Urteil vom Verwaltungsgericht Lüneburg (3. Kammer) - 3 A 88/09
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Verbandsbeiträgen.
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Der Kläger ist Mitglied beim Beklagten. Der Beklagte ist ein Wasser- und Bodenverband im Sinne des Wasserverbandsgesetzes. Nach seiner Satzung hat er u. a. die Aufgabe, Gewässer und ihre Ufer auszubauen und zu unterhalten, Grundstücke zu entwässern und zu bewässern und Wege herzustellen und zu erhalten. Mitglieder sind die Grundstückseigentümer, die in einem Mitgliederverzeichnis aufgeführt sind. Zur Erfüllung seiner Aufgaben erhebt der Beklagte Beiträge von seinen Mitgliedern, wobei im so genannten Altgebiet und im Erweiterungsgebiet verschieden hohe Beitragssätze festgesetzt worden sind.
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Der Kläger wurde mit Beitragsbescheid des Beklagten vom 30. März 2009 für das Beitragsjahr 2009 zu Beiträgen in Höhe von 508,38 EUR herangezogen. Für das Altgebiet war ein Beitragssatz von 29,14 EUR ausgeworfen, für die Grundstücke im Erweiterungsgebiet ein Beitragssatz von 15,19 EUR.
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Der Kläger hat am 4. Mai 2009 Klage erhoben. Er trägt vor: Aufgrund der Berechnung mit Wertzahlen und des höheren Beitragssatzes sei der Beitrag im Altgebiet fast viermal so hoch wie im Erweiterungsgebiet. Zudem würde von seinen Flächen kein Wasser in den zu unterhaltenden Graben abgeleitet, es handele sich um undrainierte Flächen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beitragsbescheid des Beklagten vom 30. März 2009 in Höhe von 508,38 EUR aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er rechtfertigt die unterschiedliche Beitragsberechnung im Altgebiet und Erweiterungsgebiet mit einer unterschiedlichen Gewässernutzdichte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Veranlagungsbescheid des Beklagten vom 30. September 2009 für das Beitragsjahr 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Aufhebung des Bescheides nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO scheidet daher aus.
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Die Festlegung verschiedener Beitragsklassen und die Bildung unterschiedlicher Beitragssätze im Altgebiet und im Erweiterungsgebiet lassen sich rechtlich nicht beanstanden.
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Rechtsgrundlage für den mit der Klage angegriffenen Beitragsbescheid ist die Satzung des Beklagten in der Fassung vom 18. Januar 1996. Nach § 31 Abs. 2 der Satzung erfolgt die Festsetzung des Beitragsverhältnisses im Altgebiet nach vier Klassen, die zwischen einfachem, eineinhalbfachem und zweifachem Beitrag sowie beitragsfreien Flächen differenzieren. Im Erweiterungsgebiet der vereinfachten Flurbereinigung Wrestedt erfolgt die Festsetzung einheitlich nach dem Flächenmaßstab. Nach § 32 der Satzung werden die Grundflächen der Mitglieder in Vorteilsklassen eingeteilt, wobei zwei Sachverständige unter Leitung des Vorstehers und im Beisein des Technikers die Zugehörigkeit der Grundflächen zu den Klassen festsetzen.
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Die Satzung stützt sich auf das Wasserverbandsgesetz.
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Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Wasserverbandsgesetz - WVG - bemisst sich der Beitrag der Verbandsmitglieder nach dem Vorteil, den sie von der Aufgabe des Verbandes haben, sowie den Kosten, die der Verband auf sich nimmt, um ihnen obliegende Leistungen zu erbringen oder den von ihnen ausgehenden nachteiligen Einwirkungen zu begegnen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG reicht für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Die Satzung nach Absatz 2 der genannten Vorschrift kann für bestimmte Maßnahmen die Verbandsbeiträge entsprechend den für die einzelnen Grundstücke tatsächlich entstehenden Kosten festsetzen oder allgemein einen von Absatz 1 der Vorschrift abweichenden Beitragsmaßstab festlegen.
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Aufgrund dieser Vorschrift ist ein einheitlicher Beitragsmaßstab im gesamten Verbandsgebiet nicht zwingend. Ein einheitlicher Maßstab für alle Mitglieder kann dazu führen, dass „teurere“ Verbandsgebiete und „billigere“ Verbandsgebiete nivelliert und dass unterschiedliche Kosten im Wege einer „Mischkalkulation“ ausgeglichen werden. Damit „subventionieren“ letztlich diejenigen Verbandsmitglieder, die mit geringerem Aufwand auskommen, den Mehraufwand zugunsten der anderen. Ein solches Vorgehen mag, da der Verband eine Solidargemeinschaft ist, zulässig sein, ist aber nicht zwingend. Um die empfundene Ungerechtigkeit zu vermeiden, die in einem für alle gleichen Maßstab gesehen werden könnte, ist seit jeher die Bildung von so genannten Beitragsabteilungen für zulässig erachtet worden. Damit wird gleichsam das Verbandsunternehmen aufgeteilt und anschließend jedem Teil diejenige Gruppe von Mitgliedern beitragsmäßig zugeordnet, die von dem konkreten Teil des Verbandsunternehmens den Vorteil hat. Angehörige der verschiedenen Abteilungen haben damit nur solche Kosten zu tragen, die speziell ihnen zuzurechnen sind. Dort, wo bestimmte Maßnahmen bestimmten Grundstücken eindeutig zugeordnet werden können und diese Kosten nicht von vornherein zu vernachlässigen sind, kann also eine entsprechend differenzierte Heranziehung vorgenommen werden. Dies macht letztlich eine Beitragsdifferenzierung nach Flächengröße und Nutzungsart der Grundstücke, aber auch eine Differenzierung nach Gewässerdichte möglich (vgl. zu alledem OVG Greifswald, Urteil vom 23.02.2000 - 1 L 50/98 -; VG Greifswald, Urteil vom 05.07.2004 - 3 A 987/01 -; VG Greifswald, Urteil vom 28.10.2009 - 3 A 1228/07 -; Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rn. 274f). Insgesamt ist den Wasser- und Bodenverbänden bei der Ausgestaltung der Beitragsmaßstäbe, Beitragsklassen und ihre Anknüpfung etwa an die Gewässerdichte ein gewisser Einschätzungsspielraum von vornherein zuzubilligen. Denn nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG reicht für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Dies dient der Verwaltungsvereinfachung, weil die exakte Bestimmung von Vorteilen der Arbeit eines Verbandes für die einzelnen Grundstücke nur schwer oder gar nicht möglich ist. Gefordert werden kann deshalb nur, dass der Maßstab nicht in einem erkennbaren offensichtlichen Missverhältnis zum Vorteil steht (Art. 3 Abs. 1 GG).
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Im vorliegenden Fall hat der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 27. November 2009 vorgetragen, im Erweiterungsgebiet, das gleichzeitig Flurbereinigungsgebiet gewesen sei, habe die Flurbereinigung dazu geführt, dass die Gewässerlänge deutlich verkürzt worden sei bzw. eine größere Fläche an die Gewässer habe angeschlossen werden können. Durch dieses günstigere Verhältnis zwischen Gewässerlänge und angeschlossener Fläche hätten sich die auf die Fläche umzurechnenden Unterhaltungskosten gegenüber dem Stammgebiet deutlich verringert. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter des Beklagten diesen Standpunkt wiederholt und vertieft: Die „Gewässernutzdichte“ in Alt- und Erweiterungsgebiet sei unterschiedlich, in dem Erweiterungsgebiet entwässerten mehr Hektar, d.h. eine größere Fläche, in eine geringere Gewässerlänge. Im Altgebiet sei dies genau umgekehrt. Dies alles führe zu unterschiedlichen Beitragssätzen. Zudem sei die Bildung von Beitragsklassen im Altgebiet gleichsam aus der Vergangenheit übernommen worden, im Neugebiet hätten die Verhältnisse von vornherein anders gelegen.
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Diese von dem Beklagten vorgebrachten Umstände rechtfertigen die unterschiedlichen Beitragsklassen und Beitragssätze im Altgebiet und im Erweiterungsgebiet ohne Weiteres. Eine Differenzierung von Beiträgen nach Gewässerdichte ist - wie ausgeführt - rechtlich nicht zu beanstanden, sondern unter Berücksichtigung des § 30 Abs. 2 WVG zulässig. Die allgemeine Toleranzgrenze des Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG ist durch die vorgenommene Typisierung des Beklagten bei der Ausgestaltung seines Beitragsmaßstabes nicht verletzt und überschritten worden. Dem Kläger einzuräumen ist, dass auch eine andere Beitragsgestaltung zulässig gewesen wäre. Es kann jedoch vom Gericht nicht als sachwidrig und willkürlich angesehen werden, wenn die Verbandsversammlung als satzungsgebendes Organ des Beklagten sich entschließt, den dargestellten Unterschieden in Bezug auf Gewässerlänge und Entwässerungsgebiet - also die „Gewässernutzdichte“ - in den verschiedenen Teilräumen des Gesamtgebietes durch den unterschiedlichen Maßstab und den unterschiedlichen Beitragssatz Rechnung zu tragen. Der Kläger verkennt, dass das Gericht gewisse Freiräume bei der Satzungsausgestaltung durch den Verband und seine Versammlung akzeptieren muss. Das Gericht kann nicht seine Auffassung über das, was sinnvoll und zweckmäßig ist, an die Stelle der Vorstellung des beklagten Verbandes setzen.
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Der Beitragspflicht steht es nicht entgegen, dass der Kläger vorträgt, er leite von seinen Flächen kein Wasser in die zu unterhaltenden Gräben ein. Denn der Beitrag, den der Beklagte erhebt, deckt nicht nur Kosten für die Entwässerung von Grundstücken ab. Nach § 3 der Satzung hat der Beklagte weitergehende Aufgaben als die Grundstücksentwässerung: Er hat die zusätzlichen Aufgaben, die Gewässer und ihre Ufer auszubauen und im ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten, Grundstücke zu bewässern, vor Hochwasser zu schützen, durch Bodenbearbeitung zu verbessern und im verbesserten Zustand zu erhalten, und er hat die Aufgabe, die zur Verbandsarbeit nötigen Wege herzustellen und zu erhalten. Dass der Kläger von diesen weitergehenden Aufgaben keine Vorteile hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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