Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 18 L 1108/21
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 00. 00.0000 gegen den der Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilten Bescheid vom 00. 00. 0000 (Az. 000000000000000000000) wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu gleichen Teilen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sowie des Antragsgegners sind nicht erstattungsfähig.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 00. 00. 0000 gegen den der Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilten Bescheid vom 00.00.0000 (Az. 00000000000000000000) wiederherzustellen,
4hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.
5I. Der Antrag ist zulässig.
61. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die vorliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist eröffnet, da die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
7Die abdrängende Sonderzuweisung des § 8a Abs. 7 PBefG ist nicht einschlägig. Danach unterliegt die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Abs. 2 bis 5 EG-VO für den Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen der Nachprüfung nach Teil 4 Kapitel 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
8Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, obwohl der Antragsgegner die einstweilige Erlaubnis auf § 20 PBefG i.V.m. Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (im Folgenden: EG-VO) gestützt hat. Denn die erteilte einstweilige Erlaubnis stellt keine Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im Sinne von § 8a Abs. 7 PBefG dar. Bei der einstweiligen Erlaubnis und dem öffentlichen Dienstleistungsauftrag handelt es sich um getrennt voneinander zu beachtende Rechtsakte.
9Vgl. Fehling, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl. 2014, § 8a Rn. 3.
10Das Nebeneinander der rechtlichen Überprüfung der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung bzw. einstweiligen Erlaubnis durch die Verwaltungsgerichte einerseits und die Überprüfung der Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags durch die Vergabekammern andererseits folgt bereits aus der unterschiedlichen Zuständigkeit der am Verfahren beteiligten Stellen. So sind die Aufgabenträger in ihrem Wirkungskreis zuständige Behörde im Sinne der EG-VO und berechtigt, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne von Artikel 3 EG-VO nach Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 und 6 direkt zu vergeben, soweit Bundesrecht dem nicht entgegensteht, vgl. § 3 Abs. 2 ÖPNVG NRW. Die Nachprüfung des Vergabeverfahrens obliegt nach § 155 ff. GWB den Vergabekammern. Dagegen ist die Bezirksregierung zuständige Genehmigungsbehörde für die Erteilung der Genehmigung/einstweiligen Erlaubnis, vgl. § 11 Abs. 2 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten auf den Gebieten des öffentlichen Straßenpersonenverkehrs und Eisenbahnwesens (ZustVO-ÖSPV-EW). Allein deswegen kann die Erteilung einer auf § 20 PBefG i.V.m. Art. 5 Abs. 5 EG-VO gestützten einstweiligen Erlaubnis nicht als „Vergabe“ im Sinne von § 8a Abs. 7 PBefG gewertet werden.
112. Der Antrag ist gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 Var. 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO statthaft. Der von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch entfaltet aufgrund der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordneten sofortigen Vollziehung entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
12Der Widerspruch ist der statthafte Rechtsbehelf. Zwar bedarf es nach § 110 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 JustizG NRW in Nordrhein-Westfalen bei Anfechtungsklagen im Grundsatz keines Vorverfahrens, wenn der einen Dritten begünstigende Verwaltungsakt, den ein im Verwaltungsverfahren nicht beteiligter Dritter angreift, von einer Bezirksregierung erlassen wurde. Ein Vorverfahren muss jedoch gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JustizG NRW in bundesrechtlich angeordneten Fällen weiterhin durchgeführt werden. § 55 PBefG stellt einen solch bundesrechtlichen Ausnahmefall dar. Danach bedarf es eines Vorverfahrens auch, wenn ein Verwaltungsakt angefochten wird, den eine oberste Landesverkehrsbehörde oder das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erlassen hat. Die Vorschrift ist wegen des Wortes „auch“ dahingehend zu verstehen, dass gegen Verfügungen, die auf dem Personenbeförderungsgesetz beruhen, vor Klageerhebung stets Widerspruch zu erheben ist und nicht nur dann, wenn die Ausgangsverfügung von einer der dort genannten Behörden erlassen worden ist.
13Vgl. hierzu VG Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2012 – 6 L 1873/12 – juris Rn. 31 ff. unter Bezugnahme auf VGH München, Beschluss vom 22. Dezember 2009 – 11 CS 09.2081 – juris Rn. 24 ff. Siehe auch die unlängst veröffentlichte Pressemitteilung des BVerwG zum Urteil vom 9. Juni 2021 – C 32.20 –: „Zwar muss nach § 55 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) vor einer Klage gegen Verwaltungsakte nach diesem Gesetz stets ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden“. Das Erfordernis, ein Vorverfahren durchzuführen, ablehnend hingegen: OVG Münster, Urteil vom 6. Oktober 2020 – 13 A 1681/18 – juris Rn. 28 und Leitsatz 1; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Auflage, § 55 (EL 3/20) Rn. 61 ff.
143. Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Rechtsanwendung. Die Möglichkeit der Verletzung drittschützender Rechtspositionen ist nicht offensichtlich ausgeschlossen. Nur durch die Aussetzung der Vollziehung von der der Beigeladenen erteilten einstweiligen Erlaubnis kann die Antragstellerin erreichen, dass ihrem Begehren auf die Erteilung einer eigenen einstweiligen Erlaubnis ab dem 1. Juli 2021 nicht das Mehrfachgenehmigungsverbot entgegenhalten werden kann, da die begehrte Linie schon vergeben ist. Auch eine einstweilige Erlaubnis nach § 20 PBefG kann grundsätzlich nur einem, nicht aber mehreren Verkehrsunternehmern gleichzeitig erteilt werden. Das gerichtlich anderweitig verfolgte Begehren der Antragstellerin, die einstweilige Erlaubnis an Stelle der Beigeladenen zu erhalten, ist deshalb grundsätzlich nur realisierbar, wenn zugleich die Erteilung derselben an die Beigeladene als rechtswidrig angesehen bzw. deren Vollziehbarkeit ausgesetzt wird.
15Vgl. OVG Münster, Beschluss vom 12. September 2008 – 13 B 929/08 – juris Rn. 6 m.w.N.; Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl. 2014, § 20 Rn. 10 m.w.N.
16Dem steht nicht entgegen, dass die Kammer in den Verfahren 18 L 1003/21, 18 L 1009/21 und 18 L 1010/21 jeweils mit Beschluss vom 18. Juni 2021 die auf den Erlass einstweiliger Anordnungen gerichteten Anträge der Antragstellerin abgelehnt hat. Denn die gerichtlichen Entscheidungen sind gegenwärtig nicht rechtskräftig, so dass es keinesfalls offensichtlich ausgeschlossen ist, dass die Antragstellerin im Wege des Rechtsmittels die begehrten einstweiligen Erlaubnisse noch erhalten kann. Dieser Möglichkeit steht ebenfalls nicht der Umstand entgegen, dass der Antragsgegner die der Antragstellerin am 00. 00. 0000 auf Grundlage von § 15 PBefG erteilte Linienverkehrsgenehmigung (Az. 000000000) mit Bescheid vom 00.. 00. 0000 (Az: 000000000000000000000) unter Anordnung der sofortigen Vollziehung widerrufen hat. Eine Linienverkehrsgenehmigung ist nicht Genehmigungsvoraussetzung für die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach § 20 PBefG.
174. Der Antrag weist auch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse auf. Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin kann entgegen der Auffassung des Antragsgegners und der Beigeladenen nicht auf die Erteilung einer eigenen einstweiligen Erlaubnis reduziert werden. Vielmehr stehen im Fall einer Konkurrenzsituation, in der es mehrere Bewerber um eine Genehmigung bzw. einstweilige Erlaubnis nach dem Personenbeförderungsgesetz gibt, die Anträge nach § 123 VwGO – gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung – sowie nach § 80a Abs. 3, Abs. 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO – gerichtet auf die Suspendierung der Vollziehung von Konkurrenten erteilter einstweiliger Erlaubnisse – nebeneinander.
18II. Der Antrag ist auch begründet.
19Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist bereits dann aufzuheben, wenn diese formell nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Im Übrigen hängt die Begründetheit des Antrags nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO davon ab, ob das Interesse der Antragstellerin, von der Vollziehung einer Maßnahme vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das Aussetzungsinteresse überwiegt, wenn bei summarischer Prüfung Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist dem Antrag stattzugeben, wenn bei einer allgemeinen Abwägung der beiderseitigen Interessen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollziehungsinteresse überwiegt.
20Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zwar formell ordnungsgemäß ergangen, da der Antragsgegner das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich und auf den konkreten Fall abstellend begründet hat.
21Die Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners fällt hingegen zugunsten der Antragstellerin aus. Bei Anwendung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung erweist sich der Verwaltungsakt als rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Maßgebend sind insoweit ausschließlich die Antragstellerin schützende Rechtsnormen.
22Die Beschränkung auf drittschützende Normen hat zur Folge, dass sich die Antragstellerin nicht darauf berufen kann, dass der von der Beigeladenen gestellte Antrag – ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakte – die behördliche Prüfung der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1, Abs. 1a PBefG i.V.m. Art. 3 Abs. 1, Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51) bereits nicht erlaubt haben dürfte. Der Antragsgegner konnte bei Genehmigungserteilung auch nicht vom Vorliegen eines Falls des Art. 5 Abs. 5 EG-VO ausgehen. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Aufgabenträger eine Notmaßnahme nach Art. 5 Abs. 5 EG-VO noch nicht beschlossen. Hiermit korrespondiert, dass dem Antrag entgegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit e) PBefG
23– vgl. zur Anwendbarkeit von § 12 PBefG Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Auflage, § 20 (EL 1/18) Rn. 114 m.w.N. –
24ein auch bei Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis grundsätzlich vorzulegender Nachweis über einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag des Aufgabenträgers nach Art. 3 Absatz 1 EG-VO nicht beigefügt war.
25Dabei kann dahinstehen, ob der für die gerichtliche Entscheidung grundsätzlich maßgebliche Zeitpunkt – die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung –,
26vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2000 – 3 C 6.99 – juris Rn. 29 f.,
27betreffend solcher Umstände nach hinten zu verschieben ist, die den Erlaubnisinhaber begünstigen.
28Vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 20. Oktober 2020 – 5 MB 22/20 – juris Rn. 18.
29Denn selbst wenn man zugunsten des Antragsgegners und der Beigeladenen unterstellt, dass nunmehr ein Fall von Art. 5 Abs. 5 EG-VO im Sinne von § 20 Abs. 3 Satz 2 PBefG vorliegt, leidet die Genehmigungsentscheidung bezogen auf die Befristung der einstweiligen Erlaubnis auf die Maximaldauer von zwei Jahren an einem Ermessensfehler, der die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Die behördliche Ermessensentscheidung überprüft das Gericht dabei in den Grenzen von § 114 Satz 1 VwGO, also dahingehend, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
30Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 PBefG erlischt die einstweilige Erlaubnis nach sechs Monaten, soweit sie nicht vorher widerrufen wird. Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 2 kann die einstweilige Erlaubnis in den Fällen des Art. 5 Abs. 5 EG-VO auf bis zu zwei Jahre befristet werden.
31Insoweit hat der Antragsgegner das ihm zustehende Ermessen nicht ausgeübt, weil er hinsichtlich der in der einstweiligen Erlaubnis bestimmten Frist von zwei Jahren überhaupt keine Erwägungen angestellt hat. Die gebotene Auseinandersetzung bezüglich der Geltungsdauer der einstweiligen Erlaubnis folgt weder aus der Begründung des Bescheids selbst noch ist eine solche an anderer Stelle in der im Übrigen defizitär geführten Verwaltungsakte dokumentiert. Der Antragsgegner führt auf Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheids einzig aus, die einstweilige Erlaubnis erlösche mit Ablauf des 30. Juni 2023. In den Fällen des Art. 5 Abs. 5 EG-VO könne die einstweilige Erlaubnis auf bis zu zwei Jahre befristet werden. Diese bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts und die Bestimmung des Fristendes stellt keine Ermessensbetätigung dar.
32Losgelöst von der im Einzelnen umstrittenen Frage, inwieweit das vom Aufgabenträger begleitete Vergabeverfahren Bindungswirkung für das Genehmigungsverfahren entfaltet und in welchem Umfang die Genehmigungsbehörde noch eigenständige Prüfpflichten zukommen,
33vgl. hierzu etwa Heinze, in: Heinze/Fehling/Fiedler, 2. Aufl. 2014, PBefG § 13 Rn. 161 ff. sowie Fehling, in: Heinze/Fehling/Fiedler, 2. Aufl. 2014, PBefG § 8a Rn. 101,
34erstreckt sich eine solche Bindungswirkung aufgrund des Nebeneinanders von Vergabe- und Genehmigungsverfahren keinesfalls auf die von der Genehmigungsbehörde nach eigenem Ermessen zu entscheidende Frage, mit welcher Laufzeit eine einstweilige Erlaubnis versehen wird. Selbst wenn man sich mit einer – soweit ersichtlich – eher vereinzelt vertretenen Ansicht auf den Standpunkt stellte, dass die Entscheidung über die einstweilige Erlaubnis nicht im Ermessen der Genehmigungsbehörde liege (was im Übrigen die Entscheidung über die Geltungsdauer nicht zwingend umfassen muss),
35vgl. Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl. 2014, § 20 Rn. 8,
36lässt sich eine Ermessensreduktion auf Null in Bezug auf § 20 Abs. 3 Satz 2 PBefG ausweislich des unmissverständlichen Wortlauts nicht vertreten. Auch wenn die Entscheidung der Genehmigungsbehörde grundsätzlich im Einklang mit der im öffentlichen Dienstleistungsauftrag befristeten Notvergabe ergehen kann, ist die Behörde gehalten, Erwägungen dazu anzustellen, ob sie den vom Aufgabenträger im Rahmen der Notmaßnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 5 EG-VO betrauten Unternehmer für die gesamte Dauer des öffentlichen Dienstleistungsauftrags mit einer einstweiligen Erlaubnis ausstattet. Dies gilt erst recht mit Blick auf den hier gegebenen Umstand, dass die Genehmigungsbehörde im Zeitpunkt des Bescheiderlasses denknotwendig in Unkenntnis einer Notvergabe, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt war, von der Ausnahmevorschrift des § 20 Abs. 3 Satz 2 PBefG unter Bestimmung der dort vorgesehenen Maximalfrist Gebrauch gemacht hat.
37Die in einer einstweiligen Erlaubnis bestimmte Frist schützt auch die Antragstellerin. Denn aufgrund des bereits vorstehend benannten Mehrfachgenehmigungsverbots ist dem Konkurrenten des Inhabers der einstweiligen Erlaubnis während deren Geltungsdauer die Bedienung der Linie und der Marktzutritt insoweit versagt. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass einstweilige Erlaubnisse jederzeit widerrufbar sind. Denn hierfür bedürfte es einer gesonderten Behördenentscheidung.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
39Die Entscheidung über den vorläufigen Streitwert beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Hierbei berücksichtigt die Kammer Nr. 47.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach für Linienverkehr mit Omnibussen 20.000,- je Linie anzusetzen sind. Dieser Betrag war aufgrund der Vorläufigkeit der angegriffenen einstweiligen Erlaubnis herabzusetzen. Auch wenn die Kammer die begehrte Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis für 6 Monate im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung noch im Beschluss des Verfahrens 18 L 1003/21 vom 17. Juni 2021 mit einem Streitwert von 2.500,- bemessen hat, ist mit Blick auf die deutlich ängere Laufzeit der streitgegenständlichen Erlaubnis die Festsetzung eines Streitwerts in Höhe von 5.000,- geboten. Dieser war nach Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren.
40Rechtsmittelbelehrung
41Gegen Ziffer 1 dieses Beschlusses kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
42Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
43Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.
44Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
45Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
46Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde eingelegt werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
47Die Beschwerde ist schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen.
48Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
49Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Referenzen
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- 13 A 1681/18 1x (nicht zugeordnet)
- PBefG § 20 Einstweilige Erlaubnis 1x
- 6 L 1873/12 1x (nicht zugeordnet)
- 18 L 1009/21 1x (nicht zugeordnet)
- 18 L 1003/21 2x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 B 929/08 1x
- 5 MB 22/20 1x (nicht zugeordnet)