Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens.
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| Die Entscheidung ergeht gemäß § 87a Abs. 2 u. 3, § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und ohne mündliche Verhandlung. |
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| Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (hierzu unter 1.) noch einen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes (hierzu unter 2.) beziehungsweise einen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten (hierzu unter 3.). Auch die Abschiebungsandrohung (hierzu unter 4.) und die Befristungsentscheidung des Bundesamtes sind nicht zu beanstanden (hierzu unter 5.). |
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| 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. |
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| Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 -Genfer Flüchtlingskonvention-, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). |
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| Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). § 3a Abs. 2 AsylG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt (Nr. 1), gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (Nr. 2) oder unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (Nr. 3). Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Ausgehen kann die Verfolgung gemäß § 3c AsylG vom Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (Nr. 3). |
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| Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG kann nur derjenige beanspruchen, der Verfolgung bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Diesbezüglich ist eine qualifizierte und bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der konkreten Lage des jeweiligen Antragstellers Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine so verstandene wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer „quantitativen“ oder mathematischen Betrachtungsweise für dessen Eintritt ein Grad der Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, der - auch deutlich - unter 50 v.H. liegt. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung ist deshalb anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen in ihrer Bedeutung überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung reicht noch nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch würde sie außer Betracht lassen. Ergeben alle Umstände des Einzelfalles jedoch die „tatsächliche Gefahr“ (sog. „real risk“) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Er würde bei der Abwägung aller Umstände im Übrigen auch immer die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen entscheidungserheblichen und motivationsbildenden Unterschied machen, ob er etwa lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber schwere Misshandlungen bzw. Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten oder sich der Gefahr durch Rückkehr in das Heimatland auszusetzen (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991 - 9 C 118.90 -, juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 30.05.2017 - A 9 S 991/15 -, juris Rn. 25 ff.; Urteil vom 02.05.2017 - A 11 S 562/17 - juris Rn. 30 ff.). Hat der Antragsteller Vorverfolgung erlitten oder war er unmittelbar von solcher bedroht, ist dies ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht ist (Art. 4 Abs. 4 der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU). |
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| Die Gründe für seine Verfolgungsfurcht hat der Asylsuchende im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 2. HS VwGO, § 15 und § 25 Abs. 1 AsylG vorzutragen. Die Glaubhaftmachung der Asylgründe setzt eine schlüssige, nachprüfbare Darlegung voraus. Der Schutzsuchende muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Jedenfalls in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse hat er eine Schilderung abzugeben, die geeignet ist, seinen Anspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 19.10.2001 - 1 B 24.01 -, juris Rn. 5; Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 321.85 -, juris Rn. 9; Urteil vom 22.03.1983 - 9 C 68.81 -, juris Rn. 5). |
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| Nach diesen rechtlichen Vorgaben steht dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu. Eine konkrete Gefahr, dass der Kläger aus individuellen, an seine Person anknüpfenden Gründen bei einer Rückkehr nach Tel Özer bei Sindschar in der Provinz Ninive (vgl. zu dem Ort, an den der Kläger typischerweise zurückkehren würde, als Anknüpfungspunkt für diese Gefahrenprognose: BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Ls. 1, Rn. 13; Beschluss vom 14.11.2012 - 10 B 22.12 -, juris Rn. 7; zu einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in einem Flüchtlingslager vgl. VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 32) aus einem der gesetzlich vorgesehenen Motive heraus Verfolgungshandlungen zu befürchten hat, ist nicht hinreichend wahrscheinlich. |
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| a) Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Irak eine individuelle Verfolgung erlitten oder eine solche in Zukunft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Er hat weder beim Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren konkrete, gegen ihn selbst gerichtete Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure geschildert. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, dass er geflohen sei, weil er und seine Familie als Yesiden Angst vor den Gräueltaten des IS gehabt hätten, als dieser gen Sindschar vorgerückt sei. Dass er selbst eine Verfolgung durch den IS erlitten hätte oder mit diesem direkt in Kontakt gekommen wäre, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch ein sonstiges konkretes, die Schwelle einer Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a AsylG überschreitendes Erlebnis hat er nicht geschildert. |
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| b) Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Gruppenverfolgung wegen seiner yesidischen Religionszugehörigkeit berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Annahme einer Gruppenverfolgung entweder ein staatliches Verfolgungsprogramm (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 -, juris Ls. 1) oder - im Fall einer nichtstaatlichen Verfolgung - eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, welche die Vermutung einer auch individuell bestehenden Verfolgungsgefahr rechtfertigt. Letzteres setzt eine solche Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter voraus, dass nicht mehr nur von einzelnen Übergriffen gesprochen werden kann, sondern die Verfolgungshandlungen auf alle sich im Verfolgungsgebiet aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an das die Gruppe definierende, asylerhebliche Merkmal treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 -, juris Rn. 13 m.w.N.). |
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| Gemessen an diesen Grundsätzen sieht sich der Kläger bezogen auf Tel Özer bei Sindschar in der Provinz Ninive keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt. Eine regionale Gruppenverfolgung durch staatliche Behörden macht der Kläger selbst nicht geltend und ist auch für das Gericht nicht erkennbar. Eine Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure, namentlich durch den IS oder sonstige strenggläubige Muslime liegt ebenfalls nicht (mehr) vor. |
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| aa) Dem Kläger droht im Falle einer Rückkehr keine Verfolgung durch den IS. |
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| Es fehlt im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls an der erforderlichen „Verfolgungsdichte“, die für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung erforderlich ist. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts des vom Kläger geschilderten Vorrückens des IS zum Zeitpunkt der erstmaligen Flucht des Klägers bis zum Dorf Giserk und angesichts der Tatsache, dass der IS Yesiden in den eingenommenen Dörfern und Städten - unstreitig - hinrichtete, versklavte und entführte, von einer Vorverfolgung des Klägers im Sinne des Art. 4 Satz 4 der Richtlinie 2011/95/EU auszugehen ist. Denn die dann einschlägige Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU, dass die Furcht des Klägers vor zukünftiger Verfolgung angesichts der Verfolgung in der Vergangenheit begründet wäre, ist im vorliegenden Fall jedenfalls widerlegt. |
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| Für die Widerlegung der Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95 ist es erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung entkräften (BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 -, juris Rn. 23). Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU bezieht sich insoweit nur auf eine zukünftig drohende Verfolgung. Maßgeblich ist danach, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stehen (BVerwG, Beschluss vom 23.11.2011 - 10 B 32.11 -, juris Rn. 7). |
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| Solche stichhaltigen Gründe liegen hier zur Überzeugung des Berichterstatters vor. Die Lage im Irak hat sich zwischenzeitlich grundlegend verändert. Der IS übt in der Provinz Ninive und insbesondere in dem Distrikt Sindschar - der Herkunftsregion des Klägers - keine quasi-staatliche Macht im Sinne von § 3c Nr. 2 AsylG mehr aus. Er hat sein Einflussgebiet zuletzt sogar im gesamten Irak fast vollständig verloren. |
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| So wurden im November 2017 die drei letzten irakischen Städte, die sich noch unter der Kontrolle des IS befanden, Al-Qaim, Ana und Rawa, von den irakischen Streitkräften zurückerobert (vgl. nur Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 8 m.w.N.). Die Großstadt Mossul wurde im Juli 2017 befreit, die Städte Sindschar und Ramadi sogar bereits Ende 2015 zurückerobert (Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 4; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 56). Einhergehend mit den Gebietsverlusten hat der IS auch wesentliche Einnahmen, insbesondere aus Ölquellen, verloren (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 47; Focus Online, Wir erleben das Ende des falschen Staats von Daesch, 29.06.2017). Dass der IS angesichts dieser Entwicklung nochmals wesentliche Teile des Nordiraks erobern wird können, erscheint unwahrscheinlich. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die territoriale Zurückdrängung des IS nicht zwangsläufig bedeutet, dass alle Kämpfer des IS getötet oder inhaftiert worden sind. In der Tat sind viele Kämpfer entweder in die Wüste geflohen oder haben sich unter die Zivilbevölkerung gemischt (Spiegel Online, Die Rückkehr des IS, 25.04.2018; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 8). Vor diesem Hintergrund muss damit gerechnet werden, dass der IS künftig auch in Ninive terroristische Anschläge verüben wird. Derartige terroristische Anschläge stellen aber keine gezielten Verfolgungsmaßnahmen aufgrund der Religionszugehörigkeit der Opfer dar. Denn dabei handelt es sich vielmehr um eine allgemeine Gefahr für die Bevölkerung, die nicht im Zusammenhang mit der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG steht, sondern bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu berücksichtigen ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 29.04.2014 - A 4 A 104/14 -, juris Rn. 32). Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist daher nicht davon auszugehen, dass der IS in der Lage ist beziehungsweise in absehbarer Zukunft sein wird, Yesiden in der Region Ninive systematisch zu verfolgen (so auch VG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 11.05.2018 - A 10 K 16197/17 -, S. 7, n.v.; VG Augsburg, Urteil vom 18.04.2018 - Au 5 K 18.30313 -, juris Rn. 51; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 29; VG Oldenburg, Urteil vom 27.02.2018 - 15 A 883/17 -, juris Rn. 37; VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 -, juris Rn. 36; VG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2017 - 20 K 1742/17.A -, Ls. 1, juris; vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 19.03.2018 - 20 ZB 17.30121 -, juris Rn. 6 f.; a.A. VG Oldenburg, Urteil vom 23.8.2017 - 3 A 3903/16 -, juris Rn. 33). |
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| bb) Das durch Spannungen geprägte Verhältnis von Yeziden zu (fundamentalistischen) Muslimen begründet ebenfalls nicht die Annahme einer Gruppenverfolgung. |
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| Den Erkenntnismitteln lässt sich insbesondere für die Region Kurdistan-Irak zwar entnehmen, dass strenggläubige Muslime Yesiden als Ungläubige schmähen sowie belästigen und Yesiden darüber hinaus auch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt und diskriminiert werden (vgl. UK Home Office, Country Information and Guidance, Iraq: Religious minorities, August 2016, S. 19 f., 24 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche vom 20.05.2016 zum Irak: Gesetzliche Lage für die Abkehr vom Islam in der Autonomen Region Kurdistan, Schutzwille der Behörden, S. 3). Daraus ergibt sich aber nicht die nach § 3a AsylG erforderliche Eingriffsintensität beziehungsweise die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte. Denn als Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG gelten nur solche Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder die nach Nr. 2 in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Daran fehlt es hier. Denn die Berichte über die Belästigungen und Diskriminierungen, denen die Yesiden teilweise ausgesetzt sind, bleiben vereinzelt und lassen insbesondere keine flächendeckenden und menschenrechtswidrigen Handlungen erkennen, was für die Annahme einer Gruppenverfolgung aber erforderlich wäre (so bereits VG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2017 - A 10 K 1508/17 -, juris Rn. 30; ebenso nunmehr VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 36). |
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| 2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Diese Vorrausetzungen liegen nicht vor. |
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| a) Die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG und Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG drohen dem Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Die obigen Ausführungen zur Zurückdrängung des IS gelten insoweit entsprechend. Allein die schwierigen humanitären Bedingungen in der Provinz Ninive vermögen die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es fehlt insoweit bereits am Vorliegen eines erforderlichen Akteurs im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 3c AsylG. Trotz der inhaltlichen Kongruenz von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG („Als ernsthafter Schaden gilt: ... Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ...“) und Art. 3 EMRK („Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“) führt das Vorliegen der tatsächlichen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nicht zwingend zu einer Zuerkennung der subsidiären Schutzstatus. Denn es reicht nicht aus, dass die Voraussetzungen eines Tatbestandes nach § 4 Abs. 1 AsylG erfüllt sind. Vielmehr sind - neben § 4 Abs. 2 AsylG - gemäß § 4 Abs. 3 AsylG auch die Anforderungen der §§ 3c bis 3e AsylG zu beachten, die für den subsidiären Schutz entsprechend gelten. Erforderlich ist daher, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgeht, also vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise der tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens zu bieten (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 1729/17 -, juris Rn. 43 ff.; Urteil vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 70 ff., jew. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Provinz Ninive nicht erfüllt. Die dortige gegenwärtige schlechte humanitäre Lage ist vor allem dem (vergangenen) Krieg geschuldet. Dass eine Verhaltensänderung eines der in Betracht kommenden Akteure zu einer unmittelbaren Verbesserung der Lage führen könnte, ist nicht festzustellen. Insbesondere wird weder die notwendige medizinische oder humanitäre Versorgung gezielt vorenthalten noch werden all diese Umstände gezielt herbeigeführt. |
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| b) Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist im Fall des Klägers ebenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich. |
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| Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung der in Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht 1949 und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 auszulegen (BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 -, Ls. 2, juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie u. a. für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional (z. Bsp. in der Herkunftsregion des Ausländers) bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken. Besteht ein bewaffneter Konflikt mit der beschriebenen Gefahrendichte nicht landesweit, kommt eine individuelle Bedrohung allerdings in der Regel nur in Betracht, wenn der Konflikt sich auf die Herkunftsregion des Klägers erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren wird. Auf einen bewaffneten Konflikt außerhalb der Herkunftsregion des Ausländers kann es nur ausnahmsweise ankommen. Bei einem regional begrenzten Konflikt außerhalb seiner Herkunftsregion muss der Ausländer stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass für ihn eine Rückkehr in seine Herkunftsregion ausscheidet und nur eine Rückkehr gerade in die Gefahrenzone in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 14.07.2009 - 10 C 9.08 -, juris Rn. 17). |
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| Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt in der Region Ninive kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr vor. Denn der IS wurde durch die irakischen Streitkräfte - wie dargelegt - landesweit fast vollständig zurückgedrängt. Aus dem Umstand, dass Anhänger des IS weiterhin Selbstmordattentate und andere Anschläge verüben, ergibt sich nichts Anderes. Denn bei diesen Vorfällen handelt es sich um Einzelfälle; jedenfalls haben sie aber kein derartiges Ausmaß erreicht, dass sie als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 18.04.2018 - Au 5 K 18.30313 -, juris Rn. 58; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 44; a.A. VG Oldenburg, Urteil vom 27.02.2018 - 15 A 883/17 -, juris Rn. 51; VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 44). |
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| Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus käme aber selbst dann nicht in Betracht, wenn man vom Vorliegen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Ninive ausginge. Denn das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts begründet die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nur dann, wenn der Schutzsuchende von ihm ernsthaft individuell bedroht ist und keine innerstaatliche Schutzalternative besteht. Zur Ermittlung der gegebenen Gefahrendichte ist nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäben eine quantitative Ermittlung einerseits der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und andererseits der Akte willkürlicher Gewalt erforderlich, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung. Im Fall individuell vorliegender gefahrerhöhender Umstände kann ein vergleichsweise geringes Niveau willkürlicher Gewalt genügen, während eine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt bei Abwesenheit persönlicher gefahrerhöhender Umstände nur in einer außergewöhnlichen Situation angenommen werden kann, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, juris Rn. 22 und vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 -, juris Rn. 33). Dabei soll ein Risiko von 1:800 bzw. 0,125%, in dem betreffenden Gebiet im Laufe eines Jahres verletzt oder getötet zu werden, jedoch so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt sein, dass es nicht auf eine Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage ankomme (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, juris Rn. 22). Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall keine hinreichende Gefahrendichte. Der Grad willkürlicher Gewalt hat in Ninive kein so hohes Niveau erreicht beziehungsweise mehr, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Kläger bei seiner Rückkehr nach Ninive allein aufgrund seiner Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Die Zahlen in Bezug auf getötete oder verletzte Zivilisten sind nämlich sowohl landesweit als auch in Ninive nach der Zurückdrängung des IS stark rückläufig. Gab es nach den Aufzeichnungen der UN zum Zeitpunkt der erstmaligen Flucht des Klägers im August 2014 landesweit noch 1.533 getötete und 1.944 verletzte Zivilisten, waren es im Februar 2017 392 Getötete und 613 Verletzte, im Mai 2018 landesweit „nur“ noch 95 Getötete und 163 Verletzte. Die sicherheitsrelevanten Vorfälle ereigneten sich überdies hauptsächlich in den Provinzen Bagdad, Anbar und in Kirkuk (vgl. http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8643:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-february-2018&Itemid=633&lang=en). Die von der britischen Nichtregierungsorganisation betriebene Datenbank Iraq Body Count gibt in der Größenordnung vergleichbare Zahlen wieder (https://www.iraqbodycount.org/database/). Selbst wenn man davon ausgeht, dass zu den genannten Zahlen eine nicht unerhebliche Dunkelziffer hinzutritt, wird man die Zahl der Toten und Verletzten in Ninive auf kaum mehr als 100 Zivilpersonen im Monat, sprich 1.200 Zivilpersonen im Jahr schätzen können. Dem steht eine Bevölkerung Ninives von ungefähr 3,2 Millionen gegenüber (vgl. UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, S. 12; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 46). |
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| 3. Das Bundesamt hat im angegriffenen Bescheid auch zutreffend ausgeführt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht gegeben sind. |
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| a) Ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt nicht vor. |
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| Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Einschlägig ist hier Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Schlechte humanitäre Verhältnisse können dann eine „Behandlung“ im Sinne des Art. 3 EMRK sein, wenn diese ganz oder überwiegend auf staatlichem Handeln, auf Handlungen von Parteien eines innerstaatlichen Konflikts oder auf Handlungen sonstiger, nicht staatlicher Akteure, die dem Staat zurechenbar sind, weil er der Zivilbevölkerung keinen ausreichenden Schutz bieten kann oder will, beruhen. Wenn die schlechten humanitären Bedingungen hingegen nicht zumindest überwiegend auf Handlungen der genannten Akteure zurückzuführen sind, müssen ganz außerordentliche individuelle Umstände hinzutreten, um sie als unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK qualifizieren zu können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 924/17 -, juris Rn. 123 ff. und Urteil vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 165 ff., jew. m.w.N.). Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Zwar deuten die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel darauf hin, dass die humanitäre Lage in der Provinz Ninive weiterhin sehr schwierig ist (UNHCR, Schriftsatz an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 2; Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 22; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 23.11.2017, S. 161 ff.; UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, S. 31). Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls bei solchen Flüchtlingen, welche spezifische, individuelle Einschränkungen oder Handicaps haben (sog. vulnerable Personengruppen), die zu diesen schwierigen humanitären Bedingungen hinzutreten, im Einzelfall festzustellen sein, dass ein Abschiebeverbot vorliegt. Im Falle des Klägers gilt aber etwas Anderes, da ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, welche in entsprechender Anwendung des § 3e AsylG der Annahme eines Abschiebeverbotes entgegensteht. Der Kläger ist darauf zu verweisen, sich in der nahe gelegenen Autonomen Region Kurdistan niederzulassen. |
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| Es wäre dem Kläger im Falle seiner Rückkehr in den Irak möglich, sich in der Autonomen Region Kurdistan niederzulassen. Als Kurde und Yezide benötigt der Kläger weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch einen Bürgen (UNHCR, Schreiben an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 3; UK Home Office, Iraq: Country Policy and Information Note, Return/ Internal relocation, September 2017, Ziffer 7.3; UNHCR, Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative, 12.04.2017, S. 8). Selbst wenn sich dies im Zeitpunkt der tatsächlichen Rückkehr des Klägers in den Irak geändert haben sollte (vgl. UNHCR, Schreiben an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 2, Fn. 7 sowie Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Irak, Binnenvertriebene, Zutrittsbestimmungen unter besonderer Berücksichtigung der shabakischen Minderheit, 05.10.2016, S. 1 zu den sich stetig ändernden Anforderungen für den Zuzug von Binnenflüchtlingen), so ist davon auszugehen, dass der Kläger eine entsprechende Genehmigung erhalten würde. Zwar ist es denkbar, dass die Eltern des Klägers, welche laut diesem weiterhin in einem Flüchtlingscamp in Khanke wohnen, den Kläger insoweit nicht werden unterstützen können. Der Kläger wird aber jedenfalls auf die Unterstützung seiner Großfamilie zählen können, die seit jeher in Bajid lebt. Vortrag, der diese Annahme in Zweifel ziehen könnte, fehlt. |
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| Der Berichterstatter ist auch überzeugt, dass der Kläger in der Autonomen Region Kurdistan sein Existenzminimum wird sichern können. Zwar ist die humanitäre Lage auch in der Autonomen Region Kurdistan generell schwierig. In der Region halten sich trotz einer zunehmenden Zahl an Binnenflüchtlingen, die zwischenzeitlich in ihre Heimatprovinzen zurückgekehrt sind, weiterhin 1,2 Millionen Binnenvertriebene auf (Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 5, 18, 22). Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen, dem Fall des Ölpreises und fehlender Zahlungen der Zentralregierung leidet die Region unter einer Wirtschafts- und Finanzkrise (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 24.08.2017, S. 98 ff.). Auch soll es infolge der seit Jahren anhaltenden Krise nicht allen Binnenflüchtlingen uneingeschränkt möglich sein, ihre elementaren Bedürfnisse im Bereich Wohnraum, Nahrung und Gesundheitsvorsorge zu befriedigen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 23; Amnesty International, Report Irak 2018, S. 4; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 24.08.2017, S. 98 ff., 103 ff.; UK Home Office Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, Ziffern 9.12.1. u. 10.7.; UNHCR, Position zur Rückkehr in den Irak, 14.11.2016, S. 24; Danish Refugee Council, The Kurdistan Region of Iraq, 1/2016, S. 58 ff.). Im Fall des Klägers ist aber zum einen zu berücksichtigen, dass er als junger, gesunder, lediger Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen deutlich flexibler und belastbarer ist als zahlreiche andere Binnenflüchtlinge, insbesondere kranke Menschen, Familien mit kleinen Kindern und alleinstehende, in der irakischen Gesellschaft besonders diskriminierte Frauen (zu letzteren vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2017 - A 10 K 1508/17 -, juris Rn. 32). Individuelle Einschränkungen oder Handicaps in der Person des Klägers liegen nicht vor. Die Situation des Klägers unterscheidet sich zum anderen deshalb wesentlich von der des Großteils der Rückkehrer und Binnenflüchtlinge, da seine gesamte Familie in der südlichen Autonomen Region Kurdistan lebt, die engere Familie seit gut drei Jahren, die erweiterte Großfamilie seit jeher. Dass er, seine Eltern und Geschwister in der gemeinsamen Zeit im Flüchtlingscamp in Khanke hätten Hunger leiden müssen oder dass es ihnen anderweitig nicht möglich gewesen wäre, ihre elementarsten Grundbedürfnisse zu befriedigen, hat der Kläger nicht dargelegt. Erst Recht fehlt es an Vortrag, dass sich die Situation für die weiterhin in Khanke lebende Kernfamilie zwischenzeitlich verschlechtert hätte (ähnlich VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 62; VG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2017 - 20 K 1742/17.A -, Ls. 2, juris; tendenziell wohl a.A. VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 49; VG des Saarlandes, Urteil vom 14.12.2017 - 6 K 1053/16 -, juris Rn. 29 ff.; mehrdeutig VG Oldenburg, Urteil vom 23.08.2017 - 3 A 3903/16 -, Ls., juris). |
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| b) Ein Abschiebeverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Ein krankheitsbedingtes Abschiebehindernis kommt von Vornherein nicht in Betracht. Der Kläger ist gesund. Der Schutzbereich des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt der extremen Gefahrenlage geht nicht weiter als der Schutzbereich des Art. 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 924/17 -, juris Rn. 385). |
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| 4. Die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist ebenfalls rechtmäßig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 AsylG zu erlassen, weil der Kläger nicht als Asylberechtigter anerkannt wurden, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wurde, der subsidiäre Schutz nicht gewährt wurde, die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen und der Kläger keinen Aufenthaltstitel besitzt. Die Dauer der Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. |
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| 5. Auch die Dauer des gemäß § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 1, 2 AufenthG festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wegen Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung (vgl. § 11 Abs. 1 AufenthG), zumindest soweit es an eine Abschiebung anknüpft, nicht wirksam eintreten kann, so hat das Bundesamt jedenfalls durch die Befristung auf 30 Monate (vgl. Ziff. 5 des angefochtenen Bescheides) die insofern erforderliche behördliche Entscheidung getroffen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.03.2018 - 1 A 4.17 -, juris Rn. 87; Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, juris Rn. 71 f.; möglicherweise a.A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.06.2018 - 11 S 867/18 -, juris Rn. 2; Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/17 -, juris Rn. 9 ff.). Die gewählte Befristung ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Bundesamtes lässt keine Ermessensfehler erkennen. Der Kläger kann die lange Sperrfrist vermeiden, indem er freiwillig ausreist. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot entfaltet, wie aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AufenthG und im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 6 Satz 1 AufenthG folgt, keine Sperrwirkung, wenn ein Ausländer, dem die Abschiebung angedroht wurde, freiwillig ausreist (VG Karlsruhe, Beschluss vom 13.02.2017 - A 10 K 5999/16 -, juris Rn. 30 m.w.N.). |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. |
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| Die Entscheidung ergeht gemäß § 87a Abs. 2 u. 3, § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und ohne mündliche Verhandlung. |
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| Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (hierzu unter 1.) noch einen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes (hierzu unter 2.) beziehungsweise einen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten (hierzu unter 3.). Auch die Abschiebungsandrohung (hierzu unter 4.) und die Befristungsentscheidung des Bundesamtes sind nicht zu beanstanden (hierzu unter 5.). |
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| 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. |
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| Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 -Genfer Flüchtlingskonvention-, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b). |
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| Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). § 3a Abs. 2 AsylG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt (Nr. 1), gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (Nr. 2) oder unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (Nr. 3). Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen. Ausgehen kann die Verfolgung gemäß § 3c AsylG vom Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (Nr. 3). |
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| Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG kann nur derjenige beanspruchen, der Verfolgung bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Diesbezüglich ist eine qualifizierte und bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der konkreten Lage des jeweiligen Antragstellers Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine so verstandene wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer „quantitativen“ oder mathematischen Betrachtungsweise für dessen Eintritt ein Grad der Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, der - auch deutlich - unter 50 v.H. liegt. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung ist deshalb anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen in ihrer Bedeutung überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung reicht noch nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch würde sie außer Betracht lassen. Ergeben alle Umstände des Einzelfalles jedoch die „tatsächliche Gefahr“ (sog. „real risk“) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Er würde bei der Abwägung aller Umstände im Übrigen auch immer die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen entscheidungserheblichen und motivationsbildenden Unterschied machen, ob er etwa lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber schwere Misshandlungen bzw. Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten oder sich der Gefahr durch Rückkehr in das Heimatland auszusetzen (BVerwG, Urteil vom 05.11.1991 - 9 C 118.90 -, juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 30.05.2017 - A 9 S 991/15 -, juris Rn. 25 ff.; Urteil vom 02.05.2017 - A 11 S 562/17 - juris Rn. 30 ff.). Hat der Antragsteller Vorverfolgung erlitten oder war er unmittelbar von solcher bedroht, ist dies ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht ist (Art. 4 Abs. 4 der Anerkennungsrichtlinie 2011/95/EU). |
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| Die Gründe für seine Verfolgungsfurcht hat der Asylsuchende im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 2. HS VwGO, § 15 und § 25 Abs. 1 AsylG vorzutragen. Die Glaubhaftmachung der Asylgründe setzt eine schlüssige, nachprüfbare Darlegung voraus. Der Schutzsuchende muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Jedenfalls in Bezug auf die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse hat er eine Schilderung abzugeben, die geeignet ist, seinen Anspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 19.10.2001 - 1 B 24.01 -, juris Rn. 5; Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 321.85 -, juris Rn. 9; Urteil vom 22.03.1983 - 9 C 68.81 -, juris Rn. 5). |
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| Nach diesen rechtlichen Vorgaben steht dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu. Eine konkrete Gefahr, dass der Kläger aus individuellen, an seine Person anknüpfenden Gründen bei einer Rückkehr nach Tel Özer bei Sindschar in der Provinz Ninive (vgl. zu dem Ort, an den der Kläger typischerweise zurückkehren würde, als Anknüpfungspunkt für diese Gefahrenprognose: BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Ls. 1, Rn. 13; Beschluss vom 14.11.2012 - 10 B 22.12 -, juris Rn. 7; zu einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in einem Flüchtlingslager vgl. VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 32) aus einem der gesetzlich vorgesehenen Motive heraus Verfolgungshandlungen zu befürchten hat, ist nicht hinreichend wahrscheinlich. |
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| a) Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Irak eine individuelle Verfolgung erlitten oder eine solche in Zukunft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Er hat weder beim Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren konkrete, gegen ihn selbst gerichtete Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure geschildert. Im Wesentlichen hat er vorgetragen, dass er geflohen sei, weil er und seine Familie als Yesiden Angst vor den Gräueltaten des IS gehabt hätten, als dieser gen Sindschar vorgerückt sei. Dass er selbst eine Verfolgung durch den IS erlitten hätte oder mit diesem direkt in Kontakt gekommen wäre, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch ein sonstiges konkretes, die Schwelle einer Verfolgungshandlung im Sinne von § 3a AsylG überschreitendes Erlebnis hat er nicht geschildert. |
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| b) Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Gruppenverfolgung wegen seiner yesidischen Religionszugehörigkeit berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Annahme einer Gruppenverfolgung entweder ein staatliches Verfolgungsprogramm (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 -, juris Ls. 1) oder - im Fall einer nichtstaatlichen Verfolgung - eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus, welche die Vermutung einer auch individuell bestehenden Verfolgungsgefahr rechtfertigt. Letzteres setzt eine solche Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter voraus, dass nicht mehr nur von einzelnen Übergriffen gesprochen werden kann, sondern die Verfolgungshandlungen auf alle sich im Verfolgungsgebiet aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an das die Gruppe definierende, asylerhebliche Merkmal treffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.04.2009 - 10 C 11.08 -, juris Rn. 13 m.w.N.). |
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| Gemessen an diesen Grundsätzen sieht sich der Kläger bezogen auf Tel Özer bei Sindschar in der Provinz Ninive keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt. Eine regionale Gruppenverfolgung durch staatliche Behörden macht der Kläger selbst nicht geltend und ist auch für das Gericht nicht erkennbar. Eine Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure, namentlich durch den IS oder sonstige strenggläubige Muslime liegt ebenfalls nicht (mehr) vor. |
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| aa) Dem Kläger droht im Falle einer Rückkehr keine Verfolgung durch den IS. |
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| Es fehlt im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedenfalls an der erforderlichen „Verfolgungsdichte“, die für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung erforderlich ist. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts des vom Kläger geschilderten Vorrückens des IS zum Zeitpunkt der erstmaligen Flucht des Klägers bis zum Dorf Giserk und angesichts der Tatsache, dass der IS Yesiden in den eingenommenen Dörfern und Städten - unstreitig - hinrichtete, versklavte und entführte, von einer Vorverfolgung des Klägers im Sinne des Art. 4 Satz 4 der Richtlinie 2011/95/EU auszugehen ist. Denn die dann einschlägige Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU, dass die Furcht des Klägers vor zukünftiger Verfolgung angesichts der Verfolgung in der Vergangenheit begründet wäre, ist im vorliegenden Fall jedenfalls widerlegt. |
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| Für die Widerlegung der Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95 ist es erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung entkräften (BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 -, juris Rn. 23). Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU bezieht sich insoweit nur auf eine zukünftig drohende Verfolgung. Maßgeblich ist danach, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stehen (BVerwG, Beschluss vom 23.11.2011 - 10 B 32.11 -, juris Rn. 7). |
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| Solche stichhaltigen Gründe liegen hier zur Überzeugung des Berichterstatters vor. Die Lage im Irak hat sich zwischenzeitlich grundlegend verändert. Der IS übt in der Provinz Ninive und insbesondere in dem Distrikt Sindschar - der Herkunftsregion des Klägers - keine quasi-staatliche Macht im Sinne von § 3c Nr. 2 AsylG mehr aus. Er hat sein Einflussgebiet zuletzt sogar im gesamten Irak fast vollständig verloren. |
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| So wurden im November 2017 die drei letzten irakischen Städte, die sich noch unter der Kontrolle des IS befanden, Al-Qaim, Ana und Rawa, von den irakischen Streitkräften zurückerobert (vgl. nur Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 8 m.w.N.). Die Großstadt Mossul wurde im Juli 2017 befreit, die Städte Sindschar und Ramadi sogar bereits Ende 2015 zurückerobert (Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 4; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 56). Einhergehend mit den Gebietsverlusten hat der IS auch wesentliche Einnahmen, insbesondere aus Ölquellen, verloren (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 47; Focus Online, Wir erleben das Ende des falschen Staats von Daesch, 29.06.2017). Dass der IS angesichts dieser Entwicklung nochmals wesentliche Teile des Nordiraks erobern wird können, erscheint unwahrscheinlich. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die territoriale Zurückdrängung des IS nicht zwangsläufig bedeutet, dass alle Kämpfer des IS getötet oder inhaftiert worden sind. In der Tat sind viele Kämpfer entweder in die Wüste geflohen oder haben sich unter die Zivilbevölkerung gemischt (Spiegel Online, Die Rückkehr des IS, 25.04.2018; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 23.11.2017, S. 8). Vor diesem Hintergrund muss damit gerechnet werden, dass der IS künftig auch in Ninive terroristische Anschläge verüben wird. Derartige terroristische Anschläge stellen aber keine gezielten Verfolgungsmaßnahmen aufgrund der Religionszugehörigkeit der Opfer dar. Denn dabei handelt es sich vielmehr um eine allgemeine Gefahr für die Bevölkerung, die nicht im Zusammenhang mit der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG steht, sondern bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu berücksichtigen ist (vgl. Sächs. OVG, Urteil vom 29.04.2014 - A 4 A 104/14 -, juris Rn. 32). Im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist daher nicht davon auszugehen, dass der IS in der Lage ist beziehungsweise in absehbarer Zukunft sein wird, Yesiden in der Region Ninive systematisch zu verfolgen (so auch VG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 11.05.2018 - A 10 K 16197/17 -, S. 7, n.v.; VG Augsburg, Urteil vom 18.04.2018 - Au 5 K 18.30313 -, juris Rn. 51; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 29; VG Oldenburg, Urteil vom 27.02.2018 - 15 A 883/17 -, juris Rn. 37; VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 -, juris Rn. 36; VG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2017 - 20 K 1742/17.A -, Ls. 1, juris; vgl. Bayer. VGH, Beschluss vom 19.03.2018 - 20 ZB 17.30121 -, juris Rn. 6 f.; a.A. VG Oldenburg, Urteil vom 23.8.2017 - 3 A 3903/16 -, juris Rn. 33). |
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| bb) Das durch Spannungen geprägte Verhältnis von Yeziden zu (fundamentalistischen) Muslimen begründet ebenfalls nicht die Annahme einer Gruppenverfolgung. |
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| Den Erkenntnismitteln lässt sich insbesondere für die Region Kurdistan-Irak zwar entnehmen, dass strenggläubige Muslime Yesiden als Ungläubige schmähen sowie belästigen und Yesiden darüber hinaus auch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt und diskriminiert werden (vgl. UK Home Office, Country Information and Guidance, Iraq: Religious minorities, August 2016, S. 19 f., 24 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Schnellrecherche vom 20.05.2016 zum Irak: Gesetzliche Lage für die Abkehr vom Islam in der Autonomen Region Kurdistan, Schutzwille der Behörden, S. 3). Daraus ergibt sich aber nicht die nach § 3a AsylG erforderliche Eingriffsintensität beziehungsweise die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte. Denn als Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG gelten nur solche Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder die nach Nr. 2 in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Daran fehlt es hier. Denn die Berichte über die Belästigungen und Diskriminierungen, denen die Yesiden teilweise ausgesetzt sind, bleiben vereinzelt und lassen insbesondere keine flächendeckenden und menschenrechtswidrigen Handlungen erkennen, was für die Annahme einer Gruppenverfolgung aber erforderlich wäre (so bereits VG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2017 - A 10 K 1508/17 -, juris Rn. 30; ebenso nunmehr VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 36). |
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| 2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Diese Vorrausetzungen liegen nicht vor. |
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| a) Die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG und Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG drohen dem Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Die obigen Ausführungen zur Zurückdrängung des IS gelten insoweit entsprechend. Allein die schwierigen humanitären Bedingungen in der Provinz Ninive vermögen die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Es fehlt insoweit bereits am Vorliegen eines erforderlichen Akteurs im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 3c AsylG. Trotz der inhaltlichen Kongruenz von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG („Als ernsthafter Schaden gilt: ... Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ...“) und Art. 3 EMRK („Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“) führt das Vorliegen der tatsächlichen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK nicht zwingend zu einer Zuerkennung der subsidiären Schutzstatus. Denn es reicht nicht aus, dass die Voraussetzungen eines Tatbestandes nach § 4 Abs. 1 AsylG erfüllt sind. Vielmehr sind - neben § 4 Abs. 2 AsylG - gemäß § 4 Abs. 3 AsylG auch die Anforderungen der §§ 3c bis 3e AsylG zu beachten, die für den subsidiären Schutz entsprechend gelten. Erforderlich ist daher, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgeht, also vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise der tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens zu bieten (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 1729/17 -, juris Rn. 43 ff.; Urteil vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 70 ff., jew. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Provinz Ninive nicht erfüllt. Die dortige gegenwärtige schlechte humanitäre Lage ist vor allem dem (vergangenen) Krieg geschuldet. Dass eine Verhaltensänderung eines der in Betracht kommenden Akteure zu einer unmittelbaren Verbesserung der Lage führen könnte, ist nicht festzustellen. Insbesondere wird weder die notwendige medizinische oder humanitäre Versorgung gezielt vorenthalten noch werden all diese Umstände gezielt herbeigeführt. |
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| b) Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist im Fall des Klägers ebenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich. |
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| Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung der in Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht 1949 und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 auszulegen (BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43.07 -, Ls. 2, juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie u. a. für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional (z. Bsp. in der Herkunftsregion des Ausländers) bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken. Besteht ein bewaffneter Konflikt mit der beschriebenen Gefahrendichte nicht landesweit, kommt eine individuelle Bedrohung allerdings in der Regel nur in Betracht, wenn der Konflikt sich auf die Herkunftsregion des Klägers erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren wird. Auf einen bewaffneten Konflikt außerhalb der Herkunftsregion des Ausländers kann es nur ausnahmsweise ankommen. Bei einem regional begrenzten Konflikt außerhalb seiner Herkunftsregion muss der Ausländer stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass für ihn eine Rückkehr in seine Herkunftsregion ausscheidet und nur eine Rückkehr gerade in die Gefahrenzone in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 14.07.2009 - 10 C 9.08 -, juris Rn. 17). |
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| Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt in der Region Ninive kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt mehr vor. Denn der IS wurde durch die irakischen Streitkräfte - wie dargelegt - landesweit fast vollständig zurückgedrängt. Aus dem Umstand, dass Anhänger des IS weiterhin Selbstmordattentate und andere Anschläge verüben, ergibt sich nichts Anderes. Denn bei diesen Vorfällen handelt es sich um Einzelfälle; jedenfalls haben sie aber kein derartiges Ausmaß erreicht, dass sie als innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zu qualifizieren sind (ebenso VG Augsburg, Urteil vom 18.04.2018 - Au 5 K 18.30313 -, juris Rn. 58; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 44; a.A. VG Oldenburg, Urteil vom 27.02.2018 - 15 A 883/17 -, juris Rn. 51; VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 44). |
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| Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus käme aber selbst dann nicht in Betracht, wenn man vom Vorliegen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Ninive ausginge. Denn das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts begründet die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nur dann, wenn der Schutzsuchende von ihm ernsthaft individuell bedroht ist und keine innerstaatliche Schutzalternative besteht. Zur Ermittlung der gegebenen Gefahrendichte ist nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäben eine quantitative Ermittlung einerseits der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und andererseits der Akte willkürlicher Gewalt erforderlich, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung. Im Fall individuell vorliegender gefahrerhöhender Umstände kann ein vergleichsweise geringes Niveau willkürlicher Gewalt genügen, während eine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt bei Abwesenheit persönlicher gefahrerhöhender Umstände nur in einer außergewöhnlichen Situation angenommen werden kann, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, juris Rn. 22 und vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 -, juris Rn. 33). Dabei soll ein Risiko von 1:800 bzw. 0,125%, in dem betreffenden Gebiet im Laufe eines Jahres verletzt oder getötet zu werden, jedoch so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt sein, dass es nicht auf eine Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage ankomme (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, juris Rn. 22). Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht im vorliegenden Fall keine hinreichende Gefahrendichte. Der Grad willkürlicher Gewalt hat in Ninive kein so hohes Niveau erreicht beziehungsweise mehr, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Kläger bei seiner Rückkehr nach Ninive allein aufgrund seiner Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Die Zahlen in Bezug auf getötete oder verletzte Zivilisten sind nämlich sowohl landesweit als auch in Ninive nach der Zurückdrängung des IS stark rückläufig. Gab es nach den Aufzeichnungen der UN zum Zeitpunkt der erstmaligen Flucht des Klägers im August 2014 landesweit noch 1.533 getötete und 1.944 verletzte Zivilisten, waren es im Februar 2017 392 Getötete und 613 Verletzte, im Mai 2018 landesweit „nur“ noch 95 Getötete und 163 Verletzte. Die sicherheitsrelevanten Vorfälle ereigneten sich überdies hauptsächlich in den Provinzen Bagdad, Anbar und in Kirkuk (vgl. http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8643:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-february-2018&Itemid=633&lang=en). Die von der britischen Nichtregierungsorganisation betriebene Datenbank Iraq Body Count gibt in der Größenordnung vergleichbare Zahlen wieder (https://www.iraqbodycount.org/database/). Selbst wenn man davon ausgeht, dass zu den genannten Zahlen eine nicht unerhebliche Dunkelziffer hinzutritt, wird man die Zahl der Toten und Verletzten in Ninive auf kaum mehr als 100 Zivilpersonen im Monat, sprich 1.200 Zivilpersonen im Jahr schätzen können. Dem steht eine Bevölkerung Ninives von ungefähr 3,2 Millionen gegenüber (vgl. UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, S. 12; VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 46). |
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| 3. Das Bundesamt hat im angegriffenen Bescheid auch zutreffend ausgeführt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht gegeben sind. |
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| a) Ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt nicht vor. |
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| Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig ist. Einschlägig ist hier Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Schlechte humanitäre Verhältnisse können dann eine „Behandlung“ im Sinne des Art. 3 EMRK sein, wenn diese ganz oder überwiegend auf staatlichem Handeln, auf Handlungen von Parteien eines innerstaatlichen Konflikts oder auf Handlungen sonstiger, nicht staatlicher Akteure, die dem Staat zurechenbar sind, weil er der Zivilbevölkerung keinen ausreichenden Schutz bieten kann oder will, beruhen. Wenn die schlechten humanitären Bedingungen hingegen nicht zumindest überwiegend auf Handlungen der genannten Akteure zurückzuführen sind, müssen ganz außerordentliche individuelle Umstände hinzutreten, um sie als unmenschliche Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK qualifizieren zu können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 924/17 -, juris Rn. 123 ff. und Urteil vom 03.11.2017 - A 11 S 1704/17 -, juris Rn. 165 ff., jew. m.w.N.). Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Zwar deuten die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel darauf hin, dass die humanitäre Lage in der Provinz Ninive weiterhin sehr schwierig ist (UNHCR, Schriftsatz an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 2; Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 22; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 23.11.2017, S. 161 ff.; UK Home Office, Country Policy and Information Note, Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, S. 31). Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls bei solchen Flüchtlingen, welche spezifische, individuelle Einschränkungen oder Handicaps haben (sog. vulnerable Personengruppen), die zu diesen schwierigen humanitären Bedingungen hinzutreten, im Einzelfall festzustellen sein, dass ein Abschiebeverbot vorliegt. Im Falle des Klägers gilt aber etwas Anderes, da ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, welche in entsprechender Anwendung des § 3e AsylG der Annahme eines Abschiebeverbotes entgegensteht. Der Kläger ist darauf zu verweisen, sich in der nahe gelegenen Autonomen Region Kurdistan niederzulassen. |
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| Es wäre dem Kläger im Falle seiner Rückkehr in den Irak möglich, sich in der Autonomen Region Kurdistan niederzulassen. Als Kurde und Yezide benötigt der Kläger weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch einen Bürgen (UNHCR, Schreiben an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 3; UK Home Office, Iraq: Country Policy and Information Note, Return/ Internal relocation, September 2017, Ziffer 7.3; UNHCR, Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative, 12.04.2017, S. 8). Selbst wenn sich dies im Zeitpunkt der tatsächlichen Rückkehr des Klägers in den Irak geändert haben sollte (vgl. UNHCR, Schreiben an das VG Sigmaringen vom 25.04.2018, S. 2, Fn. 7 sowie Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Irak, Binnenvertriebene, Zutrittsbestimmungen unter besonderer Berücksichtigung der shabakischen Minderheit, 05.10.2016, S. 1 zu den sich stetig ändernden Anforderungen für den Zuzug von Binnenflüchtlingen), so ist davon auszugehen, dass der Kläger eine entsprechende Genehmigung erhalten würde. Zwar ist es denkbar, dass die Eltern des Klägers, welche laut diesem weiterhin in einem Flüchtlingscamp in Khanke wohnen, den Kläger insoweit nicht werden unterstützen können. Der Kläger wird aber jedenfalls auf die Unterstützung seiner Großfamilie zählen können, die seit jeher in Bajid lebt. Vortrag, der diese Annahme in Zweifel ziehen könnte, fehlt. |
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| Der Berichterstatter ist auch überzeugt, dass der Kläger in der Autonomen Region Kurdistan sein Existenzminimum wird sichern können. Zwar ist die humanitäre Lage auch in der Autonomen Region Kurdistan generell schwierig. In der Region halten sich trotz einer zunehmenden Zahl an Binnenflüchtlingen, die zwischenzeitlich in ihre Heimatprovinzen zurückgekehrt sind, weiterhin 1,2 Millionen Binnenvertriebene auf (Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 5, 18, 22). Aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen, dem Fall des Ölpreises und fehlender Zahlungen der Zentralregierung leidet die Region unter einer Wirtschafts- und Finanzkrise (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 24.08.2017, S. 98 ff.). Auch soll es infolge der seit Jahren anhaltenden Krise nicht allen Binnenflüchtlingen uneingeschränkt möglich sein, ihre elementaren Bedürfnisse im Bereich Wohnraum, Nahrung und Gesundheitsvorsorge zu befriedigen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak, 12.02.2018, S. 23; Amnesty International, Report Irak 2018, S. 4; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Österreich), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Irak, 24.08.2017, S. 98 ff., 103 ff.; UK Home Office Iraq: Security and humanitarian situation, März 2017, Ziffern 9.12.1. u. 10.7.; UNHCR, Position zur Rückkehr in den Irak, 14.11.2016, S. 24; Danish Refugee Council, The Kurdistan Region of Iraq, 1/2016, S. 58 ff.). Im Fall des Klägers ist aber zum einen zu berücksichtigen, dass er als junger, gesunder, lediger Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen deutlich flexibler und belastbarer ist als zahlreiche andere Binnenflüchtlinge, insbesondere kranke Menschen, Familien mit kleinen Kindern und alleinstehende, in der irakischen Gesellschaft besonders diskriminierte Frauen (zu letzteren vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 10.10.2017 - A 10 K 1508/17 -, juris Rn. 32). Individuelle Einschränkungen oder Handicaps in der Person des Klägers liegen nicht vor. Die Situation des Klägers unterscheidet sich zum anderen deshalb wesentlich von der des Großteils der Rückkehrer und Binnenflüchtlinge, da seine gesamte Familie in der südlichen Autonomen Region Kurdistan lebt, die engere Familie seit gut drei Jahren, die erweiterte Großfamilie seit jeher. Dass er, seine Eltern und Geschwister in der gemeinsamen Zeit im Flüchtlingscamp in Khanke hätten Hunger leiden müssen oder dass es ihnen anderweitig nicht möglich gewesen wäre, ihre elementarsten Grundbedürfnisse zu befriedigen, hat der Kläger nicht dargelegt. Erst Recht fehlt es an Vortrag, dass sich die Situation für die weiterhin in Khanke lebende Kernfamilie zwischenzeitlich verschlechtert hätte (ähnlich VG Hamburg, Urteil vom 13.03.2018 - 8 A 1135/17 -, juris Rn. 62; VG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2017 - 20 K 1742/17.A -, Ls. 2, juris; tendenziell wohl a.A. VG Berlin, Urteil vom 25.01.2018 - 29 K 140.17 A -, juris Rn. 49; VG des Saarlandes, Urteil vom 14.12.2017 - 6 K 1053/16 -, juris Rn. 29 ff.; mehrdeutig VG Oldenburg, Urteil vom 23.08.2017 - 3 A 3903/16 -, Ls., juris). |
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| b) Ein Abschiebeverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Ein krankheitsbedingtes Abschiebehindernis kommt von Vornherein nicht in Betracht. Der Kläger ist gesund. Der Schutzbereich des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt der extremen Gefahrenlage geht nicht weiter als der Schutzbereich des Art. 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 - A 11 S 924/17 -, juris Rn. 385). |
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| 4. Die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist ebenfalls rechtmäßig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 AsylG zu erlassen, weil der Kläger nicht als Asylberechtigter anerkannt wurden, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wurde, der subsidiäre Schutz nicht gewährt wurde, die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen und der Kläger keinen Aufenthaltstitel besitzt. Die Dauer der Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. |
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| 5. Auch die Dauer des gemäß § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 1, 2 AufenthG festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbotes ist rechtlich nicht zu beanstanden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wegen Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung (vgl. § 11 Abs. 1 AufenthG), zumindest soweit es an eine Abschiebung anknüpft, nicht wirksam eintreten kann, so hat das Bundesamt jedenfalls durch die Befristung auf 30 Monate (vgl. Ziff. 5 des angefochtenen Bescheides) die insofern erforderliche behördliche Entscheidung getroffen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.03.2018 - 1 A 4.17 -, juris Rn. 87; Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, juris Rn. 71 f.; möglicherweise a.A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.06.2018 - 11 S 867/18 -, juris Rn. 2; Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/17 -, juris Rn. 9 ff.). Die gewählte Befristung ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Bundesamtes lässt keine Ermessensfehler erkennen. Der Kläger kann die lange Sperrfrist vermeiden, indem er freiwillig ausreist. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot entfaltet, wie aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AufenthG und im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 6 Satz 1 AufenthG folgt, keine Sperrwirkung, wenn ein Ausländer, dem die Abschiebung angedroht wurde, freiwillig ausreist (VG Karlsruhe, Beschluss vom 13.02.2017 - A 10 K 5999/16 -, juris Rn. 30 m.w.N.). |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. |
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