Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 6 K 701/13

Tenor

1. Die Verfügung der Beklagten vom 30.06.2011 in der Gestalt des Teilabhilfebe-scheids vom 05.02.2013 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.02.2013 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um die Nutzungsuntersagung eines von der Klägerin angemieteten Anwesens als bordellartiger Betrieb.
Das Grundstück ..., ..., FlSt.-Nr. ... ist mit einem zweieinhalbgeschossigen Gebäude bebaut, dessen Errichtung mit Baubescheid vom 02.04.1962 als Wohnhaus genehmigt worden war. Eine Erweiterung des Wohnhauses wurde am 04.12.1989, die Errichtung von 18 gewerblichen Stellplätzen am 07.11.2001 bauaufsichtlich genehmigt.
Das Anwesen wird seit spätestens Juli 1997 auch zu Prostitutionszwecken genutzt. Seit 2005 ist der Beklagten die Nutzung als Bordell bekannt. Eine baurechtliche Genehmigung zur Umnutzung liegt nicht vor. Die Klägerin hat das Anwesen seit dem 01.08.2010 zur Ausübung eines Gewerbes angemietet und betreibt dort den FKK-Sauna-Club „...“.
Die Umgebung des Grundstücks der Klägerin ist im Flächennutzungsplan als gewerbliche Baufläche ausgewiesen. Ein Bebauungsplan existiert für das Gebiet bislang nicht.
Am 17.02.2011 fasste die Beklagte den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans „..." für das durch die die ..., die ... und die Straße Am ... begrenzte Gebiet. Damit wurde zunächst angestrebt, das Plangebiet zu einem Mischgebiet zu entwickeln. Am 30.04.2012 fasste die Beklagte die Beschlüsse, den Planaufstellungsbeschluss zu bekräftigen und für den Geltungsbereich der künftigen Planung eine Veränderungssperre zu erlassen. Beide Beschlüsse wurden am 04.05.2012 ortsüblich bekannt gemacht. Mittlerweile plante die Beklagte, das Gebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet unter Ausschluss von bordellartigen Betrieben, Vergnügungsstätten und sortimentsspezifischen Einzelhandelsbetrieben zu entwickeln. Am 12.05.2014 beschloss der Gemeinderat der Beklagten den erneuten Erlass einer Veränderungssperre. Dieser Beschluss wurde am 17.05.2014 ortsüblich bekannt gemacht.
Infolge von Anwohnerbeschwerden führte die Beklagte am 25.11.2010 eine Ortsbesichtigung durch, bei der sie feststellte, dass an dem Gebäude verschiedene Umbauten vorgenommen worden waren. Sie forderte die Klägerin daraufhin zur Beantragung einer Baugenehmigung auf und hörte sie schriftlich zu einer Nutzungsuntersagung an. Die Klägerin wies im Rahmen der Anhörung darauf hin, dass sich auf dem Anwesen bereits seit mehr als zehn Jahren ein bordellartiger Betrieb befinde, der Bestandsschutz genieße.
Mit Verfügung vom 30.06.2011, der Klägerin zugestellt am 05.07.2011, untersagte die Beklagte der Klägerin zum 31.08.2011 die Nutzung des Anwesens als bordellartiger Betrieb (Ziffer 1), gab ihr auf, die auf der Mauer des Anwesens errichtete Werbeanlage zu entfernen (Ziffer 2), ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an (Ziffer 3) und drohte ihr für den Fall, dass sie den Verpflichtungen aus Ziff. 1 und 2 nicht nachkommen sollte, ein Zwangsgeld von 5.000,00 Euro bzw. 1.500,00 Euro an (Ziffern 4 und 5). Zur Begründung führte sie aus, die Nutzung als bordellartiger Betrieb sei formell und materiell illegal. Für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der ohne die erforderliche Baugenehmigung vorgenommenen Nutzungsänderung komme es aufgrund der Lage im unbeplanten Innenbereich darauf an, ob sich die Nutzung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder § 34 Abs. 2 BauGB in die nähere Umgebung einfüge. Dort befänden sich sowohl Wohnungen als auch gewerbliche Nutzungen. Wegen der uneinheitlichen städtebaulichen Situation sei eine eindeutige Zuordnung zu einem Gebietstypus der BauNVO nicht möglich. Damit beurteile sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB unter Berücksichtigung des Gebots der Rücksichtnahme. Maßgeblich sei hierbei die abstraktrechtliche Einordnung des Unternehmens, das als Vergnügungsstätte zu typisieren sei. Von ausschlaggebender Bedeutung sei außerdem, dass sich in der näheren Umgebung kürzlich bereits ein zweiter bordellartiger Betrieb angesiedelt habe. Dies führe dazu, dass das Gebiet eine Prägung erlangen könne, die es in ein Sondergebiet für Bordelle kippen lasse, und bewirke damit einen unerwünschten „Trading-Down-Effekt“. Eben dies zu verhindern sei Ziel des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans „...". Bei der Art des Betriebskonzepts müsse aller Voraussicht nach ferner davon ausgegangen werden, dass die Nutzung den Straftatbestand der Prostitution gemäß § 180 a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfülle. Der Betrieb erweise sich darüber hinaus als rücksichtslos, da in der Nachbarschaft ungeachtet der heterogenen Gebietsstruktur Familien lebten, die insbesondere durch den zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehr gerade abends, nachts und an Wochenenden beeinträchtigt würden. Schließlich würden auch die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Rettungswege und den Brandschutz nicht erfüllt. Die Nutzung sei nicht bestandsgeschützt. Die Beklagte habe weder einen Vertrauenstatbestand geschaffen noch seien die Voraussetzungen einer Verwirkung erfüllt. Eine Untersagung sei verhältnismäßig. Sie sei erforderlich und angemessen, um einerseits die negativen Auswirkungen mit Verstößen gegen das Gebot der Rücksichtnahme für die Nachbarschaft und andererseits die durch die brandschutztechnisch ungeklärte Situation bestehenden Gefahren abzuwehren.
Am 05.08.2011 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und beantragte beim erkennenden Gericht zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung desselben. Zur Begründung führte sie aus, ihr Anwesen befinde sich in einem ganz überwiegend gewerblich geprägten Gebiet. Die Ausübung der Prostitution in dem Gebäude sei der Beklagten bereits seit Juli 1997 bekannt. Schon aufgrund dieser Vornutzung sei die Nutzungsuntersagung unverhältnismäßig. Sie habe außerdem sämtliche für ihren Betrieb zuständigen Behörden in ihre Renovierungspläne einbezogen. Dabei seien nie Bedenken im Hinblick auf die Nutzungsart geäußert worden. Beschwerden oder Bedenken der Anwohner gebe es ebenso wenig wie Probleme mit der Polizei. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme für Nachbarn oder die Allgemeinheit liege daher nicht vor. Die Klägerin legte hierzu eine Unterschriftenliste vor.
Nach Inaugenscheinnahme am 24.01.2012 ordnete die erkennende Kammer mit Beschluss vom 30.01.2012 (Az. 6 K 2098/11) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung verfügte Entfernung der Werbeanlage an. Der darüber hinausgehende Antrag wurde unter Verweis auf die Verstöße gegen die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz abgelehnt.
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Die Klägerin ließ die brandschutzrechtlichen Mängel in der Folge beheben. Mit Bescheid vom 07.05.2012 hob die Beklagte mit Ausnahme einer Nutzung des Dachgeschosses für Aufenthaltszwecke die sofortige Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügung daraufhin auf.
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Einen Bauantrag der Klägerin vom 02.11.2011 auf Genehmigung der Nutzungsänderung von Wohnnutzung in eine gewerbliche Zimmervermietung mit Bordellbetrieb und Außenbereich mit Barpavillon, überdachtem Sitzplatz, Pool und Abstellraum (bordellartiger Betrieb/Vergnügungsstätte) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.07.2012 unter Hinweis auf die zwischenzeitlich in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Über den von der Klägerin hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
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Mit Teil-Abhilfebescheid vom 05.02.2013 hob die Beklagte die Anordnung der Entfernung der Werbeanlage in Ziffer 2 der Verfügung vom 30.06.2011 sowie die entsprechende Zwangsgeldandrohung auf.
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Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den darüber hinausgehenden Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2013, der Klägerin zugestellt am 19.02.2013, unter Abänderung der Frist zur Einstellung der untersagten Nutzung kosten- und gebührenpflichtig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Betrieb sei in der aktuellen Nutzung nie im erforderlichen zeitlichen Umfang materiell rechtmäßig gewesen, um hierfür einen Bestandsschutz zu vermitteln. Bis zur Behebung der brandschutzrechtlichen Mängel im April 2012 habe der Betrieb jedenfalls gegen materielles Baurecht verstoßen. Auch nach Beseitigung dieser Verstöße im April 2012 habe aufgrund der am 04.05.2012 bekanntgemachten Veränderungssperre kein Bestandsschutz eintreten können. Eine Veränderungssperre entfalte ihre Wirkung auch für bereits vor ihrem Erlass erfolgte Nutzungsänderungen, für welche die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt worden sei. Denn die kommunale Planungshoheit dürfe bei laufender Bauleitplanung nicht durch die Schaffung vollendeter Tatsachen unterlaufen werden. In Fällen, in denen § 15 BauGB die Zurückstellung eines Baugesuchs ermögliche, erlange eine formell illegal errichtete oder umgenutzte bauliche Anlage mangels objektiver Schutzwürdigkeit daher keinen Bestandsschutz. Der Antrag auf Genehmigung der Nutzungsänderung des Wohnhauses in eine gewerbliche Zimmervermietung mit Bordellbetrieb sei erst am 02.11.2011 eingegangen, so dass der Beklagten bis zum Erlass der Veränderungssperre eine Zurückstellung des Baugesuchs möglich gewesen sei. Hierfür sei es unerheblich, dass die Nutzungsänderung tatsächlich bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt sei, solange die Baurechtsbehörde die formal baurechtswidrige Nutzung nicht kenne und dulde. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Die Beklagte habe vielmehr umgehend, nachdem sie auf den Betrieb der Klägerin aufmerksam gemacht worden sei, eine Überprüfung vorgenommen und das Nutzungsuntersagungsverfahren eingeleitet. Vor der Beseitigung der brandschutzrechtlichen Mängel habe auch kein planungsrechtlicher Teilbestandsschutz eingetreten können, da eine formell rechtswidrige Nutzung für einen solchen insgesamt und in ihrer konkreten Ausgestaltung für eine gewisse Zeit materiell rechtmäßig sein müsse. Ungeachtet dessen sei die Nutzung als bordellartiger Betrieb zu keiner Zeit materiell rechtmäßig gewesen, sondern widerspreche fortlaufend und bis heute dem Bauplanungsrecht. Die Einordnung als Gemengelage mit einem Nebeneinander von allgemeinem Wohnen, betriebsbezogenem Wohnen, nicht wesentlich störendem Gewerbe und wesentlich störendem Gewerbe oder als faktisches Mischgebiet sei dabei ohne Bedeutung. Andere Gebietseinstufungen kämen jedenfalls in Anbetracht der umfangreichen Wohnnutzung nicht in Betracht. Der Betrieb der Klägerin sei in dem Baugebiet deshalb unzulässig, weil er als kerngebietstypische Vergnügungsstätte angesehen werden müsse, die weder in einem faktischen Mischgebiet noch in einer einem Mischgebiet angenäherten Gemengelage zulässig sei. Er sei nicht als reines Bordell einzustufen, sondern sei angesichts des weitreichenden Angebots mit Sauna, Whirlpool, Erotik-Kino, Zigarren-Lounge, Casinoraum, Bar, Buffet und der Übertragung von Sportereignissen eher mit einem so genannten Swinger-Club vergleichbar. Aufgrund seines Umfangs und des spezifisch angesprochenen allgemeinen Publikums in einem größeren Einzugsbereich sei der Betrieb als kerngebietstypisch anzusehen. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig. Sie sei zur Erreichung des städteplanerischen Ziels, das Baugebiet im Sinne eines eingeschränkten Gewerbegebiets und unter Ausschluss unter anderem von bordellartigen Betrieben und Vergnügungsstätten zu entwickeln, erforderlich. Eine Schutzwürdigkeit der Klägerin sei demgegenüber nicht zu erkennen. Einen Vertrauenstatbestand auf Duldung ihres Betriebs habe die Beklagte nicht geschaffen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sie eine frühere bordellartige Nutzung des Gebäudes in Form von Wohnungs- oder sonst unauffälliger Prostitution stillschweigend geduldet habe, sei eine solche Nutzung mit dem Betrieb in seiner heutigen Form nicht vergleichbar. Da die Klägerin vor dem behördlichen Einschreiten davon abgesehen habe, das Vorhaben formell legalisieren zu lassen, seien auch ihre Investitionen nicht schutzwürdig. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass mit einem bordellartigen Betrieb bzw. einer Vergnügungsstätte der vorliegenden Art regelmäßig ganz erhebliche Einnahmen generiert würden, was die Bedeutung der aufgewandten Summe von 500.000,00 Euro relativiere.
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Am 19.03.2013 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Sie trägt vor, ihr Betrieb genieße Bestandsschutz. In dem Objekt werde bereits seit langen Jahren Prostitution betrieben. Ihre Renovierungs- und Umbaupläne habe sie im Einzelnen mit der Beklagten abgestimmt. Es hätten mehrere Baukontrollen sowie eine Bauabnahme stattgefunden, bei denen die Beklagte nie Bedenken gegen die Nutzung erhoben habe. Was ihren Betrieb angehe, gebe es inzwischen keinen Casinoraum mehr. Die Spielautomaten habe man bereits eine Woche nach der Eröffnung entfernt. Es seien lediglich sechs Arbeitszimmer vorhanden. Im Außenbereich existiere keine Bar, sondern lediglich eine Grillhütte. Der Dachboden werde inzwischen nur noch als Abstellraum benutzt. Die Nebengebäude, die weder über elektrischen Strom noch über eine Wasserversorgung verfügten, würden nicht betrieblich genutzt. In der näheren Umgebung gebe es im Übrigen weitere Vergnügungsstätten, nämlich das „...“ sowie ein Wettbüro mit Spielhalle in der ... Des Weiteren sei anzumerken, dass die Beklagte mit dem „...“ einen vergleichbaren Betrieb toleriere, obwohl dieser in der Nähe einer Schule und eines Kindergartens in einem von Wohnbebauung geprägten Gebiet liege. Schließlich sei die Veränderungssperre zwischenzeitlich außer Kraft getreten.
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Die Klägerin beantragt,
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die Verfügung der Beklagten vom 30.06.2011 in der Gestalt des Teil-Abhilfebescheids vom 05.02.2013 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.02.2013 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie trägt vor, der untersagten Nutzung komme kein Bestandsschutz zu. Es handle sich nach wie vor um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Als solche füge sie sich nicht in die nähere Umgebung ein, welche sie weiterhin als nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Gemengelage ansehe. Insbesondere seien in dem Gebiet sowohl allgemeine Wohnnutzungen als auch aufgrund der von ihnen ausgehenden Emissionen mischgebietsunverträgliche Gewerbebetriebe genehmigt. In den durch diese Nutzungen geprägten Rahmen füge sich der Betrieb der Klägerin nicht ein. Dieser bewirke städtebauliche Spannungen insbesondere im Verhältnis zur Wohnnutzung und führe zu den in der angefochtenen Verfügung dargelegten nachteiligen Folgewirkungen. Vergleichbare Vergnügungsstätten gebe es in der Umgebung nicht. Das von der Klägerin insoweit angeführte Wettbüro liege mehrere Kilometer entfernt und stellt eine anders geartete Nutzung dar. Auch komme eine Ausnahme von der inzwischen neu erlassenen Veränderungssperre nicht in Betracht, da der Betrieb den weiter verfolgten Planungszielen widerspreche. Ein Bestandsschutz habe auch weder in der Zeit zwischen der Erfüllung der Brandschutzmängel am 19.04.2012 und der Bekanntgabe der Veränderungssperre am 04.05.2012 noch in der Zeit vom 04.05.2014 bis zur Bekanntgabe des Neuerlasses der Veränderungssperre am 17.05.2014 entstehen können. Die Zwischenzeiträume seien hierfür nicht ausreichend. Mit der Erteilung einer Baugenehmigung könne in nur zehn Arbeitstagen auch nicht gerechnet werden. Ihr Ermessen habe sie fehlerfrei ausgeübt, insbesondere den Betrieb der Klägerin nicht willkürlich herausgegriffen. Die Baurechtsbehörde greife baurechtswidrige Nutzungen im Bereich der Vergnügungsstätten und der Prostitution gemessen am jeweiligen Störungsgrad und im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten auf. So habe sie gegen das „...“ ein Verfahren eingeleitet und die Nutzung des weiteren von der Klägerin genannten Prostitutionsbetriebs zwischenzeitlich untersagt.
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Die Kammer hat den Betrieb der Klägerin sowie die nähere Umgebung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.05.2014 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Für das weitere Vorbringen der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakten zum vorläufigen Rechtsschutzverfahren 6 K 2098/11 sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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1. Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Nutzungsuntersagung und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
a) Nach § 65 Satz 2 LBO kann die Nutzung untersagt werden, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne ist bei genehmigungspflichtigen Vorhaben (§ 49 LBO) nicht schon dann gegeben, wenn die erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt. Wenn wie hier eine endgültige und nicht nur eine vorläufige Nutzungsuntersagung ausgesprochen werden soll (vgl. zur vorläufigen Nutzungsuntersagung Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 – 8 S 2606/06, Rdnr. 5 m.w.N. ), ist mit Rücksicht auf Art. 14 Abs. 1 GG neben der formellen vielmehr auch die materielle Baurechtswidrigkeit erforderlich. Denn im Hinblick auf die bloße Ordnungsfunktion der Baugenehmigung widerspräche es der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie, die Nutzungsuntersagung allein aufgrund der formellen Rechtswidrigkeit anzuordnen. Die untersagte Nutzung darf daher einerseits nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt sein und muss andererseits seit ihrem Beginn fortlaufend gegen materielles Baurecht verstoßen, wobei für die Beurteilung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, st. Rspr., vgl. u.a. Beschluss vom 24.03.2013 – 3 S 2404/12, Rdnr. 9; Urteil vom 19.10.2009 – 5 S 347/09, Rdnr. 22; Urteil vom 24.07.2002 – 5 S 149/01, Rdnrn. 21 f.; Beschluss vom 22.01.1996 – 8 S 2964/95, Rdnrn. 2 ff. ; a.A. Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 08.11.2012 – 4 K 912/12, Rdnr. 33 ).
24 
aa) Die Nutzung des von der Klägerin angemieteten Anwesens für ihren Betrieb ist derzeit zwar nicht von einer Baugenehmigung gedeckt. Die Beklagte hat den auf Genehmigung der Umnutzung gerichteten Bauantrag der Klägerin vielmehr abgelehnt. Im Vergleich zur bauaufsichtlich genehmigten Wohnnutzung stellt sich der Betrieb demgegenüber als aliud dar. Insbesondere im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gelten grundlegend andere Anforderungen, so dass sich die Genehmigungsfrage insoweit neu stellt (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.09.2012 – 3 S 2236/11, Rdnrn. 11 ff. ).
25 
bb) Die aufgenommene Nutzung verstößt aber nicht seit ihrem Beginn fortwährend gegen materielles Baurecht.
26 
(1) Bei dem von der Kammer in Augenschein genommenen FKK-Sauna-Club handelt es sich entgegen der Einschätzung der Beklagten nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, sondern um einen bordellartigen Betrieb. Als solchen hat die Beklagte den Betrieb der Klägerin in der angefochtenen Verfügung im Übrigen selbst bezeichnet und auch nur eine derartige Nutzung untersagt. Unter einem bordellartigen Betrieb versteht man eine von der Anzahl der Prostituierten her kleinere Einrichtung der Prostitution wie ein Erotik-Massagesalon, eine erotische Modelwohnung, einen Sauna-Club, einen FKK-Club, ein so genanntes Wohnungsbordell oder eine Terminwohnung (vgl. Stühler, BauR 2010, S 1013, 1023, 1026 m.w.N.). Das Gewerbe der Klägerin stellt sich wie andere FKK- und Sauna-Clubs als typischer bordellartiger Betrieb in diesem Sinn dar, der insbesondere nicht mit einem so genannten Swingerclub vergleichbar ist. Die angebotenen Zusatzleistungen wie Barbetrieb, Buffet, Sauna, Whirlpool und Fernseh- bzw. Videovorführungen dienen – wie dies in Betrieben der vorliegenden Art auch sonst üblich ist – erkennbar nur der Anbahnung sexueller Kontakte mit den dort tätigen Prostituierten. Der Hauptzweck des Unternehmens, wie er sich auch aus der Gewerbeanmeldung ergibt, liegt in der Bereitstellung von Räumlichkeiten zur Erbringung sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt in den hierzu vorgehaltenen sechs „Lovesuiten“. Die genannten Zusatzleistungen haben daneben – unabhängig von der Frage, ob an dem im Außenbereich befindlichen Tresen Getränke ausgeschenkt werden oder ausschließlich gegrillt wird – ganz offenkundig nur eine untergeordnete Bedeutung. Ein Swingerclub ist im Unterschied zum vorliegenden Betrieb, der auf die Erbringung sexueller Dienstleistungen durch Prostituierte ausgerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass es dort darum geht, den Kunden untereinander die Gelegenheit zu bieten, ihre Sexualität mit verschiedenen Partnern auszuleben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2014 – 2 S 3/14, Rdnr. 41 m.w.N. ). Da in Swingerclubs nicht die gewerbliche Ausübung der Prostitution, sondern die Unterhaltung bzw. das gesellige Beisammensein unter Ansprache des Sexualtriebs in einer entsprechenden, auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeiteinrichtung im Vordergrund steht, sind diese bauplanungsrechtlich als Vergnügungsstätten einzustufen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.11.2006 – 3 S 2377/06, Rdnrn. 5 ff. m.w.N. ). Demgegenüber handelt es sich bei bordellartigen Betrieben um sonstige Gewerbebetriebe allgemeiner Art, da hier nicht die kommerzielle Unterhaltung, sondern die prostitutive Leistung im Vordergrund steht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 12.12.2013 – 15 N 12.1220, Rdnr. 25; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnrn. 4 ff. m.w.N. ).
27 
Darüber hinaus erweist sich der Betrieb der Klägerin schon seinem Umfang nach nicht als kerngebietstypisch. Denn eine Kerngebietstypik liegt nur dann vor, wenn die betreffende Vergnügungsstätte als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich hat und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein soll (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.02.2000 – 4 C 23.98, Rdnr. 10; Beschluss vom 29.10.1992 – 4 B 103.92, Rdnr. 4; Urteil vom 18.05.1990 – 4 C 49.89, Rdnr. 25; Beschluss vom 28.07.1988 – 4 B 119.88 ). Für diese Beurteilung ist in erster Linie die Größe des Betriebs maßgeblich (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.02.1986 – 4 C 31.83, Rdnr. 10 ). Angesichts der Betriebsgröße mit nur sechs Arbeitszimmern erscheint eine Einordnung als kerngebietstypisch danach fernliegend (vgl. hierzu auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4a Rdnr. 23.11).
28 
(2) Der materiell-rechtlichen Zulässigkeit des Betriebs steht die zwischenzeitlich vom Gemeinderat der Beklagten erneut beschlossene Veränderungssperre nicht entgegen. Diese war zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar wieder in Kraft und soll gerade die Planungsziele des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan „...“, in dessen künftigen Geltungsbereich das Betriebsgrundstück belegen ist, sichern, die unter anderem in einem Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben bestehen. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner rechtlichen Klärung, ob eine Veränderungssperre allein überhaupt geeignet sein kann, eine Nutzungsuntersagung zu rechtfertigen, oder ob das Inkrafttreten des Bebauungsplans zur Klärung der materiellen Baurechtswidrigkeit zunächst abgewartet werden muss (vgl. hierzu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30.01.2014 – 15 B 11.750, Rdnr. 39 m.w.N. in Bezug auf eine Beseitigungsanordnung). Für Letzteres könnte unabhängig vom rein vorbereitenden und damit vorläufigen Charakter der Planaufstellung insbesondere der Sicherungszweck der Veränderungssperre sprechen, die Vereitelung der zukünftigen Planung durch Änderungen der tatsächlichen Situation und Schaffung vollendeter Tatsachen insbesondere in Form der bauaufsichtlichen Zulassung dieser widersprechender Vorhaben zu verhindern (vgl. zum Sicherungszweck Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 14 Rdnr. 1; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 112, Ergl. 2014, § 14 Rdnr. 1). Dies muss jedoch im vorliegenden Fall nicht vertieft werden. Denn eine Veränderungssperre steht der Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung gemäß § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB ohnehin schon kraft Gesetzes nicht entgegen. Darauf, ob diese Nutzung bauaufsichtlich genehmigt ist, womit sie bereits unter § 14 Abs. 3 Alt. 1 BauGB fiele, kommt es hierbei nicht an. Entscheidend ist allein, ob sie bislang bauplanungsrechtlich zulässig und damit entsprechend bestandsgeschützt war (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 19. Lieferg. 2012, § 14 Rdnr. 30).
29 
Der veränderungssperrenrechtliche Bestandsschutz nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB kann auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen sein, dass, wie die Beklagte meint, ein Bestandsschutz für ungenehmigte Nutzungen ebenso wie für Schwarzbauten mangels objektiver Schutzwürdigkeit und unter Berücksichtigung der gemeindlichen Planungshoheit in Fällen ausscheide, in denen § 15 BauGB die Zurückstellung des Baugesuchs ermöglicht hätte. Ungeachtet des Gesetzesvorrangs ließe sich ein solcher Ausschluss des Bestandsschutzes schon im Ansatz allenfalls für einen Zeitraum ab der nicht zur Genehmigung gestellten Nutzungsänderung rechtfertigen, in dem § 15 BauGB die Zurückstellung eines entsprechenden Bauantrags ermöglicht hätte (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.01.1971 – VI C 62.66, Rdnr. 23 ). Das streitbefangene Anwesen wird aber bereits seit vielen Jahren zur Prostitution genutzt und es waren dort – mit Kenntnis der Beklagten – bereits seit 2005 Bordelle bzw. bordellartige Betriebe ansässig. In der Variationsbreite dieser Nutzung (vgl. hierzu Sauter, LBO, 3. Aufl, 43. Lieferg. Nov. 2013, § 65 Rdnr. 14d m.w.N.) hält sich auch der Betrieb der Klägerin, ohne dass es insoweit auf die Umbaumaßnahmen oder die damit verbundene bauordnungsrechtliche, insbesondere brandschutztechnische Problematik ankäme. Denn ob ein Vorhaben bauordnungsrechtlich zulässig ist, ist für das planungsrechtliche Institut der Veränderungssperre generell unerheblich (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.01.1999 – 5 S 3075/98, Rdnr. 4 ; Lemmel, a.a.O., Rdnr. 30). Die Planungshoheit der Beklagten ist durch die streitgegenständliche Umnutzung somit nicht betroffen, da sie erst im Jahr 2011 und damit lang nach der erfolgten Umnutzung erstmals einen Planaufstellungsbeschluss gefasst hat. Im Hinblick auf diesen hat sie darüber hinaus trotz eigener Baurechtszuständigkeit (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 LBO i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) den von der Klägerin am 02.11.2011 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung auch nicht etwa förmlich bis zum Inkrafttreten der ersten Veränderungssperre am 04.05.2012 zurückgestellt, so dass insoweit auch kein Schutzbedürfnis als planende Gemeinde bestünde (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.10.198 – 4 B 72.98, Rdnr. 7 ). Denn ein Ausschluss des Bestandsschutzes könnte sich allenfalls dann rechtfertigen, wenn die planungsrechtlichen Sicherungsmittel durch das Unterlassen der erforderlichen Bauantragstellung vereitelt würden. Eine derartige Konstellation lag mit dem Baugesuch der Klägerin aber jedenfalls nicht mehr vor. Schließlich ist der Anwendungsbereich Zurückstellung nach § 15 BauGB auch nicht weiter als derjenige der Veränderungssperre selbst. Aus den dargelegten Gründen betrifft sie daher ohnehin keine ausgeübten Nutzungen im Sinne von § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB.
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(3) Entscheidend ist somit allein, ob der bordellartige Betrieb seit der entsprechenden Umnutzung des Gebäudes bis zum Inkrafttreten der ersten Veränderungssperre am 04.05.2012 oder in der Zwischenzeit zwischen dem Außerkrafttreten dieser Veränderungssperre mit Ablauf des 03.05.2014 bis zum Inkrafttreten der erneuten Veränderungssperre am 17.05.2014 fortlaufend gegen materielles Baurecht verstoßen hat. Nachdem die zwischenzeitlichen Brandschutzmängel behoben sind und für den von der Beklagten zunächst angenommenen Verstoß gegen die Strafrechtsnorm des § 180a StGB aus den schon in dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 30.01.2012 (Az. 6 K 2098/11) dargelegten Gründen keinerlei Anhaltspunkte bestehen, kommt nur ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften in Betracht.
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Für das Gebiet, in dem das Baugrundstück belegen ist, existiert bislang kein Bebauungsplan. Da es sich um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handelt, richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Veränderungssperre nach § 34 BauGB. Danach sind Vorhaben zulässig, die sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, sofern die Erschließung gesichert ist (§ 34 Abs. 1 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der BauNVO bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens seiner Art nach allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
32 
Die Kammer bewertet die nähere Umgebung nach ihrer Inaugenscheinnahme entgegen der Auffassung der Beklagten und der noch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgenommenen Bewertung weder als nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Gemengelage noch als faktische Mischgebiet, sondern als faktisches Gewerbegebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 8, 8 BauNVO. Maßstabsbildend ist hierbei die Umgebung, soweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr., vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.05.2014 – 4 B 38.13, Rdnr. 7 m.w.N. ). Danach sieht die Kammer den gesamten Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans „...“, nämlich das von der ..., der ... und der Straße ... umfasste Geviert, als maßgebenden Bebauungszusammenhang an. Dieser ist wesentlich durch die dort vorkommenden Gewerbebetriebe, die teilweise, wie dies auch in der Begründung des insoweit die ursprünglichen Planungsabsichten modifizierenden Aufstellungsbeschlusses vom 30.04.2012 zum Ausdruck kommt, im Verhältnis zu einer Wohnnutzung einen störenden Charakter aufweisen, geprägt. Neben diesen, dem Club der Klägerin und einem weiteren Bordellbetrieb findet sich in dem Gebiet nur vereinzelt Wohnnutzung. Hierbei handelt es sich allerdings durchweg um Wohnungen, die sich als betriebliches Wohnen darstellen, bauaufsichtlich überwiegend als solches genehmigt wurden und zum Teil durch Baulasten öffentlich-rechtlich entsprechend beschränkt sind. Derartige Wohnnutzungen, die in Gewerbegebieten ausnahmsweise zugelassen werden können (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO), sind in Gewerbegebieten nicht untypisch, sondern entsprechen im hier vorkommenden Ausmaß vielmehr deren Eigenart. In Anbetracht der Anzahl der Wohneinheiten scheidet eine Qualifikation als Mischgebiet im Übrigen auch ungeachtet des betrieblichen Zusammenhangs aus. Sie gibt dem Gebiet schon von ihrem Umfang her nicht derart das Gepräge wie die vorherrschende Bebauung mit Betriebsgebäuden inklusive der dazugehörigen Büro-, Verwaltungs-, Lager- und sonstiger Nebengebäude.
33 
In – auch faktischen – Gewerbegebieten sind Gewerbebetriebe wie der bordellartige Betrieb der Klägerin allgemein zulässig (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnrn. 4 ff. ). Ein fortlaufender Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften lässt sich somit mit Blick auf die Gebietseigenart gerade nicht feststellen. Im Gegenteil fügt sich das Unternehmen seiner Art nach in die gegebene Gebietstypik ein und widerspricht der Eigenart des vorliegenden Gewerbegebiets auch nicht nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO).
34 
(4) An dieser Bewertung würde sich selbst dann nichts ändern, wenn man den Betrieb der Klägerin wie die Beklagte als Vergnügungsstätte qualifizieren wollte. Denn als solche könnte er gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, ohne dass es insoweit auf die Kerngebietstypik ankäme (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 112, Ergl. 2014, § 8 BauNVO Rdnr. 46 m.w.N.). Der FKK-Sauna-Club der Klägerin erweist sich insbesondere nicht als rücksichtslos. Von ihm gehen keine Belästigungen oder Störungen aus, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Das Gebot der Rücksichtnahme wäre in diesem Sinne nur dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der betroffenen Nachbarn, der Intensität der Beeinträchtigung und der Interessen des Bauherrn die mit dem Bauvorhaben einhergehenden Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft billigerweise unzumutbar erscheinen würden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.01.2007 – 4 C 1.06, Rdnr. 19;Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnr. 21 ). Dies ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Der Betrieb der Klägerin macht nach außen hin auch unter Berücksichtigung des an der Einfriedung des Außenbereichs angebrachten Schriftzugs einen unauffälligen, neutralen Eindruck. Im Westen und Süden grenzt das Baugrundstück an öffentliche Straßenflächen und im Norden an eine Werk- bzw. Lagerhalle, welche es vom Haupthaus des benachbarten Grundstücks ... abschirmt. Nach Osten hin ist stehen an der Grenze zum Nachbargrundstück Lagerräume und ein aufgegebener Imbissstand, die ebenfalls für eine natürliche Abgrenzung sorgen. Die Ummauerung des Außenbereichs schließt Sichtkontakte aus. Die Lage des Grundstücks mit Erschließung über die Zufahrt an der ... lässt Belästigungen der Nachbarschaft durch Zu- und Abfahrtsverkehr, die über das in einem Gewerbegebiet Übliche hinausgehen, nicht befürchten. Insoweit ist ohnehin in den Blick zu nehmen, dass im Baugebiet wesentlich störendere Gewerbebetriebe, darunter ein Speditionsunternehmen, vorhanden sind, die eine deutlich höhere Verkehrslärmbelastung mit sich bringen dürften. Demgegenüber verfügt der Betrieb der Klägerin neben Sauna und Whirlpool sowie dem Aufenthalts- und dem Außenbereich im Parterrebereich nur über sechs Arbeitsräume. Schon angesichts dieser überschaubaren Größe ist mit einem besonders hohen Besucheraufkommen nicht zu rechnen. Nicht zu übersehen ist schließlich, dass in einem faktischen Gewerbegebiet wie hier die Eigentümer benachbarter Grundstücke ein deutlich geringeres Maß an Rücksichtnahme beanspruchen können, als dies etwa in einem Wohngebiet der Fall wäre. Ein Teil der Nachbarschaft hat der Klägerin auf der vorgelegten Unterschriftenliste ausdrücklich bestätigt, dass Einwände gegen einen Weiterbetrieb des Clubs nicht bestehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Ausführungen zu § 15 BauNVO in dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 30.01.2012 (6 K 2098/11) verwiesen.
35 
b) Mangels vollstreckbarer Nutzungsuntersagung besteht auch keine rechtliche Grundlage für die mit dieser verbundenen Zwangsgeldandrohung (§§ 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1, 20, 23 LVwVG).
36 
c) Die rechtswidrige zwangsgeldbewehrte Nutzungsuntersagung verletzt die Klägerin als Betreiberin des betroffenen FKK-Sauna-Clubs in ihren Rechten.
37 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
3. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39 
Beschluss
40 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 19.11. 2013 gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 42.750,00 Euro festgesetzt. Dabei hat sich die Kammer unter Berücksichtigung der im Bauantragsverfahren vorgelegten Nutzflächenberechnung für die Schätzung des durch die Nutzungsuntersagung verursachten Schadens gemäß Ziff. 9.4 an Ziff. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt (285 Quadratmeter multipliziert mit 150,00 Euro).
41 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
22 
1. Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Nutzungsuntersagung und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
a) Nach § 65 Satz 2 LBO kann die Nutzung untersagt werden, wenn bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften in diesem Sinne ist bei genehmigungspflichtigen Vorhaben (§ 49 LBO) nicht schon dann gegeben, wenn die erforderliche Baugenehmigung nicht vorliegt. Wenn wie hier eine endgültige und nicht nur eine vorläufige Nutzungsuntersagung ausgesprochen werden soll (vgl. zur vorläufigen Nutzungsuntersagung Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 – 8 S 2606/06, Rdnr. 5 m.w.N. ), ist mit Rücksicht auf Art. 14 Abs. 1 GG neben der formellen vielmehr auch die materielle Baurechtswidrigkeit erforderlich. Denn im Hinblick auf die bloße Ordnungsfunktion der Baugenehmigung widerspräche es der verfassungsmäßigen Eigentumsgarantie, die Nutzungsuntersagung allein aufgrund der formellen Rechtswidrigkeit anzuordnen. Die untersagte Nutzung darf daher einerseits nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt sein und muss andererseits seit ihrem Beginn fortlaufend gegen materielles Baurecht verstoßen, wobei für die Beurteilung der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, st. Rspr., vgl. u.a. Beschluss vom 24.03.2013 – 3 S 2404/12, Rdnr. 9; Urteil vom 19.10.2009 – 5 S 347/09, Rdnr. 22; Urteil vom 24.07.2002 – 5 S 149/01, Rdnrn. 21 f.; Beschluss vom 22.01.1996 – 8 S 2964/95, Rdnrn. 2 ff. ; a.A. Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 08.11.2012 – 4 K 912/12, Rdnr. 33 ).
24 
aa) Die Nutzung des von der Klägerin angemieteten Anwesens für ihren Betrieb ist derzeit zwar nicht von einer Baugenehmigung gedeckt. Die Beklagte hat den auf Genehmigung der Umnutzung gerichteten Bauantrag der Klägerin vielmehr abgelehnt. Im Vergleich zur bauaufsichtlich genehmigten Wohnnutzung stellt sich der Betrieb demgegenüber als aliud dar. Insbesondere im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gelten grundlegend andere Anforderungen, so dass sich die Genehmigungsfrage insoweit neu stellt (vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.09.2012 – 3 S 2236/11, Rdnrn. 11 ff. ).
25 
bb) Die aufgenommene Nutzung verstößt aber nicht seit ihrem Beginn fortwährend gegen materielles Baurecht.
26 
(1) Bei dem von der Kammer in Augenschein genommenen FKK-Sauna-Club handelt es sich entgegen der Einschätzung der Beklagten nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, sondern um einen bordellartigen Betrieb. Als solchen hat die Beklagte den Betrieb der Klägerin in der angefochtenen Verfügung im Übrigen selbst bezeichnet und auch nur eine derartige Nutzung untersagt. Unter einem bordellartigen Betrieb versteht man eine von der Anzahl der Prostituierten her kleinere Einrichtung der Prostitution wie ein Erotik-Massagesalon, eine erotische Modelwohnung, einen Sauna-Club, einen FKK-Club, ein so genanntes Wohnungsbordell oder eine Terminwohnung (vgl. Stühler, BauR 2010, S 1013, 1023, 1026 m.w.N.). Das Gewerbe der Klägerin stellt sich wie andere FKK- und Sauna-Clubs als typischer bordellartiger Betrieb in diesem Sinn dar, der insbesondere nicht mit einem so genannten Swingerclub vergleichbar ist. Die angebotenen Zusatzleistungen wie Barbetrieb, Buffet, Sauna, Whirlpool und Fernseh- bzw. Videovorführungen dienen – wie dies in Betrieben der vorliegenden Art auch sonst üblich ist – erkennbar nur der Anbahnung sexueller Kontakte mit den dort tätigen Prostituierten. Der Hauptzweck des Unternehmens, wie er sich auch aus der Gewerbeanmeldung ergibt, liegt in der Bereitstellung von Räumlichkeiten zur Erbringung sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt in den hierzu vorgehaltenen sechs „Lovesuiten“. Die genannten Zusatzleistungen haben daneben – unabhängig von der Frage, ob an dem im Außenbereich befindlichen Tresen Getränke ausgeschenkt werden oder ausschließlich gegrillt wird – ganz offenkundig nur eine untergeordnete Bedeutung. Ein Swingerclub ist im Unterschied zum vorliegenden Betrieb, der auf die Erbringung sexueller Dienstleistungen durch Prostituierte ausgerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass es dort darum geht, den Kunden untereinander die Gelegenheit zu bieten, ihre Sexualität mit verschiedenen Partnern auszuleben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2014 – 2 S 3/14, Rdnr. 41 m.w.N. ). Da in Swingerclubs nicht die gewerbliche Ausübung der Prostitution, sondern die Unterhaltung bzw. das gesellige Beisammensein unter Ansprache des Sexualtriebs in einer entsprechenden, auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeiteinrichtung im Vordergrund steht, sind diese bauplanungsrechtlich als Vergnügungsstätten einzustufen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.11.2006 – 3 S 2377/06, Rdnrn. 5 ff. m.w.N. ). Demgegenüber handelt es sich bei bordellartigen Betrieben um sonstige Gewerbebetriebe allgemeiner Art, da hier nicht die kommerzielle Unterhaltung, sondern die prostitutive Leistung im Vordergrund steht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 12.12.2013 – 15 N 12.1220, Rdnr. 25; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnrn. 4 ff. m.w.N. ).
27 
Darüber hinaus erweist sich der Betrieb der Klägerin schon seinem Umfang nach nicht als kerngebietstypisch. Denn eine Kerngebietstypik liegt nur dann vor, wenn die betreffende Vergnügungsstätte als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich hat und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein soll (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.02.2000 – 4 C 23.98, Rdnr. 10; Beschluss vom 29.10.1992 – 4 B 103.92, Rdnr. 4; Urteil vom 18.05.1990 – 4 C 49.89, Rdnr. 25; Beschluss vom 28.07.1988 – 4 B 119.88 ). Für diese Beurteilung ist in erster Linie die Größe des Betriebs maßgeblich (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.02.1986 – 4 C 31.83, Rdnr. 10 ). Angesichts der Betriebsgröße mit nur sechs Arbeitszimmern erscheint eine Einordnung als kerngebietstypisch danach fernliegend (vgl. hierzu auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4a Rdnr. 23.11).
28 
(2) Der materiell-rechtlichen Zulässigkeit des Betriebs steht die zwischenzeitlich vom Gemeinderat der Beklagten erneut beschlossene Veränderungssperre nicht entgegen. Diese war zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar wieder in Kraft und soll gerade die Planungsziele des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan „...“, in dessen künftigen Geltungsbereich das Betriebsgrundstück belegen ist, sichern, die unter anderem in einem Ausschluss von Bordellen und bordellartigen Betrieben bestehen. Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner rechtlichen Klärung, ob eine Veränderungssperre allein überhaupt geeignet sein kann, eine Nutzungsuntersagung zu rechtfertigen, oder ob das Inkrafttreten des Bebauungsplans zur Klärung der materiellen Baurechtswidrigkeit zunächst abgewartet werden muss (vgl. hierzu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30.01.2014 – 15 B 11.750, Rdnr. 39 m.w.N. in Bezug auf eine Beseitigungsanordnung). Für Letzteres könnte unabhängig vom rein vorbereitenden und damit vorläufigen Charakter der Planaufstellung insbesondere der Sicherungszweck der Veränderungssperre sprechen, die Vereitelung der zukünftigen Planung durch Änderungen der tatsächlichen Situation und Schaffung vollendeter Tatsachen insbesondere in Form der bauaufsichtlichen Zulassung dieser widersprechender Vorhaben zu verhindern (vgl. zum Sicherungszweck Mitschang, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 14 Rdnr. 1; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 112, Ergl. 2014, § 14 Rdnr. 1). Dies muss jedoch im vorliegenden Fall nicht vertieft werden. Denn eine Veränderungssperre steht der Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung gemäß § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB ohnehin schon kraft Gesetzes nicht entgegen. Darauf, ob diese Nutzung bauaufsichtlich genehmigt ist, womit sie bereits unter § 14 Abs. 3 Alt. 1 BauGB fiele, kommt es hierbei nicht an. Entscheidend ist allein, ob sie bislang bauplanungsrechtlich zulässig und damit entsprechend bestandsgeschützt war (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 19. Lieferg. 2012, § 14 Rdnr. 30).
29 
Der veränderungssperrenrechtliche Bestandsschutz nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB kann auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen sein, dass, wie die Beklagte meint, ein Bestandsschutz für ungenehmigte Nutzungen ebenso wie für Schwarzbauten mangels objektiver Schutzwürdigkeit und unter Berücksichtigung der gemeindlichen Planungshoheit in Fällen ausscheide, in denen § 15 BauGB die Zurückstellung des Baugesuchs ermöglicht hätte. Ungeachtet des Gesetzesvorrangs ließe sich ein solcher Ausschluss des Bestandsschutzes schon im Ansatz allenfalls für einen Zeitraum ab der nicht zur Genehmigung gestellten Nutzungsänderung rechtfertigen, in dem § 15 BauGB die Zurückstellung eines entsprechenden Bauantrags ermöglicht hätte (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.01.1971 – VI C 62.66, Rdnr. 23 ). Das streitbefangene Anwesen wird aber bereits seit vielen Jahren zur Prostitution genutzt und es waren dort – mit Kenntnis der Beklagten – bereits seit 2005 Bordelle bzw. bordellartige Betriebe ansässig. In der Variationsbreite dieser Nutzung (vgl. hierzu Sauter, LBO, 3. Aufl, 43. Lieferg. Nov. 2013, § 65 Rdnr. 14d m.w.N.) hält sich auch der Betrieb der Klägerin, ohne dass es insoweit auf die Umbaumaßnahmen oder die damit verbundene bauordnungsrechtliche, insbesondere brandschutztechnische Problematik ankäme. Denn ob ein Vorhaben bauordnungsrechtlich zulässig ist, ist für das planungsrechtliche Institut der Veränderungssperre generell unerheblich (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.01.1999 – 5 S 3075/98, Rdnr. 4 ; Lemmel, a.a.O., Rdnr. 30). Die Planungshoheit der Beklagten ist durch die streitgegenständliche Umnutzung somit nicht betroffen, da sie erst im Jahr 2011 und damit lang nach der erfolgten Umnutzung erstmals einen Planaufstellungsbeschluss gefasst hat. Im Hinblick auf diesen hat sie darüber hinaus trotz eigener Baurechtszuständigkeit (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 LBO i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG) den von der Klägerin am 02.11.2011 gestellten Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung auch nicht etwa förmlich bis zum Inkrafttreten der ersten Veränderungssperre am 04.05.2012 zurückgestellt, so dass insoweit auch kein Schutzbedürfnis als planende Gemeinde bestünde (vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.10.198 – 4 B 72.98, Rdnr. 7 ). Denn ein Ausschluss des Bestandsschutzes könnte sich allenfalls dann rechtfertigen, wenn die planungsrechtlichen Sicherungsmittel durch das Unterlassen der erforderlichen Bauantragstellung vereitelt würden. Eine derartige Konstellation lag mit dem Baugesuch der Klägerin aber jedenfalls nicht mehr vor. Schließlich ist der Anwendungsbereich Zurückstellung nach § 15 BauGB auch nicht weiter als derjenige der Veränderungssperre selbst. Aus den dargelegten Gründen betrifft sie daher ohnehin keine ausgeübten Nutzungen im Sinne von § 14 Abs. 3 Alt. 4 BauGB.
30 
(3) Entscheidend ist somit allein, ob der bordellartige Betrieb seit der entsprechenden Umnutzung des Gebäudes bis zum Inkrafttreten der ersten Veränderungssperre am 04.05.2012 oder in der Zwischenzeit zwischen dem Außerkrafttreten dieser Veränderungssperre mit Ablauf des 03.05.2014 bis zum Inkrafttreten der erneuten Veränderungssperre am 17.05.2014 fortlaufend gegen materielles Baurecht verstoßen hat. Nachdem die zwischenzeitlichen Brandschutzmängel behoben sind und für den von der Beklagten zunächst angenommenen Verstoß gegen die Strafrechtsnorm des § 180a StGB aus den schon in dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 30.01.2012 (Az. 6 K 2098/11) dargelegten Gründen keinerlei Anhaltspunkte bestehen, kommt nur ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften in Betracht.
31 
Für das Gebiet, in dem das Baugrundstück belegen ist, existiert bislang kein Bebauungsplan. Da es sich um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handelt, richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Veränderungssperre nach § 34 BauGB. Danach sind Vorhaben zulässig, die sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, sofern die Erschließung gesichert ist (§ 34 Abs. 1 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der BauNVO bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens seiner Art nach allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).
32 
Die Kammer bewertet die nähere Umgebung nach ihrer Inaugenscheinnahme entgegen der Auffassung der Beklagten und der noch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgenommenen Bewertung weder als nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilende Gemengelage noch als faktische Mischgebiet, sondern als faktisches Gewerbegebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 8, 8 BauNVO. Maßstabsbildend ist hierbei die Umgebung, soweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (st. Rspr., vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.05.2014 – 4 B 38.13, Rdnr. 7 m.w.N. ). Danach sieht die Kammer den gesamten Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans „...“, nämlich das von der ..., der ... und der Straße ... umfasste Geviert, als maßgebenden Bebauungszusammenhang an. Dieser ist wesentlich durch die dort vorkommenden Gewerbebetriebe, die teilweise, wie dies auch in der Begründung des insoweit die ursprünglichen Planungsabsichten modifizierenden Aufstellungsbeschlusses vom 30.04.2012 zum Ausdruck kommt, im Verhältnis zu einer Wohnnutzung einen störenden Charakter aufweisen, geprägt. Neben diesen, dem Club der Klägerin und einem weiteren Bordellbetrieb findet sich in dem Gebiet nur vereinzelt Wohnnutzung. Hierbei handelt es sich allerdings durchweg um Wohnungen, die sich als betriebliches Wohnen darstellen, bauaufsichtlich überwiegend als solches genehmigt wurden und zum Teil durch Baulasten öffentlich-rechtlich entsprechend beschränkt sind. Derartige Wohnnutzungen, die in Gewerbegebieten ausnahmsweise zugelassen werden können (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO), sind in Gewerbegebieten nicht untypisch, sondern entsprechen im hier vorkommenden Ausmaß vielmehr deren Eigenart. In Anbetracht der Anzahl der Wohneinheiten scheidet eine Qualifikation als Mischgebiet im Übrigen auch ungeachtet des betrieblichen Zusammenhangs aus. Sie gibt dem Gebiet schon von ihrem Umfang her nicht derart das Gepräge wie die vorherrschende Bebauung mit Betriebsgebäuden inklusive der dazugehörigen Büro-, Verwaltungs-, Lager- und sonstiger Nebengebäude.
33 
In – auch faktischen – Gewerbegebieten sind Gewerbebetriebe wie der bordellartige Betrieb der Klägerin allgemein zulässig (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, vgl. hierzu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnrn. 4 ff. ). Ein fortlaufender Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften lässt sich somit mit Blick auf die Gebietseigenart gerade nicht feststellen. Im Gegenteil fügt sich das Unternehmen seiner Art nach in die gegebene Gebietstypik ein und widerspricht der Eigenart des vorliegenden Gewerbegebiets auch nicht nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO).
34 
(4) An dieser Bewertung würde sich selbst dann nichts ändern, wenn man den Betrieb der Klägerin wie die Beklagte als Vergnügungsstätte qualifizieren wollte. Denn als solche könnte er gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, ohne dass es insoweit auf die Kerngebietstypik ankäme (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 112, Ergl. 2014, § 8 BauNVO Rdnr. 46 m.w.N.). Der FKK-Sauna-Club der Klägerin erweist sich insbesondere nicht als rücksichtslos. Von ihm gehen keine Belästigungen oder Störungen aus, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Das Gebot der Rücksichtnahme wäre in diesem Sinne nur dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der betroffenen Nachbarn, der Intensität der Beeinträchtigung und der Interessen des Bauherrn die mit dem Bauvorhaben einhergehenden Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft billigerweise unzumutbar erscheinen würden (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.01.2007 – 4 C 1.06, Rdnr. 19;Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.03.2012 – 5 S 3239/11, Rdnr. 21 ). Dies ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Der Betrieb der Klägerin macht nach außen hin auch unter Berücksichtigung des an der Einfriedung des Außenbereichs angebrachten Schriftzugs einen unauffälligen, neutralen Eindruck. Im Westen und Süden grenzt das Baugrundstück an öffentliche Straßenflächen und im Norden an eine Werk- bzw. Lagerhalle, welche es vom Haupthaus des benachbarten Grundstücks ... abschirmt. Nach Osten hin ist stehen an der Grenze zum Nachbargrundstück Lagerräume und ein aufgegebener Imbissstand, die ebenfalls für eine natürliche Abgrenzung sorgen. Die Ummauerung des Außenbereichs schließt Sichtkontakte aus. Die Lage des Grundstücks mit Erschließung über die Zufahrt an der ... lässt Belästigungen der Nachbarschaft durch Zu- und Abfahrtsverkehr, die über das in einem Gewerbegebiet Übliche hinausgehen, nicht befürchten. Insoweit ist ohnehin in den Blick zu nehmen, dass im Baugebiet wesentlich störendere Gewerbebetriebe, darunter ein Speditionsunternehmen, vorhanden sind, die eine deutlich höhere Verkehrslärmbelastung mit sich bringen dürften. Demgegenüber verfügt der Betrieb der Klägerin neben Sauna und Whirlpool sowie dem Aufenthalts- und dem Außenbereich im Parterrebereich nur über sechs Arbeitsräume. Schon angesichts dieser überschaubaren Größe ist mit einem besonders hohen Besucheraufkommen nicht zu rechnen. Nicht zu übersehen ist schließlich, dass in einem faktischen Gewerbegebiet wie hier die Eigentümer benachbarter Grundstücke ein deutlich geringeres Maß an Rücksichtnahme beanspruchen können, als dies etwa in einem Wohngebiet der Fall wäre. Ein Teil der Nachbarschaft hat der Klägerin auf der vorgelegten Unterschriftenliste ausdrücklich bestätigt, dass Einwände gegen einen Weiterbetrieb des Clubs nicht bestehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Ausführungen zu § 15 BauNVO in dem im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss vom 30.01.2012 (6 K 2098/11) verwiesen.
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b) Mangels vollstreckbarer Nutzungsuntersagung besteht auch keine rechtliche Grundlage für die mit dieser verbundenen Zwangsgeldandrohung (§§ 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1, 20, 23 LVwVG).
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c) Die rechtswidrige zwangsgeldbewehrte Nutzungsuntersagung verletzt die Klägerin als Betreiberin des betroffenen FKK-Sauna-Clubs in ihren Rechten.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38 
3. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Beschluss
40 
Der Streitwert wird in Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 19.11. 2013 gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 42.750,00 Euro festgesetzt. Dabei hat sich die Kammer unter Berücksichtigung der im Bauantragsverfahren vorgelegten Nutzflächenberechnung für die Schätzung des durch die Nutzungsuntersagung verursachten Schadens gemäß Ziff. 9.4 an Ziff. 9.1.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit angelehnt (285 Quadratmeter multipliziert mit 150,00 Euro).
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Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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