Urteil vom Verwaltungsgericht Köln - 18 K 116/12
Tenor
Der Bescheid vom 21.2.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011 werden aufgehoben, soweit der Widerspruch Ziffer 6.3 NB-FÜ AT betrifft.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
Die Berufung wird zugelassen.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der zum DB-Konzern gehörenden DB G. AG. Sie bietet u.a. Eisenbahnverkehrsleistungen mit Autoreisezügen von 16 Verladestationen aus an, die von der DB Station & Service betrieben werden. Von eigenen Verladestationen in O. und X. auf T. aus betreibt die Klägerin den so genannten T1. über den I.---------damm . Dabei fahren ihre Kunden mit den eigenen Fahrzeugen auf die an der Verladestation stehenden Züge auf und verbleiben während der Fahrt in ihren Fahrzeugen. Motorradfahrer fahren mit ihren Motorrädern in einen Waggon hinein und fahren getrennt von diesen in einem Sitzplatzabteil im selben Waggon. Die einzelnen Züge des T1. verkehren in einem Takt von 30 bzw. 60 Minuten. Die Fahrzeit des Zuges von O. nach X. beträgt 35 Minuten.
3Nach Anhörung verpflichtete die Bundesnetzagentur die Klägerin mit Bescheid vom 14.10.2010, für die von ihr betriebenen Verladestationen in O. und X. Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) aufzustellen und darüber die Bundesnetzagentur bis zum 14.1.2011 im Rahmen einer Mitteilung nach § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG zu unterrichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Bundesnetzagentur mit Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011 zurück. Diese Bescheide sind Gegenstand des Verfahrens 18 K 115/12. Den nach Einlegung des Widerspruchs gestellten Antrag der Klägerin im Eilrechtsschutzverfahren hatte die Kammer mit Beschluss vom 9.12.2010 (18 L 1710/10) abgelehnt; die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 13.1.2011 (13 B 1810/10) zurück.
4Mit E-Mail vom 13.1.2011 teilte die Klägerin der Bundesnetzagentur ihre Absicht mit, die Nutzungsbedingungern für Fahrzeug-Übergangseinrichtungen für die Standorte O. und X. (NB-FÜ NW) erstmals zu erlassen, die aus einer Präambel und einem Allgemeinen Teil (NB-FÜ NW AT), einem Besonderen Teil (NB-FÜ NW BT), der Anlage 1 (Mediations- und Schiedsgerichtsvereinbarung, Anlage 2 (Infrastrukturliste DB AutoZug – Kraftfahrzeug-Übergangseinrichtungen), Anlage 3 (Anmeldeformular) und Anlage 4 (Technische Daten) bestehen. Mit Schreiben vom 17.1.2011 teilte die Bundesnetzagentur der Klägerin mit, sie sehe die E-Mail vom 13.1.2011 nicht als vollständige Unterrichtung i. S. d. § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG an, weil die beabsichtigte Neufassung der Liste der Entgelte zu den NB-FÜ NW fehle. Daraufhin reichte die Klägerin diese Liste, die ein Nutzungsentgelt je Slot Fahrzeugübergangseinrichtung von 37,- Euro für den Standort O. und von 86,- Euro für den Standort X. auswies, mit E-Mail vom 24.1.2011 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht nach.
5Mit Anhörungsschreiben vom 1.2.2012 bat die Bundenetzagentur die Klägerin u.a., die Differenzen der Einflussgrößen der Entgelte für die Nutzung der Fahrzeugübergangseinrichtungen in X. und O. zu konkretisieren sowie anhand geeigneter Unterlagen zu belegen.
6Mit Schreiben vom 8.2.2011 verwies die Klägerin diesbezüglich auf eine dezentrale Lage der Fahrzeugübergangseinrichtung im Bereich des Bahnhofs X. und einen daraus resultierenden erhöhten Personalaufwand als Grund für die unterschiedliche Höhe der Nutzungsentgelte zwischen diesem Standort und dem Standort O. . Mit Schreiben vom 14.2.2011 erläuterte die Klägerin, dass nach ihrer Auffassung die An- und Abfahrflächen für Kraftfahrzeuge, das Wegeleitsystem sowie die Kassen- und Schrankenautomaten nicht vom Eisenbahnregulierungsrecht erfasst seien.
7Die Bundesnetzagentur widersprach mit Bescheid vom 21.2.2011 der beabsichtigten Neufassung der NBS hinsichtlich der Ziffern 2.2.2 a) NBS-BT, 2.2.2 b) bis e) NBS-BT hinsichtlich der einleitenden Formulierung „Bestehen keine Marktalternativen“, 2.2.2 c) Nr. 1 NBS-BT, 6.3 NBS-AT, 3.2.1, 3.2.2, 4.5 und 4.6 NBS-BT sowie der beabsichtigten Neufassung der Liste der Entgelte (Nr. 1), setzte die Vollziehung des Widerspruchs zu Ziffern 2.2.2 a) bis e) aus (Nr. 2), verpflichtete die Klägerin, bis zum 21.3.2011 die in Ziffer 4.2 des Besonderen Teils der Nutzungsbedingungen sowie die in der Liste der Entgelte genannten „Sonderübergangsleistungen“ abschließend zu benennen und zu erläutern sowie die entsprechenden Entgelte mitzuteilen (Nr. 3) und drohte der Klägerin für den Fall der vollständigen oder teilweisen Nichterfüllung der in Nr. 3 genannten Verpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,- Euro an (Nr. 4). Zur Begründung führte die Bundesnetzagentur im Wesentlichen aus, sie widerspreche den vorgelegten Nutzungsbedingungen gemäß § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG, weil diese von der Klägerin als öffentlichem Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) vorgelegten NBS nicht mit dem Eisenbahnregulierungsrecht zu vereinbaren seien. Ziffer 2.2.2 a) NBS-BT, wonach Anträge der Klägerin als Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) auf Nutzung ihrer eigenen Fahrzeug-Übergangseinrichtungen Vorrang vor sonstigen Anträgen hätten, wenn Marktalternativen für Nutzungsanträge sonstiger Zugangsberechtigter bestünden, verstoße gegen § 10 Abs. 5 und 6 EIBV, weil diese Vorschrift nicht auf diesen Umstand abstelle. Zur Übernahme dieser in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2001/14/EG vorgesehenen Einschränkung des Zugangsrechts in das nationale Recht sei der deutsche Gesetzgeber entgegen der nicht entscheidungstragenden Tendenz des OVG NRW in seinem Beschluss vom 13.1.2011 (13 B 1818/10) nicht verpflichtet, weil die Richtlinie ausweislich ihres Art. 5 Abs. 1 Satz 1 in Übereinstimmung mit europarechtlichem Primärrecht lediglich eine Mindestharmonisierung in Form eines Mindestzugangspakets vorschreibe. Der Widerspruch sei ermessensgerecht, weil die beanstandete Klausel dem Eisenbahnregulierungsrecht widerspreche, eine Verweisung anderer EVU auf hinsichtlich ihrer Tauglichkeit und Betriebsbereitschaft unsichere andere Rampen in der Umgebung das in § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG verankerte Zugangsrecht von Zugangsberechtigten in unzulässiger Weise verkürze und eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin durch den Widerspruch nicht erkennbar sei. Das selbe gelte für die Klauseln 2.2.2 b) bis e) NBS-BT.
8Die erst im Rahmen der Anhörung eingefügte Klausel 2.2.2 c) Nr. 1 NBS-BT, nach der ein aus Ein- und Doppelstockeinheiten gebildeter Zug Vorrang habe, verstoße gegen das Diskriminierungsverbot. Ein Zugangsberechtigter mit einer anderen Zugkonfiguration unterliege immer gegenüber der Klägerin, weil sich die mit der Klausel von der Klägerin erstrebte Versorgungssicherheit und das angesichts der von der Bundesnetzagentur anerkannten besonderen örtlichen Verkehrsverhältnisse in O. und X. legitime Ziel größtmöglichen Abflusses der verschiedenen Kraftfahrzeuge allein an ihrem eigenen Betriebskonzept ausrichte und deshalb zu eng gefasst sei. Das gelte jedenfalls für die Zeiten vom späten Abend bis zum frühen Morgen, in denen der klägerische T1. bislang ohnehin nicht verkehre. Der Zugangsanspruch zu Serviceeinrichtungen bestehe ausweislich der Begründung zur Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung grundsätzlich ganztätig. Der Widerspruch sei zur Beseitigung des eisenbahnregulierungsrechtlichen Verstoßes erforderlich und berücksichtige die Interessen aller Betroffener.
9Die Klausel 6.3 NBS-AT verstoße wegen der Einschränkung möglicher Sicherheitsleistungen gegen § 5 Abs. 1 EIBV und damit gegen Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14/EG, wonach die Höhe im Verhältnis zum geplanten Umfang der Tätigkeit eines Antragstellers angemessen sein müsse. Letzteres werde in § 232 BGB geregelt, der mehrere Arten von Sicherheitsleistungen zulasse. Die Abweichung davon verletze das Zugangsrecht dritter EVU.
10Auch die Klauseln 3.2.1, 3.2.2, 4.5 und 4.6 NBS-BT, die eine Nutzung der klägerischen Serviceeinrichtung von einer Reservierungsgebühr in Höhe von 50 % der vereinbarten Vergütung abhängig machten, verletzten das Zugangsrecht, weil sie eine Vorauszahlung einführten, die nicht der Abwendung einer Sicherheitsleistung diene. Das verstoße gegen § 5 Abs. 1 EIBV, wonach über das Mittel der Sicherheitsleistung hinaus keine weiteren Bedingungen zulässig seien. Die zulässigen Sicherungsmittel als Schutz vor einer Insolvenz seien ausreichend. Entgegen der Behauptung der Klägerin seien diese Regelungen auch nicht Teil eines Anreizsystems i. S. d. § 24 Abs. 1 EIBV, weil sie nur die EVU belasteten und jenseits der Frage der prakischen Relevanz von „Scherzanmeldungen“ ein Ausfall eines Zugs nur die Leistung, nicht aber die Leistungsfähigkeit einer Serviceeinrichtung verringere. Der Widerspruch sei das einzige angemessene Mittel zur Verhinderung eines solchen eisenbahnrechtswidrigen Zustands.
11Den von der Klägerin beabsichtigten Entgelten werde widersprochen, weil die von der Klägerin entgegen der Aufforderung der Bundesnetzagentur nur unspezifiziert vorgetragenen infrastrukturellen Unterschiede wegen einer dezentralen Lage der Serviceeinrichtung in X. und aufgrund Personal-, Infrastruktur- sowie allgemeiner Verbrauchs- und Nebenkosten keine prüffähigen Angaben zur Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Eisenbahnrechts hinsichtlich des vorgesehenen Entgelts für die Nutzung eines 30 Minuten umfassenden Slots von 37 Euro für die Serviceeinrichtung in O. gegenüber 86 Euro für die Serviceeinrichtung in X. zugelassen hätten. Das führe nicht zu einer behördlichen Pflicht weiterer Nachforschungen im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes, sondern nach dem Urteil des OVG NRW vom 31.8.2007 (13 A 108/07) zur Vermutung eines Diskriminierungspotentials. Der Widerspruch sei geeignet, einen eisenbahnrechtswidrigen Zustand zu verhindern, gegenüber einer weiteren Informationseinholung auf der Grundlage des § 14c Abs. 2 AEG das wirksamere Mittel, weil anderenfalls die nicht prüffähigen Entgelte in Kraft getreten wären und Zugangsberechtigte hätten belasten können, und schließlich angemessen, weil der Klägerin die verlangten konkreten Daten notwendigerweise vorgelegen hätten und ohne Aufwand der Bundesnetzagentur hätten übermittelt werden können.
12Die Verpflichtung der Klägerin, die in Klausel 4.2 NBS-BT und in der Liste der Entgelte genannten Sonderübergangsleistungen zwecks Überprüfung des Umfangs der dem Regulierungsrecht unterfallenden Leistungen und gegebenenfalls ihrer Vereinbarkeit mit dem Regulierungsrecht abschließend zu erläutern und die entsprechenden Entgelte mitzuteilen, beruhe auf § 14c Abs. 3 Satz 1 AEG.
13Die Androhung des Zwangsgelds sei als Druckmittel angemessen, weil es im unteren Rahmen der nach § 14c Abs. 4 Satz 2 AEG möglichen Höhe liege. Die Frist zur Erfüllung der der Klägerin aufgebenen Pflichten sei i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 2 VwVG angemessen.
14Mit Schreiben vom 4.3.2011 übersandte die Klägerin die Entgeltliste, nach der nunmehr die Entgelthöhe für den Standort O. 38,00 Euro und für den Standort X. 88,00 Euro betragen sollte. Gleichzeitig teilte sie die Kosten für Personal- und Materialaufwand, Abschreibungen und sonstigen Aufwand sowie die Aufteilung auf die beiden Standorte der Fahrzeugübergangseinrichtungen mit und erläuterte, die höheren Aufwendungen am Standort X. ergäben sich aus den 500 m auseinanderliegenden Fahrzeugübergangseinrichtungen auf zwei unterschiedlichen Betriebsgleisen mit der Folge vier kleiner autarker Fahrzeugübergangseinrichtungen, weshalb die personelle Besetzung in O. wesentlich geringer sei.
15Daraufhin teilte die Bundesnetzagentur der Klägerin mit Schreiben vom 14.3.2011 mit, den beabsichtigten höheren Entgelten werde nicht widersprochen, weshalb sie nach Veröffentlichung gemäß § 14e Abs. 2 Nr. 2 AEG in Kraft treten könnten.
16Den von der Klägerin mit Schreiben vom 3.3.2011 gegen den Bescheid vom 21.2.2011 eingelegten, nicht begründerten Widerspruch wies die Bundesnetzagentur mit der Klägerin am 9.12.2011 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 7.12.2011 zurück.
17Die Klägerin hat am 9.1.2012 Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Die Bundesnetzagentur habe den Widerspruch nicht gemäß § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG innerhalb von vier Wochen nach der am 13.1.2011 erfolgten Unterrichtung seitens der Klägerin erlassen. Diese Unterrichtung sei vollständig gewesen, weil die von der Bundesnetzagentur verlangten Entgelthöhen nicht zum Gegenstand einer Mitteilung von der beabsichtigten Neufassung von NBS gemäß § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG gehörten. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift seien Entgelthöhen nur dann zugleich mit Entwürfen von NBS zu übermitteln, wenn diese unmittelbar die Entgelthöhen enthielten. Die Vorschrift gehe von einer voneinander unabhängigen Verpflichtung zur Übermittlung aus, weil die Entgelthöhen lediglich aus redaktionellen Gründen in keiner anderen Ziffer des § 14d AEG aufgeführt seien, die Entgeltliste nach § 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV kein Bestandteil der NBS sei und anderenfalls das unterschiedliche Fristensystem für NBS und die Liste der Entgelte gemäß § 4 EIBV einerseits und § 21 Abs. 7 EIBV andererseits ausgehebelt würde. Eine sukzessive Übermittlung sei auch zweckmäßig, weil die von den Entgeltgrundsätzen unabhängigen Entgelthöhen von dem EIV dann erst in Kenntnis eventueller Beanstandungen der NBS seitens der Regulierungsbehörde festgelegt und sodann innerhalb der kurzen vierwöchigen Frist von der Behörde geprüft zu werden brauchten. Die von § 14e Abs. 1 AEG normierten Zeiträume seien Entscheidungsfristen, die nicht von der Behörde durch einseitige Anforderung weiterer Unterlagen oder Begründungen verlängert werden könnten.
18Nr. 1 a) bis e) des angefochtenen Ausgangsbescheids seien darüber hinaus deshalb rechtswidrig, da die beabsichtigte Neufassung der NBS von vornherein deshalb kein tauglicher Gegenstand einer regulierungsbehördlichen Prüfung sei, weil die Klägerin aus den von ihr im Verfahren 18 K 115/12 dargestellten Gründen kein EIU sei und ihre Verladestationen nicht den in § 2 Abs. 3c AEG aufgezählten Serviceeinrichtungen unterfielen.
19Die Klauseln 2.2.2 a) bis e) NB-FÜ NW BT verstießen nicht wegen der Verweisung auf Marktalternativen gegen Eisenbahnrecht, weil gemäß dem Beschluss des OVG NRW vom 13.1.2011 (13 B 1818/10) und dem sich insoweit daran anschließenden Urteil der Kammer vom 14.1.2011 (18 K 1546/09) Marktalternativen im Wege einer an Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2001/14/EG zu orientierenden europarechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen seien. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur habe diese Vorschrift den Mitgliedstaaten schon wegen des Bezugs zur Dienstleistungsfreiheit, der Unanwendbarkeit speziellen Primärrechts in anderen Bereichen wie etwa im Umweltrecht, ausweislich der Erwägungsgründe 17 und 49 der Richtlinie sowie gemäß der beabsichtigten Novellierung der Richtlinie keinen auf einer Mindestregelung beruhenden Umsetzungsspielraum belassen, sondern umgekehrt mangels Öffnungsklausel eine zwingende Umsetzungsvorgabe gemacht, wozu bei eventuell dennoch vorhandenen Zweifeln eine Vorlage an den EuGH angeregt werde. Das folge auch aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur Vornahme von Investitionen, die aber erforderlich würden, wenn die Klägerin wegen Zugangs eines Dritten zu ihren Verladestationen in dieser Zeit selbst keine Verkehrsdienstleistungen durchführen könne. Zudem betreffe die Klausel 2.2.2 a) NB-FÜ NW BT nicht sämtliche Anträge, sondern nur Antragskonflikte. Einzelfälle einer Ablehnung seien von der Bundesnetzagentur nicht im Rahmen einer Vorab-Kontrolle von NBS nach § 14e Abs. 1 Nr. 6 AEG, sondern erst im Fall einer mitgeteilten beabsichtigten Ablehnung gemäß § 14e Abs. 1 Nr. 3 AEG zu prüfen.
20Auch die Vorgabe der Zugkonfiguration in Klausel 2.2.2 c) Nr. 1 NB-FÜ NW BT verstoße nicht gegen § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 EIBV, weil diese Vorschriften durch § 10 Abs. 3 Satz 2 EIBV verdrängt würden. Eine danach verbotene Ungleichbehandlung liege nicht vor, weil diese Klausel sämtliche EVU betreffe. Eine sachliche Rechtfertigung liege ebenfalls vor, weil die nach Erwägungsgründen 17 und 18 der Richtlinie 2001/14/EG zu berücksichtigenden Interessen der EIU nicht auf technische Kompatibilitätsanforderungen beschränkt seien und deshalb auch geschäftliche Belange einschlössen. Auch nach der Rechtsprechung des OVG NRW könne sich eine sachliche Rechtfertigung für Vorgaben eines EIU aus anderen Gründen wie beispielsweise politischen Vorgaben ergeben. Solche lägen hier schon wegen der erforderlichen Kompatibilität von Verladestationen und Eisenbahnfahrzeugen und wegen des durch die Klausel sichergestellten bestmöglichen Abflusses von Fahrzeugen samt Versorgungssicherheit der Insel vor. Die Abstände der einzelnen Fahrzeugübergangseinrichtungen seien so gewählt, dass bei der vorgeschriebenen Zugkombination die zeitgleiche Beladung sowohl mit Lkw als auch mit Pkw stattfinden könne. Die Abstimmung der Wagenkonfiguration auf die Abwicklung der eigenen Verkehre der Klägerin sei gerechtfertigt, weil ihr nach einem allgemeinen, in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB und § 10 Abs. 6 Nr. 2 EIBV konkret umgesetzten Rechtsgedanken eine Mitbenutzung ihrer eigenen Einrichtungen zumutbar sein müsse. Das ergebe sich ferner aus dem Erwägungsgrund 22 der Richtlinie 2011/14/EG. Zudem seien die Vorgaben der beanstandeten Klausel angemessen, weil sie nur im Fall mehrerer konfligierender Anträge und dabei erst nach zwei vorrangigen Kriterien Geltung beanspruche, so dass die von der Beklagten betonten Zeiten außerhalb der klägerischen Verkehre gar nicht von der Klausel betroffen seien.
21Klausel 6.3 NB-FÜ NW AT verstoße nicht gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV, weil diese Vorschrift das EIU lediglich hinsichtlich der Höhe, nicht jedoch der Art der Sicherungsmittel Beschränkungen unterwerfe. Zudem seien sämtliche EVU von der Klausel gleichermaßen betroffen. Die beanstandete Klausel wirke auch nicht als faktische Zugangsblockade, weil die dort vorgesehenen Sicherungsmittel im Geschäftsverkehr üblich und finanziell leistungsfähigen Zugangsberechtigten problemlos möglich seien. Weil finanziell nicht leistungsfähige Unternehmen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 AEG nicht am Eisenbahnverkehr teilnehmen dürften, scheide im Übrigen schon mangels Zugangsrechts eine Diskriminierung aus. Eine weiter gehende Prüfung sei den Zivilgerichten vorbehalten.
22Die eine Reservierungsgebühr regelnden Klauseln verstießen nicht gegen § 5 Abs. 1 EIBV, weil diese Vorschrift hinter die speziellere des § 10 Abs. 3 Satz 2 EIBV zurücktrete. Aus dieser das Diskriminierungsverbot normierenden Vorschrift folge, dass es nur einer sachlichen Rechtfertigung für eine Antragsablehnung bedürfe und eine solche deshalb nicht auf Fälle unerfüllter Sicherheitsverlangen beschränkt sei. Zudem stelle dies einen Teil der Anreizregelungen dar, die nicht auf gleich- und beidseitige Wirkungen beschränkt seien. Die Verringerung der tatsächlichen Leistung einer Serviceeinrichtung durch Anmeldungen, deren Wahrnehmung von vornherein nicht beabsichtigt seien, stelle entgegen der Darstellung der Beklagten auch eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit von Serviceeinrichtungen dar, deren Vorbeugung ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin sei. Die Klausel belaste die Zugangsberechtigten auch nicht unangemessen, weil bei rechtzeitiger Stornierung, die sogar mit einem Vorlauf von weniger als 24 Stunden möglich sei, nur 30 % des vereinbarten Entgelts anfielen und darüber hinaus geleistete Reservierungsgebühren erstattet würden, so dass es insbesondere dadurch zu keiner Übersicherung komme.
23Der Widerspruch gegen die beabsichtigte Fassung der Entgelte sei rechtswidrig, weil die Beklagte weder einen Preishöhenmissbrauch noch eine diskriminierende Entgeltgestaltung i. S. d. § 14 Abs. 5 Satz 2 AEG nachgewiesen habe. Eine entsprechende Schlussfolgerung sei auch nicht als Folge einer Mitwirkungslast möglich. Anders als den Betreiber von Schienenwegen gemäß § 14d Satz 3 AEG treffe den Betreiber einer Serviceeinrichtung keine Begründungspflicht im Rahmen einer Mitteilung nach § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG. Anderenfalls würde entgegen der Systematik des § 14d AEG nicht nur eine solche Pflicht, sondern auch eine Entgeltgenehmigung wie nach § 23a EnWG geschaffen. Eine Pflicht zur lückenlosen Darlegung ihrer Kalkulationsunterlagen könne sich auch nicht daraus ergeben, dass ein Preishöhenmissbrauch allein am Maßstab der in § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 AEG geregelten Kostenkontrolle zu prüfen wäre, weil das nur „insbesondere“ gelte, so dass entsprechend der gleich lautenden Regelungstechnik in § 19 Abs. 1 und 4 GWB andere Kontrollmaßstäbe wie insbesondere das Vergleichsmarktkonzept, etwa anhand der mit Schreiben vom 23.12.2011 mitgeteilten unterschiedlichen Entgelthöhen für Autoreiszug-Terminals ihrer Konzernschwester in O. und X. , nicht ausgeschlossen seien, zumal es hier auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung ankomme. Aus der fehlenden Normierung des Verbots zu Beginn des § 14 Abs. 5 AEG im Gegensatz zu § 29 Satz 1 Nr. 2 GWB folge, dass dem EIU keine Verpflichtung zum Beweis für die Rechtmäßigkeit seiner Entgelte auferlegt würde, sondern eisenbahnrechtlich eher eine Zielbestimmung vorliege. Eine materielle Beweislast treffe die Klägerin allenfalls bei fehlender Nachweisbarkeit von Kosten, die als eine sachliche Rechtfertigung für Entgeltdifferenzierungen herangezogen werden. Allenfalls könne § 14 Abs. 5 AEG eine Plausibilisierungspflicht entnommen wrden. Eine nachteilige Beweiswürdigung sei danach aber schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin in ihrem Schreiben vom 8.2.2011 dargelegt habe, dass ihre Entgelthöhen sich nach den anfallenden Kosten in den jeweiligen Fahrzeugübergangseinrichtungen einschließlich der Zuwege, aber ohne Vorstauflächen und die dort aufgeführten Dispositions- und Vertriebstätigkeiten bemäßen. In X. lägen die Fahrzeugübergangseinrichtungen an vier verschiedenen Standorten an zwei Gleisen, woraus sich bei erforderlicher zeitgleicher Besetzung aller Einrichtungen eine analoge Schichtbesetzung von 19 Personen einschließlich der Urlaubs- und Krankheitsvertretung gegenüber fünf Personen in O. ergebe, wie die Klägerin bereits in ihrem Schreiben vom 24.1.2011 gegenüber der Bundesnetzagentur dargelegt habe. Dort habe sie auch auf die Vorhaltung des Grundstücks in zentraler Lage von X. und auf die wegen der vier räumlich voneinander getrennten Fahrzeugüberleitungs-einrichtungen erhöhten Kosten für Verkehrssicherung, Winterdienst, laufende Instandhaltung sowie getrennte Auf- und Abfahrten hingewiesen. Dementsprechend habe sie diejenigen Kostenpositionen ausgeschieden, die nicht regulierte Bereiche ihrer Tätigkeiten in O. und X. beträfen. Die Beklagte habe zudem ihre Entgelte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht argumentativ hinterlegt, woraufhin die Bundes-netzagentur die Entgeltliste habe in Kraft treten lassen. Aus den selben Gründen sei auch eine diskriminierende Entgeltbemessung gemäß § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AEG nicht hinreichend belegt, weil die jeweiligen Entgelthöhen für jeden Nutzer gälten und eine verdeckte Diskriminierung zum Vorteil der Klägerin und ihrer Konzernschwestern wegen des im Schreiben vom 8.2.2011 genannten Grundes für die auch für die Konzernschwester geltende anlagenbezogene Entgeltdifferenzierung in Form eines deutlich höheren Personalaufwands im Bereich des Bahnhofs X. nicht vorliege.
24Die angeordnete Erläuterung der Klausel 4.2 NB-FÜ NB BT und der Entgeltliste entbehre einer Rechtsgrundlage, weil die in Art. 7 der Richtlinie 2001/14/EG geregelte Vorlage von Informationen lediglich fakultativ sei, dafür § 14c Abs. 3 Satz 1 AEG nach dem Beschluss des OVG NRW vom 22.2.2008 (13 B 68/08) nicht in Betracht komme und etwas anderes auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.12.2011 (6 C 39.10) folge, das sich allein zu Befugnissen des Eisenbahn-Bundesamts auf der Grundlage des § 5a Abs. 4 und 5 AEG verhalte und nicht auf das hier in Rede stehende Eisenbahnregulierungsrecht übertragbar sei. Auf § 14c Abs. 1 AEG könne die Bundesnetzagentur ebenfalls nicht zurückgreifen, weil eine Verletzung von Zugangsnormen im Hinblick auf Sonderübergangsleistungen nicht zu besorgen sei, da sie nicht zu den regulierten Tätigkeiten, die abschließend aufgezählt seien, gehörten. Da die Pflichtinhalte von NBS gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EIBV sich nach der Kammerrechtsprechung höchstens auf die mit der Zugangsgewährung verbundenen Leistungen beziehe, deren Umfang der Betreiber der Serviceeinrichtung aber – anders als ein Betreiber von Schienenwegen – selbst bestimmen könne, könne eine Erläuterungspflicht der Klägerin für ihre NBS nicht weiter gehen. Daraus folge auch die Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung.
25Die Klägerin beantragt,
26den Bescheid der Beklagten vom 21.2.2011 – mit Ausnahme dessen Ziffer 2 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.12.2011 aufzuheben.
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Zur Begründung vertieft die Beklagte ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und trägt darüber hinaus vor: Die Vierwochenfrist des § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG sei nach dem eindeutigen Wortlaut des auf § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG verweisenden § 14e Abs. 1 Satz 1 AEG erst durch die Übersendung der Entgeltliste der Klägerin ausgelöst und deshalb eingehalten worden. Abgesehen davon, dass ein Gesetz nicht anhand der auf diesem beruhenden Verordnung ausgelegt werden könne, widerspreche § 10 Abs. 1 Satz 1 EIBV, wonach die Liste der Entgelte nicht Bestandteil der NBS sei, auch nicht dem § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG, weil es einer gesonderten Regelung für NBS und die Entgelthöhen in § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG nicht bedürfte, wenn die Entgelthöhen Gegenstand der NBS wären. Dadurch komme es auch nicht zu einer Aushebelung der in § 21 Abs. 7 EIBV geregelten Fristen, weil diese Vorschrift zum einen allein die Betreiber der Schienenwege betreffe und die Klägerin selbst dabei das den Zugangsberechtigten eröffnete Beteiligungsverfahren des § 4 Abs. 4 und 5 EIBV mit der in § 21 Abs. 7 EIBV geregelten Veröffentlichungsfrist verwechsle. Die gleichzeitige Prüfung sei entgegen den Darlegungen der Klägerin auch zweckmäßig, weil die in den NBS enthaltenen Entgeltgrundsätze die Entgelthöhen beeinflussten, allein aus den Entgelthöhen aber nicht die für die Festlegung der Entgeltgrundätze maßgeblichen Entscheidungen ablesbar seien.
30Die Klägerin sei aus den von der Beklagten im Verfahren 18 K 115/12 dargelegten Gründen als öffentliches EIU, das eine Serviceeinrichtung betreibe, gemäß § 10 Abs. 1 EIBV zur Aufstellung von NBS verpflichtet. Auch die allein auf den Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsgrundsatz abstellenden Erwägungsgründe 17 und 49 der Richtlinie 2001/14/EG bänden den nationalen Gesetzgeber nicht, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie umzusetzen. Das entspreche auch der inzwischen ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit, dass sämtliche EIU einen Zugangspetenten jeweils auf ein anderes EIU verwiesen. Novellierungen der Richtlinie 2001/14/EG besagten nichts zum geltenden Recht. Das Eisenbahnregulierungsrecht normiere keine von der Klägerin befürchtete Pflicht zu Investitionen. Im Übrigen seien auch keine Alternativen unter Marktbedingungen zu der von der Klägerin betriebenen Anlage vorhanden, weil Letztere die Besonderheit aufweise, dass sie die seitliche Beladung der Autozüge ermögliche, wohingegen andere Laderampen lediglich ein Beladen von der Kopfseite her ermöglichten.
31Die von der Klägerin statuierte Pflicht zur Beibringung bestimmter Sicherheitsleistungen widerspreche § 5 Abs. 1 EIBV, der dem EIU nicht Vorgaben zur Art der Sicherheitsleistung einräume, sondern nur zu den Fragen, ob, wann, in welcher Höhe und in welchem Verfahren Sicherheitsleistungen gefordert werden. Selbst bei gegenteiliger Annahme sei die Klägerin angesichts der kraft Gesetzes bestehenden Vermutung dafür, dass die Regelung in § 232 BGB angemessen sei, nicht ihrer Darlegungs- und Beweislast dafür nachgekomen, weshalb ihre davon abweichende Klausel angemessen sei. Sie benachteilige insbesondere EVU im Gelegenheitsverkehr sowie Markteinsteiger, für die eine Beibringung der geforderten Sicherheit mit erheblichem finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden sei, in unangemessener Weise.
32Die Reservierungsgebühr stelle eine Vorauszahlung dar, die weder nach § 5 Abs. 1 EIBV noch nach Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14/EG erlaubt sei. Selbst wenn die teilweise Voraberfüllung des vereinbarten Entgelts nur als Sicherungsmittel zu werten wäre und Art. 16 der Richtlinie keine quantitativen Vorgaben machen würde, überschritten die Reservierungsgebühren wegen der Erhöhung der bereitzustellenden Sicherheiten bis auf das Eineinhalbfache des vereinbarten Entgelts die Grenze der Angemessenheit. Dass diese Vorauskasse nicht dem Anreizsystem zuzuordnen sei, belege der Umstand, dass Reservierungsgebühren in dem von der Klägerin später als beabsichtigt mitgeteilten Anreizsystem nicht enthalten seien.
33Die Darlegungslast der Klägerin hinsichtlich der Liste der Entgelte beruhe auf allgemeinen Beweislastverteilungsgrundsätzen und sei von der besonderen Verpflichtung für Betreiber von Schienennetzen in § 14d Satz 3 AEG zu unterscheiden. Die Unterlassung, entsprechende Daten zwecks Überprüfung vorzulegen, gehe zu Lasten der Klägerin. Sie habe ihre Angaben erst im Lauf des Gerichtsverfahrens sowie im Rahmen eines weiteren Vorab-Kontrollverfahrens substantiiert. Eine Vergleichsmarktbetrachtung habe ebenso wenig durchgeführt werden können, weil die entsprechenden Daten einer Konzernschwester der Klägerin erst mit einem Schreiben vom 23.12.2011 und damit nach Erlass des Widerspruchsbescheids übermittelt worden seien.
34Die Auskunftsanordnung habe angesichts des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zur fast wortgleichen Vorschrift des § 5a Abs. 5 AEG entgegen dem Beschluss des OVG NRW vom 22.2.2008 (13 B 68/08) in § 14c Abs. 3 Satz 1 AEG ihre Rechtsgrundlage, weil diese vom Gesetzgeber ausdrücklich der Regelung des § 5a Abs. 5 AEG nachgebildet worden sei und es fern liege, im Gegensatz zu allen anderen Regulierungsbereichen ein sinnloses, weil nicht von der Behörde durchsetzbares Auskunftsrecht zu normieren. Dem Auskunftsverlangen stehe nicht entgegen, dass es sich bei den davon betroffenen Sonderübergangsleistungen der Klägerin nach ihren Angaben um nicht der Regulierung unterfallende Leistungen handele, weil das Auskunftsverlangen gerade der Prüfung dieser Frage diene.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide insoweit rechtmäßig sind und deshalb die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
38Rechtsgrundlage für den Widerspruch in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids vom 21.2.2011 ist § 14e Abs. 1 Nr. 4 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG). Danach kann die (Bundesnetzagentur als nach § 4 Abs. 1 Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz zuständige) Regulierungsbehörde nach Eingang einer Mitteilung nach § 14d AEG innerhalb von vier Wochen der beabsichtigten Neufassung oder Änderung nach § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG widersprechen, soweit die beabsichtigten Entscheidungen nicht den Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur entsprechen. Diese Pflichten ergeben sich aus den §§ 14 bis 14f AEG sowie der Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung (EIBV).
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.10.2009 ‑ 13 1334/09 -, N&R 2010, 45.
40Der Widerspruch der Bundesnetzagentur erfolgte entgegen der Meinung der Klägerin rechtzeitig. Denn die vierwöchige Frist des § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG beginnt erst mit vollständiger Vorlage sämtlicher nach § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG vorzulegender Unterlagen zu laufen, weil es anderenfalls ein EIU in der Hand hätte, die Einhaltung dieser Frist für Teile beabsichtigter NBS oder in dem Fall, dass NBS nur im Zusammenhang verständlich und damit überprüfbar sind, sogar für sämtliche NBS zu vereiteln. Zu den vorzulegenden Unterlagen gehören bereits nach dem Wortlaut des § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG auch die Entgelthöhen; damit ist die in § 4 Abs. 2 Satz 2 bzw. in dem hier in Rede stehenden § 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV so bezeichnete „Liste der Entgelte“ identisch. Daraus, dass nach diesen Vorschriften die Liste der Entgelte weder Bestandeil der Schienennetz-Benutzungsbedingungen (SNB) noch Bestandteil der NBS ist, folgt nichts Gegenteiliges. Zum einen ist die Vorschrift eines Gesetzes nicht anhand der auf diesem Gesetz beruhenden Verordnung auszulegen, sondern umgekehrt deren Sinn anhand des Gesetzes. Zum anderen führte aber auch der Wortlaut der §§ 4 Abs. 2 Satz 2 und 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV nicht zu der von der Klägerin vertretenen Auslegung, nach der die Liste der Entgelte gemäß § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG getrennt von den NBS und nur dann zusammen mit diesen vorzulegen sei, wenn die Liste der Entgelte entgegen § 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV doch Bestandteil der NBS sei. Abgesehen davon, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber bei der Fassung der Vorschriften eben ausschließlich von dieser Fassung und nicht von irgendeinem davon abweichenden Verhalten der Normadressaten ausgeht und demgemäß Normen nicht anhand eines solchen Verhaltens ausgelegt werden können, berücksichtigte § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG entweder den Wortlaut des erst später erlassenen § 4 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV nicht, so dass sich aus der Verordnung für eine vom natürlichen Sprachgebrauch abweichende Auslegung des § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG nichts ergibt. Oder § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG hatte bereits die - möglicherweise vom Verordnungsgeber bereits angedachte - Fassung des § 4 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 10 Abs. 1 Satz 2 EIBV im Blick, woraus indes ebenfalls nur folgt, dass § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG die gemeinsame Vorlage von (SNB bzw.) NBS und Entgelthöhen vorgibt. Zum einen werden dort ohne Einschränkungen die (SNB bzw.) NBS „einschließlich“ der jeweils vorgesehenen Entgelthöhen bezeichnet. Zum anderen behandelt § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG Nutzungsentgelte und Entgeltgrundsätze gleich, obwohl Letztere - anders als die Entgelthöhen - gemäß (§ 4 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Anlage 2 Nr. 2 bzw.) § 10 Abs. 1 Satz 3 EIBV Bestandteil der (SNB bzw.) NBS sind. Dieses Ergebnis gilt aus der Sicht der Klägerin, obwohl die Liste der Entgelte nicht Bestandteil der (SNB bzw.) NBS sind, nach dem objektiven Sinn der Vorschriften indes gerade, weil sie nicht Bestandteil von SNB und NBS sind. Die Verpflichtung des EIU zur Vorlage der Liste der Entgelte steht dabei aber – wie auch die Pflicht zur Vorlage von (SNB oder) NBS – nach dem Wortlaut des § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG (jeweils) unter dem Vorbehalt, dass deren Neufassung oder Änderung seitens des EIU beabsichtigt ist. So liegt der Fall hier, weil die Klägerin - gemäß ihrer Verpflichtung aus dem (dem Verfahren 18 K 115/12 zugrundeliegenden) vorangegangenen Bescheid der Bundesnetzagentur vom 14.10.2010 in der Fassung deren Widerspruchsbescheids vom 7.1.2011 - jeweils erstmals NBS und eine Liste der Entgelte aufzustellen beabsichtigte.
41Im Übrigen ist dieses Verfahren entgegen dem Vortrag der Klägerin auch zweckmäßig, weil die konkrete Höhe jedes Entgelts aufgrund logischer und betriebswirtschaftlicher Grundsätze selbstverständlich von den jeweils zugrundegelegten Parametern abhängt, die als Vorfragen, Vorüberlegungen oder Faktoren in den Entgeltgrundsätzen zu beschreiben sind, die zu den (SNB bzw.) NBS gehören. Darauf hat die Beklagte im Einzelnen zu Recht hingewiesen. Weil die Vervollständigung der nach § 14d Satz 1 Nr. 6 AEG erforderlichen Unterlagen mit der Vorlage der Liste der Entgelte durch Schreiben der Klägerin vom 24.1.2011 am selben Tag erfolgte, lief die vierwöchige Frist des § 14e Abs. 1 Nr. 4 AEG am 24.2.2011 ab, weshalb der hier angefochtene Ausgangsbescheid der Bundesnetzagentur vom 21.2.2011 der Klägerin mit ausweislich des unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am selben Tag erfolgter Zustellung fristgemäß bekannt gegeben wurde.
42Entgegen der Meinung der Klägerin unterliegt sie als ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) der eisenbahnrechtlichen Regulierung und ist gemäß § 10 Abs. 1 EIBV verpflichtet, Nutzungsbedingungen für Serviceeinrichtungen (NBS) bezogen auf ihre Verladestationen in O. und X. aufzustellen. Wegen der Begründung wird auf das heutige, den Beteiligten bekannte Urteil im Verfahren 18 K 115/12 verwiesen.
43Die beabsichtigten Klauseln 2.2.2 a) bis e) NB-FÜ NW BT verstoßen dadurch gegen Eisenbahnregulierungsrecht, dass sie das vom Gesetz und Verordnungsgeber bewusst nicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.2.2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 75, S. 29), berichtigt unter dem 27.7.2001 (ABl. Nr. L 202519), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 (ABl. Nr. L 31544) - im Folgenden kurz: Richtlinie (RL) - in das nationale Recht übernommene Kriterium der „vertretbaren Alternativen unter Marktbedingungen“ enthalten und zur Entscheidungsgrundlage im Fall von Anträgen dritter EVU auf Zugang zu der von der Klägerin als EIU betriebenen Serviceeinrichtung machen. Die Kammer ist, insoweit in Abweichung von der Rechtsprechung des
44OVG NRW, Beschluss vom 13.1.2011 - 13 B 1818/11 -, und ihm folgend von den Entscheidungen der erkennenden Kammer in ihrem Urteil vom 14.1.2011 - 18 K 1546/09 - und im Beschluss vom 22.12.2011 - 18 L 1774/11 -,
45davon überzeugt, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL im deutschen Eisenbahnregulierungsrecht überhaupt keine Berücksichtigung finden kann; auch eine europarechtskonforme Auslegung ist nicht möglich. Dazu hat die Kammer bereits im heutigen Urteil zum Aktenzeichen 18 K 115/12 erläutert:
46„Bereits das
47BVerwG, Urteil vom 13.6.2012 - 6 C 42.10 -,
48hat ausgeführt, dass der deutsche Gesetzgeber den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 RL enthaltenen Vorbehalt des Fehlens vertretbarer Alternativen unter Marktbedingungen „ersichtlich nicht übernommen“ hat, ohne dass es diese Unterlassung aus europarechtlichen Gründen beanstandet hat. Auch die Kammer ist - mit der Beklagten - der Ansicht, dass der deutsche Gesetzgeber europarechtlich nicht gehalten war, den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL benannten Ablehnungsgrund vertretbarer Alternativen unter Marktbedingungen in das nationale Recht zu übernehmen. Vielmehr durfte er insoweit eine besonders wettbewerbsfreundliche Regelung treffen, die über die umzusetzenden europarechtlichen Vorgaben hinausgeht. Das folgt daraus, dass die Richtlinie lediglich Mindestanforderungen für den Eisenbahnsektor vorgibt.
49Dies beruht nach Auffassung der Kammer allerdings nicht unmittelbar auf der von der Beklagten betonten Regelung eines „Mindest“zugangspakets durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Anhang II RL. Denn dieses Mindestzugangspaket wird von Anhang II RL allein in Nr. 1 geregelt und bezieht sich weder auf den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen noch auf die Nutzung der Serviceeinrichtungen, weil beide selbstständig unter Nr. 2 des Anhangs II RL geregelt sind. Der Schienenzugang zu den Serviceeinrichtungen und deren Nutzung werden von der Richtlinie auch nicht als Teil der Nutzung zugewiesener Fahrwegkapazität, der nach Anhang II Nr. 1 Buchstabe b RL Teil des Mindestzugangspakets ist, angesehen. Das würde zum einen der Definition der Trasse unter Art. 2 Buchstabe l RL widersprechen, die für die Definition der (von Anhang II Nr. 1 Buchstabe b RL aufgegriffenen) Fahrwegkapazität in Art. 2 Buchstabe g RL relevant ist. Zum anderen spricht vor allem Art. 5 Abs. 1 Satz 1 RL selbst dagegen. Haben die Eisenbahn(verkehrs)unternehmen danach unter Ausschluss jeglicher Diskriminierung Anspruch auf das in Anhang II RL beschriebene Mindestzugangspaket „sowie“ auf den dort beschriebenen Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen, unterscheidet diese Vorschrift deutlich zwischen dem Mindestzugangspaket einerseits und dem Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen andererseits. Dass die adverbiale Bestimmung „dort“ in der deutschen Fassung sich bereits sprachlich nicht auf das Mindestzugangspaket, sondern nur auf den Anhang II RL bezieht, wird bestätigt durch die englische und die französische Fassung dieser Vorschrift, die beide wiederum das Mindestzugangspaket und den Schienenzugang zu Serviceeinrichtungen unterscheiden, diese jedoch gleichermaßen als im Anhang II RL beschrieben bezeichnen. („Railway undertakings shall, on an non-discriminatory basis, be entitled to the minimum access package and track access to service facilities that are described in Annex II.“ / “Les entreprises ferroviaires peuvent prétendre, sur une base non discriminatoire, à l´ensemble des prestations minimales ainsi qu´à l´accès par le réseau aux infrastructures de services décrits à l´annexe II.”)
50Dass die Richtlinie auch für die (europarechtlich vom Schienenzugang zu den Serviceeinrichtungen zu unterscheidende Nutzung von) Serviceeinrichtungen lediglich ein Mindestkonzept verfolgt, ergibt sich allerdings mittelbar daraus, dass sie jedenfalls den Zugang zum Schienennetz ausdrücklich lediglich im Wege eines „Mindest“zugangspakets regelt. Vor allem ergibt sich das aber aus dem Sinn der Richtlinie selbst. Weil sie grundsätzlich auf den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zugunsten von EVU und in diesem Sinn auf eine Belastung der Betreiber der Infrastruktur gerichtet ist, also nicht die EIU schützt, sondern umgekehrt den EVU nützt, schließt sie weiter gehende nationale Regulierungsvorschriften nicht aus, soweit solche dem effet utile des Europarechts nicht entgegenstehen. Stellt danach auch Art. 5 RL keine Schutznorm zugunsten der EIU, sondern eine Belastung der EIU dar, die neben der verbindlichen Zugangs-Entscheidung auf der Grundlage des Diskriminierungsverbots „nur“ den weiteren Aspekt vertretbarer Alternativen unter Marktbedingungen zulässt und insoweit die grundsätzliche Belastung der EIU zu mindern imstande ist, regelt diese Vorschrift das Eisenbahnregulierungsrecht insoweit nicht abschließend, sondern markiert lediglich die Grenze dessen, zu dem die Mitgliedstaaten europarechtlich (hinsichtlich der nationalen Umsetzung) verpflichtet sind. Ist es deshalb gerade im Hinblick auf das in Erwägungsgrund 49 Satz 2 der Richtlinie betonte unionsrechtliche Subsidiaritätsprinzip den Mitgliedstaaten aber nicht verwehrt, über diese Grenze ihrer Verpflichtung, mittels nationaler Vorschriften für die Öffnung der Eisenbahninfrastruktur in ihrem Hoheitsgebiet zu sorgen, hinauszugehen, war der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber nicht verpflichtet, den in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 RL normierten Ablehnungsgrund der vertretbaren Alternativen unter Marktbedingungen überhaupt in nationales Recht umzusetzen. Für eine an dieser Vorschrift ausgerichtete europarechtskonforme Auslegung des deutschen Eisenbahnrechts ist nach allem kein Raum.
51Inwieweit diese Auslegung auch für Art. 13 Abs. 2 und 4 Satz 2 der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.11.2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (Neufassung) – ABl. Nr. l 343/32 – Geltung beansprucht, ist angesichts des hier maßgeblichen Zeitpunkts des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 7.12.2011,
52vgl. zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt: BVerwG, Urteil vom 25.10.2007 - 3 C 51.06 -, NVwZ 2008, 1017 (zu einem auf § 5a Abs. 2 AEG gestützten Bescheid),
53hier nicht zu entscheiden.“
54Weil der Widerspruch durch die Bundesnetzagentur einen Verstoß gegen Eisenbahnregulierungsrecht verhindert, indem die davon betroffenen Klauseln der Klägerin gemäß § 14e Abs. 3 Nr. 2 AEG nicht in Kraft treten, ist der Widerspruch ein geeignetes Mittel. Weil es gegenüber einer - nach dem
55BVerwG, Urteil vom 29.9.2011 - 6 C 17.10 -,
56im Fall erstmaliger Aufstellung von NBS grundsätzlich möglichen - Anweisung zu einer bestimmten Fassung der NBS auf der Grundlage des § 14c Abs. 1 AEG ein milderes Mittel darstellt, ist es auch ein erforderliches Mittel, dessen Einsatz aufgrund des nach alldem nicht anders zu verhindernden eisenbahnrechtswidrigen Zustands ermessensfehlerfrei erfolgt ist.
57Die Klausel 2.2.2 c) Nr. 1 NB-FÜ NW BT, nach der im Fall konfligierender Anträge sich derjenige Zugangsantrag durchsetzen soll, der zwecks Sicherstellung des Transports von Pkw, Lkw, Wohnmobilen, Lieferwagen (Sprintern) und Motorrädern einen aus Ein- und Doppelstockeinheiten gebildete Zug beinhaltet, verletzt das in § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG, § 3 Abs. 1 Satz 1 EIBV verankerte und auch im Rahmen des § 10 Abs. 1 EIBV zu beachtende Diskriminierungsverbot. Der Kern des eisenbahnrechtlichen Diskriminierungsbegriffs entspricht dem Gleichheitsbegriff des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
58Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.9.2011 - 6 C 17.10 -, S. 28 Rdnr. 71.
59Eine Diskriminierung in diesem Sinn liegt vor, wenn innerhalb einer Vergleichsgruppe ohne sachlich gerechtfertigten Grund eine unterschiedliche Behandlung erfolgt oder wenn unterschiedliche Vergleichsgruppen ohne sachlich gerechtfertigten Grund gleich behandelt werden,
60vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6.6.2012 - 13 B 291/12 -, Urteile vom 17.6.2010 ‑ 13 A 2557/09 -, N&R 2010, 245 und vom 23.9.2010 ‑ 13 A 172/10 -, N&R 2011, 52,
61wobei das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot schon Prüfungskriterium sein kann, wenn sachlich nicht begründete unterschiedliche Behandlungen von Zugangsberechtigten tatsächlich noch nicht gegeben sind, die hinreichende Möglichkeit einer solchen Behandlung aber besteht,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.11.2008 - 13 B 1543/08 -,
63und bei greifbarer, wesentlicher Behinderung eines EVU beim angestrebten Netzzugang auch eine versteckte Diskriminierung ausreicht, wenn eine Regelung in den Nutzungsbedingungen theoretisch zwar für alle EVU gleich gilt, faktisch aber unterschiedlich wirkt, indem ihre Intransparenz das eine Unternehmen unzumutbar beim Infrastrukturzugang behindert, das andere Unternehmen aber nicht.
64Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22.7.2009 - 13 B 830/09 -, vom 15.2.2008 - 13 B 2091/07 - und vom 28.1.2008 - 13 B 2024/07 -.
65Das Diskriminierungsverbot wird durch die beanstandete Klausel verletzt, indem sie allein die von der Klägerin als EVU gewählte Zugkonfiguration vorschreibt und damit ein eine andere Zugkonfiguration beabsichtigendes EVU ohne sachlichen Grund vom Zugang zu den Verladestationen der Klägerin ausschließt. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass ein Zugangsberechtigter mit einer anderen Zugkonfiguration immer gegenüber der Klägerin unterliegen würde, weil die Klausel sich allein am Betriebskonzept der Klägerin ausrichtet und deshalb zu eng gefasst ist. Solange die gewählte Zugkonfiguration in technischer Hinsicht mit den klägerischen Serviceeinrichtungen kompatibel ist, gibt es indes keinen sachlichen Grund i. S. d. Eisenbahnregulierungsrechts, vom Betriebskonzept der Klägerin abweichende Zugkonfigurationen auszuschließen. Die Verladestationen der Klägerin können nicht von vornherein ausschließlich von ihr benutzt werden. Es handelt sich nicht um eine objektive Unmöglichkeit, weil entsprechende Fahrzeuge, die auf die speziellen Verladestationen der Klägerin abgestimmt sind, auch von anderen EVU in Auftrag gegeben und benutzt werden können. Es ist unerheblich, ob das bereits derzeit der Fall ist. Denn es geht um den zu Wettbewerbszwecken (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AEG) in § 14 Abs. 1 Satz 1 AEG verankerten Zugangsganspruch,
66vgl. zu diesem in bestimmten Konstellationen vom Diskriminierungsverbot unabhängigen Anspruch: VG Köln, Urteil vom 4.12.2009 - 18 K 4918/07 -,
67und damit um die Ermöglichung des Zugangs mittels NBS, die als Grundlage für die wirtschaftliche Entscheidung anderer EVU dienen sollen,
68vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 13.6.2012 - 6 C 42.10 -, Rdnr. 22 des amtlichen Abdrucks; VG Köln, Urteile vom 21.8.2009 - 18 K 2722/07 - und vom 4.12.2009 - 18 K 4918/07 - sowie Beschluss vom 16.12.2010 - 18 L 1830/10 -,
69ob sie - wenn auch eventuell erst nach Beschaffung solcher Fahrzeuge - entsprechende Zugangsanträge stellen. Dabei können gerade für Markteinsteiger die Zugangsmöglichkeiten zu diesen Serviceeinrichtungen von entscheidender Bedeutung sein.
70Es ist auch nicht aus anderen Gründen von vornherein ausgeschlossen, dass der Einsatz reiner Einstock- bzw. Zweistockwagen ausreicht. Der von der Beklagten anerkannte Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit der Insel T. , das (bislang) indes kein eisenbahnrechtliches Kriterium ist, und selbst der der Klägerin wichtige Aspekt der bestmöglichen Auslastung der Serviceeinrichtung können jedenfalls dann keine Geltung beanspruchen, wenn andere EVU etwa für Randlagen des Tags, nämlich vom späten Abend bis zum frühen Morgen, oder außerhalb der (Urlaubs-Haupt-)Saison Anträge auf Zugang zu den klägerischen Verladestationen stellen, zu denen die Klägerin als EVU bislang selbst keine Verkehrsdienstleistungen angeboten hat. Denn Letzteres ist ein starkes Indiz dafür, dass weder die Versorgung der Insel noch ein gesteigerter Abfluss von Kraftfahrzeugen, die zur Insel T. oder zurück auf das Festland gelangen sollen, überhaupt in Rede stehen.
71Dem Widerspruch der beanstandeten Klausel steht dabei nicht ihre Funktion als nachrangiges Entscheidungskriterium für den Fall miteinander konfligierender Zugangsanträge entgegen. Der Umstand, dass die Klägerin bislang zu bestimmten Zeiten keine Verkehrsdienstleistungen erbringt, schließt die Anwendung der beanstandeten Klausel als Konfliktlösungsregelung nicht deshalb aus, weil es mangels Verkehrsdienstleistungen der Klägerin als EVU schon nicht zu einem Konflikt mit einem von einem anderen EVU gestellten Antrag kommen könnte. Denn es ist der Klägerin freigestellt, zukünftig ebenfalls zu diesen Zeiten Verkehrsdienstleitungen anzubieten, wobei die Möglichkeit eines entsprechenden Antrags der Klägerin aus betriebswirtschaftlicher Sicht umso wahrscheinlicher ist, als sie in ihren eigenen Verladestationen dem Wettbewerb seitens anderer EVU ausgesetzt ist. Letzteres ist nach den obigen Erläuterungen gerade beabsichtigt. Da der Anspruch auf Zugang deshalb nur im Rahmen der eisenbahnrechtlichen Vorschriften begrenzt wird, geht der Einwand der Klägerin, nach dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB müsse ihr eine Mitbenutzung ihrer eigenen Einrichtungen zumutbar sein, weshalb die Pflicht zur Abstimmung der Wagenkonfiguration auf die Abwicklung ihrer eigenen Verkehre gerechtfertigt sei, fehl. Insbesondere ist dieser Rechtsgedanke nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise, sondern lediglich, wie sie selbst zutreffend vorgetragen hat, für die Serviceeinrichtungen i. S. d. § 2 Abs. 3c Nr. 7 AEG in § 10 Abs. 6 Nr. 2 EIBV umgesetzt. Denn gemäß der
72Begründung zu dem in Art. 1 der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 15.4.2005 zum Erlass und zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften enthaltenen § 10 EIBV (Begründung), BR-Drucks. 249/05, S. 47,
73hängt die Belegung der Wartungseinrichtungen, anders als der in § 2 Abs. 3c Nrn. 1 bis 6 AEG benannten Serviceeinrichtungen, nicht unmittelbar mit einer Zugtrassenzuweisung zusammen und werden diese speziellen Serviceeinrichtungen üblicherweise von den EVU oder von Haltern von Eisenbahnfahrzeugen selbst betrieben und auf ihre eigenen Bedürfnisse abgestimmt.
74Vgl. bereits VG Köln, Urteil vom 4.12.2009 - 18 K 4918/07 -, S. 23 des amtlichen Abdrucks.
75Obwohl auch die Klägerin bei ihren hier in Rede stehenden Verladestationen eine solche Abstimmung auf eigene Bedürfnisse vorgenommen hat, ist für diese Serviceeinrichtungen eine Analogie zu § 10 Abs. 6 Nr. 2 EIBV nicht möglich, weil angesichts deren Einordnung gemäß den gesetzlichen Vorgaben als Bahnhof,
76vgl. das den Beteiligten bekannte Urteil vom heutigen Tag zum Aktenzeichen 18 K 115/12 -,
77und wegen der deshalb vorhandenen Zugtrassenabhängigkeit eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt.
78Das fehlende Verkehrsangebot der Klägerin in den dargestellten Randzeiten hat ferner nicht zur Folge, dass auch ihre Servicestationen in dieser Zeit notwendigerweise geschlossen wären und dies insoweit einem Zugangsanspruch entgegenstünde. Denn zu Serviceeinrichtungen besteht, worauf bereits die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, ausweislich der
79Begründung a. a .O., S. 36,
80grundsätzlich ganztätig ein Zugangsanspruch.
81So auch BVerwG, Urteil vom 13.6.2012 - 6 C 42.10 -, S. 10 Rdnr. 21 des amtlichen Abdrucks.
82Der Erwägungsgrund 21 der Richtlinie, wonach Entgelt- und Kapazitätszuweisungen gegebenenfalls der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass verschiedene Teile des Schienennetzes im Hinblick auf unterschiedliche Hauptnutzer ausgelegt sind, gibt für die Sichtweise der Klägerin nichts her, weil er abgesehen davon, dass er sich allein auf Schienennetze und damit nicht auf Serviceeinrichtungen bezieht, mit den unterschiedlichen Hauptnutzern nicht konkurrierende Unternehmen, sondern unterschiedliche Verkehrsarten meint, wie dem nachfolgenden Erwägungsgrund 22 zu entnehmen ist, der zwischen dem Personenverkehr und dem Güterverkehr unterscheidet.
83Die Bundesnetzagentur hat das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich des Widerspruchs gegen die Klausel 2.2.2 c) Nr. 1 NB-FÜ NW BT in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Die angestellten Ermessenserwägungen sind sachgerecht und tragfähig. Der Widerspruch ist geeignet, um in den klägerischen Verladestationen umfassend Wettbewerb zu ermöglichen. Er ist auch erforderlich, weil es keine mildere Maßnahme gibt; auf weiter gehende konkrete Vorgaben hat die Bundesnetzagentur dagegen verzichtet. Der Widerspruch ist ferner verhältnismäßig i. e. S., weil es der Klägerin zum einen weiterhin möglich ist, ihre Verladestationen selbst zu nutzen, und sie zum anderen im Fall einer Nutzung durch Dritte dafür Einnahmen erzielen und auf diese Weise ihrem wirtschaftlichen Auftrag aus Art. 87e GG nachkommen kann.
84Der Widerspruch gegen die Klauseln 3.2.1, 3.2.2, 4.5 und 4.6 NB-FÜ NW BT, die eine Reservierungsgebühr in Höhe von 50 % der vereinbarten Vergütung betreffen, von der die Nutzung der klägerischen Serviceeinrichtungen abhängig gemacht wird, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die genannten Klauseln verletzen § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV und den dieser Vorschrift zugrundeliegenden Art. 16 Abs. 2 und 3 RL. Entgegen der Meinung der Klägerin ist § 5 Abs. 1 EIBV im Verhältnis zu § 10 Abs. 3 Satz 2 EIBV die speziellere Vorschrift, weil sich letztere Vorschrift zu Zugangsanträgen verhält, wohingegen es vorliegend um ein unter § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV fallendes Sicherungsmittel geht. In der eisenbahnrechtlichen Zugangsregulierung ist ein Spannungsverhältnis zwischen dem Angewiesensein der berechtigten Infrastrukturnutzer auf Gewährung des Zugangs - und gegebenenfalls der damit verbundenen Leistung - einerseits und dem Interesse der verpflichteten Infrastrukturbetreiber an einer Absicherung und Durchsetzung ihrer Entgeltansprüche andererseits angelegt. Diesem Spannungsverhältnis tragen § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV und der ihm zu Grunde liegende Art. 16 Abs. 2 und 3 RL in differenzierter und abgewogener Weise Rechnung, indem sie den Betreibern der Infrastruktur zugestehen, von deren Nutzern Sicherheitsleistungen zu verlangen, dies jedoch nur in den Grenzen von Angemessenheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit. Auch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV ergeben sich über ihren konkreten Anwendungsbereich der Sicherheitsleistungen hinaus allgemein Maßgaben für finanzielle Sicherungsmittel mit Relevanz für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur. Der in den genannten Vorschriften zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke schließt zwar andere finanzielle Sicherungsmittel als Sicherheitsleistungen nicht aus, unterwirft sie aber jedenfalls dann den gleichen Beschränkungen, wenn ihnen eine vergleichbare potentiell zugangsbeschränkende Wirkung zukommt.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.6.2012 - 6 C 42.10 -, juris.
86Weil die Reservierungsgebühr keine eigenständige, zum Entgelt für den Zugang zur Serviceeinrichtung hinzutretende finanzielle Leistung gerade für die Bearbeitung und Bewilligung einer Reservierung darstellt, sondern Teil des für den Zugang zu entrichtenden Entgelts ist, wie der Verrechnungsregelung in Klausel 3.2.1 Satz 2 NB-FÜ NW BT zu entnehmen ist, stellt die Reservierungsgebühr der Sache nach eine Vorkassenregelung dar. Eine solche ist aus den oben erläuterten Gründen zwar als ein von Sicherheitsleistungen zu unterscheidendes anderes finanzielles Sicherungsmittel nicht ausgeschlossen, steht aber nach dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV außer Verhältnis zur Höhe der gesicherten Forderung. Zwar kann die in Klausel 6.3 NB-FÜ NW AT geregelte Sicherheitsleistung, deren Höhe nach Klausel 6.2 Satz 1 NB-FÜ NW AT zwei Monatsentgelte beträgt, gemäß Klausel 6.5 Satz 1 NB-FÜ NW AT durch monatliche Vorauszahlung in Höhe je eines Monatsentgelts abgewendet werden; weil die Klausel 6.5 NB-FÜ NW AT sich aber nicht zur Reservierungsgebühr verhält, tritt diese Gebühr zu der von Klausel 6.2 Satz 1 NB-FÜ NW AT festgelegten Sicherheitsleitung in Höhe von zwei Monatsentgelten, mindestens jedoch zu einer gemäß Klausel 6.5 Satz 1 NB-FÜ NW AT statt der Sicherheitsleistung erforderlichen Vorauszahlung in Höhe eines Monatsentgelts hinzu und führt auf diese Weise in der Summe zu einer Sicherung in Höhe mindestens des Eineinhalbfachen des zu entrichtenden Entgelts. Auch wenn diese vom Klauselwerk der Klägerin als Reser-vierungsgebühr bezeichnete Vorausleistung nach Klausel 3.2.1 Satz 2 NB-FÜ NW BT mit dem zu entrichtenden Entgelt verrechnet wird, summieren sich die Sicherheitsleis-tung und die als Reservierungsgebühr bezeichnete Vorauskasse vor tatsächlichem Zugang zur Serviceeinrichtung der Klägerin zu einer finanziellen Belastung, die gerade für EVU, die nicht zu dem Konzern gehören, dem die Klägerin angehört, zu einem Missverhältnis zur Höhe des gesicherten Entgelts führt und dadurch potentiell zugangs-beschränkend, weil abschreckend wirkt.
87Darüber hinaus hat diese Kumulation mindestens ein - nach der Rechtsprechung des
88OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 -, juris m. w. N.,
89für einen Widerspruch ausreichendes - greifbares Diskriminierungspotential, weil nicht konzernangehörige EVU nicht so unproblematisch eine Konzernbürgschaft erhalten können wie die Klägerin. Selbst wenn man in dieser Vorauszahlungs-Regelung einen Teil eines Anreizsystems erblicken sollte, bliebe sie mangels Angemessenheit eisenbahnrechtswidrig. Denn auch ein Anreizsystem i. S. d. § 24 EIBV darf nicht gegen das in § 14 Abs. 5 AEG speziell ausgeformte,
90vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 -, juris,
91Diskriminierungsverbot verstoßen. Der Widerspruch ist ermessensfehlerfrei, weil er das mildeste angemessene Mittel zur Verhinderung eines solchen eisenbahnrechtswidrigen Zustands ist.
92Es kann offen bleiben, ob die gegen den Entgelt-Widerspruch gerichtete Anfechtungsklage unzulässig ist, weil sie sich wegen Inkrafttretens der höheren Entgelte erledigt hat und deshalb nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist, wobei das Fortsetzungsfeststellungsinteresse allerdings wegen einer Wiederholungsgefahr für den Fall einer künftig eventuell beabsichtigten Änderung der Entgelte oder im Hinblick auf eine nachträgliche Klauselprüfung gemäß § 14f Abs. 1 AEG zu bejahen wäre. Denn auch in diesem Fall hätte die Klage keinen Erfolg, weil der Widerspruch der Bundesnetzagentur gegen die von der Klägerin beabsichtigten Entgelte ebenfalls rechtmäßig ist. Die Entgelte verstoßen gegen § 14 Abs. 5 Satz 1 AEG, wonach EIU ihre Entgelte für den Zugang zu Serviceeinrichtungen einschließlich der damit verbundenen Leistungen so zu bemessen haben, dass die Wettbewerbsmöglichkeiten der Zugangsberechtigten nicht missbräuchlich beeinträchtigt werden. Eine missbräuchliche Beeinträchtigung liegt gemäß § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AEG insbesondere vor, wenn einzelnen Zugangsberechtigten Vorteile gegenüber anderen Zugangsberechtigten eingeräumt werden, soweit hierfür nicht ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt. Davon ist hier auszugehen, weshalb weder geprüft werden muss, ob ein Missbrauch in dieser Form tatsächlich vorliegt, noch, ob ein Preishöhenmissbrauch i. S. d. § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 AEG vorliegt. Das
93OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 -, S. 5/6 des amtlichen Abdrucks,
94hat zu einem vergleichbaren Fall zu § 14 Abs. 5 Satz 2 AEG a.F. bereits ausgeführt:
95„Der Senat hat bereits entschieden, dass die Auslegung von § 14 Abs. 5 AEG a. F. auch bestimmt wird durch die Richtlinie 2001/14/EG und durch deren Erwägungsgrund 11, nach dem bei den Entgeltregelungen allen Unternehmen ein gleicher und nicht diskriminierender Zugang geboten werden sollte. Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie knüpft hieran an. Danach haben die Betreiber der Infrastruktur dafür Sorge zu tragen, dass die Anwendung der Entgeltregelung zu gleichwertigen und nichtdiskriminierenden Entgelten für unterschiedliche Eisenbahnunternehmen führen, die Dienste gleichwertiger Art in ähnlichen Teilen des Markts erbringen und dass die tatsächlich erhobenen Entgelte den in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regeln entsprechen. Das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot beinhaltet die Gleichbehandlung beim Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und die unterschiedliche Behandlung nur bei sachlich gerechtfertigtem Grund. Das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot kann schon Prüfungskriterium sein, wenn sachlich nicht begründete unterschiedliche Behandlungen von Zugangsberechtigten tatsächlich noch nicht gegeben sind, die hinreichende Möglichkeit einer solchen Behandlung aber besteht.“
96Angesichts des ebenso auf einen sachlichen Grund für eine Einräumung von Vorteilen abstellenden § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AEG n. F. gelten diese Ausführungen für die geltende Gesetzesfassung gleichermaßen.
97Vgl. VG Köln, Beschluss vom 26.2.2010 - 18 L 51/10 -.
98Dabei reicht ein Konzept formaler Gleichbehandlung aller Zugangsberechtigter nicht aus, um einen Diskriminierungsverstoß zu verneinen.
99Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31.8.2007 - 13 A 108/07 – (zu Sondertrassenzuschlägen).
100Vielmehr ist maßgeblich darauf abstellen, ob im Hinblick auf die Gewährung diskriminierungsfreien Zugangs ein Diskriminierungspotential darin liegen könnte, dass nach Kriterien differenziert wird, die diese Differenzierung sachlich nicht rechtfertigen. Ein Verstoß gegen § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 AEG liegt danach dann vor, wenn unterschiedlich hohe Preise für Fahrzeugübergangseinrichtungen erhoben werden und deren unterschiedliche Höhe nicht vollständig durch sachliche Gründe erklärt werden kann. Denn die Regulierungsbehörde muss in der Lage sein, beurteilen zu können, ob sachwidrige Ungleichbehandlungen strukturell bedingt sind, weil die Entgeltgrundsätze im Regelwerk keine Entscheidungskriterien benennen, an Hand derer die Höhe der jeweiligen Entgelte verlässlich bestimmbar wäre. Derartig weit reichende Entscheidungsspielräume zeichnen eine anschließende sachwidrige Ungleichbehandlung der Nutzer von Serviceeinrichtungen vor.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.11.2008 - 13 B 1543/08 -.
102Nicht erkennbare Gründe für unterschiedliche Entgelte lassen die Möglichkeit von sachwidrigen Ungleichbehandlungen, die struktureller Natur sind, insbesondere dann entstehen, wenn sie zwar für alle EVU gleichermaßen gelten, aber aus dem Grund eine versteckte Diskriminierung nicht auszuschließen ist, dass das die Entgelte kalkulierende EIU zugleich ein EVU ist, das diese Serviceeinrichtung selbst nutzt. Mangels Geltung des durch § 9a AEG ausgestalteten Trennungsgebots für Serviceeinrichtungen betreibende EIU, das hinsichtlich der rechtlichen und die Entscheidungen betreffenden Unabhängigkeit über den hier einschlägigen § 9 Abs. 1c Sätze 1 und 2 AEG hinausgeht, könnte es für das EIU gleichgültig sein, welche Entgelte es als EVU für die Nutzung seiner eigenen Infrastruktur zu zahlen hat, weil diese als Erlöse ihm selbst – als EIU – wieder zugutekommen. So liegt der Fall hier.
103Davon zu trennen ist die hier nicht einschlägige Frage der Prüfungsintensität bei der Feststellung, ob sachwidrige Ungleichbehandlungen gegeben sind.
104Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 -.
105Bei der Bestimmung des sachlich rechtfertigenden Grundes sind die in § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG aufgeführten Gesetzesziele zu berücksichtigen. Sachlich gerechtfertigt können demnach Entgelte sein, die das EIU auch bei Bestehen wesentlichen Wettbewerbs, mithin ohne Marktbeherrschung anwenden könnte. Allerdings wird mit Rücksicht auf die Zielrichtung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes ein Missbrauch sich nicht erst dann ergeben, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, den Wettbewerber, der hier ein Wettbewerber der Deutschen Bahn AG als EVU sein kann, unter Missachtung kaufmännischer Grundsätze aus dem Markt zu drängen. Ebenso wenig gilt hier die im Kartellrecht für ausreichend erachtete Interessenabwägung, in die die Interessen aller Beteiligten und die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des Gesetzes einzubeziehen sind. Es bedarf vielmehr einer weiter gehenden Prüfung, die den vom Allgemeinen Eisenbahngesetz verfolgten öffentlichen Interessen gerecht wird; deren Notwendigkeit folgt insbesondere aus dem eisenbahnrechtlichen Diskriminierungsverbot.
106Vgl. zu Vorstehendem: OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 -.
107Die Klägerin hat mit Rücksicht auf ihre Pflicht, ein diskriminierungsfreies Entgeltsystem zu statuieren, im Rahmen eines Gestaltungsspielraums ein zur Ermittlung der Höhe der Entgelte im Grundsatz taugliches Berechnungsverfahren zu wählen und ein nachvollziehbares Zahlenwerk zu errichten, das auf einer überprüfbaren und hinreichenden Tatsachengrundlage basiert. Die eingesetzten Methoden und Berechnungsschritte sind nachvollziehbar offenzulegen. Aus den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast folgt im Grundsatz, dass das EIU alle Erläuterungen und Nachweise zu erbringen hat, um in einem Regulierungsverfahren bestehende Plausibilitätsbedenken zu entkräften. Auch nach § 19 Abs. 4 Nr. 4 Hs. 2 GWB hat der Normadressat eine sachliche Rechtfertigung darzulegen und die Folgen eines non liquet zu tragen. Die Beweislastumkehr findet ihre wettbewerbspolitische Legitimation in der besonders hohen Marktmacht des Normadressaten. Es kommt eine Aufklärungspflicht für das EIU hinzu, wenn ihm nähere Angaben zumutbar sind, was regelmäßig der Fall sein wird, da es über die in seinem Verantwortungsbereich liegenden Umstände nur allein Kenntnis hat. Dies steht auch im Einklang mit dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wonach es grundsätzlich Aufgabe der Behörde ist, alle relevanten Umstände, die sie ihrer Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen hat, selbst festzustellen. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 26 Abs. 2 VwVfG, die den Beteiligten eine Mitwirkungslast bei der Informationsbeschaffung auferlegt. Die Behörde muss im Rahmen der Eingriffsverwaltung die Voraussetzungen der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage darlegen und gegebenenfalls beweisen, es sei denn auf Grund besonderer Beweisnähe ist die Beweisführung einem Beteiligten am ehesten zumutbar. Bei unterlassener Mitwirkung kann die Behörde zu einer für den Betroffenen nachteiligen Beweiswürdigung berechtigt sein oder gegebenenfalls auf der Grundlage des ihr vorliegenden Materials eine Schätzung vornehmen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Mitwirkungspflichten Tatsachen und Beweismittel aus seiner Wissens- und Einflusssphäre betreffen.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.3.2010 - 13 B 247/10 - m. w. N.
109Das ist entgegen der Meinung der Klägerin nicht mit der speziellen Verpflichtung für Betreiber von Schienennetzen in § 14d Satz 3 AEG gleichzusetzen. Die Obliegenheit zur Erläuterung der Entgelthöhen ist vielmehr deshalb von § 14d Satz 3 AEG zu unterscheiden, weil letztere Vorschrift auf die nach § 14 Abs. 4 AEG erforderliche Kalkulation mit einerseits zwingenden Vorgaben und andererseits nicht dem Betreiber von Serviceeinrichtungen, sondern dem Schienennetzbetreiber eingeräumten Optionen abstellt. Die Nachprüfbarkeit einer Entgeltkalkulation bei vorhandenem Diskriminierungspotential hat entgegen der Meinung der Klägerin auch nichts mit einer Entgeltgenehmigung wie nach § 23a EnWG zu tun, weil die Entgelte für die Nutzung von Schienennetzen keiner Genehmigung aufgrund einer eigenen Berechnung der Regulierungsbehörde, sondern nur deren Prüfung und gegebenenfalls ihrem Widerspruch unterliegen.
110Nach diesen Grundsätzen war die Bundesnetzagentur berechtigt, den beabsichtigten Entgelten zu widersprechen, weil sie trotz des oben erläuterten Diskriminierungspotentials und trotz entsprechender Aufforderung seitens der Klägerin nicht plausibilisiert wurden, obwohl die entsprechenden Tatsachen aus ihrer Sphäre stammen. Die erforderlichen Substantiierungen hat die Klägerin nicht in ihren Schreiben vom 24.1.2011, 8.2.2011 und 4.3.2011, sondern erst im Lauf des Gerichtsverfahrens sowie im Rahmen eines weiteren Vorabprüfungsverfahrens vorgenommen. Mit Schreiben vom 24.1.2011 hatte die Klägerin der Bundesentzagentur die Entgeltliste zukommen lassen. Im Schreiben vom 8.2.2011 hatte sie lediglich auf eine dezentrale Lage der Fahrzeugübergangseinrichtung im Bereich des Bahnhofs X. und einen daraus resultierenden erhöhten Personalaufwand als Grund für die unterschiedliche Höhe der Nutzungsentgelte zwischen diesem Standort und dem Standort O. verwiesen. Mit Schreiben vom 4.3.2011 hatte sie - unter Erhöhung der Entgelte für die Fahrzeugübergangseinrichtungen - die Kosten für Personal- und Materialaufwand, Abschreibungen und sonstigen Aufwand sowie die Aufteilung auf die beiden Standorte mitgeteilt und hinsichtlich des Anteils der beiden Standorte erläutert, die höheren Aufwendungen am Standort X. ergäben sich aus den 500 m auseinanderliegenden Fahrzeugübergangseinrichtungen auf zwei unterschiedlichen Betriebsgleisen mit der Folge vier kleiner autarker Fahrzeugübergangseinrichtungen, weshalb die personelle Besetzung in O. wesentlich geringer sei. Entgegen der Behauptung der Klägerin hatte sie indes nicht in diesen Schreiben an die Bundesnetzagentur, sondern erstmals im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass sich aus den - bereits im Verwaltungsverfahren beschriebenen - örtlichen Gegebenheiten in X. bei erforderlicher zeitgleicher Besetzung aller Einrichtungen eine analoge Schichtbesetzung von 19 Personen einschließlich der Urlaubs- und Krankheitsvertretung gegenüber fünf Personen in O. ergebe und auf die Kosten für Verkehrssicherung, Winterdienst, laufende Instandhaltung sowie getrennte Auf- und Abfahrten hingewiesen. Erst durch diese Angabe von Personalzahlen ist die konkrete Höhe sowie das Verhältnis der Entgelte für die Fahrzeugübergangseinrichtungen in X. und O. im Ansatz ausreichend nachvollziehbar gemacht und ein Diskriminierungspotential – jedenfalls für eine Vorabprüfung – hinreichend ausgeschlossen. Die nach Erlass des Widerspruchsbescheids erfüllte klägerische Obliegenheit, die aus ihrer Sphäre stammenden Daten zwecks Überprüfung, ob ein Diskriminierungspotential vorliegt, vorzulegen, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerspruch der Bundesnetzagentur gegen die Entgeltliste. Denn entgegen der Meinung der Klägerin kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern wie bei Anfechtungsklagen in der Regel auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an,
111vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2007 - 3 C 51.06 -, NVwZ 2008, 1017 (zu einer Anordnung auf der Grundlage des § 5a Abs. 2 AEG),
112zumal nachträgliche Sachverhaltsänderungen vom Gericht aufgrund des der Behörde von § 14e AEG eingeräumten Ermessens nicht berücksichtigt werden können. Es kommt ferner nicht darauf an, ob die Bundesnetzagentur die klägerische Entgeltliste mittels eines Vergleichsmarktkonzepts hätte überprüfen können, weil auch die unterschiedlichen Entgelthöhen für Autoreisezug-Terminals einer Konzernschwester der Klägerin in O. und X. erst mit Schreiben vom 23.12.2011 und damit nach Erlass des Widerspruchsbescheids mitgeteilt wurden.
113Dieser gegen die Entgelte gerichtete Widerspruch ist frei von Ermessensfehlern. Er war geeignet, einen eisenbahnrechtswidrigen Zustand, nämlich das Inkrafttreten der Entgeltliste trotz nicht ausgeräumten Diskriminierungspotentials, zu verhindern. Gegenüber einer weiteren Informationseinholung auf der Grundlage des § 14c Abs. 2 AEG stellte er das wirksamere Mittel dar, weil anderenfalls die nicht prüffähigen Entgelte wegen der nur vierwöchigen Frist für einen Widerspruch in Kraft getreten wären und Zugangsberechtigte hätten belasten können. Schließlich war der Widerspruch angemessen, weil die Klägerin die ihr vorliegenden verlangten konkreten Daten ohne Aufwand der Bundesnetzagentur hätte übermitteln können.
114Ferner ist die in Nr. 3 des angefochtenen Ausgangsbescheids enthaltene Anordnung, die in Ziffer 4.2 des Besonderen Teils der Nutzungsbedingungen sowie in der Liste der Entgelte genannten „Sonderübergangsleistungen“ abschließend zu benennen und zu erläutern sowie die entsprechenden Entgelte mitzuteilen, rechtmäßig. Die Anordnung hat ihre Rechtsgrundlage entgegen der Rechtsprechung des
115OVG NRW, Beschluss vom 22.2.2008 - 13 B 68/08 -,
116in § 14c Abs. 3 Satz 1. Denn diese Vorschrift ist der Regelung des § 5a Abs. 5 AEG nachgebildet worden, wie der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 10.6.2004,
117BT-Drs. 15/3280, S. 19,
118zu der beabsichtigten, diese Problematik regelnden Vorschrift des § 14a Abs. 4 des Entwurfs, der auf die Beschlussempfehlung des angerufenen Vermittlungsausschusses vom 16.3.2005,
119BT-Drs. 15/5122, S. 3,
120als § 14c Abs. 3 AEG umgesetzt wurde, zu entnehmen ist. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es nämlich:
121„Nach § 5a Abs. 5 AEG sind nur die Eisenbahnen zu Auskünften verpflichtet. Diese Verpflichtung wird auf alle Zugangsberechtigten ausgedehnt.“
122§ 5a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AEG stellt indes nach der Rechtsprechung des
123BVerwG, Urteil vom 7.12.2011 - 6 C 39.10 -,
124eine Rechtsgrundlage sogar für verdachtsunabhängige Auskunftsaufforderungen dar. Dem Gesetzgeber kann nach allem nicht unterstellt werden, im Gegensatz zu allen anderen Regulierungsbereichen ein sinnloses, weil nicht von der Behörde durchsetzbares Auskunftsrecht normiert zu haben, worauf die Beklagte zu Recht hinweist. Dieses Auskunftsverlangen ist ermessensfehlerfrei erfolgt. Die Liste der Entgelte gehört zu den der Vorabprüfung unterfallenden Unterlagen, wie bereits eingangs erläutert worden ist. Die Bundesnetzagentur hat gemäß ihrer in § 14b Abs. 1 Nrn. 4 und 3 AEG beschriebenen Aufgabe zu prüfen, ob die von der Klägerin so genannten Sonderübergangsleistungen und die dafür erhobenen Entgelte ebenfalls dem Regulierungsrecht unterfallen, was die Klägerin anlässlich der durchgeführten Vorabprüfung bestritten hat, obwohl diese Leistungen mit den Fahrzeugübergangseinrichtungen der Klägerin in engem Zusammenhang stehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich auch die mit der Zugangsgewährung verbundenen Leistungen, deren Umfang der Betreiber der Serviceeinrichtung selbst bestimmen kann, der eisenbahnrechtlichen Regulierung unterstehen, weil er diese, wenn er sie anbietet, gemäß Art. 5 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Nr. 3 RL anbieten muss und über entsprechende Anträge nach § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 und Anlage 1 Nr. 2 EIBV nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich entscheiden darf.
125Schließlich ist das in Ziffer 3 des Bescheids vom 14.10.2010 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 20.000.- Euro rechtlich nicht zu beanstanden, weil es eine für die Klägerin spürbare Sanktion darstellen soll, um sie zur Einhaltung der rechtmäßigen Vorgaben des Bescheids anzuhalten, und zu diesen angesichts ihrer regulierungsrechtlichen Bedeutung für potentielle Zugangspetenten an einem Eisenbahn-Nadelöhr und den vom Gesetzgeber erstrebten Wettbewerb in angemessenem Verhältnis steht.
126Dagegen hat die Klage Erfolg, soweit sie den Widerspruch gegen Klausel 6.3 NB-FÜ NW AT betrifft. Dieser Widerspruch ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Laut Klausel 6.3 NB-FÜ NW AT kann eine Sicherheitsleistung allein durch die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union ansässigen Kreditinstituts mit einer Bilanzsumme von mindestens 1 Milliarde Euro oder bei Fehlen von Zweifeln an der Zahlungsfähigkeit eines Konzerns durch eine Konzernbürgschaft erbracht werden. Diese Regelung steht entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur in Einklang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV. Diese eisenbahnrechtliche Vorschrift verweist nicht in der Weise auf § 232 BGB, dass keine der dort aufgeführten Arten von Sicherheitsleistungen ausgeschlossen werden dürfte. Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV enthält eine solche Beschränkung nicht. Schließt der in § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV und in Art. 16 Abs. 2 und 3 RL zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke nach der Rechtsprechung des
127BVerwG, Urteil vom 13.6.2012 - 6 C 42.10 -, juris
128andere finanzielle Sicherungsmittel als Sicherheitsleistungen nicht aus, folgt überdies bereits daraus, dass § 5 EIBV nicht ohne Weiteres auf § 232 BG abstellt. Ob die Klausel 6.3 NB-FÜ NW AT gegen § 232 BGB oder zivilrechtliche Klauselverbote verstößt, ist hingegen nicht Gegenstand der eisenbahnrechtlichen Prüfung, sondern ist erforderlichenfalls von den Zivilgerichten zu entscheiden. Auch ein greifbares Potential für eine Diskriminierung oder gar für eine Verletzung des eigenständigen Zugangsrechts liegt hier nicht vor. Das folgt bereits daraus, dass nach Klausel 6.5 (in der veröffentlichen Version: 6.4) Sätze 1 und 2 NB-FÜ NW AT der Zugangsberechtigte die Sicherheitsleistung durch monatliche Vorauszahlung in Höhe des voraussichtlichen Entgelts in einem Monat abwenden kann. Soweit die Beklagte hinsichtlich einer Erschwerung des Zugangs auf Gelegenheitsverkehr hinweist, ist weder ersichtlich noch von ihr dargelegt, inwieweit es bei Verkehrsdienstleistungen für Personen, die (bis auf Motorradfahrer) während der Überfahrt über den I.---------damm in ihren eigenen Kraftfahrzeugen verbleiben, überhaupt Raum für – kurzfristig angemeldeten – Gelegenheitsverkehr geben kann. Auch der Hinweis der Bundesnetzagentur auf Markteinsteiger, die kapitalmarktbedingt Schwierigkeiten hätten, von Kreditinstituten eine von der inkriminierten Klausel alternativ zugelassene Bürgschaft zu erhalten, verfängt nicht. Denn die materiellrechtlichen Vorschriften des Eisenbahnrechts enthalten keine Verpflichtung, (kleineren) Markteinsteigern die Marktfähigkeit mit Hilfe bahnregulatorischer Maßnahmen zu ermöglichen.
129Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.7.2009 - 13 B 830/09 - (zur Problematik von Rahmenverträgen).
130Ein EIU hat keine unmittelbare Pflicht, den Wettbewerb unter EVU aktiv zu fördern; es ist lediglich gehalten, das Zugangsrecht zu respektieren und Diskriminierungen der Zugangsberechtigten zu unterlassen.
131Vgl. VG Köln, Urteil vom 20.8.2010 - 18 K 3807/07 -, S. 22 des amtlichen Abdrucks.
132Denn das in § 1 Abs. 1 Satz 1 AEG formulierte Gesetzesziel, die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs auf der Schiene, umfasst ausschließlich das in § 14 Abs. 1 AEG geregelte Diskriminierungsverbot als Teilhaberecht und den davon in bestimmten Konstellationen unabhängigen Anspruch auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur,
133vgl. VG Köln, Urteil vom 4.1.2 2009 - 18 K 4918/07 -,
134aber - etwa im Gegensatz zu § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB,
135vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.7.2009 - 13 B 830/09 - (zur Problematik von Rahmenverträgen),
136- keine Pflicht der EIU zur Förderung des Wettbewerbs.
137Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
138Die Kammer hat die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und wegen Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung sowohl bezüglich der Frage, ob Art. 5 Abs. 1 RL im Rahmen aufgestellter NBS zu berücksichtigen ist, als auch hinsichtlich der Qualifizierung des § 14c Abs. 3 AEG als Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines Auskunftsverlangens und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragen, ob § 5 Abs. 1 Satz 1 EIBV die Art von Sicherheitsleistungen regelt und ob ihm ein Verbot mehrfacher Sicherheitsleistungen zu entnehmen ist, zugelassen.
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