Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 19 L 1754/98
Tenor
1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. 2. Der Streitwert wird auf DM 4.000,00 festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der sinngemäße Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, die Beigeladenen zu Polizeioberkommissaren zu befördern, bevor nicht eine erneute Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und den Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Die Antragstellerin hat den für die begehrte einstweilige Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
6Nach geltendem Beamtenrecht hat ein Beamter auch bei Erfüllung aller laufbahnrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung. Er kann vielmehr nur verlangen, in seinem beruflichen Fortkommen nicht aus sachwidrigen Erwägungen des Dienstherrn beeinträchtigt zu werden. Die Entscheidung über eine Beförderung liegt nach Maßgabe des Personalbedarfs und des Vorhandenseins freier besetzbarer Planstellen im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dieser hat sich bei seiner Ermessensausübung gemäß Art 33 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 25 Abs. 6 Satz 1, 7 Abs. 1 LBG NW am Leistungsgrundsatz zu orientieren. Er ist gehalten, ein Beförderungsamt demjenigen von mehreren Beförderungsbewerbern zu übertragen, der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für die Wahrnehmung der betreffenden Dienstaufgaben am besten qualifiziert erscheint. Im übrigen ist die Auswahlentscheidung bei im wesentlichen gleicher Qualifikation nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Der einzelne Beamte hat insoweit nur einen Anspruch auf rechts- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Dieser Anspruch ist nach § 123 Abs. 1 VwGO in der Weise sicherungsfähig, daß dem Antragsgegner untersagt werden kann, vorläufig die streitbefangene Stelle - endgültig - zu besetzen.
7Hiervon ausgehend ist - auf der Grundlage einer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung - nicht ersichtlich, daß dieser Anspruch der Antragstellerin auf rechts- und ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen verletzt wird. Der Antragsgegner hat den Beigeladenen aus Gründen, die den maßgeblichen Anforderungen genügen, den Vorrang vor der Antragstellerin eingeräumt.
8Dabei ist der Antragsgegner zunächst zu Recht davon ausgegangen, daß die Antragstellerin und die Beigeladenen gleich qualifiziert für die in Rede stehenden - jeweils zum 1. Juni und 1. Juli 1998 besetzbaren - Beförderungsstellen sind. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladenen erhielten mit der jeweils letzten (nach Nr. 4.2 BRL Pol erstellten) dienstlichen Beurteilung vom September 1996 bzw. Februar 1997 das Gesamturteil "die Leistung und Befähigung der Beamtin /des Beamten entsprechen voll den Anforderungen" (3 Punkte). Irgendwelche Notenzusätze i.S.d. sogenannten Binnendifferenzierung sind weder für die Antragstellerin noch für die Beigeladenen vergeben worden, so daß alle drei für die zu besetzenden zwei Beförderungsstellen als im wesentlichen gleich qualifiziert anzusehen sind.
9Unter Heranziehung der von ihm verwendeten Hilfskriterien bei der Auswahlentscheidung zur Besetzung von Beförderungsstellen nach BesGr. A 10 BBesO hat der Polizeipräsident C. zu Recht den Beigeladenen den Vorrang vor der Antragstellerin für die Beförderung eingeräumt. Hinsichtlich des ersten Hilfskriteriums "Jahr der Anstellung im gehobenen Dienst" ergibt sich zwar für keinen der Bewerber ein Vorrang, denn sie sind alle im Jahre 1995 angestellt worden: die Antragstellerin ist am 11. März 1995 zu Regierungsinspektorin, der Beigeladene zu 1) am 03. April 1995 zum Polizeikommissar und der Beigeladene zu 2) am 01. September 1995 zum Polizeikommissar ernannt worden. Bei Anwendung des zweiten Hilfskriteriums "Ergebnis der II. Fachprüfung (bzw. der Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst)" übertreffen die Beigeladenen die Antragstellerin jedoch eindeutig. Wie in der Antragserwiderung des Antragsgegners zutreffend dargelegt und durch die Personalakten bestätigt wird, haben sowohl der Beigeladene zu 1) als auch der Beigeladene zu 2) die II. Fachprüfung jeweils mit der Note gut bestanden. Demgegenüber hat die Antragstellerin bei ihrer Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Dienst die Note "ausreichend" erzielt. Dabei bedarf die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, inwieweit die Ergebnisse der II. Fachprüfung und der Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Dienst vergleichbar seien, hier keiner weiteren Vertiefung, weil die jeweiligen Noten(stufen)differenz jedenfalls so groß ist, daß die Beigeladenen im Vergleich zur Antragstellerin aufgrund der erzielten deutlich besseren Prüfungsergebnisse jedenfalls eindeutig die bessere Befähigung für den (jeweiligen) gehobenen Dienst gezeigt haben.
10Daß der Polizeipräsident C. die Hilfskriterien entsprechend seinem Schreiben vom 12. November 1997 an den Personalrat unter A. Nr. 1 (Beiakte 1 Bl. 1) und nicht anders, wie von der Antragstellerin für vorzugswürdig gehalten - gewählt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Bei gleicher Qualifikation mehrerer Bewerber ist der Dienstherr frei, welchen zusätzlichen Kriterien er im Rahmen sachgerechter Ermessensausübung die größere Bedeutung beimißt. Eine starre Reihenfolge von Hilfskriterien kann nicht aufgestellt werden (vgl. z.B. OVG NW, Beschluß vom 18. Juni 1996 - 6 B 3170/95 - unter Hinweis auf die ständige Senatsrechtsprechung). Mit der hier gewählten Reihenfolge bewegt sich der Polizeipräsident C. innerhalb des ihm überlassenen Ermessensspielraums der Anwendung zulässiger Hilfskriterien.
11Aus § 25 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz LBG kann die Antragstellerin keinen Vorrang gegenüber den Beigeladenen herleiten. Dabei kann dahinstehen, ob diese Vorschrift mit höherrangigem nationalen Recht vereinbar ist (was die Kammer in Übereinstimmung mit der einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in der Vergangenheit stets verneint hat). Geltung könnte der Norm allenfalls in der durch Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 11. November 1997 - C-409/95 -, DVBl 1998, 183 vorgenommenen Auslegung zukommen. Danach ist § 25 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz LBG, wonach Frauen unter bestimmten Voraussetzungen bei gleicher Eig- nung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern sind, "sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen", mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar, "vorausgesetzt
12- diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen, und - solche Kriterien haben gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung."
13Zu Recht hat der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung im Ergebnis die Anspruchsvoraussetzungen verneint, weil in der Person der Beigeladenen liegende Gründe überwiegen. Beide Beigeladenen haben die II. Fachprüfung als Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit einem wesentlich besseren Ergebnis als die Antragstellerin bestanden. Diesem Umstand darf der Dienstherr - wie hier durch Verwendung als zweites Hilfskriterium geschehen - als leistungsbezogenem Merkmal jedenfalls für die Übertragung des ersten Beförderungsamtes im gehobenen Dienst eine erhebliche Bedeutung zumessen, weil dem Prüfungsergebnis zumindest für einige Jahre Aussagekraft zum - in Streßsituationen unter Beweis gestellten - Leistungsvermögen eines Bewerbers zukommt. Ferner weisen die Beigeladenen zu 1) und 2) ein wesentlich höheres Dienstalter als die Antragstellerin auf: Der Beigeladene zu 1) befindet sich seit September 1975 im Probebeamtenverhältnis im Polizeidienst; der Beigeladene zu 2) ist seit April 1989 Beamter auf Probe in dem Polizeivollzugsdienst, während die Antragstellerin sich erst seit September 1992 im Probebeamtenverhältnis befindet. Demgegenüber sind etwaige zugunsten der Antragstellerin ins Gewicht fallende Kriterien nicht ersichtlich.
14Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entspricht es der Billigkeit, dem Antragsteller nicht etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Verfahrensantrag gestellt und sich damit auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG. Die Kammer legt den für Rechtsschutzverfahren dieser Art üblichen Streitwert von 4000.-- DM zugrunde, weil die Stellenbesetzung beider im Streit befindlichen Stellen Gegenstand eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens und sodann eines Gerichtsverfahrens gewesen sind.
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