Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 1 L 2719/15
Tenor
1. Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
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Gründe
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (1 K 4511/15) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 28.07.2015 wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Eilantrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller als antragsbefugt anzusehen. Zwar ist die Verfügung vom 28.07.2015 nicht gegen ihn, sondern gegen die T. .Q. GmbH als seinen derzeitigen Arbeitgeber gerichtet. Die Untersagungsverfügung berührt aber auch subjektiv-öffentliche Rechte des Antragstellers, weil sie zu einem Beschäftigungsverbot für ihn führt.
6Der Antrag ist jedoch unbegründet.
7In formaler Hinsicht genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung vom 30.10.2015 den Maßstäben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Antragsgegnerin hat einzelfallbezogen dargelegt, dass angesichts der vom Antragsteller ausgehenden Gefahren für Rechtsgüter Dritter, insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit, ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe.
8Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angeordneten Maßnahmen und dem Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass seine Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.
9Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 34a Abs. 4 GewO. Danach kann dem Gewerbetreibenden die Beschäftigung einer Person, die in einem Bewachungsunternehmen mit Bewachungsaufgaben beschäftigt ist, untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
10Unzuverlässig ist derjenige, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er das von ihm ausgeübte Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Im Bewachungsgewerbe ist insbesondere dann von der Unzuverlässigkeit auszugehen, wenn zu befürchten ist, dass sich der Betreffende an den zu bewachenden Gegenständen vergreift, von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen seiner Kunden zu deren Nachteil Gebrauch macht oder die körperliche Integrität Dritter verletzt,
11vgl. OVG NRW, a.a.O.; Höfling in: Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 34a Rdnr. 66; Marcks in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, § 34a, Rdnr. 24.
12Die von der Antragsgegnerin angenommene Unzuverlässigkeit des Antragstellers berücksichtigt diese Kriterien und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13Der Antragsteller hat – was er auch nicht bestreitet – nach den im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin enthaltenden Ermittlungsakten der Polizei sowie eines sich ebenfalls im Verwaltungsvorgang befindlichen Handyvideos während der Ausübung seiner Tätigkeit als Türsteher eine andere Person im „Schwitzkasten“ hinter sich hergezogen und im Folgenden auf sie eingetreten, bis eine dritte Person sich dazwischen stellte und die Beteiligten trennte.
14Dieses aggressive und gewalttätige Verhalten rechtfertigt die Prognose, dass der Antragsteller nicht die Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß zu betreiben. Das von ihm an den Tag gelegte Verhalten ist geeignet, seine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Bewachungsgewerbes darzutun. Von einem in diesem Gewerbezweig Tätigen muss erwartet werden, dass er die Rechtsordnung sowohl während seiner Berufsausübung als auch im privaten Bereich beachtet. Nur so ist gewährleistet, dass ihm wertvolle Rechtsgüter, wozu auch das Leben und die körperliche Unversehrtheit gehören, anvertraut werden können. Ein im Bewachungsgewerbe Tätiger, der in Ausübung seines Berufes gegen Dritte handgreiflich wird und diesen – wie hier – körperlichen Schaden zufügt, bietet keine Gewähr für eine integere Berufsausübung.
15Insbesondere das vorliegende Video dokumentiert mit hinreichender Deutlichkeit die Bereitschaft des Antragstellers, den von der Rechtsordnung gesteckten Rahmen zu verlassen und zu massiven Handgreiflichkeiten gegenüber Fremden zu neigen, indem er eine sich nicht mehr wehrende Person im „Schwitzkasten“ hinter sich her zerrt und unvermittelt auf diese eintritt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers rechtfertigt dabei das vorherige Verhalten der verletzten Person die Reaktion des Antragstellers nicht. Insoweit trägt der Antragsteller vor, dass er von der verletzten Person über einen Zeitraum von zwei Stunden hinweg immer wieder provoziert worden sei, diese ihm seinen Dienstausweis abgerissen habe und damit weggelaufen sei, den Antragsteller mit Steinen beworfen habe sowie, nachdem der Antragsteller sie nach Verfolgung erreicht und festgehalten, um sich getreten und geschlagen habe. Die Wahrheit dieser Aussage unterstellt, rechtfertigt dies das in dem Video dokumentierte Verhalten des Antragstellers nicht. Zum einen wehrte sich die im „Schwitzkasten“ befindliche Person nicht mehr, war ihr „Angriff“ damit bereits abgeschlossen bzw. die von ihr für den Antragsteller ausgehende Gefahr vorüber. Zum anderen wäre, selbst wenn man das Festhalten und Mitzerren im „Schwitzkasten“ für gerechtfertigt halten würde, das Eintreten auf die sich ruhig verhaltende Person von keinem Verteidigungsverhalten gedeckt. Dieser Vorfall offenbart somit vielmehr, dass der Antragsteller sein Verhalten nicht hinreichend kontrollieren kann, zu Aggressionen neigt, über eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft verfügt und aufkommende Konflikte gegebenenfalls mit Gewalt „löst“. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der Konflikt zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung bereits „gelöst“ war, der Antragsteller die Person erreicht und in seiner Gewalt hatte sowie diese sich nicht mehr wehrte.
16Der durch diese Tat gerechtfertigten Annahme hoher Gewaltbereitschaft und fehlender Konfliktlösungsfähigkeit steht nicht entgegen, dass der Antragsteller – soweit bekannt – seit 15 Jahren im Bewachungsgewerbe tätig und strafrechtlich nicht vorbelastet ist. In einem sensiblen Gewerbe wie dem Bewachungsgewerbe ist bereits eine einzige einschlägige Tat Anlass genug für die Prognose, dass der Gewerbetreibende zur Ausübung seines Gewerbes ungeeignet ist.
17Die Entscheidung der Antragsgegnerin ist auch ermessensfehlerfrei. Insbesondere erweist sich die getroffene Maßnahme als verhältnismäßig. Ein milderes Mittel zum Schutze der Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit vor den derzeit noch vom Antragsteller ausgehenden Gefahren ist nicht ersichtlich. Die Untersagung ist auch in Ansehung der möglicherweise gravierenden Folgen eines Arbeitsplatzverlustes für den Antragsteller als angemessen anzusehen. In Ansehung der besonderen Anforderungen, die gerade eine Tätigkeit im Bewachungsgewerbe an die Zuverlässigkeit der mit Bewachungsaufgaben beschäftigten Personen stellt und unter Berücksichtigung der Gefahren, die von unzuverlässigen Personen in diesem Bereich ausgehen können, überwiegt der Rechtsgüterschutz gegenüber Dritten die Interessen des Antragstellers an der Fortführung seines Beschäftigungsverhältnisses.
18Die für den Fall der Nichtbefolgung der Verfügung auf den §§ 55, 57 Nr. 2, 60 und 63 VwVG NRW beruhende Androhung von Zwangsgeld ist vor diesem Hintergrund gleichfalls nicht zu beanstanden.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
20Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
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Referenzen
- §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- GewO § 34a Bewachungsgewerbe; Verordnungsermächtigung 1x
- 1 K 4511/15 1x (nicht zugeordnet)