Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 9 K 2588/15

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17.02.2015 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.05.2015 verpflichtet,

unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den baurechtlichen Antrag vom 25.10.2014 auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Wettbüros neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Wohneinheit in ein Wettbüro.
Der Kläger beantragte am 27.10.2014 die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer bestehenden Wohneinheit in ein Wettbüro im 1. Obergeschoss des Gebäudes ..., ... in M.... Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 20.12.2014 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Kerngebiet Innenstadt – Vergnügungsstätten 1. Änderung – Wettannahmestellen“. Für das Grundstück setzt der Bebauungsplan ein Kerngebiet gemäß § 7 BauNVO fest. Der Bebauungsplan legt in A. 1.1.2 fest, dass folgende Nutzungen nur ausnahmsweise zulässig sind, wenn sie nicht in der „Erdgeschosszone“ angesiedelt werden, wenn ihre Entfernung zur nächsten unter A. 1.1.2 genannten Nutzung mindestens 150 m (Luftlinie) beträgt und wenn sich im selben Gebäude keine weitere der unter A. 1.1.2 genannten Nutzungen befindet:
1. Spielhallen (Automaten-, Video- und Computerspielhallen, Spielcasinos, Spielbanken),
2. Wettbüros und Wettannahmestellen,
3. Internetcafés mit Schwerpunkt Spielen und Wetten.
Grundlage des Bebauungsplans ist die Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten vom 09.10.2012.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.02.2015 die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Im Gebäude ... befinde sich in nur 40 m Luftlinie eine Toto-Lotto-Annahmestelle, welche eine Wettannahmestelle darstelle. Diese werde seit spätestens 1998 im Rahmen eines genehmigten Tabak- und Zeitungsladens betrieben. Zwar könne man keine Baugesuchsunterlagen über die Errichtung des Gebäudes ... finden, in einem Baugesuch von 1979 sei in dem Bereich der jetzigen Wettannahmestelle jedoch ein Laden dargestellt. Eine baurechtliche Genehmigungspflicht der Toto-Lotto-Annahmestelle habe als untergeordnete Nebennutzung zum Zeitpunkt der Aufnahme der Nutzung nicht bestanden. Mit dem Bebauungsplan „Kerngebiet Innenstadt – Vergnügungsstätten 1. Änderung – Wettannahmestellen“ seien nach dessen Begründung auch diese untergeordneten Wettbüros und Wettannahmestelle nur noch ausnahmsweise zulässig.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 23.02.2015 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die Toto-Lotto-Annahmestelle könne als „Schwarznutzung“ ohne baurechtliche Genehmigung seinem geplanten Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Auch stelle eine Toto-Lotto-Annahmestelle keine Wettannahmestelle dar und sei damit vom Bebauungsplan nicht erfasst. Es würden dort keine Wetten angenommen, sondern Lottoscheine. Selbst wenn dies eine Wette darstellen sollte, wäre das vorliegende Tabakgeschäft nicht als Wettannahmestelle nach der baurechtlichen Terminologie einzustufen. Würden einfache Lottonannahmestellen miteinbezogen werden, wäre kein einziger Standort für ein Wettbüro in M... mehr vorhanden. Dies komme einem Berufsverbot gleich und stelle ganz offensichtlich eine reine Verhinderungsplanung dar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2015 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch mit der Begründung zurück, das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Toto-Lotto-Annahmestelle falle unter den Sammelbegriff der Wettannahmestelle, da sie sich nur unwesentlich von einer Annahmestelle für beispielsweise Sportwetten unterscheide. Die Wettannahmestelle in der ... werde legal betrieben, auch wenn die Genehmigungslage nicht lückenlos dokumentiert sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass das zwischen 1908 und 1912 errichtete Gebäude insgesamt genehmigt worden sei. Seit 1998 werde der sich im Erdgeschoss befindliche Ladenraum als gewerblicher Einzelhandel für Tabakwaren, Zeitschriften, Zigaretten, als Toto-Lotto-Annahmestelle und SKL-Annahmestelle genutzt. Diese Nutzung sei von der Ursprungsbaugenehmigung mitumfasst und genieße daher Bestandsschutz. Die Gesamtumstände sprächen dafür, dass das Gebäude bereits mit zwei sich im Erdgeschoss befindlichen Ladengeschäften errichtet und genehmigt worden sei. In der ... als Hauptverkaufsstraße sei es schon bei Errichtung üblich gewesen, dass das Erdgeschoss für Gewerbe und die oberen Stockwerke zum Wohnen genutzt worden seien. Die Gültigkeit des Bebauungsplans könne dahinstehen, da dem Regierungspräsidium keine Normverwerfungskompetenz zustehe. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei von der Gültigkeit des Bebauungsplans auszugehen und dieser daher anzuwenden.
Am 07.05.2015 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, der Bebauungsplan sei wegen einer unzulässigen Verhinderungsplanung durch die Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten unwirksam. Für die grundsätzlich zulässige Nutzung – hier der Berufsausübung des privaten Sportwettenvermittlers – verbliebe kein substantieller Raum zur Verwirklichung. Der Zulässigkeitsbereich sei in der Innenstadt der Beklagten äußerst eng umrissen. In vielen Gebäuden könne dort überhaupt keine Wettannahmestelle betrieben werden. Die weite Auslegung des Begriffs „Wettannahmestelle“ verschärfe diese Verhinderungsplanung. Zudem seien Obergeschosse denkbar ungeeignet für diese Nutzung. In der Innenstadt könne man den Stellplatznachweis nicht führen, einer Ablöse von Stellplätzen stimme die Beklagte nicht zu. Auch dies sei Teil der reinen Verhinderungstaktik der Beklagten. Abwägungsfehlerhaft sei, dass die Beklagte nicht berücksichtigt habe, dass die Vergnügungsstättenkonzeption nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags zum 01.07.2012 weitestgehend obsolet geworden sei. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit habe die Beklagte ebenfalls nicht berücksichtigt. Das Gemeindegebiet sei nicht mit Wettbüros „vollgelaufen“, sodass dies die Planung auch nicht rechtfertigen könne. Darüber hinaus sei die Festsetzung von Mindestabständen unwirksam, da es an einer Ermächtigungsgrundlage fehle. Darüber hinaus hätten drei Gemeinderäte bei der Beschlussfassung mitgewirkt, die ihren Geschäftsbetrieb in der ... hätten. Dies sei ein Grund für einen Ausschluss wegen Befangenheit, sodass der Beschluss rechtswidrig sei. Ihm sei nicht bekannt, ob der erforderlichen Hinweispflicht nach § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO nachgekommen worden sei.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 17.02.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.05.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Wettbüros entsprechend des baurechtlichen Antrags vom 25.10.2014 zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt sie ergänzend aus, der Bebauungsplan diene nicht der Verhinderungsplanung. Wettbüros seien im Bereich der Innenstadt auf einer Gesamtlänge von rund 900 m zulässig. Der Bebauungsplan entspreche den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 und 5 BauGB. Der Aufstellung der Vergnügungsstättenkonzeption lägen ausschließlich bodenrechtliche und städtebauliche Gesichtspunkte zu Grunde. Der Einzelhandel und das Wohnen im Bereich der ... sollten gestärkt werden. Diese Ziele seien durch die verstärkte Ansiedlung von Kiosken mit Wettannahmestellen unterlaufen worden, sodass diese ebenfalls von der Regelung eingeschlossen worden seien. Unterstellt der Bebauungsplan sei unwirksam, läge das Grundstück in einem faktischen Mischgebiet, da die tatsächliche Entwicklung (noch) nicht dem Charakter eines Kerngebiets entspreche. Eine Vergnügungsstätte wäre gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nur dann allgemein zulässig, wenn sie sich in einem Gebiet befinde, welches überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sei. Vorliegend befinde sich oberhalb der Erdgeschosse überwiegend Wohnnutzung, die das Gebiet präge. Eine Ausnahme komme nicht in Betracht.
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Daraufhin erwiderte der Kläger, das Vorhaben liege in einem faktischen Kerngebiet. In der Umgebung seien zentrale Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur angesiedelt, wie z. B. die Volksbank und die Sparkasse, ein Filmtheater, die Stadtverwaltung oder das Finanzamt. Es seien auch zahlreiche Handelsbetriebe und Gastronomiebetriebe in der näheren Umgebung vorhanden. Die Wohnnutzung stehe einem Kerngebiet nicht entgegen. Darüber hinaus sei das Vorhaben aber auch in einem faktischen Mischgebiet zulässig. Der Gebietsteil, in dem das Grundstück liege, sei gewerblich geprägt. Selbst wenn man nicht von einer gewerblichen Prägung ausgehe, sei das Vorhaben ausnahmsweise zuzulassen. Es liege eine Ermessensreduktion auf Null vor. In dem Gebiet seien keine weiteren Vergnügungsstätten vorhanden. Das beantragte Vorhaben sei das erste seiner Art. Von ihm gingen keine Beeinträchtigungen oder Störungen aus. Lärmemissionen seien nicht zu erwarten, alkoholische Getränke und Speisen würden nicht verkauft, die Öffnungszeiten seien ortsüblich und das Vorhaben liege im 1. Obergeschoss. Ein „trading-down-Effekt“ sei ebenfalls nicht gegeben. Das Landesglücksspielgesetz schließe eine weitere Entstehung von Spielhallen aus. Es drohe keine Gefahr eines Vergnügungsviertels. Es sei vielmehr von einem „trading-up-Effekt“ auszugehen, da eine neue Nutzung hinzutrete. Das geplante Wettbüro widerspreche auch nicht dem Leitbild eines Mischgebiets. Des Weiteren habe die Beklagte kein Ermessen hinsichtlich einer Ausnahme ausgeübt. Anders als bei der Bauleitplanung könne ein „trading-down-Effekt“ als ein Umstand, der einen Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO begründe, nur dann entgegengehalten werden, wenn dieser tatsächlich bereits eingetreten sei und durch die Zulassung des Vorhabens verstärkt werde oder wenn die Zulassung des Vorhabens nachweislich einen „trading-down-Effekt“ konkret einleite. Ein Entscheidungsspielraum stehe der Beklagten im Rahmen des § 15 BauNVO – anders als im Rahmen der Bauleitplanung – nicht zu.
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Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung am 27.03.2018 das Gebäude ... und seine nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses des Augenscheins wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die der Kammer vorliegenden Bauakten Az. 779-2014 (drei Bände) und Az. 86/1979 (zwei Bände), die Bebauungspläne „Kerngebiet Innenstadt Vergnügungsstätten“ und „Kerngebiet Innenstadt Vergnügungsstätten 1. Änderung - Wettannahmestellen“ einschließlich deren Verfahrensakten sowie die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
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Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.02.2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung stehen bauplanungsrechtliche Vorschriften nicht entgegen (1.). Mangels Spruchreife kann die Beklagte jedoch nur dazu verpflichtet werden, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) (2.).
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1. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
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Die beantragte Nutzungsänderung ist gemäß §§ 49, 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtig.
21 
Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12). Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung der als Wohnung genehmigten Räumlichkeiten als Wettbüro bewegt sich ihrer Art nach ersichtlich nicht mehr im Rahmen der zuletzt genehmigten Nutzung.
22 
Der Erteilung der Baugenehmigung stehen keine bauplanungsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen.
23 
a) Die Festsetzung A 1.1.2 des Bebauungsplans „Kerngebiet Innenstadt – Vergnügungsstätten 1. Änderung – Wettannahmestellen“ vom 16.12.2014 steht dem Vorhaben nicht entgegen, denn der Bebauungsplan ist unwirksam.
24 
Die von der Klägerin gerügten formellen Mängel führen zwar nicht zur Unwirksamkeit des Plans. Der am 16.12.2014 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossene Bebauungsplan „Kerngebiet Innenstadt - Vergnügungsstätten 1. Änderung - Wettannahmestellen“ ist formell wirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob befangene Gemeinderatsmitglieder an der Beschlussfassung mitgewirkt haben. Verletzungen von Form- oder Verfahrensvorschriften wurden nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht und sind somit unbeachtlich (§ 4 Abs. 4 Satz 1 GemO). Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 GemO wurde auf diese Rechtsfolge in der öffentlichen Bekanntmachung vom 20.12.2014 hingewiesen.
25 
Der Bebauungsplan ist jedoch materiell unwirksam. Der Teil der textlichen Festsetzung A 1.1.2 „Folgende Nutzungen sind ausnahmsweise zulässig (...), wenn ihre Entfernung zur nächsten unter A 1.1.2 genannten Nutzung mindestens 150m (Luftlinie) beträgt (...)“ entbehrt einer einschlägigen Rechtsgrundlage.
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Ob und inwieweit im Bebauungsplan Ausnahmen festgesetzt werden, richtet sich nach den für die Aufstellung des Bebauungsplans geltenden Vorschriften. Dazu gehören entsprechende Rechtsgrundlagen für die Festsetzung von Ausnahmen. Entsprechend dem Grundsatz, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans einer Deckung von den Vorgaben des § 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung erfordern (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1995 - 4 NB 48.93 - NVwZ 1995, 696, juris Rn. 19; sog. Enumerationsprinzip), sind auch für die Festsetzung von Ausnahmen entsprechende Rechtsgrundlagen erforderlich. Die Gemeinde ist nicht darin frei, beliebig Ausnahmen festzusetzen. § 31 Abs. 1 BauGB stellt insoweit keine Ermächtigungsgrundlage dar; vielmehr knüpft § 31 Abs. 1 BauGB daran an, dass die Gemeinde – zulässigerweise – Ausnahmen im Bebauungsplan festgesetzt hat (zum Ganzen: Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 31 BauGB, 127. EL, Rn. 22). In § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO sowie § 9 BauGB, die allein als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommen, ist keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Abstandsregelungen im Bebauungsplans enthalten.
27 
Die Abstandsregelung kommt einer Kontingentierung gleich, die das Tor für sog. „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller eröffnet und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung der Abstandsflächen von dieser Nutzung ausgeschlossen sind. Dieses Ergebnis widerspricht dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrundeliegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschriften zulässige Nutzung in Betracht kommen soll. Ein gewünschtes quantitatives Mischungsverhältnis lässt sich durch die Korrektivfunktion des § 15 Abs. 1 BauNVO erzielen, jedoch nicht durch eine bauplanerische Festsetzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 17).
28 
Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat nur dann nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers) (BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 30). Diese Grundsätze sind auch in Fällen anzuwenden, in denen die Unwirksamkeit einer Festsetzung in Frage steht, die sich aus mehreren Einzelfestsetzungen zusammensetzt (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris Rn. 9). Zumindest bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beklagte den Bebauungsplan insgesamt oder auch nur die Festsetzung A 1.1.2 des Bebauungsplans zur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ohne die Abstandsregelung in gleicher Gestalt erlassen hätte. Der einzuhaltende Abstand der Vergnügungsstätten ist essentieller Bestandteil der Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten, die dem Bebauungsplan zugrunde liegt. Eine Agglomeration von Vergnügungsstätten soll verhindert werden. Eine Teilunwirksamkeit sowohl der Festsetzung als auch des Bebauungsplans kommt daher nicht in Betracht. Ein Gericht darf nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris Rn. 9). Im Übrigen würde sowohl eine Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans – mit der Folge, dass ein Kerngebiet festgesetzt wäre – als auch eine Teilunwirksamkeit der Festsetzung – mit der Folge, dass die Festsetzung A 1.1.2 nur noch lauten würde: „Folgende Nutzungen sind ausnahmsweise zulässig, wenn sie nicht in der Erdgeschosszone angesiedelt werden und wenn sich im selben Gebäude keine weitere der unter A 1.1.2 genannten Nutzungen befindet“ – zu keinem anderen Ergebnis führen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt.
29 
b) Das Vorhaben des Klägers ist nach § 34 BauGB zulässig.
30 
Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans von einem unbeplanten Innenbereich auszugehen ist.
31 
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden.
32 
Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch „prägend“ auf dasselbe einwirkt. Wie weit die wechselseitige Prägung – und damit die nähere Umgebung – reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.12.2013 - 2 A 1510/12 - NVwZ-RR 2014, 453, juris Rn. 46 f., m. w. N.)
33 
Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich nach den Erkenntnissen des Augenscheins, dem von der Beklagten erstellten und vorgelegten Nutzungsplan und der sonstigen zur Verfügung stehenden Unterlagen die Art der baulichen Nutzung in der maßgeblichen näheren Umgebung wie folgt dar: Das gegenständliche Grundstück ist Teil einer in geschlossener Bauweise mit kleinen Unterbrechungen errichteten Häuserzeile, die sich entlang der Südseite der von Nord-Ost nach Süd-West verlaufenden ... zwischen der Straße „...“ und der von der Nord-Westseite in die ... mündende ... (bis Hausnr. 48) erstreckt; den beiden Straßen „...“ und der ... kommt nach dem Ergebnis des Augenscheins jeweils trennende Wirkung zu. Dieser Bereich der ... ist dadurch geprägt, dass im Erdgeschoss gewerbliche Nutzung, in den zwei bis drei darüberliegenden Obergeschossen hingegen gemischt Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung zu finden sind. Diese straßennahe, teilweise geschlossene Bauweise ist ebenfalls entlang der Nordseite der ... zwischen der ... und der ... vorhanden, wobei hier eine fast strikte vertikale Aufteilung von gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss und Wohnnutzung in den Obergeschossen vorliegt. Dem klägerischen Grundstück bzw. den unmittelbaren Nachbarhäusern gegenüber gelegen ist auf der Nord-Westseite der ... ein altes Kino und ein sich über drei Stockwerke erstreckender Gastronomie-/Beherbergungsbetrieb. Des Weiteren befinden sich folgende Nutzungen in den gewerblichen Einheiten: Ärzte, die „Telekom“, eine Versicherung, eine Ergotherapie-Praxis, ein Steuerberater, die Sparkasse, zwei Fahrschulen, eine Drogerie, ein Blumengeschäft, ein „Tschibo“, ein Tierarzt, ein Schmuckgeschäft, eine Bäckerei, ein Tabakgeschäft mit Toto-Lotto-Annahmestelle, zwei Rechtsanwaltskanzleien, eine Schreinerei, eine Metzgerei, eine Buchhandlung, Gastronomie, ein Sportgeschäft, eine Zeitungsredaktion, ein Strickwarengeschäft, ein Nagelstudio, ein Sportwettenanbieter „tiptorro“, eine Schneiderei, ein Schuhmacher, Sozialarbeitseinrichtungen, ein Optiker, ein Bekleidungsgeschäft, ein Reisebüro, zwei Friseure, ein Glaswarengeschäft, ein Tattoostudio sowie eine Spielhalle. Eine gewerbliche Einheit steht leer. Die übrige Bebauung östlich des Kinos und der Hausnummer 84 nimmt nicht mehr an der näheren Umgebung des gegenständlichen Grundstücks teil. Die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet kann nicht herangezogen werden (BayVGH, Beschluss vom 06.09.2012 - 2 ZB 11.484 - juris Rn. 4; SächsOVG, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148). Ein faktisches Baugebiet besteht ausschließlich aus unbeplantem Gebiet, sodass zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden kann (BayVGH, Beschluss vom 06.09.2012 - 2 ZB 11.484 - juris Rn. 4; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148). Lediglich für die Beurteilung der Frage des „Sich-Einfügens“ gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann zur näheren Umgebung auch die Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplantem Gebiet zählen (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148).
34 
Es kann dahinstehen, ob es sich – wofür nach dem Ergebnis des Augenscheins vieles spricht – um ein Kerngebiet oder ein Mischgebiet handelt. Das Vorhaben ist in beiden Fällen zulässig (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 BauNVO, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Es ist ebenfalls zulässig, wenn hinsichtlich der Art der Nutzung eine Gemengelage im Sinne des § 34 Abs.1 BauGB vorliegt.
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aa) Das Vorhaben des Klägers ist als Vergnügungsstätte in einem Kerngebiet gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig.
36 
Nach § 7 Abs. 1 BauNVO dienen Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Kerngebiete erfüllen zentrale Funktionen innerhalb des städtebaulichen Ordnungsgefüges (BVerwG, Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207, juris Rn. 11), indem sie vielfältige Nutzungen und ein urbanes Angebot an Gütern und Dienstleistungen für die Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs bieten (BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000 - 4 B 4.00 - NVwZ-RR 2001, 217, 605, juris Rn. 9). Welche Anforderungen an die Zentralität zu stellen sind, hängt von der Struktur und der Größe der jeweiligen Gemeinde ab. Insofern ist der Begriff der zentralen Einrichtung nach § 7 Abs. 1 BauNVO relativ (BVerwG, Urteil vom 28.05.2009 - 4 CN 2.08 - BVerwGE 134, 117, juris Rn. 13). Ihr Charakter wird u. a. durch die allgemeine Zulässigkeit von Vergnügungsstätten gekennzeichnet (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.07.2017 - 3 S 381/17 - VBlBW 2018, 34, juris Rn. 19).
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Für das Vorliegen eines faktischen Kerngebiets spricht, dass sich die Wohnnutzung – mit Ausnahme einer Wohnung im Erdgeschoss, die aber im Hinterhaus gelegen ist – nur auf die Etagen ab dem 1. Obergeschoss erstreckt. Im Erdgeschoss aller Gebäude befindet sich ein vielfältiges Angebot von zentralen Dienstleistungsangeboten und Einzelhandel, welcher nicht nur für die örtliche Wohnbevölkerung, sondern für die Wohnbevölkerung des gesamten Gemeindegebiets und darüber hinaus sowie auch für Touristen anziehend wirkt. Vereinzelt erstreckt sich dieses Angebot auch auf die darüber liegenden Stockwerke. Die gesamte ... lädt zum Bummeln ein und hat den Charakter einer Einkaufsstraße. Die vorhandene Spielhalle (Hausnr. 58, 232 qm Fläche) ist eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Des Weiteren stellt auch der Sportwettenanbieter „tiptorro“ eine Vergnügungsstätte dar. Dessen Ausrichtung dürfte nicht lediglich darin bestehen, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszuzahlen, sondern auch die Kunden dazu zu animieren, sich in den Räumen aufzuhalten und bspw. die Sportereignisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen zu verfolgen (vgl. zur Abgrenzung VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 27). Es befinden sich demnach zwei Vergnügungsstätten im Gebiet. Ein Kino ist ebenso vorhanden, welches typisch für das kulturelle zentrale Angebot im Kerngebiet ist. Ein Kerngebiet ist – entgegen der von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung – nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Wohnnutzung wie wohl vorliegend mehr als 25 % beträgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.2000 - 4 B 4.00 - NVwZ-RR 2001, 217, juris Rn.9, in welchem eine Wohnnutzung von 25 % in einem Kerngebiet lediglich nicht beanstandet wird).
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bb) Das Vorhaben ist in einem Mischgebiet, sowohl im gewerblich geprägten Teil gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein als auch außerhalb dessen ausnahmsweise gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO zulässig.
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Das Vorhaben stellt eine nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte i. S. d. § 4a Abs. 2 Nr. 3 BauNVO dar. Der in der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Spielhallen herangezogene Schwellenwert von 100 m² Fläche ist auf Wettbüros übertragbar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2018 - OVG 2 S 37.17 - juris Rn. 12). Das Wettbüro hat nach Aktenlage eine Fläche von 43,75 qm und liegt damit deutlich unter dem Schwellenwert. Das Vorhaben ist damit auch mischgebietsverträglich.
40 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Sie sind gekennzeichnet durch ein gleichwertiges Nebeneinander von Wohnnutzung und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe, d. h. keine der Nutzungsarten darf ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 4 B 51.96 - NVwZ-RR 1997, 463, juris Rn. 6).
41 
Für ein Mischgebiet spricht vorliegend, dass trotz der prägenden gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss der Gebäude in der ... in den darüber liegenden Obergeschossen gerade auf der gegenüberliegenden Straßenseite Wohnnutzung vorherrscht. Diese Wohnnutzung, die in einem Kerngebiet ausnahmsweise zugelassen werden kann, könnte für ein Mischgebiet sprechen, da sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Kerngebiets sprengen könnte. Ausnahmsweise zugelassene Vorhaben müssen nämlich quantitativ deutlich hinter der Regelbebauung zurückbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - VBlBW 2004, 141, juris Rn. 40).
42 
Bei der nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vorzunehmenden Beurteilung, ob ein Gebietsteil eines Mischgebietes überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 13.06.2005 - 4 B 36.05 - BauR 2005, 1886, juris). Diese ergibt vorliegend bei Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Umfeld eine überwiegende Prägung durch gewerbliche Nutzung. Dies ergibt sich daraus, dass sich zum einen direkt neben dem Vorhaben ein über zwei Grundstücke erstreckendes Gebäude (Hausnr. 80, 82) steht, welches bis in das dritte Obergeschoss gewerbliche Einheiten enthält und auch nach außen hin als „Geschäftshaus“ in Erscheinung tritt, auch wenn Wohnnutzung vorhanden ist. Gegenüberliegend befindet sich das Kino und der Gastronomie-/Beherbergungsbetrieb, welche ebenfalls sehr dominant im nord-östlichen Teil der maßgebenden Umgebung sind. Die gehäufte Wohnnutzung erstreckt sich vor allem auf die gegenüberliegende Straßenseite westlich des Gastronomie-/Beherbergungsbetriebs und nicht auf den Teil, in dem das Vorhaben liegt. In dem fraglichen Abschnitt der ... entsteht der Eindruck, es handelt sich um eine Geschäftsstraße, in der auch gewohnt wird, und nicht um eine Wohnstraße mit gewerblicher Nutzung (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.08.1995 - 26 B 94.952 - juris Rn. 19).
43 
Jedoch selbst wenn der Teil, in dem das Vorhaben liegt, nicht gewerblich geprägt ist, wäre das Vorhaben als Ausnahme zulässig nach § 6 Abs. 3 BauNVO. Bei der Entscheidung über die ausnahmsweise Zulassung eines Vorhabens gemäß § 31 Abs. 1 BauGB handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen wäre vorliegend jedoch auf Null reduziert. Als Ermessenserwägungen kommen nur städtebauliche Gründe in Betracht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - juris Rn. 40). Gibt es keine städtebaulichen Gründe, die der Zulassung eines Vorhabens im Wege einer Ausnahme widersprechen könnten, bleibt für eine ablehnende Ermessensentscheidung kein Raum (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - VBlBW 2004, 141, juris Rn. 44). Ausgehend hiervon hätte die Beklagte eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB für das Vorhaben erteilen müssen. Besondere, nicht bereits von § 15 Abs. 1 BauNVO erfasste städtebauliche Gründe, die dem Vorhaben entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
44 
cc) Das Vorhaben würde sich schließlich auch gemäß § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, wenn die nähere Umgebung keinem Baugebiet entspräche.
45 
Nach ständiger Rechtsprechung fügt sich ein Vorhaben, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, in der Regel ein, sofern es nicht ausnahmsweise die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, das heißt vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.1990 - 3 S 26/90 - BauR 1990, 705, juris Rn. 29). Das Vorhaben hält sich im vorgegebenen Rahmen. Zwei Vergnügungsstätten sind in der näheren Umgebung bereits vorhanden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass vom gegenständlichen Vorhaben des Klägers im Hinblick auf die Art und den Umfang der Nutzung eine unzumutbare Beeinträchtigung für die unmittelbare Umgebung zu erwarten ist und dass dieses die gebotene Rücksichtnahme nicht einhält.
46 
dd) Das somit nach § 34 BauGB grundsätzlich zulässige Vorhaben verstößt auch nicht im Einzelfall gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die bei den einzelnen Baugebieten aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage und Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen.
47 
Dem Vorhaben kann im Rahmen von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ein (drohender) „trading-down-Effekt“ nicht entgegengehalten werden.
48 
Für den Bereich der Bauleitplanung ist geklärt, dass die Verhinderung eines „trading-down Effekts“ einen besonderen städtebaulichen Grund im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO darstellt, der den Ausschluss von bestimmten Unterarten von Vergnügungsstätten insbesondere in Kerngebieten rechtfertigen kann. Ob ein solcher „trading-down-Effekt“ zu bejahen ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen der städtebaulichen Konfliktlage, die es mit der (Änderungs-)Planung zu bewältigen gilt. Das Bundesverwaltungsgericht geht in diesem Zusammenhang allerdings davon aus, dass es einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz entspricht, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 4 BN 9.08 - BauR 2009, 76, juris Rn. 8). Für die Rechtfertigung eines Ausschlusses von bestimmten Vergnügungsstätten in einem Kerngebiet nach § 1 Abs. 9 BauNVO ist daher der strenge Nachweis eines „trading-down-Effekts“ nicht erforderlich. Die Bauleitplanung ist zukunftsgerichtet und auf Vorsorge ausgerichtet. Daher genügt es für die Annahme eines den Ausschluss bestimmter Unterarten von Vergnügungsstätten in einem Kerngebiet rechtfertigenden besonderen städtebaulichen Grunds im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO, wenn der Plangeber hiermit einer – wenn auch nach den konkreten Umständen – abstrakt auf der Grundlage allgemeiner städtebaulicher Erfahrungssätze drohenden Gefahr eines Attraktivitätsverlusts und einer Imageverschlechterung und letztlich des „Umkippens“ des Kerngebiets in ein Vergnügungsviertel begegnen will. Anders ist dies, wenn es – wie hier – um die Zulassung eines bestimmten Vorhabens geht. Diesem kann ein „trading-down-Effekt“ – als ein Umstand, der einen Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO begründet – nur dann entgegengehalten werden, wenn dieser tatsächlich bereits eingetreten ist und durch die Zulassung des Vorhabens verstärkt würde oder wenn die Zulassung des Vorhabens nachweislich einen „trading-down-Effekt“ konkret einleiten würde (OVG NRW, Urteil vom 25.03.2014 - 2 A 2679/12 - DVBl 2014, 1544, juris Rn. 118). Ein Entscheidungsspielraum steht der Beklagten im Rahmen des § 15 BauNVO – anders als im Rahmen der Bauleitplanung – nicht zu. Auch § 15 Abs. 2 BauNVO ermöglicht es der Gemeinde nicht, bei der Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO planerisch tätig zu werden. Die Vorschrift stellt nur klar, dass bei der Anwendung dieser Vorschrift – durch die zuständige Baugenehmigungsbehörde – die städtebaulich relevanten Gesichtspunkte des § 1 Abs. 5 BauGB – und nur diese – maßgeblich sind. Zu den städtebaulich relevanten Gesichtspunkten können zwar auch der Schutz der vorhandenen Nutzungen vor Strukturveränderungen und die Verhinderung der Verdrängung anderer Nutzungen durch die Zulassung von Spielhallen in den Innenstädten gehören. Ein Widerspruch zur Eigenart eines Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO kann aber nicht durch die befürchteten Folgewirkungen der Zulassung eines Vorhabens, sondern nur durch dieses selbst eintreten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 - NVwZ 1991, 1078, juris Rn. 5).
49 
Ein „trading-down-Effekt“ ist im Bereich des Vorhabengebiets weder bereits tatsächlich eingetreten, noch war bzw. ist ein solcher durch die Zulassung eines Wettbüros dort konkret zu erwarten. In der näheren Umgebung ist lediglich ein Leerstand zu verzeichnen. Das gegenständliche Vorhaben soll im 1. Obergeschoss angesiedelt werden und gerade nicht in der Erdgeschosszone. Es wird dort keinen Einzelhandel verdrängen. Es findet keine funktionale Zusammenhangsunterbrechung der Einkaufsstraße statt. Durch die geplante Lage im ersten Obergeschoss ist auch eine zurückhaltende Gestaltung möglich, da keine großflächige Schaufensterfront zu Zwecken der Anonymisierung zugeklebt werden muss. Ein Umkippen des Kern- bzw. Mischgebiets in ein Vergnügungsviertel droht durch die Zulassung eines weiteren Wettbüros nicht. Es befindet sich lediglich eine Toto-Lotto-Annahmestelle, die keine Vergnügungsstätte i. S. d. Baunutzungsverordnung darstellt, ein Wettbüro und eine kerngebietstypische Spielhalle in der näheren Umgebung. Insbesondere die Spielhalle und das Wettbüro sind über 150 m vom Vorhaben entfernt. Die Zulassung des weiteren Wettbüros führt demnach nicht dazu, dass die Spielhalle, das bestehende Wettbüro und das gegenständliche Wettbüro in Zusammenschau einen zentralen Dienstleistungsbetrieb darstellen, der eine größere Anziehungskraft hat. Im Übrigen ist in der Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten selbst ausgeführt, dass bei einem Mindestabstand von 150 m von den in A. 1.1.2 genannten Nutzungen kein „trading-down-Effekt“ zu erwarten ist (S. 29). Es kann dahinstehen, ob von einer „Wettannahmestelle“ i. S. d. Bebauungsplans eine „Toto-Lotto-Annahmestelle“ mitumfasst ist, wie die Beklagte der Auffassung ist. Denn die Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten umfasst ausdrücklich keine Wettannahmestellen, die dem eigentlichen Betrieb deutlich untergeordnet sind (z. B. Toto-Lotto-Annahmestellen). Denn dieses Wettannahmegeschäft wirkt nicht städtebaulich prägend, sodass keine negativen Auswirkungen festzustellen sind. Die nur 40 m entfernte Toto-Lotto-Annahmestelle in der ... ist nach dem 150 m-Abstand der Vergnügungsstättenkonzeption demnach nicht zu berücksichtigen.
50 
2. Nach alledem ist das geplante Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig. Die Beklagte ist jedoch nur zur Neubescheidung zu verpflichten, da die Sache noch nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Beklagte durfte – wie dargelegt – die Baugenehmigung nicht aus dem von ihr angeführten Verstoß gegen Bauplanungsrecht ablehnen. Da sie jedoch bisher keine umfassende Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens, insbesondere auch im Hinblick auf bauordnungsrechtliche Vorschriften, vorgenommen hat und der Kläger damit keine Möglichkeit hatte, im Verwaltungsverfahren hierauf zu reagieren, kann das Gericht nicht abschließend entscheiden, ob die Baugenehmigung zu erteilen ist. Andernfalls müssten zwischen den Parteien nicht erörterte noch offene Fragen im gerichtlichen Verfahren erstmals geklärt werden (OVG Rhein.-Pfalz, Urteil vom 20.04.2016 - 8 A 11046/15 - NVwZ-RR 2016, 652, juris Rn. 58).
51 
Die fehlende Abweisung der Klage „im Übrigen“ im Tenorblatt vom 22.03.2018 stellt eine offensichtliche Unrichtigkeit dar und war insoweit entsprechend § 118 Abs. 1 VwGO zu berichtigen. Die teilweise Klageabweisung war Gegenstand der Beratung und Willensbildung des Gerichts. Sie ist nur versehentlich nicht im Tenorblatt fixiert worden. Insoweit hat es auch den Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die mögliche fehlende Spruchreife und die damit einhergehende teilweise Klageabweisung hingewiesen. Das Fehlen der teilweisen Klageabweisung im Tenorblatt ist auch ohne weiteres erkennbar, da der stattgebende Ausspruch im Tenor von dem ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag abweicht.
II.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
III.
53 
Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.1.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013) auf 26.250 Euro (600 Euro/qm x 43,75 qm) festgesetzt.
56 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
I.
17 
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18 
Der Bescheid der Beklagten vom 04.07.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 05.02.2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung stehen bauplanungsrechtliche Vorschriften nicht entgegen (1.). Mangels Spruchreife kann die Beklagte jedoch nur dazu verpflichtet werden, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) (2.).
19 
1. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
20 
Die beantragte Nutzungsänderung ist gemäß §§ 49, 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO genehmigungspflichtig.
21 
Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 12). Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung der als Wohnung genehmigten Räumlichkeiten als Wettbüro bewegt sich ihrer Art nach ersichtlich nicht mehr im Rahmen der zuletzt genehmigten Nutzung.
22 
Der Erteilung der Baugenehmigung stehen keine bauplanungsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen.
23 
a) Die Festsetzung A 1.1.2 des Bebauungsplans „Kerngebiet Innenstadt – Vergnügungsstätten 1. Änderung – Wettannahmestellen“ vom 16.12.2014 steht dem Vorhaben nicht entgegen, denn der Bebauungsplan ist unwirksam.
24 
Die von der Klägerin gerügten formellen Mängel führen zwar nicht zur Unwirksamkeit des Plans. Der am 16.12.2014 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossene Bebauungsplan „Kerngebiet Innenstadt - Vergnügungsstätten 1. Änderung - Wettannahmestellen“ ist formell wirksam. Es bedarf keiner Entscheidung, ob befangene Gemeinderatsmitglieder an der Beschlussfassung mitgewirkt haben. Verletzungen von Form- oder Verfahrensvorschriften wurden nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht und sind somit unbeachtlich (§ 4 Abs. 4 Satz 1 GemO). Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 GemO wurde auf diese Rechtsfolge in der öffentlichen Bekanntmachung vom 20.12.2014 hingewiesen.
25 
Der Bebauungsplan ist jedoch materiell unwirksam. Der Teil der textlichen Festsetzung A 1.1.2 „Folgende Nutzungen sind ausnahmsweise zulässig (...), wenn ihre Entfernung zur nächsten unter A 1.1.2 genannten Nutzung mindestens 150m (Luftlinie) beträgt (...)“ entbehrt einer einschlägigen Rechtsgrundlage.
26 
Ob und inwieweit im Bebauungsplan Ausnahmen festgesetzt werden, richtet sich nach den für die Aufstellung des Bebauungsplans geltenden Vorschriften. Dazu gehören entsprechende Rechtsgrundlagen für die Festsetzung von Ausnahmen. Entsprechend dem Grundsatz, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans einer Deckung von den Vorgaben des § 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung erfordern (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1995 - 4 NB 48.93 - NVwZ 1995, 696, juris Rn. 19; sog. Enumerationsprinzip), sind auch für die Festsetzung von Ausnahmen entsprechende Rechtsgrundlagen erforderlich. Die Gemeinde ist nicht darin frei, beliebig Ausnahmen festzusetzen. § 31 Abs. 1 BauGB stellt insoweit keine Ermächtigungsgrundlage dar; vielmehr knüpft § 31 Abs. 1 BauGB daran an, dass die Gemeinde – zulässigerweise – Ausnahmen im Bebauungsplan festgesetzt hat (zum Ganzen: Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 31 BauGB, 127. EL, Rn. 22). In § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO sowie § 9 BauGB, die allein als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommen, ist keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Abstandsregelungen im Bebauungsplans enthalten.
27 
Die Abstandsregelung kommt einer Kontingentierung gleich, die das Tor für sog. „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller eröffnet und schließt die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Erschöpfung der Abstandsflächen von dieser Nutzung ausgeschlossen sind. Dieses Ergebnis widerspricht dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrundeliegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschriften zulässige Nutzung in Betracht kommen soll. Ein gewünschtes quantitatives Mischungsverhältnis lässt sich durch die Korrektivfunktion des § 15 Abs. 1 BauNVO erzielen, jedoch nicht durch eine bauplanerische Festsetzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 17).
28 
Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung hat nur dann nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers) (BVerwG, Urteil vom 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86, juris Rn. 30). Diese Grundsätze sind auch in Fällen anzuwenden, in denen die Unwirksamkeit einer Festsetzung in Frage steht, die sich aus mehreren Einzelfestsetzungen zusammensetzt (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris Rn. 9). Zumindest bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beklagte den Bebauungsplan insgesamt oder auch nur die Festsetzung A 1.1.2 des Bebauungsplans zur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ohne die Abstandsregelung in gleicher Gestalt erlassen hätte. Der einzuhaltende Abstand der Vergnügungsstätten ist essentieller Bestandteil der Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten, die dem Bebauungsplan zugrunde liegt. Eine Agglomeration von Vergnügungsstätten soll verhindert werden. Eine Teilunwirksamkeit sowohl der Festsetzung als auch des Bebauungsplans kommt daher nicht in Betracht. Ein Gericht darf nicht gestaltend tätig sein, sondern hat den planerischen Willen des Ortsgesetzgebers zu respektieren (BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 - juris Rn. 9). Im Übrigen würde sowohl eine Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans – mit der Folge, dass ein Kerngebiet festgesetzt wäre – als auch eine Teilunwirksamkeit der Festsetzung – mit der Folge, dass die Festsetzung A 1.1.2 nur noch lauten würde: „Folgende Nutzungen sind ausnahmsweise zulässig, wenn sie nicht in der Erdgeschosszone angesiedelt werden und wenn sich im selben Gebäude keine weitere der unter A 1.1.2 genannten Nutzungen befindet“ – zu keinem anderen Ergebnis führen, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt.
29 
b) Das Vorhaben des Klägers ist nach § 34 BauGB zulässig.
30 
Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans von einem unbeplanten Innenbereich auszugehen ist.
31 
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden.
32 
Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch „prägend“ auf dasselbe einwirkt. Wie weit die wechselseitige Prägung – und damit die nähere Umgebung – reicht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls (vgl. OVG NRW, Urteil vom 02.12.2013 - 2 A 1510/12 - NVwZ-RR 2014, 453, juris Rn. 46 f., m. w. N.)
33 
Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich nach den Erkenntnissen des Augenscheins, dem von der Beklagten erstellten und vorgelegten Nutzungsplan und der sonstigen zur Verfügung stehenden Unterlagen die Art der baulichen Nutzung in der maßgeblichen näheren Umgebung wie folgt dar: Das gegenständliche Grundstück ist Teil einer in geschlossener Bauweise mit kleinen Unterbrechungen errichteten Häuserzeile, die sich entlang der Südseite der von Nord-Ost nach Süd-West verlaufenden ... zwischen der Straße „...“ und der von der Nord-Westseite in die ... mündende ... (bis Hausnr. 48) erstreckt; den beiden Straßen „...“ und der ... kommt nach dem Ergebnis des Augenscheins jeweils trennende Wirkung zu. Dieser Bereich der ... ist dadurch geprägt, dass im Erdgeschoss gewerbliche Nutzung, in den zwei bis drei darüberliegenden Obergeschossen hingegen gemischt Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung zu finden sind. Diese straßennahe, teilweise geschlossene Bauweise ist ebenfalls entlang der Nordseite der ... zwischen der ... und der ... vorhanden, wobei hier eine fast strikte vertikale Aufteilung von gewerblicher Nutzung im Erdgeschoss und Wohnnutzung in den Obergeschossen vorliegt. Dem klägerischen Grundstück bzw. den unmittelbaren Nachbarhäusern gegenüber gelegen ist auf der Nord-Westseite der ... ein altes Kino und ein sich über drei Stockwerke erstreckender Gastronomie-/Beherbergungsbetrieb. Des Weiteren befinden sich folgende Nutzungen in den gewerblichen Einheiten: Ärzte, die „Telekom“, eine Versicherung, eine Ergotherapie-Praxis, ein Steuerberater, die Sparkasse, zwei Fahrschulen, eine Drogerie, ein Blumengeschäft, ein „Tschibo“, ein Tierarzt, ein Schmuckgeschäft, eine Bäckerei, ein Tabakgeschäft mit Toto-Lotto-Annahmestelle, zwei Rechtsanwaltskanzleien, eine Schreinerei, eine Metzgerei, eine Buchhandlung, Gastronomie, ein Sportgeschäft, eine Zeitungsredaktion, ein Strickwarengeschäft, ein Nagelstudio, ein Sportwettenanbieter „tiptorro“, eine Schneiderei, ein Schuhmacher, Sozialarbeitseinrichtungen, ein Optiker, ein Bekleidungsgeschäft, ein Reisebüro, zwei Friseure, ein Glaswarengeschäft, ein Tattoostudio sowie eine Spielhalle. Eine gewerbliche Einheit steht leer. Die übrige Bebauung östlich des Kinos und der Hausnummer 84 nimmt nicht mehr an der näheren Umgebung des gegenständlichen Grundstücks teil. Die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet kann nicht herangezogen werden (BayVGH, Beschluss vom 06.09.2012 - 2 ZB 11.484 - juris Rn. 4; SächsOVG, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148). Ein faktisches Baugebiet besteht ausschließlich aus unbeplantem Gebiet, sodass zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden kann (BayVGH, Beschluss vom 06.09.2012 - 2 ZB 11.484 - juris Rn. 4; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148). Lediglich für die Beurteilung der Frage des „Sich-Einfügens“ gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann zur näheren Umgebung auch die Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplantem Gebiet zählen (OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 148).
34 
Es kann dahinstehen, ob es sich – wofür nach dem Ergebnis des Augenscheins vieles spricht – um ein Kerngebiet oder ein Mischgebiet handelt. Das Vorhaben ist in beiden Fällen zulässig (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3 BauNVO, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Es ist ebenfalls zulässig, wenn hinsichtlich der Art der Nutzung eine Gemengelage im Sinne des § 34 Abs.1 BauGB vorliegt.
35 
aa) Das Vorhaben des Klägers ist als Vergnügungsstätte in einem Kerngebiet gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig.
36 
Nach § 7 Abs. 1 BauNVO dienen Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Kerngebiete erfüllen zentrale Funktionen innerhalb des städtebaulichen Ordnungsgefüges (BVerwG, Urteil vom 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207, juris Rn. 11), indem sie vielfältige Nutzungen und ein urbanes Angebot an Gütern und Dienstleistungen für die Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs bieten (BVerwG, Beschluss vom 6.12.2000 - 4 B 4.00 - NVwZ-RR 2001, 217, 605, juris Rn. 9). Welche Anforderungen an die Zentralität zu stellen sind, hängt von der Struktur und der Größe der jeweiligen Gemeinde ab. Insofern ist der Begriff der zentralen Einrichtung nach § 7 Abs. 1 BauNVO relativ (BVerwG, Urteil vom 28.05.2009 - 4 CN 2.08 - BVerwGE 134, 117, juris Rn. 13). Ihr Charakter wird u. a. durch die allgemeine Zulässigkeit von Vergnügungsstätten gekennzeichnet (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.07.2017 - 3 S 381/17 - VBlBW 2018, 34, juris Rn. 19).
37 
Für das Vorliegen eines faktischen Kerngebiets spricht, dass sich die Wohnnutzung – mit Ausnahme einer Wohnung im Erdgeschoss, die aber im Hinterhaus gelegen ist – nur auf die Etagen ab dem 1. Obergeschoss erstreckt. Im Erdgeschoss aller Gebäude befindet sich ein vielfältiges Angebot von zentralen Dienstleistungsangeboten und Einzelhandel, welcher nicht nur für die örtliche Wohnbevölkerung, sondern für die Wohnbevölkerung des gesamten Gemeindegebiets und darüber hinaus sowie auch für Touristen anziehend wirkt. Vereinzelt erstreckt sich dieses Angebot auch auf die darüber liegenden Stockwerke. Die gesamte ... lädt zum Bummeln ein und hat den Charakter einer Einkaufsstraße. Die vorhandene Spielhalle (Hausnr. 58, 232 qm Fläche) ist eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Des Weiteren stellt auch der Sportwettenanbieter „tiptorro“ eine Vergnügungsstätte dar. Dessen Ausrichtung dürfte nicht lediglich darin bestehen, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszuzahlen, sondern auch die Kunden dazu zu animieren, sich in den Räumen aufzuhalten und bspw. die Sportereignisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen zu verfolgen (vgl. zur Abgrenzung VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.08.2017 - 3 S 1102/17 - juris Rn. 27). Es befinden sich demnach zwei Vergnügungsstätten im Gebiet. Ein Kino ist ebenso vorhanden, welches typisch für das kulturelle zentrale Angebot im Kerngebiet ist. Ein Kerngebiet ist – entgegen der von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung – nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Wohnnutzung wie wohl vorliegend mehr als 25 % beträgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.12.2000 - 4 B 4.00 - NVwZ-RR 2001, 217, juris Rn.9, in welchem eine Wohnnutzung von 25 % in einem Kerngebiet lediglich nicht beanstandet wird).
38 
bb) Das Vorhaben ist in einem Mischgebiet, sowohl im gewerblich geprägten Teil gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein als auch außerhalb dessen ausnahmsweise gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO zulässig.
39 
Das Vorhaben stellt eine nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte i. S. d. § 4a Abs. 2 Nr. 3 BauNVO dar. Der in der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Spielhallen herangezogene Schwellenwert von 100 m² Fläche ist auf Wettbüros übertragbar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2018 - OVG 2 S 37.17 - juris Rn. 12). Das Wettbüro hat nach Aktenlage eine Fläche von 43,75 qm und liegt damit deutlich unter dem Schwellenwert. Das Vorhaben ist damit auch mischgebietsverträglich.
40 
Mischgebiete dienen gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Sie sind gekennzeichnet durch ein gleichwertiges Nebeneinander von Wohnnutzung und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe, d. h. keine der Nutzungsarten darf ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.04.1996 - 4 B 51.96 - NVwZ-RR 1997, 463, juris Rn. 6).
41 
Für ein Mischgebiet spricht vorliegend, dass trotz der prägenden gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss der Gebäude in der ... in den darüber liegenden Obergeschossen gerade auf der gegenüberliegenden Straßenseite Wohnnutzung vorherrscht. Diese Wohnnutzung, die in einem Kerngebiet ausnahmsweise zugelassen werden kann, könnte für ein Mischgebiet sprechen, da sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Kerngebiets sprengen könnte. Ausnahmsweise zugelassene Vorhaben müssen nämlich quantitativ deutlich hinter der Regelbebauung zurückbleiben (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - VBlBW 2004, 141, juris Rn. 40).
42 
Bei der nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vorzunehmenden Beurteilung, ob ein Gebietsteil eines Mischgebietes überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BVerwG, Beschluss vom 13.06.2005 - 4 B 36.05 - BauR 2005, 1886, juris). Diese ergibt vorliegend bei Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Umfeld eine überwiegende Prägung durch gewerbliche Nutzung. Dies ergibt sich daraus, dass sich zum einen direkt neben dem Vorhaben ein über zwei Grundstücke erstreckendes Gebäude (Hausnr. 80, 82) steht, welches bis in das dritte Obergeschoss gewerbliche Einheiten enthält und auch nach außen hin als „Geschäftshaus“ in Erscheinung tritt, auch wenn Wohnnutzung vorhanden ist. Gegenüberliegend befindet sich das Kino und der Gastronomie-/Beherbergungsbetrieb, welche ebenfalls sehr dominant im nord-östlichen Teil der maßgebenden Umgebung sind. Die gehäufte Wohnnutzung erstreckt sich vor allem auf die gegenüberliegende Straßenseite westlich des Gastronomie-/Beherbergungsbetriebs und nicht auf den Teil, in dem das Vorhaben liegt. In dem fraglichen Abschnitt der ... entsteht der Eindruck, es handelt sich um eine Geschäftsstraße, in der auch gewohnt wird, und nicht um eine Wohnstraße mit gewerblicher Nutzung (vgl. BayVGH, Urteil vom 18.08.1995 - 26 B 94.952 - juris Rn. 19).
43 
Jedoch selbst wenn der Teil, in dem das Vorhaben liegt, nicht gewerblich geprägt ist, wäre das Vorhaben als Ausnahme zulässig nach § 6 Abs. 3 BauNVO. Bei der Entscheidung über die ausnahmsweise Zulassung eines Vorhabens gemäß § 31 Abs. 1 BauGB handelt es sich zwar um eine Ermessensentscheidung. Das Ermessen wäre vorliegend jedoch auf Null reduziert. Als Ermessenserwägungen kommen nur städtebauliche Gründe in Betracht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - juris Rn. 40). Gibt es keine städtebaulichen Gründe, die der Zulassung eines Vorhabens im Wege einer Ausnahme widersprechen könnten, bleibt für eine ablehnende Ermessensentscheidung kein Raum (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.11.2003 - 5 S 2726/02 - VBlBW 2004, 141, juris Rn. 44). Ausgehend hiervon hätte die Beklagte eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB für das Vorhaben erteilen müssen. Besondere, nicht bereits von § 15 Abs. 1 BauNVO erfasste städtebauliche Gründe, die dem Vorhaben entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
44 
cc) Das Vorhaben würde sich schließlich auch gemäß § 34 Abs. 1 BauGB einfügen, wenn die nähere Umgebung keinem Baugebiet entspräche.
45 
Nach ständiger Rechtsprechung fügt sich ein Vorhaben, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, in der Regel ein, sofern es nicht ausnahmsweise die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, das heißt vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.1990 - 3 S 26/90 - BauR 1990, 705, juris Rn. 29). Das Vorhaben hält sich im vorgegebenen Rahmen. Zwei Vergnügungsstätten sind in der näheren Umgebung bereits vorhanden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass vom gegenständlichen Vorhaben des Klägers im Hinblick auf die Art und den Umfang der Nutzung eine unzumutbare Beeinträchtigung für die unmittelbare Umgebung zu erwarten ist und dass dieses die gebotene Rücksichtnahme nicht einhält.
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dd) Das somit nach § 34 BauGB grundsätzlich zulässige Vorhaben verstößt auch nicht im Einzelfall gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die bei den einzelnen Baugebieten aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage und Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen.
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Dem Vorhaben kann im Rahmen von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ein (drohender) „trading-down-Effekt“ nicht entgegengehalten werden.
48 
Für den Bereich der Bauleitplanung ist geklärt, dass die Verhinderung eines „trading-down Effekts“ einen besonderen städtebaulichen Grund im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO darstellt, der den Ausschluss von bestimmten Unterarten von Vergnügungsstätten insbesondere in Kerngebieten rechtfertigen kann. Ob ein solcher „trading-down-Effekt“ zu bejahen ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen der städtebaulichen Konfliktlage, die es mit der (Änderungs-)Planung zu bewältigen gilt. Das Bundesverwaltungsgericht geht in diesem Zusammenhang allerdings davon aus, dass es einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz entspricht, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 4 BN 9.08 - BauR 2009, 76, juris Rn. 8). Für die Rechtfertigung eines Ausschlusses von bestimmten Vergnügungsstätten in einem Kerngebiet nach § 1 Abs. 9 BauNVO ist daher der strenge Nachweis eines „trading-down-Effekts“ nicht erforderlich. Die Bauleitplanung ist zukunftsgerichtet und auf Vorsorge ausgerichtet. Daher genügt es für die Annahme eines den Ausschluss bestimmter Unterarten von Vergnügungsstätten in einem Kerngebiet rechtfertigenden besonderen städtebaulichen Grunds im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO, wenn der Plangeber hiermit einer – wenn auch nach den konkreten Umständen – abstrakt auf der Grundlage allgemeiner städtebaulicher Erfahrungssätze drohenden Gefahr eines Attraktivitätsverlusts und einer Imageverschlechterung und letztlich des „Umkippens“ des Kerngebiets in ein Vergnügungsviertel begegnen will. Anders ist dies, wenn es – wie hier – um die Zulassung eines bestimmten Vorhabens geht. Diesem kann ein „trading-down-Effekt“ – als ein Umstand, der einen Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO begründet – nur dann entgegengehalten werden, wenn dieser tatsächlich bereits eingetreten ist und durch die Zulassung des Vorhabens verstärkt würde oder wenn die Zulassung des Vorhabens nachweislich einen „trading-down-Effekt“ konkret einleiten würde (OVG NRW, Urteil vom 25.03.2014 - 2 A 2679/12 - DVBl 2014, 1544, juris Rn. 118). Ein Entscheidungsspielraum steht der Beklagten im Rahmen des § 15 BauNVO – anders als im Rahmen der Bauleitplanung – nicht zu. Auch § 15 Abs. 2 BauNVO ermöglicht es der Gemeinde nicht, bei der Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO planerisch tätig zu werden. Die Vorschrift stellt nur klar, dass bei der Anwendung dieser Vorschrift – durch die zuständige Baugenehmigungsbehörde – die städtebaulich relevanten Gesichtspunkte des § 1 Abs. 5 BauGB – und nur diese – maßgeblich sind. Zu den städtebaulich relevanten Gesichtspunkten können zwar auch der Schutz der vorhandenen Nutzungen vor Strukturveränderungen und die Verhinderung der Verdrängung anderer Nutzungen durch die Zulassung von Spielhallen in den Innenstädten gehören. Ein Widerspruch zur Eigenart eines Baugebiets im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO kann aber nicht durch die befürchteten Folgewirkungen der Zulassung eines Vorhabens, sondern nur durch dieses selbst eintreten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 - NVwZ 1991, 1078, juris Rn. 5).
49 
Ein „trading-down-Effekt“ ist im Bereich des Vorhabengebiets weder bereits tatsächlich eingetreten, noch war bzw. ist ein solcher durch die Zulassung eines Wettbüros dort konkret zu erwarten. In der näheren Umgebung ist lediglich ein Leerstand zu verzeichnen. Das gegenständliche Vorhaben soll im 1. Obergeschoss angesiedelt werden und gerade nicht in der Erdgeschosszone. Es wird dort keinen Einzelhandel verdrängen. Es findet keine funktionale Zusammenhangsunterbrechung der Einkaufsstraße statt. Durch die geplante Lage im ersten Obergeschoss ist auch eine zurückhaltende Gestaltung möglich, da keine großflächige Schaufensterfront zu Zwecken der Anonymisierung zugeklebt werden muss. Ein Umkippen des Kern- bzw. Mischgebiets in ein Vergnügungsviertel droht durch die Zulassung eines weiteren Wettbüros nicht. Es befindet sich lediglich eine Toto-Lotto-Annahmestelle, die keine Vergnügungsstätte i. S. d. Baunutzungsverordnung darstellt, ein Wettbüro und eine kerngebietstypische Spielhalle in der näheren Umgebung. Insbesondere die Spielhalle und das Wettbüro sind über 150 m vom Vorhaben entfernt. Die Zulassung des weiteren Wettbüros führt demnach nicht dazu, dass die Spielhalle, das bestehende Wettbüro und das gegenständliche Wettbüro in Zusammenschau einen zentralen Dienstleistungsbetrieb darstellen, der eine größere Anziehungskraft hat. Im Übrigen ist in der Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten selbst ausgeführt, dass bei einem Mindestabstand von 150 m von den in A. 1.1.2 genannten Nutzungen kein „trading-down-Effekt“ zu erwarten ist (S. 29). Es kann dahinstehen, ob von einer „Wettannahmestelle“ i. S. d. Bebauungsplans eine „Toto-Lotto-Annahmestelle“ mitumfasst ist, wie die Beklagte der Auffassung ist. Denn die Vergnügungsstättenkonzeption der Beklagten umfasst ausdrücklich keine Wettannahmestellen, die dem eigentlichen Betrieb deutlich untergeordnet sind (z. B. Toto-Lotto-Annahmestellen). Denn dieses Wettannahmegeschäft wirkt nicht städtebaulich prägend, sodass keine negativen Auswirkungen festzustellen sind. Die nur 40 m entfernte Toto-Lotto-Annahmestelle in der ... ist nach dem 150 m-Abstand der Vergnügungsstättenkonzeption demnach nicht zu berücksichtigen.
50 
2. Nach alledem ist das geplante Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig. Die Beklagte ist jedoch nur zur Neubescheidung zu verpflichten, da die Sache noch nicht spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 VwGO). Die Beklagte durfte – wie dargelegt – die Baugenehmigung nicht aus dem von ihr angeführten Verstoß gegen Bauplanungsrecht ablehnen. Da sie jedoch bisher keine umfassende Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens, insbesondere auch im Hinblick auf bauordnungsrechtliche Vorschriften, vorgenommen hat und der Kläger damit keine Möglichkeit hatte, im Verwaltungsverfahren hierauf zu reagieren, kann das Gericht nicht abschließend entscheiden, ob die Baugenehmigung zu erteilen ist. Andernfalls müssten zwischen den Parteien nicht erörterte noch offene Fragen im gerichtlichen Verfahren erstmals geklärt werden (OVG Rhein.-Pfalz, Urteil vom 20.04.2016 - 8 A 11046/15 - NVwZ-RR 2016, 652, juris Rn. 58).
51 
Die fehlende Abweisung der Klage „im Übrigen“ im Tenorblatt vom 22.03.2018 stellt eine offensichtliche Unrichtigkeit dar und war insoweit entsprechend § 118 Abs. 1 VwGO zu berichtigen. Die teilweise Klageabweisung war Gegenstand der Beratung und Willensbildung des Gerichts. Sie ist nur versehentlich nicht im Tenorblatt fixiert worden. Insoweit hat es auch den Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die mögliche fehlende Spruchreife und die damit einhergehende teilweise Klageabweisung hingewiesen. Das Fehlen der teilweisen Klageabweisung im Tenorblatt ist auch ohne weiteres erkennbar, da der stattgebende Ausspruch im Tenor von dem ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag abweicht.
II.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
III.
53 
Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
54 
Beschluss
55 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Nr. 9.1.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013) auf 26.250 Euro (600 Euro/qm x 43,75 qm) festgesetzt.
56 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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