Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 3 K 692/20

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Widerruf ihrer Anerkennung als anerkannte Überwachungsorganisation nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) durch Bescheid des Antragsgegners vom 28.01.2020.
Die Antragstellerin wurde im Jahr 1995 gegründet. Sie ist in mehreren Bundesländern als Überwachungsorganisation zur Durchführung von Hauptuntersuchungen (HU) nach der Anlage VIIIb zur StVZO anerkannt. Eigenen Angaben zufolge sind für sie 15 Prüfingenieure tätig. Sie führte in Baden-Württemberg im Jahr 2019 etwa 42.000 Untersuchungen durch. Die Antragstellerin wird durch ihre Komplementärin, die ... (Verwaltungs-GmbH), vertreten. Gründungs- und Mehrheitsgesellschafter der Antragstellerin und Hauptgesellschafter der Verwaltungs-GmbH ist .... Alleinige Geschäftsführerin der Verwaltungs-GmbH ist seine Ehefrau .... Mit Bescheid vom 07.07.2000 bestätigte das Ministerium für Umwelt und Verkehr die Bestellung von ... als technischer Leiter der Antragstellerin.
Der Antragsgegner erkannte die Antragstellerin mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr vom 10.10.1996 (Anerkennungsbescheid) für das Land Baden-Württemberg als Überwachungsorganisation nach Nr. 7 der Anlage VIIIb zur StVZO an (Anlage 1). Die Anerkennung erfolgte unter Auflagen und Bedingungen. Unter Ziffer II heißt es u.a.:
„1. Widerruf
Der jederzeitige teilweise oder völlige Widerruf der Anerkennung bleibt insbesondere vorbehalten bei
[...]
dem nachträglichen Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen, [...]
erheblicher Beeinträchtigung der Prüfungsgüte
[...]
4. Untersuchungsstellen und Durchführung
Die ... hat sicherzustellen, daß
[...]
10 
4.2 entsprechend der Prüfrichtlinie und der Durchführungsrichtlinie die Untersuchungen unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsvorschriften, Richtlinien, allgemein anerkannter Regeln der Technik und den Weisungen der Aufsichtsbehörde durchgeführt werden,
[...]
11 
6. Besondere Mitteilungspflichten
12 
[...]
6.4 Unverzüglich sind dem Ministerium für Umwelt und Verkehr mitzuteilen:
13 
Fahrverbote, vorläufige und endgültige Entziehung der Fahrerlaubnisse sowie Strafverfahren im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit, die für die Zuverlässigkeit der ... von Bedeutung sein können
[...]
14 
7. Nachträgliche Beschränkung der Befugnisse der Prüfingenieure und der ...
15 
7.1 Die ... muß die Betrauung von Prüfingenieuren für beruhend erklären oder rückgängig machen, wenn die Voraussetzungen nach Nr. 7.3 der Anlage VIII zur StVZO nachträglich entfallen sind oder sonst keine Gewähr dafür besteht, daß die Untersuchungen ordnungsgemäß und gleichmäßig durchgeführt werden.
[...]“
16 
Mit Änderungsbescheid vom 03.11.2016 änderte das Ministerium für Verkehr (Ministerium) den Anerkennungsbescheid dahingehend, dass nach Anlage VIIIb Nr. 2.1b StVZO i.V.m. Verkehrsblattverlautbarung vom 30.07.2016 (VkBl. 2016, S. 501) abweichende Anforderungen von den Nummern 6.2.6 und 6.2.7 der DIN EN ISO/IEC 17020:2012 an die rückführbare Kalibrierung der Mess- und Prüfmittel befristet bis zum 31.12.2020 zugelassen wurden (sog. alternatives Bescheinigungsverfahren); die Zulassung regelte hierbei verschiedenen Auflagen. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 07.12.2017 verlängerte das Ministerium die Frist für die Erfüllung der im Ergänzungsbescheid vom 03.11.2016 geregelten Auflagen zu 2 bis 5 jeweils bis zum 31.12.2017.
17 
Das Ministerium teilte mit Schreiben vom 19.03.2019 mit, dass es Zweifel an der Akkreditierung und der Einhaltung der Qualitätsanforderungen, den Umgang mit den strafgerichtlichen Verurteilungen der Prüfingenieure (PI) ... und ... sowie die Erkenntnisse anlässlich eines Aufsichtsbesuches am 05.02.2019 zum Anlass nehme, einen Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin als technische Überwachungsorganisation und einen Widerruf der Bestellung von ... als technischer Leiter zu prüfen. Es forderte die Antragstellerin auf, zum Qualitätsmanagement und der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und gleichmäßigen Durchführung der Abnahmen verschiedene Fragen zu beantworten und im Einzelnen bezeichnete Dokumente vorzulegen. Hierzu gehörten u.a. die Vorlage des Akkreditierungsbescheides, des Antrages auf Ausstellung eines Nachweises im alternativen Bescheinigungsverfahren sowie eine Stellungnahme zu der Überwachung des PI ..., namentlich dessen Nichteinhaltung der verschärften Auflagen in der E-Mail des Ministeriums vom 14.06.2013, und zu der strafgerichtlichen Verurteilung des PI .... Des Weiteren wurde die Antragstellerin aufgefordert, mitzuteilen, welche Berichtspflichten der technische Leiter gegenüber der Geschäftsführung habe und ob er diese über die in dem Schreiben im Einzelnen geschilderten Vorfälle in Kenntnis gesetzt habe, sowie schließlich einen Nachweis ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erbringen. Die Antragstellerin legte daraufhin mit Schreiben vom 27.05.2019 u.a. einen Akkreditierungsbescheid der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkks) vom 04.04.2019 vor.
18 
Mit Schreiben vom 31.05.2019 begründete das Ministerium seine Zweifel an der Zuverlässigkeit des technischen Leiters und der Geschäftsführung der Antragstellerin weitergehend damit, dass ... die oberflächlichen Prüfungen und Abnahmen von Fahrzeugen trotz erheblicher Mängel durch den PI ..., die zu mehreren gegen diesen geführten Ermittlungsverfahren und schließlich dessen Verurteilung mit Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 07.05.2014 (...) geführt hätten, nicht zum Anlass genommen habe, den PI ... intensiv zu überwachen, und dass die Geschäftsführerin eine Fortsetzung der Tätigkeit des technischen Leiters weder aufgrund des ersten Anhörungsschreibens noch der strafgerichtlichen Feststellungen im Urteil des OLG Karlsruhe vom 08.04.2019 (...) („Korruptionssystem“) in Frage gestellt habe.
19 
Mit Schreiben vom 12.08.2019 übersandte das Ministerium der Antragstellerin schließlich die beabsichtigte Widerrufsentscheidung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme.
20 
Die Antragstellerin vertrat mit Schreiben vom 17.10.2019 die Ansicht, dass es schon an einer wirksamen Rechtsgrundlage für einen Widerruf ihrer Anerkennung fehle. Ihre Geschäftsführerin und ihr technischer Leiter hätten sich immer gesetzeskonform verhalten. Ungeachtet dessen lägen zahlreiche der von dem Ministerium angeführten Sachverhalte vor der Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Baden-Württemberg (LVwVfG). Einem Widerruf stünde überdies bereits ihre aktuelle Akkreditierung entgegen. Des Weiteren trat die Antragstellerin der Sachverhaltsschilderung des Ministeriums im Einzelnen entgegen. Diese sei unzutreffend, tatsächlich nicht belegt oder unerheblich. Dem Ministerium sei stets zuverlässig und umfassend berichtet worden; Ermittlungsverfahren gegen PI habe die Antragstellerin nur und erst dann mitteilen können, wenn sie selbst hiervon Kenntnis erlangt habe. Sämtliche strafgerichtlich verurteilte PI habe sie unverzüglich außerordentlich gekündigt; zu einem früheren Zeitpunkt seien Maßnahmen mangels entsprechender Anordnungen durch das Ministerium nicht angezeigt gewesen. Für die Einhaltung der verschärften Auflagen durch den PI ... habe keine Dokumentationspflicht bestanden. Gegen PI ... seien keine Maßnahmen veranlasst; denn seine strafrechtlichen Verfehlungen beträfen nicht seine berufliche Tätigkeit bei der Antragstellerin.
21 
Mit Bescheid vom 28.01.2020 mit 175 Anlagen (im Folgenden: Anlagen) widerrief das Ministerium die Anerkennung der Antragstellerin als Überwachungsorganisation zur Durchführung von Untersuchungen nach Anlage VIIIb zur StVZO für das Gebiet des Landes Baden-Württemberg gemäß Bescheid vom 10.10.1996 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 03.11.2016 und vom 07.11.2017 (Ziffer 1), gab der Antragstellerin auf, die den PI ausgehändigten Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieur-Ausweise einzuziehen und dem Ministerium bis zum 12.02.2020 zu übermitteln (Ziffer 2), ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Entscheidungen nach Ziffer 1 und 2 an (Ziffer 3) und setzte eine Gebühr in Höhe von 1.023,00 Euro fest (Ziffer 4).
22 
Das Ministerium begründete seine auf Ziffer 8 Satz 3 und Satz 2 Anlage VIIIb StVZO sowie § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVwVfG gestützte Entscheidung wie folgt:
23 
Die Voraussetzungen der Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb zur StVZO, wonach die Anerkennung zu widerrufen ist, wenn die Anerkennungsbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Anerkennung nicht zu erlassen, seien vorliegend erfüllt. Denn die zur Vertretung der Überwachungsorganisation berechtigten Personen – die Geschäftsführerin und der technische Leiter der Antragstellerin – seien nicht persönlich zuverlässig. Der Widerruf stelle sich als verhältnismäßig dar. Die Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 LVwVfG finde keine Anwendung; ungeachtet dessen sei diese gewahrt, da von dem Ministerium noch bis zum Juni 2019 maßgebliche Erkenntnisse gewonnen worden seien, die der Widerrufsentscheidung tatsächlich zugrunde lägen.
24 
Die Geschäftsführerin ... sei unzuverlässig, da sie dem technischen Leiter in Kenntnis seiner Unzuverlässigkeit einen beherrschenden Einfluss auf die Überwachungsorganisation eingeräumt habe. Faktisch repräsentiere ... die Antragstellerin über seine Zuständigkeit als technischer Leiter hinaus in sämtlichen Bereichen. Er beherrsche die Kommunikation nach außen praktisch allein und sei ausweislich der Korrespondenz auch intern umfassend verantwortlich. Laut dem Organigramm der Antragstellerin sei Frau ... lediglich für die Finanzen zuständig; auch dies sei indes zweifelhaft. Als Geschäftsführerin müsse sie jedoch umfassend für den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin verantwortlich sein; hierunter falle auch die Aufsicht und der Widerruf der Bestellung des technischen Leiters. Daneben habe Frau ... auch selbst gegen Pflichten der Antragstellerin als Überwachungsorganisation verstoßen. Sie habe auf behördlicherseits aufgezeigte eklatante Mängel nicht reagiert. Insbesondere habe sie die Betrauung etlicher PI trotz nachgewiesener falscher Ausstellung von Prüfplaketten und laufender Ermittlungsverfahren nicht rückgängig gemacht oder für beruhend erklärt; nicht einmal Aufsichtsmittel habe sie ergriffen. In mindestens drei Fällen habe sie Strafverfahren gegen Prüfingenieure im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit dem Ministerium nicht unverzüglich angezeigt. Auch gegenüber dem technischen Leiter habe sie keine Maßnahmen ergriffen. Diese gravierenden Pflichtverletzungen rechtfertigten die Prognose, dass Frau ... ihre Tätigkeit auch künftig nicht ordnungsgemäß ausüben werde. Eine Verhaltensänderung sei nicht zu erwarten; auch auf Vorhalt erheblicher Pflichtverletzungen habe sie sich uneinsichtig gezeigt.
25 
... werde den mit Blick auf die Verkehrssicherheit hohen Anforderungen an die Zuverlässigkeit des technischen Leiters einer amtlichen Überwachungsorganisation nicht gerecht. Die Schwere, Häufigkeit und Nachdrücklichkeit der von ihm in der Vergangenheit verübten Verstöße lasse es nicht erwarten, dass er seine Tätigkeit als technischer Leiter zukünftig ordnungsgemäß ausüben werde. Zwar lägen die schwerwiegendsten Pflichtverletzungen im Umgang mit straffälligen PI bereits einige Jahre zurück. Indes gebe es keine Anhaltspunkte, dass ... sein Verhalten seitdem geändert habe. Er habe sich mit seinen Verfehlungen in der Vergangenheit nicht auseinandergesetzt; ein Einstellungswandel sei nicht erkennbar. Insbesondere halte er weiter Fristen nicht ein und verweigere Auskünfte; das Qualitätsmanagement sei bis heute unzureichend umgesetzt.
26 
Als Belege für die fehlende Gewähr des ..., gemäß Ziffer 5 Satz 1 und 2 Anlage VIIIb StVZO eine ordnungsgemäße und gleichmäßige Durchführung der Untersuchungen sicherzustellen, führte das Ministerium an: ... habe die PI, unter denen eine hohe Zahl straffällig geworden und durch wiederkehrend hohe Prüfzahlen aufgefallen sei, kaum überwacht. Das Ministerium habe ihn mit E-Mail vom 14.06.2013 ausdrücklich aufgefordert, PI, gegen die strafrechtlich ermittelt werde, streng zu kontrollieren. Konsequenzen gegenüber straffälligen PI habe er jedoch nur auf Druck des Ministeriums gezogen. Gegenüber der Aufsichtsbehörde habe er vielfach und bis zuletzt unzutreffende und unzureichende Angaben gemacht. Insbesondere habe er das Ministerium entgegen Ziffer II. 6.4 des Anerkennungsbescheides vom 10.10.1996 wiederholt nicht über Strafverfahren gegen PI, Fahrverbote sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis in Kenntnis gesetzt. In einem Fall habe er sogar versucht, eine vorsätzliche Falschbeurkundung im Amt durch einen PI zu vertuschen. Die Anforderungen an das Qualitätsmanagement habe er bis heute nicht vollständig umgesetzt. In der Zeit vom 17.12.2018 bis zum 03.04.2019 verfügte die Antragstellerin über keine Akkreditierung durch die DAkkS.
27 
Im Einzelnen legte der Bescheid dar: Seit dem Jahr 2007 seien vier PI strafrechtlich verurteilt worden (PI ... mit Urteil des AG Stuttgart vom 06.02.2018 - ... - wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung; PI ... mit Urteil des LG Stuttgart vom 26.10.2017 - ... - wegen Urkundenfälschung im Amt, Steuerhinterziehung in 20 Fällen und Falschbeurkundung im Amt in zehn Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten; PI ... mit Urteil des LG Stuttgart - ... - wegen Bestechlichkeit in 92 Fällen im Zeitraum von Mai 2011 bis März 2012 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren; PI ... mit zehn Verurteilungen im Zeitraum von 2000 bis 2007 wegen Trunkenheitsfahrten, Diebstahl, gefährliche Körperverletzung). Gegen weitere Prüfingenieure seien Ermittlungsverfahren wegen Verfehlungen im Zusammenhang mit ihrer Prüftätigkeit geführt worden; soweit diese Verfahren eingestellt wurden oder mit einem Freispruch endeten, hätten die Gerichte – etwa für PI ... (AG Nagold, Urteil vom 07.07.2016 – ...) und PI ... (LG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2014 – ...) – jedenfalls fahrlässige Verletzungen der Prüfungsstandards festgestellt.
28 
Zu den Reaktionen des technischen Leiters auf die strafrechtlich relevanten Vorwürfe stellte das Ministerium fest: Der technische Leiter habe seine Aufsichtspflichten insbesondere gegenüber dem PI ... verletzt: So habe ... der Aufsichtsbehörde wider besseren eigenen Wissens mitgeteilt, dass es keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten gebe. Seine Mitteilung des Sachverhaltes sei überdies nicht unverzüglich, sondern erst nach zehn Tagen erfolgt. Er habe des Weiteren den Versuch unternommen, eine fehlerhafte Hauptuntersuchung („Fiat Ducato“, 08.02.2013) zu verschleiern. Der Revisionsbericht 2013 der Antragstellerin verschweige den Vorfall gänzlich. In der Folgezeit seien die von dem Ministerium mit E-Mail vom 14.06.2013 gemachten Auflagen (Begrenzungen der Prüfzeit und Prüfzahlen; Mindestprüfdauer; Kontrolle der Prüfberichte) sowie die von ... am 27.03.2015 selbst angekündigten Auflagen für den PI ... nicht eingehalten, durchgesetzt und nachgewiesen worden. PI ... habe die Auflagen systematisch und ohne Konsequenzen umgangen. Wiederholt habe ... wahrheitswidrig behauptet, dass im Rahmen der Prüftätigkeit des PI ... seit dem Jahr 2013 keine relevanten negativen Auffälligkeiten bekannt geworden seien. Weitere Vorfälle – Falschbeurkundung im Amt bezüglich Bremsbelägen an LKW am 29.01.2014, HU-Plakette trotz erheblicher Mängel bei einer unangekündigten Nachkontrolle am 13.08.2014, Verurteilung wegen Hehlerei durch Urteil des AG Balingen vom 02.02.2016 (...) – habe er dem Ministerium nicht mitgeteilt. Noch nach der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart am 26.10.2017 habe ... den PI ... zunächst weiterbeschäftigen wollen. Erst am 24.11.2017 erfolgte dessen Suspendierung und am 15.01.2018 dessen außerordentliche Kündigung.
29 
Des Weiteren habe die Antragstellerin ihre Revisionsberichte regelmäßig erst nach Ablauf der geltenden Frist bis zum 01.03. des Folgejahres eingereicht (26.03.2014, 16.04.2015, 17.06.2017, 06.03.2018).
30 
Daneben stützte das Ministerium seine Entscheidung auch auf Ziffer 8 Satz 2 Anlage VIIIb StVZO, wonach die Anerkennung einer Überwachungsorganisation von der Anerkennungsbehörde widerrufen werden kann, wenn die Überwachungsorganisation ihre Pflichten nicht ordnungsgemäß wahrnimmt. Dies sei hier der Fall. Die Antragstellerin nehme ihre Pflichten zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und gleichmäßigen Durchführung der Abnahmen (II. 4.2 Anerkennungsbescheid), der Betrauung nur zuverlässiger PI (Ziffer 3.2 Alt. 2 Anlage VIIIb StVZO), der Rückgängigmachung bzw. Suspendierung der Betrauung von Prüfingenieuren, wenn keine Gewähr dafür bestehe, dass die Untersuchungen ordnungsgemäß und gleichmäßig durchgeführt werden (II. 7.1 Anerkennungsbescheid), der Meldung von Fahrverboten, Entziehungen der Fahrerlaubnis sowie Strafverfahren im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit, die für die Zuverlässigkeit von Bedeutung sein können (II. 6.4 Anerkennungsbescheid), der Bestellung eines zuverlässigen technischen Leiters, der eine ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchungen sicherstelle (Ziffer 5 Satz 1 i.V.m. Ziffer 3.2 Alt. 2 Anlage VIIIb StVZO), der Sicherstellung, dass die Qualität von HU durch eine zu hohe Zahl von Einzelprüfungen nicht beeinträchtigt wird (Ziffer 6.5 der Anlage VIIIb StVZO) sowie der Unterhaltung und des Nachweises eines Qualitätsmanagementsystems nach Maßgabe von Ziffer 2.1b Anlage VIIIb StVZO i.V.m. Änderungsbescheiden vom 03.11.2016 und vom 07.11.2017 nicht wahr. Bei Ausübung des eingeräumten Ermessens sei nach Abwägung der für und gegen den Widerruf sprechenden Umstände ein Widerruf der Anerkennung geboten, um Leben, Leib und Eigentum der Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die Antragstellerin habe eine Fülle von Pflichtverletzungen begangen, die die Verkehrssicherheit unmittelbar beeinträchtigten. Der Widerruf erweise sich unter Berücksichtigung des gewichtigen öffentlichen Interesses am Schutz von Leben und Gesundheit als geeignet, erforderlich und angemessen.
31 
Schließlich finde der Widerruf auch in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVwVfG eine Rechtsgrundlage. Denn die Antragstellerin habe die Auflagen in den Ziffern II. 4.2, II. 7.1 und II. 6.4 des Anerkennungsbescheides nicht hinreichend erfüllt. Auch auf dieser Rechtsgrundlage erweise sich der Widerruf nach Ausübung des der Behörde eingeräumten Ermessens als verhältnismäßig.
32 
Die Einziehung der ausgehändigten Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieur-Ausweise beruhe auf § 52 Satz 1 LVwVfG.
33 
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Widerrufsentscheidung begründete das Ministerium damit, zu verhindern, dass die Antragstellerin und die von ihr betrauten PI vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens im amtlichen Auftrag verkehrsunsicheren Fahrzeugen die Teilnahme am Straßenverkehr erlauben und dadurch die besonders schutzbedürftigen Rechtsgüter von Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer konkret gefährden werden. Diese Gefahr bestehe aufgrund der in der Vergangenheit begangenen Pflichtverletzungen. Diese dauerten teilweise – wie etwa im Falle des unzureichenden Qualitätsmanagements – an. Überdies zeigten weder die Geschäftsführerin noch der technische Leiter der Antragstellerin Einsicht oder Änderungsbereitschaft. Daher bestehe die begründete Besorgnis, dass die festgestellten pflichtwidrigen Verhaltensweisen während der Dauer des Hauptsachverfahrens fortgesetzt würden. Dass es sich nicht nur um Einzelfälle, sondern ein systematisches Qualitätsproblem der Antragstellerin handelte, sei dem Ministerium erst in den vergangenen Monat erkennbar geworden. Ein Austausch der handelnden Personen verspreche keine Besserung, da ... zugleich Mehrheitsgesellschafter der Antragstellerin sei.
34 
Gegen die Widerrufsentscheidung hat die Antragstellerin am 06.02.2020 Klage (...) erhoben. Mit ihrem zugleich gestellten Antrag begehrt sie für die Dauer des Hauptsacheverfahrens vorläufigen Rechtsschutz.
35 
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an:
36 
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genüge nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Bezugnahme auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sei hierzu nicht ausreichend. Überdies erweise sich die Begründung als widersprüchlich. Weder die Geschäftsführung noch der technische Leiter seien unzuverlässig. Der Bescheid lege keinen konkreten Tatsachen dar, aus denen sich die Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerin der Antragstellerin ergebe. Soweit der Bescheid rüge, dass die Geschäftsführerin ihrem Ehemann und zugleich technischem Leiter einen bestimmenden Einfluss auf die Überwachungsorganisation eingeräumt habe, habe sich dieser nicht rechtswidrig verhalten. Der Geschäftsführung sei eine arbeitsteilige Wahrnehmung der Kommunikation nach außen nicht verwehrt. Weder die Geschäftsführerin noch der technische Leiter hätten sich gesetzeswidrig verhalten; gegen sie sei zu keinem Zeitpunkt strafrechtlich ermittelt worden. Die Geschäftsführerin habe gegenüber dem technischen Leiter keine Maßnahmen ergreifen müssen, da dieser sich keinerlei Pflichtverletzung schuldig gemacht habe. Die Antragstellerin bestreitet Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum von Verkehrsteilnehmern; die abweichende Annahme des Ministeriums stütze sich nicht auf konkrete Tatsachen und stelle sich als bloße Vermutung dar. Gegen eine besondere Eilbedürftigkeit spreche schließlich der zeitliche gestreckte Verlauf des Verwaltungsverfahrens; dies räume der Antragsgegner mit der „sorgfältigen Aufarbeitung der über viele Jahre aufgelaufenen Einzelereignisse“ selbst ein. Die hierbei angeführten Vorfälle lägen bis zu acht Jahre zurück.
37 
Die Widerrufsentscheidung selbst stelle sich schon deshalb als offensichtlich rechtswidrig dar, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für einen Widerruf aus Gründen der Unzuverlässigkeit fehle. Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO sei keine wirksame Rechtsgrundlage. Denn die Anlage VIIIb zur StVZO beruhe nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des Art. 80 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und genüge nicht dem aus der Berufsfreiheit folgenden Gesetzesvorbehalt (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) und sei deshalb verfassungswidrig. Auch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der heute geltenden Fassung ermächtige lediglich zur Bestätigung einer Anerkennung, nicht aber zur Durchführung eines Anerkennungsverfahrens oder dem Widerruf einer Anerkennung. Überdies ordne Ziffer 7 Satz 2 Anlage VIIIb StVZO die Geltung der Widerrufsregelung der Ziffer 8 Anlage VIIIb StVZO für die für bis zum 01.10.2008 anerkannte Überwachungsorganisationen nicht an.
38 
Darüber hinaus fehle es an einer sachlichen Zuständigkeit des Ministeriums für Verkehr; das Landesrecht lasse eine derartige Zuständigkeitsbestimmung vermissen.
39 
Schließlich scheitere die überwiegende Zahl der Widerrufsgründe bereits an der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG. Tatsachen zwischen dem 28.01.2020 und dem 28.01.2019, die einen Widerruf der Anerkennung rechtfertigten, existierten nicht.
40 
Ungeachtet dessen habe die Antragstellerin nachgewiesen, dass sie zuverlässig im Sinne des Gewerberechts sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus dem Akkreditierungsbescheid der DAkkS vom 04.04.2019, der bestätige, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen von DIN EN ISO/IEC 17020:2012 erfülle. Damit sei nachgewiesen, dass die Antragstellerin die Kompetenz im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Verordnung 765/2008 besitze, Überprüfungen durchzuführen. Denn Gegenstand des Akkreditierungsverfahrens seien u.a. auch der ordnungsgemäße Betriebsablauf und die persönliche Qualifikation und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter.
41 
Soweit das Ministerium ein Fehlverhalten von PI in den Jahren 2001 bis 2015 rüge, seien diese nicht mehr für die Antragstellerin tätig. Damit fehle es jedoch an einer gegenwärtigen und konkreten Gefährdung von wichtigen Gemeinschaftsgütern. Ungeachtet dessen habe die Antragstellerin nach Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilungen den betroffenen PI sofort gekündigt. Im Falle des PI ... habe sich der Vorfall aus dem März 2013 zunächst als einfache Reklamation dargestellt. Erst aus den Urteilsgründen des Landgerichts Stuttgart habe sich Ende des Jahres 2017 ergeben, dass der PI ... eine zeitweise mangelhafte Prüfweise eingeräumt habe. Der PI ... prüfe weiter für die Antragstellerin, da seine strafgerichtliche Verurteilung in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehe; eine Kündigung sei daher unzulässig. Es stehe dem Ministerium frei, einen Widerruf der Betrauung als Prüfingenieur anzuordnen.
42 
Überdies stelle sich die Widerrufsentscheidung als unverhältnismäßig dar. Denn mit dem Widerruf der Zustimmung zu der Betrauung eines einzelnen PI stehe ein gegenüber dem Widerruf der Anerkennung als Überwachungsorganisation milderes Mittel zur Verfügung. Indes habe das Ministerium zu keinem Zeitpunkt auf den Widerruf der Betrauung einzelner PI der Antragstellerin hingewirkt; dies gelte namentlich auch für die PI ... und PI .... Soweit der Widerruf mit unvollständigen Angaben und Nachweisen der Antragstellerin begründet werde, hätte es dem Ministerium oblegen, eine derartige Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt anzuordnen und gegebenenfalls zu vollstrecken; auch dies sei indes nicht geschehen.
43 
Die Sache sei schließlich besonders eilbedürftig. Denn eigentliches Ziel der Entscheidung des Ministeriums sei es, die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin zu vernichten und diese vom Markt zu drängen.
44 
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrages hat die Antragstellerin eine „eidesstattliche Versicherung“ ihrer Geschäftsführerin vorgelegt.
45 
Die Antragstellerin beantragt sachdienlich,
46 
die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 691/20 gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheids des Ministeriums für Verkehr vom 28.01.2020 wiederherzustellen,
47 
Der Antragsgegner beantragt,
48 
den Antrag abzulehnen.
49 
Der Antragsgegner rügt die Vertretungsbefugnis des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Die gleichzeitige Vertretung der Antragstellerin und ihres technischen Leiters verstoße gegen das Tätigkeitsverbot nach § 43a Abs. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).
50 
Des Weiteren verteidigt der Antragsgegner den angefochtenen Bescheid und ergänzt:
51 
Die Antragstellerin zeige sich bis heute uneinsichtig. Ihre Behauptung, sie habe ununterbrochen über eine Akkreditierung der DAkks verfügt, sei unzutreffend; jedenfalls im Zeitraum vom 17.12.2018 bis 02.04.2019 habe es an einer solchen gefehlt. Ungeachtet dessen belege auch eine Akkreditierung der Antragstellerin durch die DAkks nicht die Zuverlässigkeit der für sie handelnden Organe. Vielmehr handele es sich bei der Akkreditierung, wovon auch die DAkks ausgehe, ihrerseits um eine eigenständige Anerkennungsvoraussetzung gemäß Ziffer 2.1 Anlage VIIIb StVZO.
52 
Zwar sei es richtig, dass die PI, die sich erheblicher Pflichtverletzungen schuldig gemacht hätten, nicht mehr für die Antragstellerin tätig seien; indes seien die Beschäftigungsverhältnisse mit diesen nicht sofort beendet worden.
53 
Ziffer 8 Anlage VIIIb StVZO finde ihre verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Berufsausübung auch auf Grund eines Gesetzes geregelt werden könne; die gesetzliche Verordnungsermächtigung in § 6 StVG umfasse nach der gesetzlichen Zielsetzung auch den Widerruf einer Anerkennung.
54 
Mildere Maßnahmen als der Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin schieden aus. Ein Widerruf der Betrauung einzelner PI stelle sich nicht als geeignet dar; denn der Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin gründe in der Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerin und des technischen Leiters selbst. Auch isolierte Maßnahmen gegen den technischen Leiter kämen nicht in Betracht, nachdem die Geschäftsführerin im Anhörungsverfahren zu erkennen gegeben habe, dass sie offensichtlich nicht willens sei, gegenüber dem von ihr weiter als zuverlässig angesehenen technischen Leiter einzuschreiten.
55 
Schließlich missachte die Antragstellerin vorsätzlich die Wirkungen des sofort vollziehbaren Widerrufs ihrer Anerkennung. Eigene Ermittlungen des Ministeriums hätten ergeben, dass die Antragstellerin an zahlreichen Standorten weiter HU durch verschiedene PI jedenfalls noch bis zum 12.02.2020 durchgeführt habe. Überdies habe es die Antragstellerin erneut versäumt, dem Ministerium ein gegen einen ihrer PI geführtes Ermittlungsverfahren – hier gegen PI ... wegen des Verdachts der Falschbeurkundung im Amt (... bei der StA Stuttgart) – mitzuteilen.
56 
Mit Schreiben vom 25.02.2020 hat Rechtsanwältin ... dem Ministerium mitgeteilt, dass die Antragstellerin ihr die Prüfplaketten, -marken und -stempel der für sie tätigen PI gemäß einer gesonderten Aufstellung zur Verwahrung übergeben hat.
57 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakte und den Verwaltungsvorgang des Ministeriums (VV) sowie die Verfahrensakte ..., die jeweils beigezogen worden sind, verwiesen.
II.
58 
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
59 
Der Antrag ist zulässig.
60 
Der Antrag, der bei sachdienlicher Auslegung des Gesamtvorbringens der Antragstellerin (vgl. § 88, § 122 Abs. 1 VwGO) auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbare Widerrufs- und Einziehungsentscheidung in Ziffer 1 und 2 des Bescheides vom 28.01.2020 gerichtet ist, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft.
61 
Die Antragstellerin ist entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt; sie kann auch als eine mit hoheitlichen Befugnissen Beliehene geltend machen, durch den Widerruf ihrer Anerkennung als technische Überwachungsorganisation in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) geschützten Berufsausübungsfreiheit, die gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für sie gilt, und damit in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 13.03.2017 – 3 K 1390/16 – juris, Rn. 47).
62 
Schließlich steht einer wirksamen Antragstellung auch nicht das von dem Antragsgegner angeführte Tätigkeitsverbot des § 43a Abs. 4 BRAO entgegen. Danach ist es einem Rechtsanwalt untersagt, widerstreitende Interessen zu vertreten. Eine Verletzung dieser standesrechtlichen Verpflichtung lässt indes die Wirksamkeit einer Prozessvollmacht unberührt (BGH, Urteil vom 14.05.2009 - IX ZR 60/08 – juris; Kammergericht, Urteil vom 27.11.2017 - 25 U 32/15 – juris, Rn 18). Die Frage, ob die gleichzeitige Vertretung der Antragstellerin und ihres technischen Leiters in einem Widerrufsverfahren überhaupt einen Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO darstellt, bedarf vorliegend damit keiner Klärung.
63 
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
64 
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides genügt dem besonderen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
65 
Danach ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Diese Begründung erfordert eine auf den konkreten Fall abgestellte schlüssige und substantiierte und nicht lediglich formelhafte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehung notwendig ist und dass hinter dieses öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (VGH Mannheim, Beschluss vom 29.06.2018 – 5 S 548/18 – juris, Rn. 8).
66 
Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung gerecht. Ausführlich begründet der Bescheid des Ministeriums vom 28.01.2020 (S. 121 ff.) das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Widerrufsentscheidung mit dem Schutz der bedeutenden Rechtsgüter von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer, die bei einer nicht ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch die Antragstellerin und die hierdurch ermöglichte Zulassung von nicht verkehrssicheren Fahrzeugen zum Straßenverkehr gefährdet wäre (S. 123 f.), und lässt den mit einem sofort vollziehbaren Widerruf verbundenen tiefgreifenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin und die Folgen für deren wirtschaftliche Existenz dahinter zurücktreten (S. 125). Ob sich die von dem Ministerium hierbei angeführten Gründe für die Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerin und des technischen Leiters der Antragstellerin als tragfähig erweisen, ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine Frage des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidung.
67 
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs vom 28.01.2020 überwiegt das Interesse der Antragstellerin, vorläufig von dessen Wirkungen verschont zu bleiben. Denn der angefochtene Bescheid erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen und allein gebotenen summarischen Prüfung im Ergebnis als rechtmäßig.
68 
Die Voraussetzungen für den Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin als technische Überwachungsorganisation (1.) und für die Anordnung, die Prüfstempel, Prüfplakette und Prüfingenieurausweise einzuziehen (2.), liegen vor. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erweist sich auch als materiell rechtmäßig (3.).
69 
1. Die angefochtene Widerrufsentscheidung ist rechtmäßig.
70 
1.1 Rechtsgrundlage ist jedenfalls Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO in der Fassung vom 26.04.2012 (BGBl I, 679; zuletzt geändert durch Verordnung vom 13.3.2019, BGBl I, 332). Danach ist die Anerkennung einer Überwachungsorganisation zu widerrufen, wenn die Anerkennungsbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Anerkennung nicht zu erlassen.
71 
1.1.1 Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO geht der allgemeinen Regelung der behördlichen Widerrufsbefugnis in § 49 LVwVfG als besondere und in ihrem Anwendungsbereich abschließende Vorschrift vor.
72 
1.1.1.1 Ob und in welchem Umfang Vorschriften des Fachrechts – wie hier Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO – eine abschließende Regelung für den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte enthalten, welche die allgemeine Regelung des § 49 LVwVfG verdrängen, ist im Einzelfall durch Auslegung von Systematik und Sinn und Zweck der besonderen Bestimmung zu ermitteln (vgl. Suerbaum, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 49 Rn. 18). Ein abschließender Regelungscharakter ist im Zweifel anzunehmen, wenn die besondere Regelung bereits eine umfassende Entscheidung zwischen Rechtssicherheit und der materiellen Gerechtigkeit vornimmt (Suerbaum, a.a.O., § 48, Rn. 232). Der Vertrauensschutz und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung können als verfassungsrechtliche Prinzipien eine ergänzende Berücksichtigung der allgemeinen Anforderungen des § 49 LVwVfG gebieten (Suerbaum, a.a.O., Rn. 233 f.). Dies kann insbesondere für die gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG entsprechend anzuwendende Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG gelten; auch hier kann allerdings die Auslegung der sondergesetzlichen Norm ergeben, dass eine Befristung der Widerrufsmöglichkeit dem Schutz besonderer, höherrangiger öffentlicher Interessen entgegenstünde (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.03.1996 - BVerwG 1 C 12/95 – juris, Rn. 27; VGH Mannheim, Beschluss vom 24.11.1992 - 9 S 2154/90 – juris, Rn. 6, und vom 24.09.1993 - 9 S 1386/91 – juris, Rn. 13 ff.; OVG Münster, Beschluss vom 11.12.2014 – 14 A 1802/13 – juris, Rn. 6 ff.).
73 
1.1.1.2 Hiernach trifft Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO in seinem tatbestandlichen Anwendungsbereich eine abschließende bundesrechtliche Regelung für den Widerruf einer Anerkennung als technische Überwachungsorganisation. Dies folgt neben dem Wortlaut und der Systematik vor allem aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Dem Wortlaut von Ziffer 8 Satz 2 Anlage VIIIb StVZO, wonach die Anerkennung „insbesondere“ widerrufen werden kann, wenn die Überwachungsorganisation ihre Pflichten nicht ordnungsgemäß wahrnimmt, lässt sich zunächst entnehmen, dass neben den in Ziffer 8 Anlage VIIIb StVZO ausdrücklich geregelten Widerrufsgründen grundsätzlich auch weitere Widerrufsgründe nach den allgemeinen Vorschriften in Betracht kommen. Die besonderen tatbestandlichen Voraussetzungen sprechen allerdings dafür, dass der Verordnungsgeber dabei jedenfalls mit Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO eine abschließende Regelung einer Widerrufsbefugnis getroffen hat. Denn die fortbestehende Erfüllung der Voraussetzungen für eine Anerkennung als technische Überwachungsorganisation dient unmittelbar der Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Sie ist unerlässlich (so der Verordnungsgeber für das Zuverlässigkeitserfordernis, BT-Drs. 14/8766, S. 63). Der hiermit bezweckte Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter verbietet einen ergänzenden Rückgriff auf die Bestimmung des § 49 LVwVfG, namentlich die Fristenregelung des § 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG. Dass der Widerruf unabhängig von weiteren Voraussetzungen zu erfolgen hat, findet auch darin Ausdruck, dass Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO abweichend von § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG kein behördliches Ermessen, sondern eine gebundene Entscheidung regelt.
74 
1.1.2 Die von der Antragstellerin gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO erhobenen Einwände greifen nicht durch. Die Regelung ist wirksam; weder fehlt es ihr an einer gesetzlichen Grundlage (1.1.2.1) noch verstößt sie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (1.1.2.2).
75 
1.1.2.1 Ziffer 8 Satz 3 findet in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. n StVG eine gesetzliche Grundlage.
76 
Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung für den Erlass einer Rechtsverordnung im Gesetze bestimmt werden. Die Verfassung verlangt, dass der Gesetzgeber selbst die Entscheidung trifft, dass bestimmte Fragen geregelt werden sollen, er muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerfG, Beschluss vom 26.09.2016 – 1 BvR 1326/15 – juris, Rn. 26 f.). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist verletzt, wenn eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können. Dabei müssen sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausdrücklich aus der Ermächtigungsnorm ergeben. Vielmehr hält eine solche auch dann der verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab der zu Art. 80 Abs. 1 GG entwickelten Rechtsgrundsätze stand, wenn sich die dort geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsregeln ermitteln lässt.
77 
Gemessen daran entspricht § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. n StVG den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Hiernach wird das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ermächtigt, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr einschließlich Ausnahmen von der Zulassung, die Beschaffenheit, Ausrüstung und Prüfung der Fahrzeuge, insbesondere über die Bestätigung der amtlichen Anerkennung von Überwachungsorganisationen, soweit sie vor dem 18.12.2007 anerkannt waren, sowie die Anerkennung von Überwachungsorganisationen zur Vornahme von regelmäßigen Untersuchungen und Prüfungen sowie von Abnahmen, die organisatorischen, personellen und technischen Voraussetzungen für die Anerkennungen einschließlich der Qualifikation und der Anforderungen an das Fachpersonal und die Geräte sowie die mit den Anerkennungen verbundenen Bedingungen und Auflagen, um ordnungsgemäße und gleichmäßige Untersuchungen, Prüfungen und Abnahmen durch leistungsfähige Organisationen sicherzustellen. Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber eine hinreichend bestimmte Ermächtigung für die Regelung der Anerkennung von technischen Überwachungsorganisation durch die Anlage VIIIb StVZO geschaffen; Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung lassen sich § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. n StVG ohne Weiteres entnehmen (vgl. zur Regelung der Anerkennung von Sachverständigen für eine technische Überwachung in § 24c GewO a.F. BVerfG, Beschluss vom 11.12.1986 – 1 BvR 1368/85, NVwZ 1988, 143).
78 
Dem Einwand der Antragstellerin, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst n StVG schaffe eine gesetzliche Grundlage lediglich für die Bestätigung der Anerkennung von Überwachungsorganisationen, die vor dem 18.12.2007 anerkannt waren, stehen der eindeutige Wortlaut der Vorschrift und Wille des Verordnungsgebers (BR-Drs. 32/02, S. 101 f.) entgegen.
79 
Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb zur StVZO verlässt auch nicht den ihm durch § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst n StVG gesetzten Rahmen. Von der Ermächtigung zur Regelung der Anerkennung als Überwachungsorganisation ist sachlich auch die Befugnis zum Widerruf der Anerkennung bei Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen oder nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der maßgeblichen Pflichten umfasst. Die von dem Verordnungsgeber zu treffende Regelung soll der Sicherstellung von ordnungsgemäßen und gleichmäßigen Untersuchungen, Prüfungen und Abnahmen durch leistungsfähige Organisationen dienen. Eine Beschränkung auf die Anerkennung von Überwachungsorganisationen unter Ausschluss der Befugnis zum Widerruf würde diesem Ziel nicht vollständig gerecht; denn gerade auch in dem Widerruf der Anerkennung kann eine dieser Zielsetzung dienende Maßnahme liegen. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers folgt hier überdies bereits aus dem Umstand, dass er selbst die maßgebliche Neufassung der Anlage VIIIb zur StVZO – in verfassungsrechtlich zulässiger Weise (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.09.2005 – 2 BvF 2/03 – juris, Rn. 193 ff.) – in der Form eines Parlamentsgesetzes verabschiedet hat (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11.09.2002, BGBl. I, 3574).
80 
1.1.2.2 Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie gegen den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt verstieße.
81 
Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, auf deren Schutzbereich sich nach Art. 19 Abs. 3 GG und als mit hoheitlichen Befugnissen Beliehene auch die Antragstellerin berufen kann (VG Karlsruhe, Urteil vom 13.03.2017 – 3 K 1390/16 – juris, Rn. 47), darf in die Berufsfreiheit nur durch oder aufgrund einer gesetzlichen Regelung eingegriffen werden. Dem Gesetzesvorbehalt unterliegen sowohl Regelungen der Wahl als auch der Ausübung des Berufs. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin können berufsbeschränkende Regelungen grundsätzlich auch durch die Exekutive getroffen werden; dies schließt grundsätzlich auch Tatbestände ein, die eine Berufsausübung beenden (vgl. etwa für die Beendigung der Zulassung als Vertragsarzt BVerfG, Beschluss vom 26.09.2016 – 1 BvR 1326/15 – juris, Rn. 23). Allerdings hat der Gesetzgeber auch dann selbst zu entscheiden, ob und inwieweit Freiheitsrechte des Einzelnen gegenüber Gemeinschaftsinteressen zurücktreten müssen. Welche Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigung zu stellen sind, hängt von der jeweiligen Intensität des Eingriffs ab (BVerfG, Beschluss vom 25.03.1992 – 1 BvR 298/86 – juris, Rn. 46). Bei Regelungen der Berufsausübung muss das zulässige Maß des Eingriffs umso deutlicher in der gesetzlichen Ermächtigung bestimmt werden, je empfindlicher die freie berufliche Betätigung beeinträchtigt wird.
82 
Gemessen hieran lässt sich ein Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt nicht feststellen. Der Widerruf der Anerkennung als technische Überwachungsorganisation nach Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb zur StVZO, der eine Regelung der Berufsausübung darstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.12.1986 – 1 BvR 1368/85, NVwZ 1988, 143), die in ihrer faktischen Wirkung indes einer Beschränkung der Berufswahl nahekommt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 26.09.2016 – 1 BvR 1326/15 – juris, Rn. 22), findet in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. n StVG eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage. Der Gesetzgeber ermächtigt den Verordnungsgeber, die „Anerkennung von Überwachungsorganisationen“ und die „organisatorischen, personellen und technischen Voraussetzungen für die Anerkennungen einschließlich der Qualifikation und der Anforderungen an das Fachpersonal und die Geräte sowie die mit den Anerkennungen verbundenen Bedingungen und Auflagen“ zu regeln, „um ordnungsgemäße und gleichmäßige Untersuchungen, Prüfungen und Abnahmen durch leistungsfähige Organisationen sicherzustellen“. Dies schließt ohne Weiteres auch die Regelung des Widerrufs einer solchen Anerkennung mit ein; zumal der Gesetzgeber vorliegend mit der Verabschiedung der Neufassung der Anlage VIIIb zur StVZO in der Form eines Parlamentsgesetzes den Regelungsgegenstand der Ziffer 8 Anlage VIIIb StVZO unmittelbar in seinen Willen aufgenommen hat (vgl. hierzu 1.1.2.1).
83 
1.1.3 Schließlich ist die Widerrufsregelung in Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch auf Überwachungsorganisationen anwendbar, die vor dem 01.10.2008 anerkannt wurden. Der Einwand, Ziffer 7 Anlage VIIIb StVZO ordne insoweit keine entsprechende Anwendung an, geht fehl. Denn Ziffer 7 Anlage VIIIb StVZO, welche eine Übergangsregelung für die Anerkennung und die hierbei geltenden Anforderungen der bis zum 01.10.2008 anerkannte Überwachungsorganisationen trifft, hat, wie sich ohne Weiteres aus ihrer systematischen Stellung ergibt, den Widerruf der Anerkennung ersichtlich weder positiv noch negativ zum Regelungsgegenstand. Vielmehr regelt der Verordnungsgeber die behördliche Befugnis zum Widerruf der Anerkennung für sämtliche Überwachungsorganisationen einheitlich erst in der folgende Ziffer 8.
84 
1.2 Die angefochtene Entscheidung erweist sich als formell rechtmäßig.
85 
1.2.1 Das Ministerium für Verkehr ist die für den Widerruf der Anerkennung einer technischen Überwachungsorganisation zuständige Behörde. Sachlich zuständig für den Widerruf der Anerkennung ist gemäß Ziffer 8 Satz 2 Anlage VIIIb StVZO die Anerkennungsbehörde. Die Anerkennung von Überwachungsorganisationen obliegt nach Ziffer 1 Anlage VIIIb StVZO der zuständigen obersten Landesbehörde oder den von ihr bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen (Anerkennungsbehörden). Das Land Baden-Württemberg hat – anders als etwa die Länder Mecklenburg-Vorpommern (§ 2 Nr. 2 Buchst f. Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf dem Gebiet des Straßenverkehrswesens vom 07.09.2016, GOVBl 2016, 782) oder Schleswig-Holstein (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 der Landesverordnung über die zuständigen Behörden und Stellen nach dem Straßenverkehrsrecht vom 08.11.2004, GOVBl 2004, 423) – von der Möglichkeit, die Zuständigkeit von der obersten Landesbehörde auf eine andere Stelle zu übertragen, keinen Gebrauch gemacht, sondern die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach Ziffer 1 Anlage VIIIb StVZO von der Zuständigkeit der unteren Verwaltungsbehörden für die Ausführung der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung bewusst ausgenommen (vgl. § 1 Nr. 2 Satz 2 Zuständigkeitsverordnung Fahrzeuggenehmigung/Zulassung – FGZVO). Zuständig ist daher als oberstes Landesbehörde das Ministerium (vgl. § 7 Landesverwaltungsgesetz – VwG), welches die Aufgaben des Landes wahrnimmt, die nicht einer anderen Behörde zugewiesen sind (§ 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 VwG). Gemäß Art. 1 Abschnitt XI der Bekanntmachung der Landesregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien (MinGeschAbgrBek BW) vom 27.07.2001 (GBl. 2001, S. 590) in der Fassung vom 26.07.2016 (GBl. 2016, S. 456) fallen der Verkehr (Nr. 1) und der verkehrsbezogene Immissionsschutz (Nr. 3) in den Geschäftsbereich des Ministeriums für Verkehr.
86 
1.2.2 Dem Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 LVwVfG ist genügt. Das Ministerium gab der Antragstellerin die Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
87 
1.3 Der Widerruf stellt sich im Ergebnis als materiell rechtmäßig dar.
88 
1.3.1 Die Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes richtet sich nach ständiger Rechtsprechung nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (BVerwG, Urteil vom 07.11.2012 – BVerwG 8 C 28.11 – juris, Rn. 13; VGH München, Beschluss vom 18.12.2019 - 21 C 19.881 – juris, Rn. 13; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.03.2017 - OVG 1 B 22.15 – juris, Rn. 13; VGH Mannheim, Beschluss vom 24.11.1992 - 9 S 2154/90 – juris, Rn. 4 m.w.N.). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Anlage VIIIb StVZO liefert für eine entsprechende Auslegung keine konkreten Anhaltspunkte; insbesondere schließt sie die Möglichkeit eines erneuten Antrages auf die Anerkennung als technische Überwachungsorganisation nicht aus. Die von dem Antragsgegner nach Erlass der behördlichen Entscheidung am 28.01.2020 festgestellten Sachverhalte müssen daher bei der gerichtlichen Entscheidung unberücksichtigt bleiben.
89 
1.3.2 Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin auf der Grundlage der Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO sind erfüllt. Die Anerkennungsbehörde wäre aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt, die Anerkennung nicht zu erlassen. Denn die Voraussetzung für die Anerkennung gemäß Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO ist nach der Anerkennung der Antragstellerin mit Bescheid des Ministeriums vom 10.10.1996 entfallen.
90 
Die Anerkennung als Überwachungsorganisation setzt nach Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO voraus, dass die nach Gesetz, Vertrag oder Satzung zur Vertretung der Überwachungsorganisation berufenen Personen persönlich zuverlässig sind. Dies ist hier nicht der Fall. Unerheblich ist insoweit eine persönliche Unzuverlässigkeit des technischen Leiters (1.3.2.1). Jedoch geht der Antragsgegner zu Recht von der persönlichen Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerin der Antragstellerin aus (1.3.2.2). Die Widerrufsentscheidung stellt sich schließlich auch nicht als unverhältnismäßig dar (1.3.2.3.).
91 
1.3.2.1 Der technische Leiter ist keine nach Gesetz, Vertrag oder Satzung zur Vertretung der Überwachungsorganisation berufene Person im Sinne der Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO. Die Anforderung eines zuverlässigen technischen Leiters ergibt sich vielmehr aus Ziffer 5 Satz 1 i.V.m. Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO. Die Unzuverlässigkeit des technischen Leiters lässt danach nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung der Überwachungsorganisation nach Ziffer 2 Anlage VIIIb StVZO entfallen, sondern hat den Widerruf seiner Bestellung durch die Überwachungsorganisation zur Folge (Ziffer 5 Satz 5 Anlage VIIIb StVZO).
92 
1.3.2.2 Indes verneint der Antragsgegner nach summarischer Prüfung zu Recht die Zuverlässigkeit der Geschäftsführerin, welche die Antragstellerin nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) vertritt.
93 
Die Zuverlässigkeit ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff. Fehlt es – wie hier in der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung – an einer Legaldefinition des Zuverlässigkeitserfordernisses kann nach ständiger Rechtsprechung auf den gewerberechtlichen Begriff der Zuverlässigkeit zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2019 – BVerwG 3 C 19.17 – juris, Rn. 34 für den PI einer Überwachungsorganisation). Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 – BVerwG 8 C 6.14 – juris, Rn. 14 m.w.N.). Danach ist ein Geschäftsführer im Sinne der Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO persönlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass die Überwachungsorganisation die ihr übertragene hoheitliche Aufgabe zukünftig ordnungsgemäß wahrnehmen wird. Dabei sind hohe Anforderungen zu stellen, da es sich bei den HU, AU, SU sowie Abnahmen im Sinne der Anlage VIIIb zur StVZO um staatliche Aufgaben der Gefahrenabwehr handelt, die unmittelbar der Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und damit dem Schutz gewichtiger Rechtsgüter dienen. Der Verordnungsgeber selbst bezeichnet das Zuverlässigkeitserfordernis als „unerlässlich“ (BT-Drs. 14/8766, S. 63).
94 
Anknüpfungspunkt für die zu treffende Prognose sind in der Vergangenheit eingetretene Tatsachen, die den Schluss zulassen, dass der Betroffene auch in Zukunft eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung nicht erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2019 – BVerwG 3 C 19.17 – juris, Rn. 36). Die Prognose hat sich an dem Zweck der Regelung zu orientieren, nicht verkehrssichere oder die Abgaswerte nicht erfüllende Kraftfahrzeuge vom Verkehr auf öffentlichen Straßen auszuschließen. Lässt der Gesamteindruck den Schluss zu, dass die Geschäftsführung nicht willens ist, sicherzustellen, dass eine technische Überwachungsorganisation die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß ausübt, kann ihr die persönliche Zuverlässigkeit nicht mehr zugesprochen werden (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 37).
95 
Gemessen hieran bietet die Geschäftsführerin nach dem Gesamteindruck ihres Verhaltens nicht die Gewähr, dass die Antragstellerin ihre Aufgaben zukünftig ordnungsgemäß wahrnehmen wird. Denn sie räumt dem seinerseits als unzuverlässig einzustufenden technischen Leiter maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ein (1.3.2.2.1) und hat – selbständig tragend – selbst wiederholt und erheblich gegen ihre Pflichten als Geschäftsführerin einer Überwachungsorganisation verstoßen (1.3.2.2.2). Der Akkreditierungsbescheid der DAkkS vom 04.04.2019 ist nicht geeignet, hiervon abweichend die Zuverlässigkeit der Geschäftsführerin der Antragstellerin zu belegen (1.3.2.2.3).
96 
1.3.2.2.1 Der Vertreter einer juristischen Person erweist sich auch dann als persönlich unzuverlässig, wenn er einem Dritten, der die für die konkrete Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung einräumt oder auch nur nicht willens oder nicht in der Lage ist, einen solchen Einfluss auszuschalten (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 09.10.2012 – 2 B 240/12 – juris, Rn. 9). Die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers einer GmbH folgt hierbei nicht schon allein daraus, dass ihm die Unabhängigkeit und Selbständigkeit gegenüber einem Gesellschafter fehlt, um jederzeit Anordnungen durchzusetzen; denn das GmbH-Gesetz sieht weitreichend zulässige Beschränkungen der Geschäftsführertätigkeit durch die Gesellschafter vor (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 08.11.2004 - 6 S 593/04 – juris, Rn. 8). Hinzutreten muss vielmehr die fehlende Zuverlässigkeit des einflussnehmenden Gesellschafters (VGH Mannheim, a.a.O., Rn. 9). Gegenstand der tatsächlichen Einflussnahme müssen bedeutsame Vorgänge der Geschäftsführung sein; als in diesem Sinne bedeutsam sieht die Rechtsprechung beispielhaft die Verhandlungen mit Geschäftspartnern und mit dem Finanzamt, die Aufbewahrung der Geschäftspapiere und die Entgegennahme der Geschäftspost, die Zeichnungsbefugnis gegenüber der Bank, die Entscheidungen bezüglich des Personals und die Beherrschung des täglichen Geschäftsablaufs (Abrechnung mit den Angestellten, täglicher Kassenabschluss) an (VGH Mannheim, a.a.O.). Anhand der Verhältnisse im Einzelfall ist festzustellen, ob prognostisch die weitgehende Ausnutzung der Rechtsposition als Gesellschafter zur maßgeblichen Steuerung der Tätigkeit der Gesellschaft im operativen Bereich zu erwarten ist und ob der oder die Geschäftsführer nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch nicht in der Lage sein werden, dem zu widerstehen (OVG Bremen, Beschluss vom 09.10.2012 – 2 B 240/12 – juris, Rn. 15).
97 
Gemessen hieran erweist sich die Geschäftsführerin der Antragstellerin nach summarischer Prüfung voraussichtlich als persönlich unzuverlässig. Denn sie räumt maßgeblichen Einfluss auf bedeutsame Vorgänge der Geschäftsführung (1.3.2.2.1.1) einem unzuverlässigen Dritten (1.3.2.2.1.2) ein, und es ist prognostisch nicht zu erwarten, dass sie willens und in der Lage sein wird, diesen Einfluss künftig zu unterbinden (1.3.2.2.1.3).
98 
1.3.2.2.1.1 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Ministeriums im angefochtenen Bescheid (S. 22 f., 67 f., 73 f.), die von der Antragstellerin als solches nicht bestritten werden, nimmt ..., Hauptgesellschafter der Verwaltungs-GmbH und Mehrheitsgesellschafter sowie technischer Leiter der Antragstellerin, mit Kenntnis der Geschäftsführerin maßgeblichen Einfluss auf bedeutsame Vorgänge der Geschäftsführung. Hierauf weist bereits die umfassende Repräsentierung des Unternehmens nach außen durch ... hin. Die externe Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde, der Akkreditierungsstelle oder den Justizbehörden beherrscht ... nahezu allein. Die E-Mail-Adresse der Antragstellerin (...) wird unbestritten ausnahmslos von ihm genutzt. Der beigezogene Verwaltungsvorgang, insbesondere die Anlagen zu dem angefochtenen Bescheid, liefern im Einzelnen zahlreiche anschauliche Belege. Dabei äußert sich ... entgegen der Behauptung der Antragstellerin nicht nur im Rahmen seines in Ziffer 5 Anlage VIIIb StVZO beschriebenen Aufgabenkreises als technischer Leiter. So fallen etwa die Betrauung, der Widerruf der Betrauung und die Suspendierung von PI unmittelbar in die Zuständigkeit der Überwachungsorganisation selbst. Hierbei handelt es sich offensichtlich nicht um „technische Vorgänge“. Sogar in dem Anhörungsverfahren des Ministeriums zu einer möglichen Anweisung gegenüber der Antragstellerin, die Bestätigung der Bestellung des ... als technischer Leiter zu widerrufen, beantragte dieser selbst mit Schreiben vom 03.04.2019 eine Fristverlängerung (VV. Bl. 3463 VV). Es existieren darüber hinaus zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass ... den Geschäftsablauf der Überwachungsorganisation auch tatsächlich weitreichend steuert. So heißt es in der von der Antragstellerin als Anlage 9 zum Schriftsatz vom 14.02.2020 eingereichten Unterlage „Organisationsstruktur und Verantwortlichkeiten“ vom 08.06.2008 zwar zunächst, dass die kaufmännische Leitung alle finanziellen, steuerlichen, personellen, rechtlichen und vertraglichen Belange entscheidet und verantwortet. In der Folge werden diese Befugnisse indes erheblich eingeschränkt und der technischen Leitung die vertretungsweise Zeichnungsbefugnis für Prüfverträge mit Pl sowie die Befugnis zu disziplinarrechtlichen Entscheidungen gegenüber PI eingeräumt sowie die Geschäftsleitung verpflichtet, auf Anforderung durch die technische Leitung hinreichende Investitionen oder Kosten für Erfordernisse zu genehmigen, die sich aus der amtlichen Anerkennung ergeben. Ein konkretes Beispiel für eine entsprechende tatsächliche Praxis liefert die Kündigung des PI ... mit E-Mail des technischen Leiters vom 15.01.2018 (VV, Band III, Bl. 2261). Schließlich erklärte die Antragstellerin anlässlich eines Besuches der Aufsichtsbehörde am 05.02.2019, dass die Geschäftsführerin nur für die Finanzen des Unternehmens zuständig sei; auf die behördlichen Nachfragen äußerte sich für die Antragstellerin ausnahmslos der technische Leiter, nicht aber die Geschäftsführerin (Anlage 26).
99 
1.3.2.2.1.2 Der technische Leiter ... erweist sich seinerseits voraussichtlich als unzuverlässig.
100 
Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit des technischen Leiters einer Überwachungsorganisation entsprechen gemäß Ziffer 5 Satz 1 Anlage VIIIb StVZO jenen für PI nach Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO. Das Schutzgut der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs verlangt, hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit des technischen Leiters einer Überwachungsorganisation zu stellen. Unzuverlässig ist danach ein technischer Leiter, der bei prognostischer Betrachtung nach dem Gesamteindruck seines konkreten Verhaltens in der Vergangenheit nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die ihm übertragenen Aufgaben künftig ordnungsgemäß wahrnehmen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2019 – BVerwG 3 C 19.17 – juris, Rn. 34 ff.). Gemäß Ziffer 5 Anlage VIIIb StVZO hat der technische Leiter sicherzustellen, dass die HU und SP sowie die Abnahmen ordnungsgemäß und gleichmäßig durchgeführt werden; er darf hierzu an die mit der Durchführung der HU und SP sowie der Abnahmen betrauten Personen fachliche Weisungen erteilen (Satz 2). Fachliche Weisungen der Aufsichtsbehörde hat er zu befolgen (vgl. Satz 3). Er hat die Aufsichtsbehörde jährlich und zusätzlich auf konkrete Anforderung hin einen Bericht über die Einhaltung der qualitätssichernden Maßnahmen vorzulegen, der Aufschluss über die durchgeführten Qualitätskontrollen und die eingeleiteten Maßnahmen geben muss, sofern diese auf Grund eines Verstoßes erforderlich waren (Satz 7 und 8).
101 
Gemessen hieran bietet ... nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen und allein gebotenen summarischen Prüfung nicht die Gewähr, die Aufgaben des technischen Leiters einer Überwachungsorganisation künftig ordnungsgemäß zu erfüllen.
102 
1.3.2.2.1.2.1 Der technische Leiter der Antragstellerin hat in der Vergangenheit nicht sichergestellt, dass die HU ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Er hat es unterlassen, seiner Überwachungspflicht gegenüber den PI nachzukommen; insbesondere hat er es versäumt, gegenüber straffällig gewordenen PI die erforderlichen fachlichen Weisungen zu erteilen und zu veranlassen, dass deren Bestellung durch die Antragstellerin für ruhend erklärt oder widerrufen wird. Dies gilt namentlich für die PI ... und PI ....
103 
1.3.2.2.1.2.1.1 So suspendierte ... den PI ..., der mit Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.10.2017 (...) wegen Steuerhinterziehung in 22 Fällen, Falschbeurkundung im Amt in zehn Fällen und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde (Anlage 27), lediglich vorübergehend für den Zeitraum vom 18.03.2013 (vgl. E-Mail vom 28.03.2013, Anlage 89) bis zum 08.06.2013 (E-Mail vom 13.06.2013, Anlage 89). Noch nach der Anklageerhebung am 07.12.2016 (vgl. Schreiben vom 18.07.2017, Anlage 119), vor allem aber auch nach der Verurteilung (E-Mail vom 09.11.2017, Anlage 117) beabsichtigte der technische Leiter eine Fortsetzung der Prüftätigkeit des PI .... Erst unter dem 24.11.2017 suspendierte (Anlage 129) und unter dem 15.01.2018 kündigte (Anlage 135) die Antragstellerin den PI.
104 
Schwer wiegt, dass der technische Leiter nach den Feststellungen des Ministeriums, das sich insoweit auf ein Zitat der Zeugenaussage des ... in den Urteilsgründen des Landgerichts Stuttgart (Anlage 27, S. 70) und das Ergebnis einer Telekommunikationsüberwachung (Anlage 90) stützt (S. 78 f. des Bescheides), versucht hat, die Anbringung einer Prüfplakette durch den PI ... auf einem Fiat Ducato im Februar 2013 noch durch einen Rückkauf des Fahrzeuges und eine Vernichtung der Papiere zu vertuschen.
105 
Überdies hat ... bis heute nicht nachgewiesen, dass er die von dem Ministerium nach Aufhebung der Suspendierung festgelegten verschärften Auflagen für den PI ... tatsächlich durchgesetzt hat (vgl. hierzu sogleich Ziffer 1.3.2.2.1.2.2).
106 
Schließlich sah der technische Leiter bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung und sieht er darüber hinaus bis heute keine Veranlassung, die Betrauung des PI ... für beruhend zu erklären oder zu widerrufen, obwohl dieser aufgrund seiner Verurteilung mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.02.2018 (...) wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten aus den von dem Ministerium im Anhörungsschreiben vom 19.03.2019 zutreffend dargelegten Gründen (Anlage 4, S. 31 f.) als unzuverlässig im Sinne der Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO anzusehen ist. Denn in der Rechtsprechung ist geklärt, dass für die Prognose der Zuverlässigkeit einer Person die Würdigung der gesamten Persönlichkeit und der Lebensumstände entscheidend ist, so dass auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises von Bedeutung sein können (vgl. VGH München, Beschluss vom 21.01.2020 - 21 C 19.439 – juris, Rn. 19 m.w.N.). Nach Nr. 3.3 der Anerkennungsrichtlinie für Überwachungsorganisationen – Richtlinie für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach der Anlage VIIIb StVZO vom 5. Juni 2009 (VkBl S. 364), zuletzt geändert mit Schreiben des BMiVBS vom 28. März 2011 (VkBl S. 309), ist die persönliche Zuverlässigkeit eines PI insbesondere dann nicht mehr gegeben, wenn dieser wegen einschlägiger Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Straftat und der von dem PI wahrgenommenen Aufgabe der Prüfung der Verkehrssicherheit von Kraftfahrzeugen muss dabei nicht bestehen. Die Zuverlässigkeit ist schon dann zu verneinen, wenn mit Blick auf ein strafbares Verhalten ausreichend begründete Anknüpfungspunkte auf charakterliche und persönliche Schwächen deuten, die sich auf die ordnungsgemäße Durchführung einer HU und damit die Verkehrssicherheit auswirken können (vgl. VGH München, Beschluss vom 09.03.2020 - 11 ZB 19.1722 – juris, Rn. 19). Dies ist hier der Fall. Die Verurteilung wegen mehrfacher Steuerhinterziehung auf die aus seiner Prüftätigkeit erzielten Einkünfte begründet hinreichende Zweifel, dass PI ... die HU zukünftig unabhängig von eigenen finanziellen Interessen und übertriebener Gewinnorientierung unter Wahrung der Vermögensinteressen der Antragstellerin und der Fahrzeugeigentümer sowie Berücksichtigung vor allem des besonderen öffentlichen Interesses an der Verkehrssicherheit durchführen wird.
107 
1.3.2.2.1.2.2 Des Weiteren hat ... unter Verstoß gegen Ziffer 5 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO fachliche Weisungen der Aufsichtsbehörde nicht befolgt. Die Einhaltung der von dem Ministerium mit E-Mail vom 14.06.2013 (Anlage 95) festgelegten verschärften Auflagen nach Aufhebung der Suspendierung des PI ... (Begrenzung der täglichen Prüfzeit und Prüfzahl; Mindestprüfdauer; Plausibilitätskontrolle der Prüfberichte) hat der technische Leiter bis heute nicht umfänglich nachgewiesen (vgl. Bl. 80 ff. Bescheides). Der Aufforderung des Ministeriums mit E-Mail vom 08.10.2018 (Anlage 157) – wiederholt mit dem Anhörungsschreiben vom 19.03.2019 (Anlage 4, S. 30 f.) –, darzulegen, wie die Antragstellerin im Falle des PI ... sichergestellt habe, dass der PI ihn betreffende Strafverfahren im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit unverzüglich mitteile, ist der technische Leiter nicht nachgekommen (vgl. Anlagen 158 und 159).
108 
1.3.2.2.1.2.3 Schließlich hat der technische Leiter der Antragstellerin das Ministerium wiederholt unzureichend oder unzutreffend informiert. Unter Verstoß gegen Ziffer 5 Satz 8 Anlage VIIIb StVZO und Ziffer II. 5.6 des Anerkennungsbescheides vom 10.10.1996, der eine Vorlage bis spätestens zum 1. März des Folgejahres verlangt, hat er der Aufsichtsbehörde wiederholt Revisionsberichte verspätet (26.03.2014, 16.04.2015, 17.06.2017, 06.03.2018) oder mit unzutreffendem Inhalt vorgelegt. So stellt etwa der Revisionsbericht für das Jahr 2013 für den PI ... wider besseren Wissens „keine Beanstandungen“ fest (Anlage 99). Noch mit E-Mail vom 19.10.2017 behauptete ... gegenüber dem Ministerium wahrheitswidrig, dass im Rahmen der Prüftätigkeit des PI ... seit Juni 2013 keine relevanten negativen Auffälligkeiten bekannt geworden seien (Anlage 24).
109 
1.3.2.2.1.2.4 Eine Würdigung des gesamten Verhaltens, welches ein langjähriges Muster offenbart, das u.a. durch die fortgesetzte Bagatellisierung von strafrechtlichen Vorwürfen gegenüber PI der Antragstellerin und die nahezu ausnahmslose Nichteinhaltung von Fristen der Aufsichtsbehörde gekennzeichnet ist, begründet die Befürchtung, dass ... auch zukünftig nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben als technischer Leiter einer Überwachungsorganisation bieten wird. Die Kammer stützt ihre Einschätzung dabei maßgeblich auf die bis heute – also auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung – fehlende Einsicht des technischen Leiters der Antragstellerin.
110 
So geht ... bis zum jetzigen Zeitpunkt offenbar davon aus, dass die Bestellung eines PI frühestens nach dessen strafgerichtlicher Verurteilung für beruhend erklärt oder widerrufen werden kann. Damit verkennt er die Anforderung aus Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO; denn die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines PI ist die originäre Aufgabe der Antragstellerin selbst, die unabhängig von einem möglichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu erfolgen hat; dem verweigert sich ihr technischer Leiter seit Jahren. Hinzukommt die wiederholt offenbarte fehlende Ernsthaftigkeit gegenüber strafrechtlichen Vorwürfen gegen PI der Antragstellerin. So tat ... die Ermittlungen gegen den PI ... zunächst noch als „Vorgang, ausgelöst durch Neid, Missgunst und Verleumdung“ ab (E-Mail vom 21.05.2013, Anlage 93).
111 
Die Gelegenheit, die Widersprüche bei der Darstellung der Prüftätigkeit des PI ... von Juni 2013 bis 2017 zu erklären (Anhörungsschreiben vom 19.03.2019, Anlage 4, S. 30 f.), hat ... bis heute nicht genutzt.
112 
Die unverzügliche Mitteilung der PI der Antragstellerin über gegen ihre Person gerichtete Strafverfahren war bis Ende des Jahres 2018 nicht sichergestellt. Vielmehr nahm ... eine entsprechende wiederholte Nachfrage der Aufsichtsbehörde zum Anlass, sich zu beschweren, dass die „Obstruktions- und Destruktionsstrategie“, die das Ministerium seit einiger Zeit gegen die Antragstellerin anwende, „mittlerweile unerträglich“ sei und „die Zusammenarbeit zwischen Beleihungsgeber und der Beliehenen“ behindere (E-Mail vom 30.11.2018, Anlage 140).
113 
Schließlich sieht der technische Leiter der Antragstellerin den PI ... trotz dessen strafgerichtlicher Verurteilung und zutreffenden Hinweises der Aufsichtsbehörde auf dessen hieraus folgende Unzuverlässigkeit weiter als zuverlässig an.
114 
1.3.2.2.1.3 Es ist prognostisch nicht zu erwarten, dass die Geschäftsführerin der Antragstellerin künftig willens und in der Lage sein wird, den Einfluss des ... auf die Geschäftsführung zu unterbinden. Die Steuerung der Geschäftsabläufe durch den technischen Leiter dauert, wie dargelegt, bis in das verfahrensgegenständliche Widerrufsverfahren an. Die Geschäftsführerin hat keine Einsicht in die problematische Einflussnahme des technischen Leiters auf die Geschäftsführung einer technischen Überwachungsorganisation gezeigt. Dieses Versäumnis ist auch im gerichtlichen Verfahren erkennbar geworden, soweit sie hat erklären lassen, dass die gewählte und von der DAkks gutgeheißene Arbeitsteilung zwischen technischer und kaufmännischer Leitung des Unternehmens zulässig sei; dass die Tätigkeiten des technischen Leiters umfassend erschienen, liege dabei in der Natur der Sache, da es sich um tägliche technische Vorgänge handele (Schriftsatz vom 14.02.2020, S. 3). Die Geschäftsführerin ist der Ansicht, dass der technische Leiter sich keiner Pflichtverletzungen schuldig gemacht habe; sie sieht ihn weiterhin als zuverlässig an (vgl. Stellungnahme im Anhörungsverfahren vom 19.06.2019, Anlage 162 zum Widerrufsbescheid, S. 1). In ihrer „Eidesstattlichen Versicherung“ vom 13.02.2020 behauptet die Geschäftsführerin wahrheitswidrig, dass der technische Leiter der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt „gegen irgendwelche Gesetze verstoßen“ habe. Schließlich spricht zur Überzeugung der Kammer maßgeblich gegen eine zukünftig veränderte Verhaltensweise der Geschäftsführerin, dass es sich bei dem technischen Leiter um ihren Ehemann handelt.
115 
1.3.2.2.2 Darüber hinaus erweist sich die Geschäftsführerin auch deshalb als nicht zuverlässig im Sinne der Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO, weil sie selbst wiederholt und erheblich von ihr zu gewährleistende Pflichten der Überwachungsorganisation verletzt hat; sie trifft insoweit in jedem Falle ein Organisationsverschulden.
116 
1.3.2.2.2.1 Die Geschäftsführerin hat es unter Verstoß gegen Ziffer II.6 des Anerkennungsbescheides vom 10.10.1996 wiederholt unterlassen, dem Ministerium Strafverfahren im Zusammenhang mit der Prüftätigkeit, die für die Zuverlässigkeit der Antragstellerin von Bedeutung sein können, unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht ist, wie sich aus dem Wortlaut ergibt („von Bedeutung sein können“), weit zu verstehen. Unverzüglich ist bei Auslegung des Anerkennungsbescheides aus dem verständigen Empfängerhorizont (§§ 133, 57 BGB) eine Mitteilung, die ohne schuldhaftes Zögern erfolgt. Hierbei sind hohe Anforderungen zu stellen. Denn die der Sicherheit des Straßenverkehrs dienende Aufgabe der Überwachungsorganisation begründet ein erhebliches öffentliches Interesse an der zeitnahen Beendigung der Tätigkeit eines unzuverlässigen PI. Danach hat die Antragstellerin ein solches Strafverfahren zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzugeben, zu dem es von ihr zumutbarerweise hätte erwartet werden können. Durch organisatorische Vorkehrungen hat sie sicherzustellen, dass sie ihrerseits unverzüglich die Nachricht von gegen einzelne PI geführte Strafverfahren erreicht. Auslöser wie Gegenstand der Mitteilungspflicht ist, anders als die Antragstellerin zu meinen scheint, nicht eine strafgerichtliche Verurteilung oder festgestellte Unzuverlässigkeit, sondern allein das förmliche Strafverfahren.
117 
Dies ist hier nicht geschehen. Die Antragstellerin hat das Ministerium über das gegen den PI ... geführte Ermittlungsverfahren, von dem sie eigenen Angaben seit Juni 2013 Kenntnis hatte, erst unter dem 16.10.2013 informiert (Anlage 147). Über das gegen den PI ... geführte Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Prüfung eines Fiat Ducato im Februar 2013, von dem die Antragstellerin spätestens aufgrund einer Durchsuchung am 25.03.2013 wusste, unterrichtete sie erst mit E-Mail vom 28.03.2013 (Anlage 89). Über die rechtskräftige Verurteilung des PI ... mit Urteil des AG Balingen vom 02.02.2016 wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 280 Tagessätzen (Anlage 101) hatte die Antragstellerin das Ministerium nicht in Kenntnis gesetzt (vgl. Anlage 102d). Gleiches gilt schließlich auch für die Verurteilung des PI ... mit Urteil des AG Stuttgart vom 06.02.2018 wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten (vgl. Anlage 156).
118 
1.3.2.2.2.2 Des Weiteren hat die Geschäftsführerin die Verpflichtungen aus Ziffer II. 7.1 des Anerkennungsbescheides vom 10.10.1996 verletzt, wonach die Antragstellerin, die Betrauung von PI für beruhend erklären oder rückgängig machen muss, wenn die Voraussetzungen nach Nr. 7.3 der Anlage VIII zur StVZO a.F., welche der heutigen Ziffer 3 Anlage VIIIb StVZO entspricht und zu denen insbesondere die Zuverlässigkeit des Prüfingenieurs gehört (Ziffer 3.2), nachträglich entfallen sind oder sonst keine Gewähr dafür besteht, dass die Untersuchungen ordnungsgemäß und gleichmäßig durchgeführt werden. Die Betrauung eines unzuverlässigen PI ist zu widerrufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2019 – BVerwG 3 C 19/17 – juris, Rn. 22 ff.). Unzuverlässig ist ein Prüfingenieur, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die ihm übertragenen Prüfaufgaben künftig ordnungsgemäß wahrnehmen wird (BVerwG, a.a.O., Rn. 34 ff.); die Feststellung der Unzuverlässigkeit setzt danach, entgegen der unausgesprochenen Annahme der Antragstellerin, weder nach dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO eine strafgerichtliche Verurteilung des PI voraus.
119 
Hiernach hätte die Antragstellerin die Betrauung des PI ... nicht nur befristet vom 18.03.2013 (vgl. E-Mail vom 28.03.2013, Anlage 89) bis zum 08.06.2013 (E-Mail vom 13.06.2013, Anlage 89) für beruhend erklären müssen. Jedenfalls nach der Anklageerhebung am 07.12.2016, spätestens aber nach der Verurteilung des PI ... mit Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.10.2017 hätte die Antragstellerin auf der Grundlage des vorgeworfenen und ihr bekannten Sachverhaltes, der nach heutiger Ansicht auch der Antragstellerin unstreitig die Annahme der Unzuverlässigkeit begründete, die Betrauung des PI ... für beruhend erklären oder widerrufen müssen. Die Antragstellerin beabsichtigte jedoch erklärtermaßen, die Prüftätigkeit des PI ... nach der Anklageerhebung (vgl. Schreiben vom 18.07.2017, Anlage 119), vor allem aber auch noch nach dessen Verurteilung fortzusetzen (E-Mail vom 09.11.2017, Anlage 117). Erst unter dem 24.11.2017 suspendierte (Anlage 129) und unter dem 15.01.2018 kündigte (Anlage 135) sie dem PI.
120 
Schließlich beschäftigt die Antragstellerin den PI ... bis heute weiter, obwohl dieser aufgrund seiner Verurteilung mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 06.02.2018 (...) wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten als unzuverlässig im Sinne der Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO anzusehen ist (vgl. hierzu ausführlich Ziffer 1.3.2.2.1.2.1.1.).
121 
1.3.2.2.2.3 Des Weiteren hat die Geschäftsführerin ihre Aufsichtspflichten als Vertreterin der Überwachungsorganisation verletzt. Sie hat es jedenfalls unterlassen, auf den ausführlichen behördlichen Vorhalt spätestens im Anhörungsverfahren zu der verfahrensgegenständlichen Widerrufsentscheidung die gemäß Ziffer 5 Satz 1 i.V.m. Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO erforderliche Zuverlässigkeit des technischen Leiters einer ernsthaften Überprüfung zu unterziehen. Der Aufforderung des Ministeriums in dem Anhörungsschreiben vom 19.03.2019 (Anlage 4), mitzuteilen, welche Berichtspflichten des technischen Leiters gegenüber der Geschäftsführung bestehen und welche Maßnahmen gegenüber diesem ergriffen worden seien, sowie dessen Dienstvertrag und eine Bestätigung, dass dieser die Anforderungen der Ziffern 3 und 4 Anlage VIIIb StVZO erfüllt, ist die Geschäftsführerin über den maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung hinaus bis heute nicht nachgekommen. Die Bestellung des technischen Leiters wie auch deren Widerruf fällt indes in die originäre Zuständigkeit der mit hoheitlichen Befugnissen beliehenen Überwachungsorganisation. Diese Aufgabe verkennt die Geschäftsführerin in gröblicher Weise, wenn sie bis in das gerichtliche Verfahren wiederholt anführt, sie sei zu Aufsichtsmaßnahmen nicht verpflichtet gewesen, da es an entsprechenden Weisungen des Ministeriums gefehlt habe (vgl. Schriftsatz vom 27.03.2020, S. 2, 5 und 13).
122 
1.3.2.2.2.4 Schließlich hat die Geschäftsführerin über Jahre nicht sichergestellt, dass weitere Verpflichtungen der Antragstellerin erfüllt werden. Die Revisionsberichte, die nach Ziffer II. 5.6 des Anerkennungsbescheides vom 10.10.1996 spätestens zum 01.03. des Folgejahres vorzulegen sind, wurden unstreitig über Jahre (26.03.2014, 16.04.2015, 17.06.2017, 06.03.2018) zu spät beim Ministerium eingereicht. Des Weiteren fehlte es der Antragstellerin im Zeitraum vom 17.12.2018 bis 03.04.2019 an der nach Ziffer 2.1b Anlage VIIIb StVZO für ihre Anerkennung erforderliche Akkreditierung durch die DAkks.
123 
1.3.2.2.2.5 Eine Würdigung des im Einzelnen aufgezeigten Gesamtverhaltens der Geschäftsführerin der Antragstellerin rechtfertigt die Annahme, dass diese auch künftig nicht in der Lage oder willens sein wird, eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung durch die Überwachungsorganisation sicherzustellen. Die Berücksichtigung der teils mehrere Jahre in der Vergangenheit liegenden Sachverhalte rechtfertigt sich aus der bereits im Widerrufsverfahren offen zu Tage getretenen und bis ins gerichtliche Verfahren hinein fortdauernden fehlenden Einsicht in die rechtlichen Anforderungen eine Überwachungsorganisation gemäß Anlage VIIIb StVZO. So vertritt sie noch in der von ihr vorgelegten „Eidesstattlichen Versicherung“ vom 13.02.2020 die Ansicht, dass eine Prüfung der Zuverlässigkeit des PI ... nach dessen strafgerichtlicher Verurteilung nicht veranlasst sei, da das Ministerium gegenüber der Antragstellerin keinen entsprechenden Verwaltungsakt erlassen habe.
124 
1.3.2.2.3 Der Akkreditierungsbescheid der DAkkS vom 04.04.2019 ist nicht geeignet, hiervon abweichend die Zuverlässigkeit der Geschäftsführerin der Antragstellerin zu belegen. Denn die Akkreditierung bescheinigt allein, dass die Antragstellerin die Anforderungen der DIN EN ISO/JEC 17020:2012 im Sinne der Anerkennungsvoraussetzung der Ziffer 2.1b Anlage VIIIb StVZO erfüllt. Die persönliche Zuverlässigkeit der Vertreter einer Überwachungsorganisation ist dagegen nicht Gegenstand des Akkreditierungsverfahrens nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten (ABl. L 218, S. 30). Hierbei handelt sich um eine eigenständige Voraussetzung für die Anerkennung als Überwachungsorganisation nach Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO, für welche ein Akkreditierungsbescheid der DAkks keinerlei Tatbestandswirkung entfaltet und deren Vorliegen eigenständig von der Anerkennungsbehörde zu prüfen ist.
125 
1.3.2.3 Der Widerruf der Anerkennung der Antragstellerin als Überwachungsorganisation erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber regelt in Ziffer 8 Satz 3 Anlage VIIIb StVZO eine gebundene Entscheidung; sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift – wie hier – erfüllt, ist die Anerkennung als Überwachungsorganisation zwingend zu widerrufen. Der Widerruf der Bestellung einzelner PI oder des technischen Leiters stellte sich überdies auch deshalb nicht als milderes – gleich geeignetes – Mittel dar, da der Widerruf der Anerkennung als Überwachungsorganisation in der Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerin gründet; diese sieht der Gesetzgeber indes als unerlässlich an (vgl. BT-Drs. 14/8766, S. 63).
126 
2. Die Anordnung in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides, ausgehändigte Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieurausweise von den PI einzuziehen und dem Ministerium bis zum 12.02.2020 zu übermitteln, findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 LVwVfG.
127 
Danach kann die Behörde, sobald ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, die auf Grund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern (Satz 1); der Inhaber und, sofern er nicht der Besitzer ist, auch der Besitzer dieser Urkunden oder Sachen sind zu ihrer Herausgabe verpflichtet (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
128 
Von dem Wortlaut und der Regelungsabsicht der Vorschrift, der Sicherheit des Rechtsverkehrs zu dienen und Missbrauch zu verhindern, ist auch eine Widerrufsentscheidung erfasst, die – wie hier – noch nicht unanfechtbar, aber sofort vollziehbar ist (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 26.10.2015 – 4 B 480/15 – juris, Rn. 30; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 52 Rn. 7 m.w.N.).
129 
Die Antragstellerin ist auch Inhaberin der Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieurausweise im Sinne des § 52 Satz 2 LVwVfG. Maßgeblich sind insoweit die tatsächlichen, nicht aber die eigentums- oder besitzrechtlichen Verhältnisse (vgl. Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019. § 52 Rn. 15; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 52 Rn. 7 m.w.N). Inhaber ist der in der Urkunde Genannte (vgl. BT-Drs. 7/910, S. 76), derjenige, für den die Sache ausgestellt (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 52 Rn. 10) und dem sie ausgehändigt worden ist (Ziekow, VwVfG, 4. Aufl. 2020, § 52 Rn. 6). Dies ist hier die Antragstellerin. Sie ist mit dem Bescheid des Ministeriums vom 10.10.1996 als Überwachungsorganisation nach der Anlage VIIIb StVZO anerkannt worden; hiermit ist ihr die hoheitliche Aufgabe der Durchführung von HU übertragen worden, deren Erfüllung die in dem angefochtenen Widerrufsbescheid genannten Sachen dienen. In diesem Sinne sind ihr die Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieur-Ausweise ausgehändigt worden.
130 
Die behördliche Entscheidung, die Herausgabe nicht unmittelbar von den PI als Besitzern der Prüfstempel, Prüfplaketten und Prüfingenieurausweise zu verlangen, sondern gegenüber der Antragstellerin anzuordnen, dass sie ihrerseits die bezeichneten Sachen von den PI einzieht und diese sodann an das Ministerium übermittelt, ist nicht zu beanstanden. Sie trägt der Regelungsabsicht der Anlage VIIIb StVZO Rechnung, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Überwachungsorganisationen als Beliehener und ihren PI von direkter staatlicher Einflussnahme so weit wie möglich frei zu halten, die Befugnisse gegenüber den PI bei dem technischen Leiter der Überwachungsorganisation zu konzentrieren und sich als Anerkennungsbehörde auf Befugnisse im Verhältnis zur Organisation zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 – BVerwG 3 C 8/11 – juris, Rn. 13).
131 
Schließlich erweist sich die Anordnung entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht deshalb als nichtig, weil sie aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann (§ 44 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG) oder sie die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht (§ 44 Abs. 2 Nr. 5 LVwVfG). Denn sie fordert von der Antragstellerin nicht, unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften den unmittelbaren Besitz an den bei den PI befindlichen Prüfstempeln, Prüfplaketten und Prüfingenieurausweisen zu ergreifen, sondern verpflichtet lediglich dazu, einen entsprechenden Herausgabeanspruch gegenüber diesen geltend zu machen. Dass der Antragstellerin einen solchen Anspruch aus dem Betrauungsverhältnis, aber auch auf der Grundlage der Prüfverträge mit den PI hat, hat der Antragsgegner im Verfahren ... im Einzelnen dargelegt (Antragserwiderung vom, S. 10 ff.); dieser wurde von der Antragstellerin zwischenzeitlich offenbar auch durchgesetzt.
132 
3. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Widerrufs- und Einziehungsentscheidung ist auch in der Sache zu Recht ausgesprochen worden. Im Bereich des Gefahrenabwehrrechts kann das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung mit dem Interesse am Erlass des Grundverwaltungsakts identisch sein (VGH Mannheim, Beschluss vom 03.02.2020 - 10 S 625/19 – juris, Rn. 6). So verhält es sich hier. Das Erfordernis einer zuverlässigen Geschäftsführung gemäß Ziffer 2.2 Anlage VIIIb StVZO und eines zuverlässigen technischen Leiters gemäß Ziffer 5 Satz 1 i.V.m. Ziffer 3.2 Anlage VIIIb StVZO sollen eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Überwachungsorganisation gewährleisten. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an einer ordnungsgemäßen Prüfung von Kraftfahrzeugen auf ihren den verkehrssicherheitstechnischen und immissionsschutzrechtlichen Anforderungen genügenden Zustand, um das Leben und die Gesundheit der Verkehrsteilnehmer zu schützen (BVerwG, Urteil vom 16.05.2019 – BVerwG 3 C 19/17 – juris, Rn. 35). Dies begründet bereits für sich genommen ein überwiegendes Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Widerrufs, hinter dem das private Interesse der Antragstellerin an der Fortsetzung ihres Betriebs zurückstehen muss. Denn eine Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter von Leben und Gesundheit kann nicht hingenommen werden, bis im Hauptsacheverfahren über die Klage entschieden ist (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 20.09.2011 - 10 S 625/11 – juris, Rn. 4 für die fehlende Fahreignung eines Verkehrsteilnehmers).
133 
Der Einwand der Antragstellerin, dass es schon deshalb an einem besonderen öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Widerrufs fehle, da das Ministerium trotz langjähriger Kenntnis einzelner Vorfälle bisher untätig geblieben sei, bleibt ohne Erfolg. Zwar mag die Aufsichtsbehörde schon zu einem früheren Zeitpunkt befugt oder verpflichtet gewesen sein, gegenüber der Antragstellerin Maßnahmen wie den Widerruf der Anerkennung als Überwachungsorganisation (Ziffer 8 Anlage VIIIb StVZO), der Zustimmung zu der Betrauung einzelner Prüfingenieure (Ziffer 3.7 Anlage VIIIb StVZO) oder der Bestätigung der Bestellung des technischen Leiters (Ziffer 5 Satz 4 Anlage VIIIb StVZO) anzuordnen. Dies bleibt indes vorliegend unbeachtlich. Denn maßgeblich ist allein, ob trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufes im Zeitpunkt der letztlich erfolgten behördlichen Entscheidung objektiv weiter ein besonderes Vollziehungsinteresse bejaht werden kann. Dies ist hier - wie dargelegt – aufgrund der aktuell fortbestehenden Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschäftsführerin und des technischen Leiters der Antragstellerin und der hierdurch weiter begründeten Gefahr für Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer der Fall.
134 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
135 
5. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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