Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 6 L 2303/98
Tenor
1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
2. Der Streitwert wird auf 4.000 DM festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der (sinngemäße) Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die studiengangbezogene künstlerische Eignung des Antragstellers für den Diplom-Studiengang Audiovisuelle Medien vorläufig festzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Führt der Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung - wie es vorliegend der Fall sein würde - zu einer Vorwegnahme der Hauptsache, sind an das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen und zwar derart, daß eine Verweisung auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen und er aller Voraussicht nach im Hauptsacheverfahren obsiegen würde. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob ein Anordnungsgrund vorliegt; denn jedenfalls hat der Antragsteller den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht dargetan und glaubhaft gemacht.
6Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung kann nicht festgestellt werden, daß dem Antragsteller ein Anspruch auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Feststellung der studiengangbezogenen künstlerischen Eignung des Antragstellers für den Studiengang Audiovisuelle Medien mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zusteht. Nur für diese Eignungsfeststellung ist die Antragsgegnerin zuständig, nicht hingegen für die vom Antragsteller - vom Wortlaut seines Antrages her - begehrte Zulassung zum Studium Audiovisuelle Medien, die in die Zuständigkeit des Rektors der Kunsthochschule für Medien Köln fällt, die festgestellte Eignung aber voraussetzt.
7Gemäß § 2 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 1 des Gesetzes über die Kunsthochschulen im Lande Nordrhein-Westfalen (Kunsthochschulgesetz - KunstHG) sowie § 2 Abs. 1 der Ordnung zur Feststellung der Eignung für den Diplom-Studiengang Audiovisuelle Medien an der Kunsthochschule für Medien Köln vom 24.05.1996 (GABl. NW II Nr. 7/96) - Feststellungsordnung - setzt die Zulassung für den Diplom-Studiengang Audiovisuelle Medien neben den weiteren Voraussetzungen der Einschreibung den Nachweis der künstlerischen Eignung für den Studiengang Audiovisuelle Medien als studiengangbezogene Eignung voraus. Das Feststellungsverfahren gliedert sich gemäß § 4 der Feststellungsordnung u.a. in die Vorlage künstlerischer Arbeitsproben des Studienbewerbers in Medien eigener Wahl (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 der Feststellungsordnung), gegebenenfalls eine künstlerisch-gestalterische Arbeit des Studienbewerbers zu einer von der Feststellungskommission gestellten thematischen Aufgabe mit statischen oder bewegten Bildern und zusätzlich einem erläuternden Text (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 der Feststellungsordnung) sowie ein gegebenenfalls notwendiges Fachgespräch. Nach § 4 Abs. 2 i.V.m. § 7 der Feststellungsordnung liegt eine studiengangbezogene Eignung bereits dann nicht vor, wenn der Studienbewerber aufgrund seiner Arbeitsproben unter Berücksichtigung der Bewertungskriterien nach § 6 der Feststellungsordnung für den Studiengang nach einstimmigem Beschluß der Feststellungskommission nicht geeignet erscheint, wobei "nicht geeignet" der Bewertung "ein Punkt" entspricht.
8So liegen die Dinge hier. Die Arbeitsproben des Antragstellers sind von den fünf Kommissionsmitgliedern übereinstimmend mit der Note "ein Punkt" bewertet worden.
9Dies läßt sich nach den Feststellungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nicht beanstanden. Der Antragsteller kann sich zunächst nicht mit Erfolg darauf berufen, daß das Feststellungsverfahren verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden sei, da die Feststellungskommission nicht - wie § 5 Abs. 2 Satz 1 der Feststellungsordnung vorsehe - aus sechs, sondern lediglich aus fünf stimmberechtigten Mitgliedern bestanden habe. Denn ausweislich der Ausführungen im Rahmen des Widerspruchsbescheides vom 15.10.1998 nahm vorliegend Prof. Graham-Smith gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a) der Feststellungsordnung im Rahmen der Kommission ebenfalls die Vertretung des Rektors wahr, wobei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 der Feststellungsordnung der Vertreter des Rektors mit einem der Mitglieder aus einer der vier Fächergruppen identisch sein kann.
10Die Kammer vermag ebenfalls nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit festzustellen, daß der Bewertung durch die Antragsgegnerin - wie der Antragsteller behauptet - ein unangemessener Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt wurde. Gemäß § 6 der Feststellungsordnung sind der Bewertung der Arbeitsproben zur Feststellung der künstlerischen Eignung die Kriterien Motivation zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit im Bereich der audiovisuellen Medien, künstlerische, gestalterische und technische Fähigkeiten im Umgang mit audiovisuellen Medien, konzeptionelle Fähigkeiten im Bereich audiovisuelle Medien sowie die sprachliche Kompetenz des Studienbewerbers zugrunde zu legen. Nach den Ausführungen der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 wurden die vorgelegten Arbeitsproben des Antragstellers nach den o.g. Kriterien des § 6 der Feststellungsordnung bewertet und die Bewertung anhand der Kriterien im einzelnen näher begründet. Die im Rahmen des Widerspruchsbescheides angeführten Gesichtspunkte tragen die Bewertung der Arbeitsproben mit "nicht geeignet = 1 Punkt". Insoweit ist für die Kammer die Zugrundelegung eines fehlerhaften Bewertungsmaßstabes nicht erkennbar. Dies muß umso mehr gelten, als der Antragsteller seine diesbezügliche Rüge auch nicht näher substantiiert hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Bewertungsmaßstab auch nicht etwa durch einen unabhän-gigen Sachverständigen zu ermitteln. Denn insoweit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
11Beschluß vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 -, NJW 1991, 2005 ff.,
12der zugrunde zu legende Bewertungsmaßstab und der den Prüfern zustehende begrenzte Bewertungsspielraum nicht isoliert zu sehen, sondern in einem Bezugssystem zu finden, das durch persönliche Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflußt wird. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. In dem Verwaltungsgerichtsprozeß eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht - auch mit Hilfe eines Sachverständi-gen - die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer Prüflinge maßgebend gewesen sind, nicht aufdecken, um sie auf eine nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müßte eigene Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Mit dem Grundsatz der Chancengleichheit wäre es jedoch unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsprozeß anstrengten, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten.
13Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch die Bewertung der Arbeitsproben im wesentlichen erkennbar und nachvollziehbar und im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht zu beanstanden. So wurde die Motivation des Antragstellers zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit im Bereich der audiovisuellen Medien mit "nicht geeignet = 1 Punkt" bewertet und im Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt sowie im Rahmen des Erörterungstermins vom 13.04.1999 anhand der vom Antragsteller vorgelegten Arbeit zu der von der Feststellungkommission gestellten Aufgabe zum Thema "Fetisch" sowie der Arbeitsproben vertieft, daß eine eigene Motivation des Antragstellers zur künstlerischen und gestalterischen Tätigkeit im Bereich der audiovisuellen Medien den eingereichten Arbeitsproben sowie der thematischen Arbeit nicht zu entnehmen sei. Vielmehr beweise der Antragsteller durch die Auswahl seiner Arbeitsproben - von denen allein sechs Zeichnungen die Darstellungen von Zwiebeln beträfen -, daß er vielleicht mit Fleiß Aufgaben löse, sich jedoch nicht mit eigenen originellen Ideen auseinandersetze. Dabei ließen die vorgelegten Ausarbeitungen u.a. auch vermissen, daß hierin die Sicht der Medienkunst, wie sie an der Kunsthochschule für Medien Köln gelehrt werde, ihren Ausdruck finde. Der Antragsteller ist dem nicht substantiiert entgegen getreten. Ebenfalls wurden die künstlerischen, gestalterischen und technischen Fähigkeiten des Antragstellers im Umgang mit audiovisuellen Medien mit "nicht geeignet = 1 Punkt" bewertet. Im Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 wurde zur Begründung der Bewertung dargelegt sowie im Rahmen des Erörterungstermins am 13.04.1999 anhand der Arbeiten des Antragstellers weiter erläutert, daß die vorgelegten Arbeitsproben und auch die Arbeit zum Thema "Fetisch" sowohl zeichnerisch als auch handwerklich bei weitem nicht den Anforderungen genügten. Darüber hinaus seien die Zeichnungen zum Teil lediglich - noch dazu schlecht - aufgeklebt. Gleiches gelte für die Beschriftung der Bestandteile der Arbeit zum Thema "Fetisch", die darüber hinaus lediglich mit Hilfe eines Computers ausgedruckt und aufgeklebt worden sei, und in ihrer Einheitlichkeit wesentliche gestalterische Elemente vermissen lasse. Mit den zum Thema "Fetisch" vorgelegten, teilweise aus der Werbung (u.a. Levis) entnommenen Bildern, zeige der Antragsteller zwar, daß er mit gefundenem Material umgehen könne. Es werde jedoch den an die Phantasie des Studienbewerbers sowie seine künstlerischen und gestalterischen Fähigkeiten zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, das gefundene Material lediglich mit einem - aufgeklebten - Slogan zu versehen. Das Video genüge sowohl dramaturgisch als auch handwerklich bei weitem nicht den Anforderungen. Die dem Video beigefügten Zeichnungen hätten ebenfalls handwerkliche wie technische Mängel und erfüllten die Funktion eines, von einem Studienbewerber des Studiengangs Audiovisuelle Medien zu erwartenden Storyboards nicht. Ein Storyboard gebe üblicherweise einen umfassenden Überblick über das, was von dem Videofilm zu erwarten sei und enthalte insbesondere Erläuterungen zu Ton, Kameraführung, Beleuchtung etc.. Dieser Funktion würden die als `erste Visualisierung der Szenerie´ beigefügten Zeichnungen des Antragstellers in keiner Weise gerecht. Wenn der Antragsteller gegen die Bewertung seiner künstlerischen, gestalterischen und technischen Fähigkeiten einwendet, die Entwicklung, die sich in den einzelnen Bestandteilen seiner Arbeitsproben widerspiegele, sei bei der Bewertung nicht hinreichend berücksichtigt worden, so ist dem im Rahmen des Erörterungstermins zurecht entgegen gehalten worden, daß für das Vorliegen der künstlerischen Eignung der Zeitpunkt der Bewerbung maßgeblich sei und zum Zwecke der Teilnahme am Feststellungsverfahren eine gezielte Auswahl aus den Arbeitsproben erfolge, die auch im Bewerbungszeitpunkt noch die künstlerischen, gestalterischen und technischen Fähigkeiten des Antragstellers wiedergäben. Dem ist der Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert entgegen getreten. Auch die konzeptionellen Fähigkeiten des Antragstellers im Bereich der audiovisuellen Medien wurden mit "nicht geeignet = 1 Punkt" bewertet. Zur Begründung wurde in dem Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt, das Video lasse ein Konzept weitgehend vermissen und habe keine für die Kommission erkennbare Dramaturgie. Auch bei der Zusammenstellung der restlichen Arbeiten fünde sich kein besonderes Konzept. Die Zeichnungen seien zum Beispiel zu wild gemischt und entbehrten einer für die Feststellungskommission erkennenbaren Konzeption, die jedoch erwartet werden müsse. Soweit der Antragsteller hiergegen einwendet, gemäß der Ansicht einiger - nicht näher bezeichneter - Fachkundiger basiere das Video sehr wohl auf einem erkennbaren Konzept, das Paradigma, bestehend aus Exposition, Konfrontation und Auflösung, sei vorhanden und für den Zuschauer nachvollziehbar, ist ein Bewertungsfehler nicht feststellbar. Insoweit ist die Rüge des Antragstellers bereits unsubstantiiert, da seine Ausführungen im wesentlichen lediglich seiner eigenen Wertung oder der anderer, nicht der Feststellungkommission angehörender Personen, das Video beruhe sehr wohl auf einem erkennbaren Konzept, entsprechen, eine Darlegung, in welcher Hinsicht im einzelnen der Antwortspielraum des Prüflings verkannt worden sei oder objektiv willkürliche prüfungsspezifische Wertungen getroffen worden seien, jedoch unterbleibt. Ebenfalls wurde die sprachliche Kompetenz des Antragstellers mit "nicht geeignet = 1 Punkt) bewertet. Zur Begründung wurde im Widerspruchsbescheid vom 24.06.1998/15.10.1998 ausgeführt sowie im Rahmen des Erörterungstermins erläutert, das Drehbuch erfülle die sprachlichen Anforderungen nicht. Darüber hinaus beständen auch die Texte im Rahmen der von der Feststellungskommission gestellten thematischen Arbeit im wesentlichen aus banalen Wortspielen, teilweise mit `kölschem Einschlag´. Dem ist der Antragsteller ebenfalls nicht substantiiert entgegen getreten, so daß auch insoweit eine fehlerhafte Bewertung im Hinblick auf die künstlerische Eignung durch den Antragsteller nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit dargelegt ist.
14Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzusetzenden gesetzlichen Auffangstreitwertes von 8.000 DM in Ansatz gebracht hat.
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