Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (8. Kammer) - 8 B 7/15

Gründe

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1.) Die Antragstellerin ist als verbeamtete Verwaltungsleiterin des Zentralen Einsatzdienstes (ZED) im Rang einer Regierungsoberinspektorin bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Mit Wirkung vom 17.02.2014 wurde die Antragstellerin nach § 38 Abs. 1 Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt (DG LSA) vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 13.05.2014 erfolgte die Einbehaltung der Dienstbezüge in Höhe von 17 %. Im Rahmen der Prüfung nach § 61 Abs. 2 DG LSA hob das Verwaltungsgericht Magdeburg die Bescheide durch Beschluss vom 27.08.2014 (8 B 13/14) auf. Mit Beschluss vom 11.12.2014 gab das Oberverwaltungsgericht der Beschwerde der Antragsgegnerin statt und lehnte den Antrag der Antragstellerin nach § 61 Abs. 1 DG LSA ab.

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Mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 28.03.2015 verfügte die Antragsgegnerin erneut die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge nach § 38 Abs. 2 DG LSA in Höhe von 15 %. Den dagegen eingelegten Antrag nach § 61 DG LSA begründet die Antragstellerin damit, dass das Kindergeld und der von dem geschiedenen Ehemann gezahlte Kindesunterhalt nicht auf ihr Einkommen angerechnet werden dürfe.

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2.) Der zulässige Antrag ist nach § 61 Abs. 2 DG LSA unbegründet.

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Nach § 38 Abs. 2 DG LSA kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 v. H. der monatlichen Dienstbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird.

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Die nach § 61 Abs. 2 DG LSA vom Disziplinargericht vorzunehmende Prüfung ergibt, dass die Einbehaltung von 15 % der Dienstbezüge nicht aufzuheben ist. Ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen nicht.

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Nach § 61 Abs. 2 DG LSA ist die Einbehaltung von Dienstbezügen dann aufzuheben, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Ermessensentscheidung des Dienstherrn hinsichtlich der Höhe des Einbehaltungsanteils nicht an dem Grundsatz der angemessenen Alimentation des Beamten ausrichtet, aber auch dann, wenn der Dienstherr die Prognose, dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird, nicht oder nicht hinreichend stellt.

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a.) Vorliegend führt die Antragsgegnerin in dem streitbefangenen Bescheid aus, „dass der Beamtin derart schwerwiegende Pflichtverletzungen vorgeworfen [werden], dass es bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist, dass als disziplinarrechtliche Maßnahme die Entfernung aus dem Dienst folgen wird.“ Das Disziplinargericht weist erneut darauf hin, dass die notwendige Prüfung und Prognoseentscheidung zum voraussichtlichen Ausgang des anhängigen Disziplinarverfahrens als Tatbestandsvoraussetzung der Rechtmäßigkeit der Kürzung nach § 38 Abs. 2 DG LSA genauso sorgfältig zu erfolgen hat, wie in der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung nach § 38 Abs. 1 DG LSA selbst (VG Magdeburg, Beschluss v. 25.02.2015, 8 B 20/14; juris). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge meistens gleichzeitig mit der Entscheidung über die vorläufige Dienstenthebung verbunden wird, wie dies auch vom Gesetz als zulässig angesehen wird. Eine Verweisung auf die Gründe der Suspendierungsverfügung muss daher grundsätzlich aus Effektivitätsgründen als zulässig angesehen werden. Dementsprechend sieht das Disziplinargericht die in dem streitgegenständlichen Bescheid vorgenommene Anlehnung an die Gründe der Suspendierung und schließlich die Verweisung auf die vorangegangenen gerichtlichen Verfahren als noch ausreichend an. Auch wenn die Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 10.12.2014 (10 M 7/14) wegen der fehlenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 27.08.2014 (8 B 13/14; juris) und den Ausführungen der Staatsanwaltschaft nicht überzeugend erscheint und sich in Behauptungen erschöpft, kommt das erstinstanzliche Gericht nicht daran vorbei, dass die notwendige Prognoseentscheidung rechtskräftig entschieden ist. Belastend für die Antragstellerin kommt hinzu, dass das anhängige Disziplinarverfahren zwischenzeitlich ausgedehnt wurde (Überzahlung der Bezüge, widersprüchliche Angaben zur Finanzierung des Treppenliftes, Zulassen/Anordnen des Führens eines Kraftfahrzeuges trotz Fahrverbot bezüglich des Sohnes) und ein Strafverfahren läuft. Demnach hält das Disziplinargericht die von der Antragsgegnerin in der Zusammenschau der Bescheide und gerichtlichen Entscheidungen zu sehende Prognoseentscheidung hinsichtlich der Schwere des Dienstvergehens, zumal auch die Antragstellerin diese nicht (mehr) angreift, sondern allein die Höhe der Kürzung der Bezüge zur gerichtlichen Überprüfung stellt.

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b.) Die von den Beteiligten zur Überprüfung gestellte Berechnung und Festlegung des Kürzungsteils der Bezüge ist nicht zu beanstanden. Dabei muss die Dienstbehörde berücksichtigen, dass die vorläufige Einbehaltung von Dienstbezügen keinen Strafcharakter hat, sondern mit Rücksicht auf die fortbestehende Alimentationspflicht des Dienstherrn allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten abzustellen ist. Der vorläufig des Dienstes enthobene Beamte muss gewisse Einschränkungen in seiner Lebenshaltung hinnehmen. Jedoch darf die Einbehaltung wegen ihres vorläufigen Charakters nicht zu einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung führen (vgl. zusammenfassend: BVerwG, U. v. 13.08.1979, 1 DB 14.79; VG Berlin, B. v. 02.02.2007, 80 Dn 59.06; VG Magdeburg, B. v. 27.11.2006, 8 A 17/06 und v. 19.05.2009, 8 B 7/09; Beschluss v. 25.02.2015, 8 B 20/14; alle juris).

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Gemessen daran, ist das Ermessen der Einleitungsbehörde fehlerfrei ausgeübt worden. Denn bei der Berechnung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin als Grundlage für den prozentualen Kürzungsanteil durfte sich die Behörde zu Recht an den Sozialhilfegrundsätzen orientieren das staatliche Kindergeld sowie die Kindsunterhaltszahlungen des Kindsvaters als Einkommen berücksichtigen. Dabei hat sie berücksichtigt, dass der Regelsatz der Sozialhilfe aufgrund des Alimentationsgrundsatzes angemessen zu erhöhen ist. Diese pauschale Erhöhung von 10 % ist zur Wahrung des Abstandsgebotes nicht zu beanstanden. Dementsprechend ist das Kindergeld und der Kindesunterhalt zutreffend als Einkommen berücksichtigt worden. Denn auch dieses gilt als Einkommen der Beamtin und nicht etwa als Einkommen Dritter (VG Magdeburg, Beschluss vom 25.02.2015, 8 B 20/14 mit Verweis auf: Sächs. OVG, Beschluss v. 02.02.2013, D 6 B 147/12 mit Verweis auf: BVerwG, Urteil v. 17.06.2004, 2 C 34.02; alle juris). Richtig ist zwar, dass diese Zahlungen primär dem Kindeswohl zugute kommen; gleichwohl steht es gerade in der Verantwortung der Antragstellerin als erziehungsberechtigte Mutter diese Zahlungen entsprechend dem Gesamteinkommen zum Wohle des Kindes zu bewirtschaften und zu verwenden. Das Gericht folgt demnach der Berechnung der Antragsgegnerin in dem Bescheid und der Antragserwiderung vom 04.06.2015 und darf zur weiteren Begründung darauf verweisen (§ 3 DG LSA; 117 Abs. 5 VwGO).


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