Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 7 K 7058/18

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragssteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten um die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit.
Der Antragssteller, ein 1991 geborener aserbaidschanischer Staatsangehöriger, reiste am 04.10.2011 in die Bundesrepublik ein, um ein Studium in dem Studiengang Bachelor of Arts In International Economics an der ... zu absolvieren. Hierfür erteilte ihm die Antragsgegnerin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums, die zuletzt bis zum 05.01.2017 befristet war. Am 24.11.2016 schloss der Antragssteller dieses Studium erfolgreich ab. Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragssteller am 19.01.2017 eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche, die bis zum 23.05.2018 verlängert wurde. Am 17.05.2018 beantragte der Antragssteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Absolvierung der Einstiegsqualifizierung für den Ausbildungsberuf Bankkaufmann bei der Sparkasse .... Nach erfolgreicher Absolvierung der Einstiegsqualifizierung sollte sich eine zwei- bis zweieinhalbjährige Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse ... anschließen.
Nach Anhörung des Antragstellers lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.06.2018 den Antrag ab, setzte eine Frist zur Ausreise und drohte dem Antragssteller die Abschiebung nach Aserbaidschan an. Hiergegen legte der Antragssteller am 04.07.2018 fristgemäß Widerspruch ein und beantragt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.06.2018 anzuordnen.
Der Antragssteller trägt vor, dass er zunächst keine Anstellung gefunden habe, da potenzielle Arbeitgeber Berufserfahrung oder eine Ausbildung voraussetzten. Zudem sei die von ihm angestrebte Einstiegsqualifizierung für den Ausbildungsberuf im Vergleich zu seinem Studienabschluss keine berufliche Herabqualifikation, sondern vielmehr eine sinnvolle Brücke zwischen dem Studienabschluss und der praktischen Tätigkeit. Durch die Einstiegsqualifizierung habe er die Chance, sich eine berufliche Karriere im deutschen Bank- und Finanzwesen aufzubauen, da er so die benötigte Arbeitserfahrung erlangen könne. Seine berufliche Qualifikation umfasse auch Fächer, die im direkten Zusammenhang mit Finanzen stünden. Die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis sei deshalb unverhältnismäßig.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass der Aufenthaltstitel nicht verlängert werden könne, da die Suchfrist von 18 Monaten nach Abschluss des Studiums am 23.05.2018 abgelaufen sei. Zudem sei die angestrebte Tätigkeit des Antragsstellers auch nicht angemessen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Akten (1 Band Akten der Antragsgegnerin) verwiesen.
II.
10 
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragsstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.06.2018 ist zulässig, aber unbegründet.
11 
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist, soweit er sich gegen die unter Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 20.6.2018 verfügte Ablehnung der Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis richtet, statthaft gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Bei Anfechtung der Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, wenn der abgelehnte Antrag eine gesetzlich Erlaubnis-, Duldungs-, oder Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG ausgelöst hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 15.10.2003 - 13 S 1618/03, ESVGH 54, 185, und vom 20.11.2007 - 11 S 2364/07, juris, Rn. 2 f.). Gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn der Ausländer dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels vor Ablauf seines Aufenthaltstitels beantragt. Widerspruch und Klage gegen die Versagung eines beantragten Aufenthaltstitels lassen zwar die Wirksamkeit dieses Verwaltungsaktes und damit auch das Erlöschen der Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unberührt (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen die Ablehnung eingelegten Rechtsbehelfs, die "unbeschadet" dessen eintritt (§ 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), stellt die Fiktionswirkung deshalb nicht wieder her. Folge der vom Gericht angeordneten aufschiebenden Wirkung ist aber, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfällt und der Ausländer – solange er sich im Bundesgebiet befindet – nach § 80 Abs. 1 VwGO einstweilen so zu behandeln ist, als gelte die Fiktionswirkung fort (VG Karlsruhe, Beschluss vom 04.06.2018 – 7 K 4692/18; Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 81 Rn. 43).
12 
Der Antragssteller kann sich vorliegend auf die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG berufen, da er einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis am 17.05.2018 und damit innerhalb der Geltungsfrist des bisherigen Aufenthaltstitels (befristet bis zum 23.05.2018) gestellt hat. Zwar wurde dem Antragssteller kein Fiktionsbescheid gemäß § 81 Abs. 5 AufenthG, sondern lediglich ein Fiktionsbescheid gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erteilt, der als rechtliches Aliud nur eine eingeschränkte Fortbestandsfiktion zum Zwecke der Erwerbstätigkeit gewährt, jedoch ist ein Fiktionsbescheid nach § 81 Abs. 5 VwGO zur Begründung der Fiktionswirkung nicht erforderlich. Der Fiktionsbescheid nach § 81 Abs. 5 AufenthG hat lediglich deklaratorische Wirkung (BVerwG, Urteil vom 03.06.1997 – 1 C 7.97, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 03.04.2017 - 7 K 7667/16, juris; Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 81 Rn. 41).
13 
Soweit sich der Widerspruch gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25.11.2016 richtet, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG statthaft.
14 
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
15 
Die bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwä-gung, in deren Rahmen den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zukommt, ergibt, dass dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung der Vorrang einzuräumen ist gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, sich vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen. Denn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die Versagung der Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung und die Abschiebungsandrohung rechtmäßig.
16 
Bezüglich Ziff. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 20.06.2018 folgt dies daraus, dass dem Antragsteller aller Voraussicht nach kein Anspruch auf Verlängerung bzw. Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis zusteht. Ein etwaiger Anspruch dürfte sich weder aus § 16 Abs. 5 AufenthG noch aus §§ 16 Abs. 5, 18 Abs. 2, Abs. 3 AufenthG noch aus § 17 AufenthG ergeben.
17 
Gemäß § 16 Abs. 5 AufenthG wird nach Abschluss des Studiums die Aufenthaltserlaubnis zur Suche einer diesem Abschluss angemessenen Erwerbstätigkeit bis zu 18 Monate verlängert, sofern diese Erwerbstätigkeit nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19a, 20 und 21 AufenthG von einem Ausländer aufgenommen werden darf. Es handelt sich bei der Vorschrift zunächst um einen gebundenen Anspruch des Ausländers auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitssuche (VG Dresden, Beschluss vom 30.11.2017 – 3 L 1035/1 7–, BeckRS 2017, 149577 Rn. 12; BeckOK Ausländerrecht, § 16 Rn. 60). Die nach allgemeiner Auffassung mit Abschluss des Studiums zu laufen beginnende Frist des § 16 Abs. 5 AufenthG ist im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen (zum insoweit vergleichbaren entscheidungserheblichen Zeitpunkt bei der Versagung der Niederlassungserlaubnis VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2018 – 11 S 2018/18 Rn. 19, juris m.w.N.). Eine unmittelbar auf § 16 Abs. 5 AufenthG gestützte Verlängerung des bisherigen Aufenthaltstitels dürfte somit nicht mehr möglich sein. Eine Verlängerung über den gesetzlichen Zeitraum von 18 Monaten hinaus ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die bereits über die in § 25 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einem bezahlten oder unbezahlten Praktikum, einem Freiwilligendienst oder zur Ausübung einer Au-pair-Beschäftigung (RL 2016/801/EU - RESTRL) genannte Mindestfrist von 9 Monaten hinausgeht (Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 81 Rn. 42), abzulehnen. Es besteht aus europarechtlichen Gründen kein Anlass, sie extensiv auszulegen (so auch VG Dresden, Beschluss vom 30.11.2017 – 3 L 1035/17 –, BeckRS 2017, 149577 Rn. 12).
18 
Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dürfte auch nicht aus §§ 16 Abs. 5 i.V.m. 18 Abs. 2, Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 BeschV folgen.
19 
Der Übergang vom erfolgreich beendeten Studium zu einer regulären Erwerbstätigkeit stellt einen (bei zuvor längerfristiger Arbeitsplatzsuche gegebenenfalls zweiten) Zweckwechsel dar, der gemäß § 16 Abs. 4 AufenthG erlaubt ist, weil es inzwischen anerkannt ist, dass an der dauerhaften Beschäftigung von ausländischen Absolventen im Inland ein staatliches Interesse bestehen kann. Die Übernahme einer Beschäftigung im unmittelbaren Anschluss an den Studienabschluss erfordert aber die Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis, die sich nach §§ 18 Abs. 2 und Abs. 3, 5 AufenthG richtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2016 – 1 C 9.15 –, ZAR 2016, 350; BeckOK Ausländerrecht, § 16 Rn. 60; Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 16 Rn. 40). Die Erleichterung im Rahmen von § 16 Abs. 4 und 5 AufenthG besteht dabei darin, ohne vorherige Ausreise im Inland eine angemessene berufliche Tätigkeit suchen und antreten zu können, wobei jedoch auch die allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthG erfüllt sein müssen (Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 16 Rn. 42).
20 
Zunächst dürfte der Antragssteller die allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthG erfüllen, da sowohl sein Lebensunterhalt nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 3 AufenthG gesichert sein als auch kein Ausweisungsinteresse nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 54 AufenthG bestehen dürfte.
21 
Allerdings dürfte dem Antragssteller aufgrund der Maßgaben des § 18 Abs. 2 und Abs. 3 AufenthG kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zustehen, sodass die Versagung des Aufenthaltstitels rechtmäßig sein dürfte.
22 
Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist.
23 
Bei der angestrebten Einstiegsqualifizierung dürfte es sich – bei isolierter Betrachtung – um eine Beschäftigung im Sinne des § 18 AufenthG und nicht um eine Ausbildung nach § 17 AufenthG handeln (so auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.5.2018 – 8 ME 23/18 –, NZA-RR 2018, 627). Nach allgemeiner Ansicht wird zur Definition des Begriffes der Beschäftigung im Rahmen von § 18 AufenthG grundsätzlich der Verweis in § 2 Abs. 2 AufenthG auf § 7 SGB IV herangezogen, da das Aufenthaltsgesetz die Ausübung einer Beschäftigung meist als unselbstständige Erwerbstätigkeit versteht (Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 2 Rn. 15). Gemäß § 7 Abs. 2 SGV IV gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung als Beschäftigung, sodass auch Praktika und Volontariate erfasst sind (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.5.2018 – 8 ME 23/18 –, NZA-RR 2018, 627; Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 2 Rn. 15).
24 
Den Angaben der IHK (https://www.karlsruhe.ihk.de/Ausbildung_und_Weiterbildung/Ausbildung/EQ/2449496) und der Bundesagentur für Arbeit (https://www.arbeitsagentur.de/bildung/ausbildung/einstiegsqualifizierung) zufolge, handelt es sich bei einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung grundsätzlich um ein Langzeitpraktikum, das zwischen 6 Monaten und einem Jahr dauert. Ziel dieses Praktikums ist es, bedingt ausbildungsfähigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit eingeschränkten Vermittlungsperspektiven Grundkenntnisse in dem entsprechenden Beruf zu vermitteln, um diesen den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Der Antragssteller hat zwar nicht dargelegt, welche Tätigkeiten er für die Sparkasse erbringt, jedoch ist aus den Akten ersichtlich, dass er während der Einstiegsqualifizierung eine Vergütung von monatlich 500 EUR brutto erhalten soll. Dieses geringe Entgelt dürfte ebenfalls ein gewichtiges Argument dafür sein, die Einstiegsqualifizierung als Langzeitpraktikum einzustufen.
25 
Die Anwendung des § 18 AufenthG dürfte nicht durch die Vorschrift des § 17 AufenthG ausgeschlossen sein. § 17 AufenthG, der in § 16 Abs. 5 AufenthG nicht aufgenommen wurde, regelt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke einer Ausbildung als lex specialis abschließend, sodass eine auf diesen Aufenthaltszweck bezogene Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 18 AufenthG erteilt werden kann (so OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.05.2018 – 3 B 25.17, juris; VG München, Beschluss vom 14.08.2012 – 25 S 12.3148 –, BeckRS 2012, 58947). Betriebliche Ausbildungen gemäß § 17 AufenthG können dabei Ausbildungen nach dem BBiG oder der HwO sein sowie Ausbildungsgänge in berufsbildenden Schulen, die einem Beschäftigungsverhältnis gleichzusetzen sind, sofern sie ebenfalls auf den Erwerb einer Berufsqualifikation hinführen und unter anderem durch die Bezahlung einer Ausbildungsvergütung den Charakter eines solchen haben (BeckOK Ausländerrecht, § 17 Rn. 5 f.; Hofmann, Ausländerrecht, § 17 Rn. 3).
26 
Die Einstiegsqualifizierung an sich dürfte als Langzeitpraktikum keine Ausbildung nach dem BBiG oder der HwO sein und auch nicht unmittelbar auf eine Berufsqualifikation hinführen, sondern lediglich die Aufnahme eines späteren Ausbildungsverhältnisses zwischen dem Antragssteller und der Sparkasse erleichtern bzw. ermöglichen. Auch die Tatsache, dass die Vergütung des Antragstellers deutlich unter der durchschnittlichen Ausbildungsvergütung von ca. 950,00 EUR brutto im ersten, ca. 1.000,00 EUR brutto im zweiten und ca. 1.070,00 EUR brutto im dritten Lehrjahr (vgl. https://www.ausbildung.de/berufe/bankkaufmann/gehalt oder mit leicht anderen Zahlen https://www.absolventa.de/jobs/channel/bankwesen/thema/gehalt) liegt, spricht gegen eine Einordnung der betrieblichen Einstiegsqualifizierung als Ausbildung. Aufgrund derselben Erwägungen dürfte die Einstiegsqualifizierung auch keine Weiterbildung darstellen.
27 
Aller Voraussicht nach dürfte es sich bei der Einstiegsqualifizierung auch nicht um einen vorweggenommenen Teil oder einen Annex zur Ausbildung zum Bankkaufmann und somit um einen einheitlichen Ausbildungsvorgang handeln. Bei einer solchen Betrachtung wäre lediglich der Anwendungsbereich des § 17 AufenthG eröffnet, da die Ausbildung zum Bankkaufmann eine Ausbildung im Sinne dieser Vorschrift darstellen dürfte, für die eine monatliche Vergütung zu zahlen wäre (vgl. § 1 ff. der Verordnung über die Berufsausbildung zum Bankkaufmann/zur Bankkauffrau vom 30. Dezember 1997, BGBl. 1998 I S. 51). Gegen eine solche Auslegung spricht jedoch, dass es ausweislich des Vortrags des Antragstellers keine Garantie oder feste Zusage seitens der Sparkasse gibt, dass er bei Erreichen gewisser Voraussetzungen – bspw. einer gewissen Beurteilung – ohne weitere Bedingungen unmittelbar in das Ausbildungsverhältnis übernommen wird. Vielmehr wurde dem Antragsteller lediglich unspezifisch in Aussicht gestellt, dass er übernommen werden soll. Zudem dürfte sich eine solche gemeinsame Betrachtung auch deshalb verbieten, weil zwischen dem Antragssteller und der Sparkasse bei Eingehen eines Ausbildungsverhältnisses ein vollständig neues Vertragskonstrukt ausgehandelt werden müsste. Selbst wenn er tatsächlich übernommen werden sollte, so dürfte es sich dennoch um zwei rechtlich selbstständige Vertragsbeziehungen handeln.
28 
Die betriebliche Einstiegsqualifizierung zum Ausbildungsberuf eines Bankkaufmanns ist weder nach § 18 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 42 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 BeschV zustimmungsfrei noch kann ihr nach § 18 Abs. 3 AufenthG von der Bundesagentur für Arbeit zugestimmt werden.
29 
§ 18 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 42 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 BeschV macht eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich, wenn der einen inländischen Hochschulabschluss besitzende Ausländer die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation angemessenen Beschäftigung beantragt.
30 
Die berufliche Einstiegsqualifizierung für den Ausbildungsberuf des Bankkaufmanns dürfte für den Antragssteller, der einen Bachelorabschluss im Studienfach International Economics von der ... besitzt, keine seiner Qualifikation angemessene Beschäftigung darstellen.
31 
Bei der Angemessenheit einer Beschäftigung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist (Hofmann, Ausländerrecht, § 16 Rn. 41 ff.; Offer/Mävers, BeschV, § 2 Rn. 27). Das Merkmal der „qualifikationsangemessenen Beschäftigung“ hat erstmals mit § 19a AufenthG Eingang in das Ausländerbeschäftigungsrecht für Hochqualifizierte gefunden und beruht auf der Richtlinie 2009/50/EG (HochqualifiziertenRL). In Art. 2 Ziffer b der Richtlinie ist die hochqualifizierte Beschäftigung definiert als Beschäftigung einer Person, die „die erforderliche, angemessene und spezifische Fachkompetenz besitzt, die durch einen höheren Bildungsabschluss nachgewiesen ist“ (Offer/Mävers, BeschV, § 2 Rn. 27). Bei Studienabsolventen kommt es bei deren Übergang zu einem Aufenthaltstitel zur Beschäftigung nach § 18 AufenthG darauf an, ob die konkrete Beschäftigung die im Rahmen des Studiums erworbenen und durch den Abschluss zertifizierten Kompetenzen erfordert. Die Anforderungen an die Tätigkeit dürfen dabei nicht so gering sein, dass die Tätigkeit auch ohne jegliche oder mit einer weniger qualifizierten Ausbildung ausgeübt werden kann. Maßgeblich ist hierfür vor allem die Stellenausschreibung des Arbeitgebers, wobei die gestellten Anforderungen einer Plausibilitätskontrolle unterliegen (Sächsisches OVG, Beschluss vom 29.04.2016 – 3 B 53/16 Rn. 5, juris; Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG § 16 Rn. 45; Offer/Mävers, BeschV, § 2 Rn. 27).
32 
Gegen eine Angemessenheit der Einstiegsqualifizierung für den Ausbildungsberuf Bankkaufmann im Falle von Hochschulabsolventen dürfte bereits deren generelles Wesen sprechen. Wie bereits dargelegt, handelt es sich hierbei der generellen Konzeption nach lediglich um ein Langzeitpraktikum, durch welches der Absolvent Grundkenntnisse erwerben und erste Einblicke in die Arbeitsweise und den Arbeitsalltag erhalten soll.
33 
Der Antragssteller ist als Hochschulabsolvent auch nicht Teil der Zielgruppe einer Einstiegsqualifizierung. Diese ist in erster Linie für nur schwer vermittelbare Personen insbesondere jüngeren Alters gedacht. Bei einer Einstiegsqualifizierung dürfte gerade kein Studienabschluss vorausgesetzt sein, sondern eine solche dürfte vielmehr grundsätzlich für Jedermann möglich sein. Der Antragssteller hat auch nicht vorgetragen, dass die Sparkasse ... solche Einstiegsqualifizierungen nur Hochschulabsolventen ermöglicht, wobei es sehr zweifelhaft wäre, ob eine solche Stellenbeschreibung seitens der Sparkasse angesichts der Konzeption der Einstiegsqualifizierung einer Plausibilitätskontrolle standhalten würde.
34 
Auch das erheblich verminderte Gehalt des Antragsstellers spricht gegen eine Angemessenheit der Beschäftigung. Selbst wenn man – vorsichtig geschätzt – von einem durchschnittlichen Bruttogehalt von ca. 2.500,00 EUR im Monat für eine angemessene Beschäftigung eines Absolventen mit einem gleichen bzw. ähnlichen Abschluss ausgeht (teilweise wird das Durchschnittsgehalt sogar auf 3.500,00 - 4.000,00 EUR brutto beziffert, vgl. https://www.gehalt.de/einkommen/suche/international-economics), so befindet sich der Antragssteller mit einem monatlichen Gehalt von 500,00 EUR brutto deutlich unter dieser Summe und eher im Bereich eines Minijobs als eines vollwertigen Berufs. Daran dürfte auch die vom Antragssteller vorgelegte Stellungnahme der Sparkasse ..., die die berufliche Einstiegsqualifizierung nicht als berufliche Herabqualifikation, sondern als sinnvolle Brücke zwischen Ausbildung und Praxis erachtet, nichts ändern können.
35 
Der vorliegende Fall ist auch nicht mit der oftmals anzutreffenden Konstellation vergleichbar, dass nach einer erfolgreich abgeschlossenen Einstiegsqualifizierung und anschließender Ausbildung noch ein Studium durchgeführt wird, da durch die Ausbildung oftmals erst der Zugang zu dem entsprechenden Studium eröffnet oder wenigstens erheblich vereinfacht wird und in diesem Fall zweifellos eine berufliche Weiterqualifizierung erfolgt. Diese Auslegung wird rechtsvergleichend dadurch belegt, dass auch in anderen Rechtsgebieten deutlich wird, dass die Förderung einer zweiten Ausbildung in der Regel nur dann gefördert und unterstützt werden soll, wenn diese in einem höheren Bildungsweg stattfindet (bspw. in § 7 Abs. 2 Nr. 3 BAföG oder in § 1610 BGB, vgl. hierzu Wendl/ Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, § 2 Rn. 91 ff.).
36 
Da die Einstiegsqualifizierung somit nicht nach §§ 18 Abs. 2, 42 AufenthG, 2 Abs. 1 Nr. 3 BeschV zustimmungsfrei ist, kann die beantragte Aufenthaltserlaubnis nur mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden.
37 
Nach Aktenlage wurde von Seiten der Antragsgegnerin eine entsprechende Anfrage (noch) nicht durchgeführt. Dies dürfte jedoch im Ergebnis ohne Belang sein, da die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach ohnehin nicht zustimmen könnte, da es sich um eine Beschäftigung ohne qualifizierte Berufsausbildung nach § 18 Abs. 3 AufenthG handeln und die Zustimmung nicht in einer Rechtsverordnung vorgesehen sein dürfte.
38 
Eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach Absatz 2, die keine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzt, darf nur erteilt werden, wenn dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist oder wenn auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG die Erteilung der Zustimmung zu einer Aufenthaltserlaubnis für diese Beschäftigung zulässig ist. Für die Frage, ob eine qualifizierte Berufsausbildung nötig ist, ist auf die Tätigkeit, die ausgeübt werden soll, und nicht auf die Qualifikation der Person, die sie ausüben will, abzustellen (Hofmann, Ausländerrecht, § 18 Rn. 14).
39 
Bei der Einstiegsqualifizierung dürfte es sich um eine Beschäftigung ohne qualifizierte Berufsausbildung nach § 18 Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 BeschV handeln, da für diese überhaupt keine vorherige Berufsausbildung nötig sein dürfte. Bei der Einstiegsqualifizierung handelt es sich selbst um eine Ausbildungsmaßnahme, die Perspektiven eröffnen und den Übergang in eine Berufsausbildung erleichtern soll. Sie soll es der Zielgruppe ermöglichen, die für die entsprechende Tätigkeit notwendige Ausbildung absolvieren zu können. Lediglich die spätere Tätigkeit als Bankkaufmann dürfte eine qualifizierte Ausbildung voraussetzen. Dies ist vorliegend jedoch ohne Belang, da der Antragssteller lediglich eine Aufenthaltserlaubnis für die Einstiegsqualifizierung, nicht für die Tätigkeit als Bankkaufmann begehrt, sodass alleine die Einstiegsqualifizierung an § 18 Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 2 BeschV zu messen ist. Eine Ausbildung zur Einstiegsqualifizierung existiert aller Voraussicht nach nicht.
40 
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Bundesagentur für Arbeit eine entsprechende Zustimmung nicht erteilen dürfte, da keine Rechtsverordnung dies für zulässig erklärt. Allenfalls § 6 BeschV könnte hierfür eventuell herangezogen werden, jedoch hat der Antragssteller bereits keine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf, sondern ein Studium abgeschlossen. Eine Analogie verbiet sich nach dem klaren Willen des Gesetzgebers, da dieser keinen Bedarf für die Zulassung ausländischer Arbeitskräfte zu nichtqualifizierten Berufen sieht und entsprechende Ausnahmen nur in eng begrenzten Fällen nach der BeschV, bspw. in §§ 15a, b BeschV, zuzulassen sind. Darüber hinaus setzt aber auch § 6 BeschV eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung voraus, sodass die Zustimmung auch aus diesem Grund nicht erteilt werden könnte.
41 
Somit ist es im Ergebnis unschädlich, dass die Antragsgegnerin die entsprechende Erklärung der Bundesagentur für Arbeit nicht eingeholt hat. Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 18 Abs. 2 und Abs. 3 AufenthG nicht vorliegen, musste die Antragsgegnerin auch keine Ermessenserwägungen auf der Rechtsfolgenseite anstellen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.04.2017 – 3 B 21/16 –, BeckRS 2017 Rn. 18).
42 
Die isolierte Anwendung des § 17 AufenthG dürfte ebenfalls nicht zu einem Anspruch des Antragsstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen, da die berufliche Einstiegsqualifizierung bereits keine Aus- oder Weiterbildung darstellen und sich eine einheitliche Betrachtung der Einstiegsqualifizierung und der in der Zukunft angestrebten Ausbildung zum Bankkaufmann verbieten dürfte. Mangels einer Übernahmegarantie seitens der Sparkasse ... steht es derzeit zudem noch nicht einmal fest, dass der Antragssteller ab dem 1. August 2019 eine solche Ausbildung bei der Sparkasse absolvieren kann, sodass auch eine lediglich auf die geplante Ausbildung bezogene Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt werden dürfte. Darüber hinaus würde die Aufnahme einer Aus- oder Weiterbildung nach dem Studium einen Zweckwechsel darstellen, sodass der Antragssteller diesbezüglich nicht mit dem erforderlichen Visum gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG in die Bundesrepublik eingereist sein dürfte. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dürfte folglich auch aufgrund dieser Erwägung nicht in Betracht kommen, da der Antragssteller vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis weder ausgereist ist noch Gründe für ein Absehen von dieser Voraussetzung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorgetragen oder ersichtlich sind.
43 
Der Antrag ist auch im Übrigen unbegründet, denn die Androhung der Abschiebung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 58 Abs. 1, 59 Absätze 1 und 3, 50, 4 AufenthG.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr.2 GKG in Anlehnung an Ziffer 8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Reduzierung des Streitwerts für das Eilverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer anschließt, vorliegend nicht angezeigt, da der Antragssteller bereits über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügt hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2017 – 11 S 383/17, juris).

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