt waren den Anträgen unter anderem folgende Unterlagen:
- Bescheinigung der IHK ... über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr mit Taxen und Mietwagen vom 18.06.2009
- Bescheinigung in Steuersachen des Finanzamts ... vom 14.04.2010
- Vermögensübersicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 09.06.2010
- Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft vom 07.04.2010
- Bescheinigung der AOK, dass keine Mitarbeiter gemeldet sind und Beitragsrückstände nicht bestehen vom 06.04.2010.
Weiter gab die Klägerin an, die bei Mercedes Benz bereit stehenden Pkw bei Genehmigungserteilung abzurufen, ohne dabei nähere Angaben zur Beschaffenheit bzw. den amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge zu machen.
Auf Blatt 43 der Verwaltungsakte der Beklagten befindet sich ein an den Fachbereich Sicherheit und Ordnung der Beklagten adressiertes Führungszeugnis des Bundesamtes für Justiz zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 BZRG vom 15.06.2010, das laut Eingangsstempel am 18.06.2010 beim Bürgerdienst ... eingegangen ist. Als Verwendungszweck ist "Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung/Taxischein" angegeben. Weiter enthält Blatt 61 der Verfahrensakte ein vom 23.08.2010 datierendes und an die Führerscheinstelle der Beklagten adressiertes Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 BZRG mit dem Verwendungszweck "Beantragung für eine Taxikonzession". Dieses Zeugnis trägt keinen Eingangsstempel. Eintragungen enthalten beide Zeugnisse nicht.
Blatt 47 der Verfahrensakte enthält auf einer an das Amt 20.3 gerichteten Anfrage zur Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit vom den vom 23.06.2010 datierenden Vermerk „ø offen“. Nach Auskunft der Beklagten handelte es sich hierbei um die in dem Antragsformular geforderte Bescheinigung "der Gemeinde des Betriebssitzes über die steuerliche Zuverlässigkeit".
Mit Schreiben vom 03.08.2010 informierte die Beklagte die Klägerin über ihre Absicht, die Genehmigungsanträge wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen abzulehnen und gab ihr Gelegenheit, bis zum 23.08.2010 Stellung zu nehmen. Sie verwies zudem auf die bei ihr geführte Warteliste, auf die die Klägerin nach Antragsablehnung aufgenommen werde, um bei Zuteilung weiterer Genehmigungen zur erneuten Antragstellung aufgefordert werden zu können. Mit Schreiben vom 01.09.1010 richtete die Klägerin diverse Fragen bezüglich der Vergabepraxis auf Grundlage der Wartelisten an die Beklagte, die diese mit Schreiben vom 16.09.2010 beantwortete. Unter anderem führte sie aus, dass seit dem Jahr 1967 eine Vormerkliste für Neubewerber, die derzeit 20 Antragsteller umfasse, und eine Vormerkliste für vorhandene Unternehmer aus dem Jahr 1970 mit derzeit 25 Antragstellern geführt würden. Innerhalb beider Gruppen würden die Antragsteller im Wechsel nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Anträge berücksichtigt. In dem Schreiben wurde die Frist zur Stellungnahme, ob eine förmliche Entscheidung gewünscht werde, bis zum 24.09.2010 verlängert.
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Mit Bescheid vom 06.10.2010 lehnte die Beklagte die Genehmigungsanträge ab. Zur Begründung führte sie aus, dass in der Person der Klägerin zwar kein subjektiver Versagungsgrund vorliege, jedoch die objektive Genehmigungsvoraussetzung des § 13 Abs. 4 PBefG derzeit nicht erfüllt sei. Die Zulassung weiterer Genehmigungen stelle die Funktionsfähigkeit des ... Taxengewerbes infrage. Die Funktionsfähigkeit schließe die Existenzfähigkeit mit ein, wenn durch die Zulassung weiterer Taxigenehmigungen die Erwerbsbasis für das gesamte örtliche Gewerbe so geschmälert werde, dass ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten für alle unmittelbar bevorstünden. Dies sei der Fall, wenn die Nachfrage nach Beförderungsaufträgen stagniere oder sinke, die Taxendichte zu hoch oder die Ertrags- und Kostenlage unter Berücksichtigung der Einsatzzeiten einer ungünstigen Entwicklung unterworfen sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. In den letzten Jahren habe es keinerlei Beschwerden von Kunden über zu lange Wartezeiten gegeben, was gegen eine geringe Taxendichte spreche. Im Rahmen einer Anhörung der Vertreter des Verbandes des Verkehrsgewerbes ... e.V., der IHK ... und der beiden ... Taxizentralen sei auf eine allgemein angespannte Lage des örtlichen Taxengewerbes hingewiesen worden, die sich durch geringe Umsätze bei steigenden Kosten und hoher zeitlicher Belastung der Fahrer auszeichne. Eine Verbesserung dieser Situation sei nicht in Sicht, auch weil sich die Konkurrenzsituation durch den Ausbau von Verkehrswegen und Linienführungen im öffentlichen Verkehr stark verschärft habe.
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Am 14.10.2010 legte die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid mit der Begründung Widerspruch ein, bei Erteilung der beantragten Genehmigungen werde die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in ... nicht infrage gestellt. § 13 Abs. 4 S. 1 PBefG erlaube keine Bedürfnisprüfung. Maßgeblich sei allein das öffentliche Verkehrsinteresse. Eine objektive Zulassungsschranke sei zwar zum Schutz des Fortbestandes und der Existenzfähigkeit des Taxenverkehrs nach dem Bundesverfassungsgericht grundsätzlich möglich. Hierfür reiche ein bloßes Missverhältnis von Angebot und Nachfrage allerdings nicht aus, da dies auf einen unzulässigen Konkurrenzschutz hinausliefe. Nur wenn das Missverhältnis einen ruinösen, das Taxengewerbe insgesamt in seiner Existenz bedrohenden Wettbewerb zur Folge habe, sei ein Zulassungsstopp gerechtfertigt. Eine entsprechende Existenzgefährdung sei von der Verwaltungsbehörde unter Angabe objektivierbaren Datenmaterials konkret nachzuweisen, was hier nicht geschehen sei.
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Mit Bescheid vom 26.06.2012, der Klägerin am 28.06.2012 zugestellt, wies das Regierungspräsidium ... den Widerspruch zurück. Im Stadtgebiet der Beklagten kämen bei derzeit 309 laufenden Konzessionen auf ein Taxi 1010 Einwohner. Damit zähle die Beklagte zu den drei baden-württembergischen Städten mit der höchsten Taxendichte. Die Zahl der Beförderungsaufträge stagniere in den letzten Jahren. Im Jahr 2015 sei zudem infolge des US-amerikanischen Truppenabzugs mit einem nicht unerheblichen Rückgang der Nachfrage zu rechnen. Auch die noch nicht abschätzbaren Auswirkungen des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs auf die Nachfragesituation seien eher negativer Natur. Zwar sei der Umsatz von Taxiunternehmen in den Jahren 2006-2009 leicht gestiegen. Infolge höherer Kosten sei jedoch der Gewinn rückläufig, wobei sich dieser Trend in den Jahren 2010 und 2011 fortzusetzen scheine. Der allein fahrende Taxiunternehmer bewege sich finanziell an der Grenze zu den Hartz IV-Sätzen. Zudem verweist die Widerspruchsbehörde auf die bei der Beklagten geführten und im Zuge des Verwaltungsverfahrens aktualisierten Wartelisten. Zuletzt sei im Jahr 2002 ein Bewerber auf die Warteliste gesetzt worden. Diese führe derzeit 23 Bewerber mit 55 Lizenzwünschen. Davon seien 43 Lizenzwünsche vor dem Antrag der Klägerin zu berücksichtigen. Damit würde sich das Taxiaufkommen auf einen Schlag um 17 % erhöhen.
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Die Klägerin hat am 27.07.2012 Klage erhoben. Sie trägt vor, die beantragten Genehmigungen würden inzwischen nach § 15 Abs. 1 PBefG als erteilt gelten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, über die Genehmigungsanträge innerhalb von drei Monaten nach Eingang zu entscheiden. Die Klägerin habe zehn ordnungsgemäße Anträge auf Erteilung der Genehmigungen gestellt. Diese seien mit den für einen Fiktionseintritt notwendigen Antragsdaten versehen gewesen. Die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes geböten keine detaillierten Angaben zu den zu verwendenden Fahrzeugen. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße (3 K 804/11) erfordere der Fiktionseintritt nicht die Angabe der amtlichen Kennzeichen. Diese seien erst bei Erteilung der Genehmigungsurkunde zu benennen. Es sei einem Antragsteller unzumutbar, bereits bei Antragstellung Fahrzeuge anzuschaffen und zuzulassen, wenn der Verlauf des Verfahrens in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht abschätzbar sei. Auch spreche die Tatsache, dass § 12 PBefG als Soll-Vorschrift ausgestaltet sei, dafür, dass ein vollständiger Genehmigungsantrag nicht die Benennung von Fahrzeugart und Kennzeichen erfordere. Die Beklagte habe innerhalb der Fiktionsfrist keinerlei Zweifel an der Vollständigkeit des Antrags geäußert. Schließlich scheitere der Fiktionseintritt auch nicht an dem bei Antragstellung fehlenden polizeilichen Führungszeugnis, denn es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte ein solches als für ihre Entscheidung unerlässlich eingestuft habe. Im Übrigen sei die Klägerin schon von Gesetzes wegen an der Vorlage eines Führungszeugnisses gehindert, da § 30 Abs. 5 BZRG nur einen unmittelbaren Versand an Behörden gestatte, weshalb eine Vorlage durch den Antragsteller nicht Voraussetzung eines vollständigen Antrags sein könne. Die Beklagte habe den Eingang des Antrags mit Schreiben vom 14.06.2010 bestätigt. Die ablehnende Sachentscheidung vom 06.10.2010 sei damit zu einem Zeitpunkt ergangen, in dem die Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 PBefG bereits eingetreten gewesen sei. In dem vorausgehenden Schriftwechsel sei die ablehnende Sachentscheidung lediglich angekündigt, jedoch nicht getroffen worden. Den Bearbeitungszeitraum hätte die Beklagte durch Erlass eines Zwischenbescheids verlängern können und müssen. Eine entsprechende Verfügung sei nicht ergangen.
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Im Übrigen sei auch der von der Beklagten angeführte Ablehnungsgrund in der Sache nicht gegeben. Sie habe bei ihrer Einschätzung eine Stellungnahme der ... Taxizentrale ungeprüft übernommen, obwohl die Frage der Existenzgefährdung einer genauen empirischen Untersuchung bedürfe, die offensichtlich nicht stattgefunden habe. Ferner seien die Wartelisten nicht aktuell und ordnungsgemäß geführt.
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Nachdem die Klägerin schriftsätzlich zunächst beantragt hatte, die Beklagte zur Erteilung von zehn Taxigenehmigungen zu verpflichten, beantragt sie mit Einwilligung der Beklagten nunmehr,
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den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zur Aushändigung von zehn Genehmigungsurkunden zu verurteilen,
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hilfsweise,
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den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Anträgen vom 11.06.2010 beantragten zehn Taxigenehmigungen zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
21 
Sie macht geltend, dass die Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sei. Nach § 12 Abs. 3 PBefG könne die Behörde weitere Angaben und Unterlagen, insbesondere die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, verlangen. Hiervon habe sie bezüglich des vom 23.08.2010 datierenden Führungszeugnisses Gebrauch gemacht, um die Zuverlässigkeit der Klägerin überprüfen zu können. Das Führungszeugnis vom 15.06.2010 sei nicht maßgeblich, da dieses in einem anderen Zusammenhang erstellt und an einen anderen Fachbereich adressiert worden sei. Deshalb seien die Antragsunterlagen frühestens am 23.08.2010 vollständig gewesen, so dass die ablehnende Entscheidung vom 06.10.2010 vor Ablauf der Dreimonatsfrist ergangen sei. Die Ungewissheit über den Eingang des Zeugnisses habe die Klägerin durch eine einfache Nachfrage beseitigen können. Der hiesige Fall unterscheide sich von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Hamburg (3 Bs 206/10). Dort sei es ausreichend gewesen, dem Antrag die Gebührenquittung für das beantragte Führungszeugnis beizufügen. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten sei dagegen stets das polizeiliche Führungszeugnis selbst als notwendige Anlage vorzulegen.
22 
Unabhängig davon sei der Antrag auch deshalb unvollständig, weil der Beklagten der erforderliche Gewerbezentralregisterauszug erst am 12.08.2010 vorgelegen habe. Dessen Vorlage sei nach dem einschlägigen Merkblatt, das der Klägerin ausgehändigt worden sei, Voraussetzung eines vollständigen Antrags.
23 
Jedenfalls habe die Klägerin mit Blick auf den von ihr "am Laufen" gehaltenen Schriftwechsel davon ausgehen müssen, dass sich die Frist zumindest um den Zeitraum des Schriftwechsels verlängere.
24 
Mit Schriftsatz vom 15.05.2014 hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie ein Gutachten zur Frage der Funktionsfähigkeit des ... Taxigewerbes in Auftrag gegeben und für die Zeit vom 01.01.2014 - 31.12.2014 einen Beobachtungszeitraum eingeschaltet habe, in dem keine neuen Konzessionen erteilt würden. Zudem hat sie aktualisierte Fassungen der Wartelisten vorgelegt, deren ordnungsgemäße Erstellung die Klägerin bestreitet. Auf der Warteliste für Neubewerber (Stand: 08.10.2013) sind insgesamt noch sechs Antragsteller für jeweils eine Konzession vorhanden. Vier von ihnen haben den Antrag zeitlich vor der Klägerin gestellt. Die Warteliste für Altunternehmer (Stand: 30.07.2013) weist noch zwei Antragsteller aus, von denen einer den Antrag vor der Klägerin gestellt hat. Auf der Rückseite der Liste findet sich ein Hinweis, dass zwischen 2003 und 2010 acht Konzessionen erteilt wurden, vier davon im Oktober 2010.
25 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums ... vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die mit Einwilligung der Beklagten geänderte Klage (§ 91 Abs. 1 VwGO) ist ganz überwiegend zulässig, sowohl mit ihrem Haupt- (I.) als auch ihrem Hilfsantrag (II.) in der Sache jedoch unbegründet.
27 
I. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten vom 06.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 begehrt, ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis, denn die beantragten Genehmigungen galten im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung als fingiert (dazu sogleich unten), so dass diese „ins Leere“ ging.
28 
Im Übrigen ist der Antrag in der Sache erfolglos, denn unabhängig davon, ob man die beantragte Aushändigung der Genehmigungsurkunden als Leistungs- oder Verpflichtungsbegehren einstuft (für letzteres, allerdings ohne nähere Begründung VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris; wegen der Nachweisfunktion der Urkunde für einen Verwaltungsakt auch Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 15 Rn. 17), steht der Klägerin der in beiden Fällen erforderliche Anspruch hierauf nicht zu. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt, wenn die - zu Gunsten des Antragstellers ergangene - Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist.
29 
Zwar lag eine Entscheidung im Sinne von § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG vor, denn die beantragten Genehmigungen galten nach § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG als erteilt. Dem Anspruch auf Aushändigung steht jedoch entgegen, dass - je nach rechtlicher Betrachtungsweise - die Entscheidung noch nicht unanfechtbar oder nicht mehr wirksam ist.
30 
I.1 Nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG ist über einen Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Dabei bestimmt § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG, dass die Genehmigung als erteilt gilt, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist versagt wird. § 15 Abs. 1 PBefG selbst normiert nicht, welche inhaltlichen Anforderungen an einen Antrag zu stellen sind, um die Fiktionsfrist anlaufen zu lassen. Nach der zu § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG ergangenen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt und die mittlerweile in § 42a Abs. 2 S. 2 LVwVfG Bestätigung findet, setzt ein fristauslösender „Eingang“ die Eingabe eines vollständigen Antrags voraus (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1999 - 3 S 1643/99 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 39; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 -, juris Rn. 11; VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 -, juris Rn. 37; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 -, DVBl. 1997, 964; a.A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Kommentar, Stand: Dezember 2013, B § 15 Rn. 13). Das entspricht dem Zweck der Genehmigungsfiktion, dem Antragsteller über seinem Einflussbereich entzogene Verfahrenshemmnisse hinwegzuhelfen, die aus einer verzögerten Bearbeitung seines Antrags durch die Genehmigungsbehörde resultieren. Dagegen ist es nicht Sinn der Fiktion, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, denn erst dann entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit dem Antrag abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG gelangt. Tut sie das nicht, tritt die Genehmigungsfiktion im Beschleunigungsinteresse des Antragstellers zu dessen Gunsten ein (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 -, juris Rn. 13).
31 
I.2 Ein vollständiger Antrag lag der Beklagten am 23.06.2010 vor. Wann ein Antrag vollständig und damit fristauslösend ist, bestimmt sich in erster Linie anhand der (fach-)gesetzlichen Regelungen, sofern sie Aussagen über den notwendigen Inhalt von Genehmigungsunterlagen treffen (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 13. Auflage 2012, § 42a Rn. 26). Das ist hier zunächst in Gestalt von § 12 PBefG der Fall (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 41; OVG Magdeburg, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 -, a.a.O.). Nach ihrem Wortlaut unterscheidet die Vorschrift zwischen dem Antrag zwingend und regelmäßig beizufügenden Angaben bzw. Unterlagen.
32 
I.2.1 Gemäß § 12 Abs. 2 PBefG stets beizufügen „sind“ dem Antrag Unterlagen, die ein Urteil über die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs sowie die Zuverlässigkeit des Antragstellers und damit die Prüfung der (subjektiven) Genehmigungsvoraussetzungen insbesondere des § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 PBefG ermöglichen. Derartige Angaben unter Beilage der durch die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) im Einzelnen bestimmten Nachweise sind für die Annahme eines fristauslösenden vollständigen Antrags unverzichtbar (OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 -, juris Rn. 25; VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 -, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 -, juris Rn. 41).
33 
Danach waren die Anträge der Klägerin vom 11.06.2010 zunächst unvollständig, denn es fehlte eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gemeinde im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBZugV als Nachweis für die Genehmigungsvoraussetzung der (finanziellen) Leistungsfähigkeit der Klägerin (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PBefG). Ein entsprechender Nachweis lag der Beklagten jedoch spätestens am 23.06.2010 in Form der an das Amt 20.3 gerichteten und mit einem Vermerk der Beklagten vom 23.06.2010 versehenen Anfrage vor, wie diese auf gerichtliche Nachfrage im Vorfeld der mündlichen Verhandlung bestätigte. Die Fiktionsfrist wird nicht nur durch einen von Anfang an vollständigen Antrag, sondern auch dann in Gang gesetzt, wenn der Antrag erst nach Antragstellung - sei es auf Initiative des Antragstellers, sei es auf Betreiben der Genehmigungsbehörde hin - vervollständigt wird. Denn auch in diesem Fall greift der Zweck der Vorschrift, die Genehmigungsbehörde zu einer zügigen Entscheidung anzuhalten, da alle aus dem Machtbereich des Antragstellers erforderlichen Angaben vorhanden sind. Für ein Fehlen sonstiger nach § 12 Abs. 2 PBefG i.V.m. §§ 2 ff. PBZugV vorzulegender Unterlagen, die zur Überprüfung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (§ 13 Abs. 1 PBefG) erforderlich waren, ist nichts ersichtlich. Von der Vollständigkeit des Antrags ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen, die im Laufe des Verwaltungsverfahrens keinerlei Beanstandungen des Antrags vornahm und der Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2010 die Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen attestierte.
34 
I.2.2 Auch im Übrigen war der Antrag vollständig. Neben den obligatorischen Informationen „soll“ der Antrag nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 PBefG noch weitere Angaben enthalten, die in den Genehmigungsanträgen teilweise fehlten und auch vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten nicht nachgeholt wurden. Das Unterlassen dieser Angaben steht der Annahme eines die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG auslösenden vollständigen Antrags im konkreten Fall jedoch nicht entgegen. Dabei spricht schon die im Vergleich mit § 12 Abs. 2 PBefG abweichende Wortlautgestaltung für eine tendenziell geringere Bedeutung der dort genannten Angaben.
35 
I.2.2.1 Soweit die Klägerin in den Anträgen nicht, wie in § 12 Abs. 1 Nr. 1 d) PBefG vorgesehen, Beginn und Ende der beantragten Geltungsdauer angegeben hat, ist dies schon deshalb unschädlich, weil die Regelung erst durch Gesetz vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598) mit Wirkung vom 01.01.2013 eingefügt wurde. Für die Frage nach der Vollständigkeit des Antrags ist jedoch die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Gesetzeslage maßgeblich (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 42a Rn. 76). Auf die behördliche Genehmigungspraxis kommt es dagegen nicht an (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 41; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 42a Rn. 75). Insofern ist es unbeachtlich, dass die Beklagte in ihren Formularen Angaben zu Beginn und Ende der beantragten Genehmigung verlangt hat. Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren diese gesetzlich nicht gefordert.
36 
I.2.2.2 Weiter steht der Vollständigkeit des Antrags nicht entgegen, dass die Klägerin entgegen § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 b) PBefG keine Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitzplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge gemacht hat. Das gilt jedenfalls für den hier beantragten Gelegenheitsverkehr mit Taxen (§§ 46, 47 PBefG). Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass diejenigen Angaben erforderlich, aber auch ausreichend sind, die die Genehmigungsbehörde zur Überprüfung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG benötigt. Relevanz könnten oben genannte Angaben allenfalls im Rahmen der (objektiven) Genehmigungsvoraussetzung des § 13 Abs. 4 PBefG erlangen. Im Hinblick auf die nicht explizit angegebene Anzahl der zu verwendenden Fahrzeuge ist dies jedoch deshalb nicht der Fall, weil - im Unterschied zu anderen personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen - auf Grundlage einer Taxigenehmigung immer nur ein einziges Fahrzeug betrieben werden darf. Die Klägerin hat unter Verwendung von insgesamt zehn Genehmigungsformularen eine entsprechende Anzahl Genehmigungsanträge gestellt und damit eindeutig zu erkennen gegeben, wie viel zusätzlicher „Verkehr“ im Sinne von § 13 Abs. 4 S. 1 PBefG ausgeübt werden soll. Allein diese Information benötigt die Beklagte für die durch § 13 Abs. 4 PBefG gebotene Prüfung, ob das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Die Tatsache, dass die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG für den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen erteilt wird, steht dem nicht entgegen. Auch wenn sich danach die Genehmigung auf mehrere Fahrzeuge gleichzeitig erstrecken kann, beinhaltet dies nicht die Berechtigung, den Verkehr mit allen gleichzeitig auszuüben, sondern gewährt allenfalls das - für die Prüfung von § 13 Abs. 4 PBefG irrelevante - Recht, die Fahrzeuge alternativ zu verwenden.
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Auch der Angabe des Fassungsvermögens (Sitzplätze) kommt für die Überprüfung der Genehmigungsvoraussetzungen - jedenfalls beim Gelegenheitsverkehr mit Taxen - keine entscheidende Bedeutung zu. Nach § 47 Abs. 1 S. 1 PBefG ist Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen. § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG definiert einen PKW als Kraftfahrzeug, das nach Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt ist. Variiert das mögliche Fassungsvermögen eines Taxis damit regelmäßig zwischen fünf und maximal neun Personen und legt man realitätsnah zugrunde, dass so genannte „Großraumtaxis“ häufig nicht ausgelastet fahren, so wird die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes durch ein „Großraumtaxi“ nicht anders bedroht als durch ein Taxi, das Platz für nur fünf Personen bietet.
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I.2.2.3 Der Eintritt der Fiktionswirkung des § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin die amtlichen Kennzeichen der einzusetzenden Kraftfahrzeuge noch nicht benannt hat. Dafür spricht schon, dass deren Angabe in § 12 Abs. 1 Nr. 4 PBefG nicht genannt ist. Vielmehr sind amtliche Kennzeichen nach § 17 Abs. 1 Nr. 8 PBefG erst für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde erforderlich (VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 31). Andernfalls würde dem Antragsteller ein erhebliches Investitionsrisiko aufgebürdet, wenn er vorab gezwungen wäre, Fahrzeuge zu beschaffen und zuzulassen, ohne genehmigungsrechtliche Sicherheit zu haben (OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 -, juris Rn. 39). Aus § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG, wonach die Genehmigung für den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen erteilt wird, folgt nicht, dass eine Genehmigung nur bei Benennung amtlicher Kennzeichen als fingiert gelten kann. Das Prüfungsprogramm für eine Genehmigungsentscheidung ist allein in § 13 PBefG geregelt. Für welche der dort genannten Genehmigungsvoraussetzungen die Angabe amtlicher Kennzeichen bedeutsam sein soll, ist nicht ersichtlich. Etwaige aus ihrer Benennung resultierende zulassungsrechtliche Bedenken bleiben bei der Entscheidung über einen personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungsantrag außer Betracht (OVG Sachsen, Urteil vom 08.02.2011 - 4 A 254/10 -, juris Rn. 19).
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I.2.2.4 Schließlich bedurfte es für einen vollständigen Antrag keines Gewerberegisterauszugs, auf den die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung abgestellt hat und der ihr laut Eingangsstempel erst am 12.08.2010 vorlag. Weder § 12 Abs. 1 PBefG noch die Vorschriften der PBZugV verlangen einen entsprechenden Nachweis, so dass die Beklagte ihn allenfalls auf Grundlage von § 12 Abs. 3 PBefG hätte anfordern können (Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 12 Rn. 3). Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte aber weder in ihrem Genehmigungsvordruck noch in dem Merkblatt, das sie dem Gericht in der mündlichen Verhandlung übergeben hat, Gebrauch gemacht. Danach ist ein Gewerberegisterauszug entsprechend dem fettgedruckten Hinweis auf dem Merkblatt nur einem Antrag auf Übertragung einer Taxengenehmigung beizufügen. Diese Aufforderung musste die Klägerin als Neubewerberin nicht auf sich beziehen, selbst wenn man annimmt, dass ihr ein entsprechendes Merkblatt bei Antragstellung ausgehändigt worden wäre.
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I.2.2.5 Ob für die Annahme eines vollständigen Antrags die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Auf Blatt 43 der Genehmigungsakte befindet sich ein polizeiliches Führungszeugnis vom 15.06.2010, das der Beklagten laut Eingangsstempel am 18.06.2010 vorlag. Auch bei diesem handelt es sich um ein - keinerlei Eintragungen enthaltendes - polizeiliches Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 BZRG, das sich - mit Ausnahme des für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG irrelevanten Verwendungszwecks - in keiner Weise von dem Führungszeugnis vom 23.08.2010 (Bl. 61 der Akte) unterscheidet. Einen Grund, auf das spätere Zeugnis abzustellen, gibt es nach Auffassung des Gerichts nicht, zumal die Beklagte selbst das Führungszeugnis vom 15.06.2010 dem Genehmigungsverfahren zugrunde gelegt hat, wie die Paginierung belegt.
41 
Nach alldem waren die Anträge der Klägerin am 23.06.2010, dem Tag des Eingangs der gemeindlichen Bescheinigung über die steuerliche Zuverlässigkeit, vollständig.
42 
I.3 Die danach in Gang gesetzte Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG hat sich auch nicht infolge des mit Schreiben der Beklagten vom 03.08.2010 initiierten Schriftwechsels stillschweigend verlängert. Zwar sieht § 15 Abs. 1 S. 3 PBefG eine Verlängerungsmöglichkeit vor. Danach kann die Genehmigungsbehörde die Dreimonatsfrist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können, falls dies innerhalb der regulären Dreimonatsfrist nicht möglich ist. Indes setzt ein wirksamer Zwischenbescheid neben der Mitteilung, dass die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG verlängert wird, zusätzlich die Angabe des genauen Zeitraums, um den die Entscheidungsfrist verlängert wird, voraus (VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 28). Diesen Anforderungen genügt keines der an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Schreiben ersichtlich nicht in Ausübung der gesetzlichen Verlängerungsoption verfasst hat, enthalten sie weder die Mitteilung, dass die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG verlängert werden sollte, noch ergibt sich aus ihnen ein eindeutiger Zeitpunkt, bis wann eine Entscheidung ergehen werde. Das Schreiben vom 16.09.2010 enthält lediglich eine Stellungnahmefrist bis zum 24.09.2010. Selbst wenn man dieses Datum zugrundelegen würde, wäre die ablehnende Entscheidung vom 06.10.2010 zu spät ergangen. Für die Annahme einer stillschweigenden Fristverlängerung außerhalb des Anwendungsbereichs von § 15 Abs. 1 S. 3 PBefG ist kein Raum. Ebenso geben die Antwortschreiben der Klägerin keinen Anlass zu der Annahme, diese habe (konkludent) auf die Einhaltung der Entscheidungsfrist verzichtet (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines Verzichts vgl. VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 30).
43 
Danach galt die reguläre Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG, die am 24.06.2010 begann und am 23.09.2010 mit der Folge des Fiktionseintritts ablief (§ 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
44 
I.4 Gleichwohl steht der Klägerin ein Anspruch auf Aushändigung von Genehmigungsurkunden bzgl. der fingierten Genehmigungen nicht zu, denn dieser setzt neben einer positiven Genehmigungsentscheidung auf der einen Seite voraus, dass diese unanfechtbar geworden ist (§ 15 Abs. 2 PBefG). Auch eine fingierte Genehmigung ist grundsätzlich anfechtbar (vgl. § 42a Abs. 1 S. 2 LVwVfG; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -) und zwar in dem Umfang, in dem es auch eine tatsächlich erteilte Genehmigung wäre (Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 15 PBefG Rn. 1). Auf der anderen Seite muss die Entscheidung im für das Begehren der Klägerin maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch Bestand haben, d. h. wirksam sein, denn eine Verurteilung zur Ausstellung von Genehmigungsurkunden über nicht mehr existente Genehmigungen kommt nicht in Betracht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
45 
I.4.1 § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG geht seinem Wortlaut nach zunächst von einer grundsätzlichen Anfechtbarkeit der Genehmigungsentscheidung - durch Dritte - aus. Wo es jedoch von vorneherein an einer die Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO vermittelnden Drittbetroffenheit durch die Entscheidung fehlt, wird diese gleichsam sofort unanfechtbar mit der Folge, dass auch die Genehmigungsurkunde zu erteilen ist. Bereits zugelassene Taxiunternehmer werden hinsichtlich der ihnen erteilten Genehmigungen durch die einem anderen (Konkurrenten) bewilligte Genehmigung nicht in eigen Rechten verletzt (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 139.61 -, juris Rn. 24 = BVerwGE 16, 187; VGH Bayern, Beschluss vom 10.04.1984 - 11 CE/CS 84 A.628 -, NJW 1985, 758). Klagebefugt sind allein die nach § 14 PBefG Anhörungsberechtigten (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 139.61 -, juris Rn. 18 = BVerwGE 16, 187; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 15 Rn. 9 m.w.N.). Hierzu zählen Unternehmer von Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht (vgl. § 14 Abs. 2 PBefG).
46 
Eine Anfechtungsberechtigung könnte allenfalls den der Klägerin nach der Rangstelle auf den von der Beklagten in Anwendung von § 13 Abs. 5 S. 2 PBefG erstellten Wartelisten vorgehenden Bewerbern um eine Taxigenehmigung zustehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen auf die Missachtung eines vorrangigen Listenplatzes gestützten Primärrechtsschutzanspruch bislang verneint und den übergangenen Bewerber auf Schadensersatzansprüche verwiesen (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 23.63 -, BVerwGE 190, 193 f.). Ob daran festzuhalten ist oder das Recht aus der Rangstelle nicht doch einen einklagbaren Anspruch auf einen dieses Recht nicht verletzenden Abbau der Warteliste vermittelt (so OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1990 - 13 B 1283/90 -, juris Rn. 8 = NVwZ-RR 1991, 147), bedarf hier keiner Entscheidung. Bejaht man auf Grundlage der von der Beklagten geführten Wartelisten - deren Richtigkeit unterstellt - ein Klagerecht auch insoweit, als besser platzierte Antragsteller durch eine fingierte Genehmigungserteilung übergangen werden, scheitert ein Anspruch auf Aushändigung der begehrten Genehmigungsurkunden, weil der Teil der dem Grunde nach anfechtbaren Genehmigungen nach wie vor anfechtbar wäre. Mangels Bekanntgabe der fingierten Genehmigungen an die betroffenen Antragsteller wurden Rechtsmittelfristen nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -). Insoweit fehlt es an der für einen Urkundenausstellungsanspruch notwendigen Unanfechtbarkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG.
47 
I.4.2 Soweit die fingierten Genehmigungen dagegen nicht anfechtbar sind oder sofern man schon im Ansatz eine aus dem Listenrang resultierende Rechtsposition im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verneint, steht dem Begehren der Klägerin der zwischenzeitliche Ablauf der Geltungsdauer der fingierten Genehmigungen entgegen. Eine fiktive Genehmigung kann im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den - hier im Rahmen des Anspruchs auf Urkundenaushändigung inzident zu prüfenden - Fiktionseintritt bereits wieder abgelaufen sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2002 - 4 S 220/02 -, juris Rn. 20; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 42). Nachdem die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Fiktionseintritts als Neubewerberin anzusehen war, war die Geltungsdauer der Genehmigungen in Abweichung von § 16 Abs. 4 PBefG nach § 13 Abs. 5 S. 5 Hs. 1 PBefG auf zwei Jahre beschränkt. Auch eine fiktive Genehmigung kann, da sie in ihrem Regelungsgehalt nicht über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinausreichen kann, nur für zwei Jahre als erteilt gelten. Dass die Klägerin die Genehmigungen für jeweils fünf Jahre beantragt hat, ist danach unbeachtlich. Die vor dem Verwaltungsgericht Neustadt ebenfalls unter Berufung auf § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG erstrittenen Taxigenehmigungen lassen ihren Status als Neubewerberin nicht entfallen, selbst wenn man die für einen anderen Genehmigungsbezirk erteilte Taxigenehmigung hierfür ausreichen ließe. Ausweislich der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Neustadt trat die Fiktion dort frühestens am 05.11.2010 und damit jedenfalls nach dem - für die Beurteilung der Neubewerberstellung in diesem Verfahren - maßgeblichen Zeitpunkt des Fiktionseintritts ein (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 25).
48 
Nach Auffassung des Gerichts markiert der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit den spätmöglichsten Beginn der Geltungsdauer. Von diesem Moment an hat ein Antragsteller einen Anspruch auf Aushändigung der für einen rechtmäßigen Verkehrsbetrieb erforderlichen Genehmigungsurkunde (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -, S. 6 der unveröffentlichten Entscheidung) und damit die Möglichkeit, sich diese - um eine Nutzung der Genehmigung vor ihrem Ablauf zu gewährleisten, gegebenenfalls im Wege einstweiligen Rechtsschutzes - erfolgreich zu erstreiten. Dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit entspricht hier der des Fiktionseintritts mit Ablauf der Dreimonatsfrist am 23.09.2010 mit der Folge, dass die zweijährige Geltungsdauer im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen war.
49 
Nichts anderes gilt, wenn man den Beginn der Geltungsdauer auf den Zeitpunkt des Fiktionseintritts, der hier im Übrigen mit dem der Unanfechtbarkeit identisch ist, oder den des Antragseingangs (so VG Freiburg, Urteil vom 11.04.1997 - 6 K 2110/95 -) fixiert.
50 
Nachdem der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden damit nach keiner Betrachtungsweise zusteht, muss der Hauptantrag ohne Erfolg bleiben.
51 
II. Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zur Erteilung der beantragten zehn Genehmigungen zu verpflichten, kann allein deshalb keinen Erfolg haben, weil die Anträge der Klägerin vom 11.06.2010 in Folge des Fiktionseintritts „verbraucht“ sind. Zu ihrer positiven Bescheidung kann die Beklagte daher nicht verpflichtet werden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin weitere Genehmigungsanträge gestellt hat.
52 
Nach alldem war die Klage insgesamt abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert wird unter Abänderung des vorläufigen Streitwertbeschlusses vom 30.07.2012 gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf 150.000,00 EUR festgesetzt (15.000,00 EUR je Genehmigung).
55 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
26 
Die mit Einwilligung der Beklagten geänderte Klage (§ 91 Abs. 1 VwGO) ist ganz überwiegend zulässig, sowohl mit ihrem Haupt- (I.) als auch ihrem Hilfsantrag (II.) in der Sache jedoch unbegründet.
27 
I. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten vom 06.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 26.06.2012 begehrt, ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis, denn die beantragten Genehmigungen galten im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung als fingiert (dazu sogleich unten), so dass diese „ins Leere“ ging.
28 
Im Übrigen ist der Antrag in der Sache erfolglos, denn unabhängig davon, ob man die beantragte Aushändigung der Genehmigungsurkunden als Leistungs- oder Verpflichtungsbegehren einstuft (für letzteres, allerdings ohne nähere Begründung VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris; wegen der Nachweisfunktion der Urkunde für einen Verwaltungsakt auch Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 15 Rn. 17), steht der Klägerin der in beiden Fällen erforderliche Anspruch hierauf nicht zu. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt, wenn die - zu Gunsten des Antragstellers ergangene - Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist.
29 
Zwar lag eine Entscheidung im Sinne von § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG vor, denn die beantragten Genehmigungen galten nach § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG als erteilt. Dem Anspruch auf Aushändigung steht jedoch entgegen, dass - je nach rechtlicher Betrachtungsweise - die Entscheidung noch nicht unanfechtbar oder nicht mehr wirksam ist.
30 
I.1 Nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG ist über einen Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Dabei bestimmt § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG, dass die Genehmigung als erteilt gilt, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist versagt wird. § 15 Abs. 1 PBefG selbst normiert nicht, welche inhaltlichen Anforderungen an einen Antrag zu stellen sind, um die Fiktionsfrist anlaufen zu lassen. Nach der zu § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG ergangenen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt und die mittlerweile in § 42a Abs. 2 S. 2 LVwVfG Bestätigung findet, setzt ein fristauslösender „Eingang“ die Eingabe eines vollständigen Antrags voraus (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1999 - 3 S 1643/99 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 39; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 -, juris Rn. 11; VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 -, juris Rn. 37; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 -, DVBl. 1997, 964; a.A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Kommentar, Stand: Dezember 2013, B § 15 Rn. 13). Das entspricht dem Zweck der Genehmigungsfiktion, dem Antragsteller über seinem Einflussbereich entzogene Verfahrenshemmnisse hinwegzuhelfen, die aus einer verzögerten Bearbeitung seines Antrags durch die Genehmigungsbehörde resultieren. Dagegen ist es nicht Sinn der Fiktion, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, denn erst dann entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit dem Antrag abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG gelangt. Tut sie das nicht, tritt die Genehmigungsfiktion im Beschleunigungsinteresse des Antragstellers zu dessen Gunsten ein (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 -, juris Rn. 13).
31 
I.2 Ein vollständiger Antrag lag der Beklagten am 23.06.2010 vor. Wann ein Antrag vollständig und damit fristauslösend ist, bestimmt sich in erster Linie anhand der (fach-)gesetzlichen Regelungen, sofern sie Aussagen über den notwendigen Inhalt von Genehmigungsunterlagen treffen (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 13. Auflage 2012, § 42a Rn. 26). Das ist hier zunächst in Gestalt von § 12 PBefG der Fall (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 41; OVG Magdeburg, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 -, a.a.O.). Nach ihrem Wortlaut unterscheidet die Vorschrift zwischen dem Antrag zwingend und regelmäßig beizufügenden Angaben bzw. Unterlagen.
32 
I.2.1 Gemäß § 12 Abs. 2 PBefG stets beizufügen „sind“ dem Antrag Unterlagen, die ein Urteil über die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs sowie die Zuverlässigkeit des Antragstellers und damit die Prüfung der (subjektiven) Genehmigungsvoraussetzungen insbesondere des § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 PBefG ermöglichen. Derartige Angaben unter Beilage der durch die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) im Einzelnen bestimmten Nachweise sind für die Annahme eines fristauslösenden vollständigen Antrags unverzichtbar (OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 -, juris Rn. 25; VGH Hessen, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 -, a.a.O.; VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 -, juris Rn. 41).
33 
Danach waren die Anträge der Klägerin vom 11.06.2010 zunächst unvollständig, denn es fehlte eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gemeinde im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBZugV als Nachweis für die Genehmigungsvoraussetzung der (finanziellen) Leistungsfähigkeit der Klägerin (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 PBefG). Ein entsprechender Nachweis lag der Beklagten jedoch spätestens am 23.06.2010 in Form der an das Amt 20.3 gerichteten und mit einem Vermerk der Beklagten vom 23.06.2010 versehenen Anfrage vor, wie diese auf gerichtliche Nachfrage im Vorfeld der mündlichen Verhandlung bestätigte. Die Fiktionsfrist wird nicht nur durch einen von Anfang an vollständigen Antrag, sondern auch dann in Gang gesetzt, wenn der Antrag erst nach Antragstellung - sei es auf Initiative des Antragstellers, sei es auf Betreiben der Genehmigungsbehörde hin - vervollständigt wird. Denn auch in diesem Fall greift der Zweck der Vorschrift, die Genehmigungsbehörde zu einer zügigen Entscheidung anzuhalten, da alle aus dem Machtbereich des Antragstellers erforderlichen Angaben vorhanden sind. Für ein Fehlen sonstiger nach § 12 Abs. 2 PBefG i.V.m. §§ 2 ff. PBZugV vorzulegender Unterlagen, die zur Überprüfung der subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen (§ 13 Abs. 1 PBefG) erforderlich waren, ist nichts ersichtlich. Von der Vollständigkeit des Antrags ist offensichtlich auch die Beklagte ausgegangen, die im Laufe des Verwaltungsverfahrens keinerlei Beanstandungen des Antrags vornahm und der Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2010 die Erfüllung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen attestierte.
34 
I.2.2 Auch im Übrigen war der Antrag vollständig. Neben den obligatorischen Informationen „soll“ der Antrag nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 PBefG noch weitere Angaben enthalten, die in den Genehmigungsanträgen teilweise fehlten und auch vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten nicht nachgeholt wurden. Das Unterlassen dieser Angaben steht der Annahme eines die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG auslösenden vollständigen Antrags im konkreten Fall jedoch nicht entgegen. Dabei spricht schon die im Vergleich mit § 12 Abs. 2 PBefG abweichende Wortlautgestaltung für eine tendenziell geringere Bedeutung der dort genannten Angaben.
35 
I.2.2.1 Soweit die Klägerin in den Anträgen nicht, wie in § 12 Abs. 1 Nr. 1 d) PBefG vorgesehen, Beginn und Ende der beantragten Geltungsdauer angegeben hat, ist dies schon deshalb unschädlich, weil die Regelung erst durch Gesetz vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598) mit Wirkung vom 01.01.2013 eingefügt wurde. Für die Frage nach der Vollständigkeit des Antrags ist jedoch die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Gesetzeslage maßgeblich (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 42a Rn. 76). Auf die behördliche Genehmigungspraxis kommt es dagegen nicht an (OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 41; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 42a Rn. 75). Insofern ist es unbeachtlich, dass die Beklagte in ihren Formularen Angaben zu Beginn und Ende der beantragten Genehmigung verlangt hat. Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren diese gesetzlich nicht gefordert.
36 
I.2.2.2 Weiter steht der Vollständigkeit des Antrags nicht entgegen, dass die Klägerin entgegen § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 b) PBefG keine Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitzplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge gemacht hat. Das gilt jedenfalls für den hier beantragten Gelegenheitsverkehr mit Taxen (§§ 46, 47 PBefG). Ausgangspunkt ist dabei die Überlegung, dass diejenigen Angaben erforderlich, aber auch ausreichend sind, die die Genehmigungsbehörde zur Überprüfung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG benötigt. Relevanz könnten oben genannte Angaben allenfalls im Rahmen der (objektiven) Genehmigungsvoraussetzung des § 13 Abs. 4 PBefG erlangen. Im Hinblick auf die nicht explizit angegebene Anzahl der zu verwendenden Fahrzeuge ist dies jedoch deshalb nicht der Fall, weil - im Unterschied zu anderen personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungen - auf Grundlage einer Taxigenehmigung immer nur ein einziges Fahrzeug betrieben werden darf. Die Klägerin hat unter Verwendung von insgesamt zehn Genehmigungsformularen eine entsprechende Anzahl Genehmigungsanträge gestellt und damit eindeutig zu erkennen gegeben, wie viel zusätzlicher „Verkehr“ im Sinne von § 13 Abs. 4 S. 1 PBefG ausgeübt werden soll. Allein diese Information benötigt die Beklagte für die durch § 13 Abs. 4 PBefG gebotene Prüfung, ob das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird. Die Tatsache, dass die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG für den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen erteilt wird, steht dem nicht entgegen. Auch wenn sich danach die Genehmigung auf mehrere Fahrzeuge gleichzeitig erstrecken kann, beinhaltet dies nicht die Berechtigung, den Verkehr mit allen gleichzeitig auszuüben, sondern gewährt allenfalls das - für die Prüfung von § 13 Abs. 4 PBefG irrelevante - Recht, die Fahrzeuge alternativ zu verwenden.
37 
Auch der Angabe des Fassungsvermögens (Sitzplätze) kommt für die Überprüfung der Genehmigungsvoraussetzungen - jedenfalls beim Gelegenheitsverkehr mit Taxen - keine entscheidende Bedeutung zu. Nach § 47 Abs. 1 S. 1 PBefG ist Verkehr mit Taxen die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen. § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG definiert einen PKW als Kraftfahrzeug, das nach Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt ist. Variiert das mögliche Fassungsvermögen eines Taxis damit regelmäßig zwischen fünf und maximal neun Personen und legt man realitätsnah zugrunde, dass so genannte „Großraumtaxis“ häufig nicht ausgelastet fahren, so wird die Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes durch ein „Großraumtaxi“ nicht anders bedroht als durch ein Taxi, das Platz für nur fünf Personen bietet.
38 
I.2.2.3 Der Eintritt der Fiktionswirkung des § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin die amtlichen Kennzeichen der einzusetzenden Kraftfahrzeuge noch nicht benannt hat. Dafür spricht schon, dass deren Angabe in § 12 Abs. 1 Nr. 4 PBefG nicht genannt ist. Vielmehr sind amtliche Kennzeichen nach § 17 Abs. 1 Nr. 8 PBefG erst für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde erforderlich (VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 31). Andernfalls würde dem Antragsteller ein erhebliches Investitionsrisiko aufgebürdet, wenn er vorab gezwungen wäre, Fahrzeuge zu beschaffen und zuzulassen, ohne genehmigungsrechtliche Sicherheit zu haben (OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 -, juris Rn. 39). Aus § 9 Abs. 1 Nr. 5 PBefG, wonach die Genehmigung für den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen erteilt wird, folgt nicht, dass eine Genehmigung nur bei Benennung amtlicher Kennzeichen als fingiert gelten kann. Das Prüfungsprogramm für eine Genehmigungsentscheidung ist allein in § 13 PBefG geregelt. Für welche der dort genannten Genehmigungsvoraussetzungen die Angabe amtlicher Kennzeichen bedeutsam sein soll, ist nicht ersichtlich. Etwaige aus ihrer Benennung resultierende zulassungsrechtliche Bedenken bleiben bei der Entscheidung über einen personenbeförderungsrechtlichen Genehmigungsantrag außer Betracht (OVG Sachsen, Urteil vom 08.02.2011 - 4 A 254/10 -, juris Rn. 19).
39 
I.2.2.4 Schließlich bedurfte es für einen vollständigen Antrag keines Gewerberegisterauszugs, auf den die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung abgestellt hat und der ihr laut Eingangsstempel erst am 12.08.2010 vorlag. Weder § 12 Abs. 1 PBefG noch die Vorschriften der PBZugV verlangen einen entsprechenden Nachweis, so dass die Beklagte ihn allenfalls auf Grundlage von § 12 Abs. 3 PBefG hätte anfordern können (Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 12 Rn. 3). Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte aber weder in ihrem Genehmigungsvordruck noch in dem Merkblatt, das sie dem Gericht in der mündlichen Verhandlung übergeben hat, Gebrauch gemacht. Danach ist ein Gewerberegisterauszug entsprechend dem fettgedruckten Hinweis auf dem Merkblatt nur einem Antrag auf Übertragung einer Taxengenehmigung beizufügen. Diese Aufforderung musste die Klägerin als Neubewerberin nicht auf sich beziehen, selbst wenn man annimmt, dass ihr ein entsprechendes Merkblatt bei Antragstellung ausgehändigt worden wäre.
40 
I.2.2.5 Ob für die Annahme eines vollständigen Antrags die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Auf Blatt 43 der Genehmigungsakte befindet sich ein polizeiliches Führungszeugnis vom 15.06.2010, das der Beklagten laut Eingangsstempel am 18.06.2010 vorlag. Auch bei diesem handelt es sich um ein - keinerlei Eintragungen enthaltendes - polizeiliches Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 BZRG, das sich - mit Ausnahme des für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG irrelevanten Verwendungszwecks - in keiner Weise von dem Führungszeugnis vom 23.08.2010 (Bl. 61 der Akte) unterscheidet. Einen Grund, auf das spätere Zeugnis abzustellen, gibt es nach Auffassung des Gerichts nicht, zumal die Beklagte selbst das Führungszeugnis vom 15.06.2010 dem Genehmigungsverfahren zugrunde gelegt hat, wie die Paginierung belegt.
41 
Nach alldem waren die Anträge der Klägerin am 23.06.2010, dem Tag des Eingangs der gemeindlichen Bescheinigung über die steuerliche Zuverlässigkeit, vollständig.
42 
I.3 Die danach in Gang gesetzte Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG hat sich auch nicht infolge des mit Schreiben der Beklagten vom 03.08.2010 initiierten Schriftwechsels stillschweigend verlängert. Zwar sieht § 15 Abs. 1 S. 3 PBefG eine Verlängerungsmöglichkeit vor. Danach kann die Genehmigungsbehörde die Dreimonatsfrist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können, falls dies innerhalb der regulären Dreimonatsfrist nicht möglich ist. Indes setzt ein wirksamer Zwischenbescheid neben der Mitteilung, dass die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG verlängert wird, zusätzlich die Angabe des genauen Zeitraums, um den die Entscheidungsfrist verlängert wird, voraus (VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 28). Diesen Anforderungen genügt keines der an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Schreiben ersichtlich nicht in Ausübung der gesetzlichen Verlängerungsoption verfasst hat, enthalten sie weder die Mitteilung, dass die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG verlängert werden sollte, noch ergibt sich aus ihnen ein eindeutiger Zeitpunkt, bis wann eine Entscheidung ergehen werde. Das Schreiben vom 16.09.2010 enthält lediglich eine Stellungnahmefrist bis zum 24.09.2010. Selbst wenn man dieses Datum zugrundelegen würde, wäre die ablehnende Entscheidung vom 06.10.2010 zu spät ergangen. Für die Annahme einer stillschweigenden Fristverlängerung außerhalb des Anwendungsbereichs von § 15 Abs. 1 S. 3 PBefG ist kein Raum. Ebenso geben die Antwortschreiben der Klägerin keinen Anlass zu der Annahme, diese habe (konkludent) auf die Einhaltung der Entscheidungsfrist verzichtet (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines Verzichts vgl. VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 30).
43 
Danach galt die reguläre Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG, die am 24.06.2010 begann und am 23.09.2010 mit der Folge des Fiktionseintritts ablief (§ 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
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I.4 Gleichwohl steht der Klägerin ein Anspruch auf Aushändigung von Genehmigungsurkunden bzgl. der fingierten Genehmigungen nicht zu, denn dieser setzt neben einer positiven Genehmigungsentscheidung auf der einen Seite voraus, dass diese unanfechtbar geworden ist (§ 15 Abs. 2 PBefG). Auch eine fingierte Genehmigung ist grundsätzlich anfechtbar (vgl. § 42a Abs. 1 S. 2 LVwVfG; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -) und zwar in dem Umfang, in dem es auch eine tatsächlich erteilte Genehmigung wäre (Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 15 PBefG Rn. 1). Auf der anderen Seite muss die Entscheidung im für das Begehren der Klägerin maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch Bestand haben, d. h. wirksam sein, denn eine Verurteilung zur Ausstellung von Genehmigungsurkunden über nicht mehr existente Genehmigungen kommt nicht in Betracht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
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I.4.1 § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG geht seinem Wortlaut nach zunächst von einer grundsätzlichen Anfechtbarkeit der Genehmigungsentscheidung - durch Dritte - aus. Wo es jedoch von vorneherein an einer die Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO vermittelnden Drittbetroffenheit durch die Entscheidung fehlt, wird diese gleichsam sofort unanfechtbar mit der Folge, dass auch die Genehmigungsurkunde zu erteilen ist. Bereits zugelassene Taxiunternehmer werden hinsichtlich der ihnen erteilten Genehmigungen durch die einem anderen (Konkurrenten) bewilligte Genehmigung nicht in eigen Rechten verletzt (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 139.61 -, juris Rn. 24 = BVerwGE 16, 187; VGH Bayern, Beschluss vom 10.04.1984 - 11 CE/CS 84 A.628 -, NJW 1985, 758). Klagebefugt sind allein die nach § 14 PBefG Anhörungsberechtigten (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 139.61 -, juris Rn. 18 = BVerwGE 16, 187; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Auflage 2013, § 15 Rn. 9 m.w.N.). Hierzu zählen Unternehmer von Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht (vgl. § 14 Abs. 2 PBefG).
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Eine Anfechtungsberechtigung könnte allenfalls den der Klägerin nach der Rangstelle auf den von der Beklagten in Anwendung von § 13 Abs. 5 S. 2 PBefG erstellten Wartelisten vorgehenden Bewerbern um eine Taxigenehmigung zustehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen auf die Missachtung eines vorrangigen Listenplatzes gestützten Primärrechtsschutzanspruch bislang verneint und den übergangenen Bewerber auf Schadensersatzansprüche verwiesen (BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 23.63 -, BVerwGE 190, 193 f.). Ob daran festzuhalten ist oder das Recht aus der Rangstelle nicht doch einen einklagbaren Anspruch auf einen dieses Recht nicht verletzenden Abbau der Warteliste vermittelt (so OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1990 - 13 B 1283/90 -, juris Rn. 8 = NVwZ-RR 1991, 147), bedarf hier keiner Entscheidung. Bejaht man auf Grundlage der von der Beklagten geführten Wartelisten - deren Richtigkeit unterstellt - ein Klagerecht auch insoweit, als besser platzierte Antragsteller durch eine fingierte Genehmigungserteilung übergangen werden, scheitert ein Anspruch auf Aushändigung der begehrten Genehmigungsurkunden, weil der Teil der dem Grunde nach anfechtbaren Genehmigungen nach wie vor anfechtbar wäre. Mangels Bekanntgabe der fingierten Genehmigungen an die betroffenen Antragsteller wurden Rechtsmittelfristen nicht in Gang gesetzt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -). Insoweit fehlt es an der für einen Urkundenausstellungsanspruch notwendigen Unanfechtbarkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 S. 1 PBefG.
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I.4.2 Soweit die fingierten Genehmigungen dagegen nicht anfechtbar sind oder sofern man schon im Ansatz eine aus dem Listenrang resultierende Rechtsposition im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verneint, steht dem Begehren der Klägerin der zwischenzeitliche Ablauf der Geltungsdauer der fingierten Genehmigungen entgegen. Eine fiktive Genehmigung kann im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den - hier im Rahmen des Anspruchs auf Urkundenaushändigung inzident zu prüfenden - Fiktionseintritt bereits wieder abgelaufen sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2002 - 4 S 220/02 -, juris Rn. 20; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 -, juris Rn. 42). Nachdem die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Fiktionseintritts als Neubewerberin anzusehen war, war die Geltungsdauer der Genehmigungen in Abweichung von § 16 Abs. 4 PBefG nach § 13 Abs. 5 S. 5 Hs. 1 PBefG auf zwei Jahre beschränkt. Auch eine fiktive Genehmigung kann, da sie in ihrem Regelungsgehalt nicht über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinausreichen kann, nur für zwei Jahre als erteilt gelten. Dass die Klägerin die Genehmigungen für jeweils fünf Jahre beantragt hat, ist danach unbeachtlich. Die vor dem Verwaltungsgericht Neustadt ebenfalls unter Berufung auf § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG erstrittenen Taxigenehmigungen lassen ihren Status als Neubewerberin nicht entfallen, selbst wenn man die für einen anderen Genehmigungsbezirk erteilte Taxigenehmigung hierfür ausreichen ließe. Ausweislich der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Neustadt trat die Fiktion dort frühestens am 05.11.2010 und damit jedenfalls nach dem - für die Beurteilung der Neubewerberstellung in diesem Verfahren - maßgeblichen Zeitpunkt des Fiktionseintritts ein (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW -, juris Rn. 25).
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Nach Auffassung des Gerichts markiert der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit den spätmöglichsten Beginn der Geltungsdauer. Von diesem Moment an hat ein Antragsteller einen Anspruch auf Aushändigung der für einen rechtmäßigen Verkehrsbetrieb erforderlichen Genehmigungsurkunde (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 -, S. 6 der unveröffentlichten Entscheidung) und damit die Möglichkeit, sich diese - um eine Nutzung der Genehmigung vor ihrem Ablauf zu gewährleisten, gegebenenfalls im Wege einstweiligen Rechtsschutzes - erfolgreich zu erstreiten. Dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit entspricht hier der des Fiktionseintritts mit Ablauf der Dreimonatsfrist am 23.09.2010 mit der Folge, dass die zweijährige Geltungsdauer im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen war.
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Nichts anderes gilt, wenn man den Beginn der Geltungsdauer auf den Zeitpunkt des Fiktionseintritts, der hier im Übrigen mit dem der Unanfechtbarkeit identisch ist, oder den des Antragseingangs (so VG Freiburg, Urteil vom 11.04.1997 - 6 K 2110/95 -) fixiert.
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Nachdem der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden damit nach keiner Betrachtungsweise zusteht, muss der Hauptantrag ohne Erfolg bleiben.
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II. Der hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zur Erteilung der beantragten zehn Genehmigungen zu verpflichten, kann allein deshalb keinen Erfolg haben, weil die Anträge der Klägerin vom 11.06.2010 in Folge des Fiktionseintritts „verbraucht“ sind. Zu ihrer positiven Bescheidung kann die Beklagte daher nicht verpflichtet werden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin weitere Genehmigungsanträge gestellt hat.
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Nach alldem war die Klage insgesamt abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Beschluss
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Der Streitwert wird unter Abänderung des vorläufigen Streitwertbeschlusses vom 30.07.2012 gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen auf 150.000,00 EUR festgesetzt (15.000,00 EUR je Genehmigung).
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Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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