Gerichtsbescheid vom Verwaltungsgericht Köln - 26 K 9455/02
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger bezog während seines Studiums an der Hochschule Bremen im Studiengang Nautik Ausbildungsförderung als Darlehen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Er hat am 10. Januar 1996 die Abschlussprüfung mit der Gesamtnote gut (2,0) bestanden.
3Mit Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid vom 12. Januar 1998, der am 28. Januar 1998 als einfacher Brief zur Post aufgegeben wurde, stellte das Bundesverwaltungsamt die Darlehensschuld des Klägers auf den Gesamtbetrag von 6.792,50 DM fest, setzte das Ende der Förderungshöchstdauer auf den letzten Tag des Monats August 1993 fest und forderte den Kläger zur Rückzahlung ab dem 30. September 1998 in Vierteljahresraten zu 600,00 DM auf. In dem Bescheid wurde u. a. darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses ( § 18 b Abs. 3 BAföG) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides zu stellen sei.
4Nachdem sich der Kläger am 18. Januar 1999 telefonisch an das Bundesverwaltungsamt gewandt hatte, stellte er dort mit Schreiben vom 25. Januar 1999 - Eingang beim Bundesverwaltungsamt am 27. Januar 1999 - u. a. einen Antrag auf Gewährung eines studiendauerabhängigen Teilerlasses; er gab an, er sei im Zeitraum vom 14. Januar 1998 bis 09. Januar 1999 beruflich als 1. Nautischer Offizier bzw. als Kapitän auf einem Containerschiff tätig gewesen sei. Er habe deshalb den Antrag nicht früher einreichen können. Bereits am 26. Januar 1993 sei ihm nach erfolgreicher Fachprüfung die Befähigung zum Kapitän AG verliehen worden. Das Zeugnis über die Abschlussprüfung im Studiengang Nautik sei jedoch erst im Januar 1996 ausgestellt worden, da er aus finanziellen Günden die Diplomarbeit erst während des Dienstes an Bord und im Urlaub habe fertigstellen und die vorgeschriebene mündliche Prüfung erst zu einem späteren Zeitpunkt habe ablegen können.
5Das Bundesverwaltungsamt lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Mai 1999 ab. Zur Begründung führte es aus, der Antrag sei nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides vom 12. Januar 1998 gestellt worden. Dem Kläger könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, da er keine Vorkehrungen getroffen habe, dass Behördenschreiben ihn auch während seiner mehr als sechswöchentlichen Abwesenheit erreichen.
6Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als 1. Offizier bzw. Kapitän auf einem Containerschiff habe er keinen Nachsendeantrag stellen können. Ebenfalls habe er keine Vertrauensperson bevollmächtigen können, für ihn fristwahrende Handlungen vorzunehmen. Er lebe in Scheidung; seine Mutter sei aufgrund ihres hohen Alters und ihres Zustandes nicht in der Lage, diese Aufgabe wahrzunehmen.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 1999, dem Kläger zugestellt am 13. Juli 1999, wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch mit im Wesentlichen gleichen Ausführungen wie im Ausgangsbescheid zurück.
8Der Kläger hat am 10. August 1999 unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren Klage erhoben. Ergänzend führt er aus: Er habe am 14. Januar 1998, bereits knapp zwei Tage nach seinem Vorstellungsgespräch bei der Reederei, seinen Dienst auf einem Containerschiff u. a. mit Fahrten zwischen Ham- burg/Bremerhaven und skandinavischen Häfen auf unbestimmte Zeit aufgenommen. Die Frage des Nachsendens seiner persönlichen Post durch die Reederei sei bei dem Vorstellungsgespräch unberücksichtigt geblieben. Ein Nachsendeantrag sei wegen der unbestimmten Dauer des Einsatzes bei Seeleuten auch unüblich. Zudem habe er damals nicht mit dem Zugang eines Bescheides des Bundesverwaltungsamtes rechnen brauchen, durch den eine Frist in Lauf gesetzt werden würde. Er sei davon ausgegangen, dass er während der Aufenthalte im Hamburger Hafen häufiger seine ca. 40 Minuten entfernte Wohnung hätte aufsuchen können. Diese Annahme habe sich jedoch nicht bestätigt, da die jeweiligen Liegezeiten des Schiffes jeweils nur zwischen 1 und 3 Stunden betragen hätten und seine Anwesenheit während dieser Zeit zwingend erforderlich gewesen sei. Er habe deshalb während der gesamten Dienstzeit seine Wohnung nicht betreten können.
9Der Kläger beantragt sinngemäß,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 12. Mai 1999 und des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1999 zu verpflichten, ihm antragsgemäß den studiendauerabhängigen Teilerlass gemäß § 18 b Abs. 3 BAföG zu gewähren.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Die Fristversäumnis sei nicht unverschuldet. Bei einer nicht nur vorübergehenden Wohnungsabwesenheit von fast einem Jahr hätte der Kläger Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass ihm seine Post z. B. durch die Reederei zugeleitet oder ein Bevollmächtigter für ihn tätig würde. Da er sich im Rahmen seiner Tätigkeit häufiger in deutschen Häfen aufgehalten habe, hätten keine praktischen Hindernisse bestanden. Im Übrigen erfülle der Kläger nicht die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den studiendauerabhängigen Teilerlass, da der Abschluss der Ausbildung nicht mindestens 2 bzw. 4 Monate vor dem Ende der festgesetzten Förderungshöchstdauer endete. Maßgeblich sei allein der Zeitpunkt des letzten Prüfungsteils.
14Mit Beschluss vom 26. Juni 2002 hat die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesverwaltungsamtes Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
17Das Gericht kann nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil es der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
18Die zulässige Klage ist nicht begründet.
19Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten studiendauerabhängigen Teilerlass gemäß § 18 b Abs. 3 BAföG.
20Der Kläger erfüllt bereits nicht die materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die Teilerlassgewährung. Nach § 18b Abs. 3 Satz 1 BAföG in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes werden dem Auszubildenden auf seinen Antrag 5000,00 DM des Darlehens erlassen, wenn er die Ausbildung vier Monate vor dem Ende der Förderungshöchstdauer mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, nach den Ausbildungsvorschriften planmäßig beendet. Beträgt der in Satz 1 genannte Zeitraum nur 2 Monate, werden 2000,00 DM erlassen (vgl. § 18b Abs. 3 Satz 2 BAföG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen nicht vor. Denn der Kläger hat sein Studium ausweislich der Diplomurkunde und des Prüfungszeugnisses erst am 10. Januar 1996, mithin schon nicht vor Beendigung der im Feststellungsbescheid vom 12. Januar 1998 auf den letzten Tag des Monats August 1993 festgesetzten Förderungshöchstdauer beendet. Nicht entscheidend ist, dass dem Kläger bereits nach Bestehen der schriftlichen Fachprüfungen am 26. Januar 1993 die Befähigung zum Kapitän AG erteilt wurde. Denn maßgeblich für den Abschluss der Hochschulausbildung ist gemäß § 15 b Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz BAföG) allein der Zeitpunkt des letzten Prüfungsteils. Entsprechendes ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung vom 25. Januar 1993, in der es im letzten Absatz heißt: Das Bestehen der Hochschulabschlussprüfung gem. PO § 23 kann erst am Ende des Abschlussverfahrens, d. h. nach erfolgreicher Abschlussarbeit (Diplomarbeit) und mündlicher Prüfung (PO §§ 20 und 22) festgestellt werden." Die persönlichen und finanziellen Gründe, die nach dem Vortrag des Klägers zur zeitlichen Verzögerung der Abschlussprüfung geführt haben, können nicht berücksichtigt werden.
21Unabhängig davon hat der Kläger auch den gesetzlich erforderlichen Antrag nicht fristgerecht gestellt. Gemäß § 18 b Abs. 3 Satz 3 BAföG ist der Antrag auf Gewährung des studiendauerabhängigen Teilerlasses innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Feststellungs- und Rückzahlungsbescheides gemäß § 18 Abs. 5 a BAföG zu stellen. Diese Frist hat der Kläger versäumt; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann nicht gewährt werden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung im Gerichtsbescheid vom heutigen Tag im Verfahren 26 K 6612/99 Bezug genommen.
22Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
23Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.