Urteil vom Verwaltungsgericht Minden - 7 K 2096/00
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Inhaber einer am 12.02.1998 ausgestellten Waffenbesitzkarte, die mit folgender Nebenbestimmung erteilt worden ist: Ein Verwahren oder Führen der in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Schusswaffen in Gebäuden oder Wohnungen, in denen ein Bordellbetrieb behördlich genehmigt ist, ist nicht zulässig. Am 19.05.1998 fand anlässlich eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eine Durchsuchung der Betriebsräume des Hauses A. straß 18 in H. statt. Hier wird von dem Kläger ein barähnlicher Betrieb unterhalten. Nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen wurde der Kläger im Garten des Grundstücks A. straße 18 angetroffen. Er saß mit weiteren Personen an einem Gartentisch, auf dem ein Schalldämpfer lag. Der Schalldämpfer konnte keiner der anwesenden Personen zugeordnet werden.
3Bei der Durchsuchung des auf dem Nachbargrundstück A. straße 16 abgestellten Fahrzeugs des Klägers wurde Folgendes festgestellt: In der Ablage der Mittelkonsole befand sich ein Magazin für eine Pistole mit zehn Schuss scharfer 9mm-Munition. Im verschlossenen Kofferraum wurde ein Koffer mit einem geladenen Trommelrevolver gefunden. Der Kläger gab an, er befinde sich auf dem Weg zu einem Schießstand in H. /T. . Eine Rücksprache mit der Leitung des genannten Schießstandes ergab, dass an diesem Abend ein Schwarzpulverschießen geplant war. Kleinkaliberschießen oder Schießen mit Pistolen oder Revolvern war nicht zulässig. Im Ermittlungsverfahren ließ der Kläger vortragen, bei der Bezeichnung der Schießstätte H. -T. handele es sich um ein Missverständnis. Tatsächlich sei er auf dem Weg zu einer Schießstätte in der Gaststätte "Z. W. " in H. gewesen. Das Strafverfahren, das u.a. wegen des Verdachts des unbefugten Führens von Schusswaffen eingeleitet worden war, wurde mit Beschluss vom 26.02.1999 gegen Zahlung einer Geldauflage von 5.000,00 DM gem. § 153 a StPO eingestellt.
4Nach Anhörung widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 25.01.2000 die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte. Z. Begründung wurde ausgeführt, der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit. Durch die Aufbewahrung des schussbereiten Revolvers im Kofferraums seines Kraftfahrzeuges sowie eines gefüllten Magazins in der Mittelkonsole habe er diese Gegenstände nicht ausreichend gesichert und dem unkontrollierten Zugriff Dritter entzogen.
5Z. Begründung des gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor: Bei dem Hausgrundstück A. straße 16, auf dem sein Kraftfahrzeug abgestellt gewesen sei, handele es sich um ein befriedetes Besitztum. Die sichergestellte Waffe habe sich in einem geschlossenen Aktenkoffer in dem abgeschlossenen Kofferraum des Fahrzeuges befunden.
6Durch Widerspruchsbescheid vom 15.05.2000 wies die B. D. den Widerspruch zurück.
7Der Kläger hat am 14.02.2000 Klage erhoben.
8Er beantragt,
9den Widerrufsbescheid vom 25.01.2000 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2000 aufzuheben.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig. Der Beklagte hat die dem Kläger ausgestellte Waffenbesitzkarte zu Recht widerrufen.
15Gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. § 30 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bestimmt, dass eine Waffenbesitzkarte zu versagen ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Antragsteller besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie würden mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG).
16Diesen Tatbestand erfüllt der Kläger. Die Tatsache, dass er eine geladene Waffe im Kofferraum seines auf einem Nachbargrundstück abgestellten Kraftfahrzeugs verwahrt hat, rechtfertigt die Annahme, er werde Waffen nicht sorgfältig verwahren. Der Umfang der insoweit zu beachtenden Vorsichtsmaßnahmen ergibt sich aus § 42 Abs. 1 WaffG. Danach hat der Inhaber einer Erlaubnis nach § 7 die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Schusswaffen oder Munition abhanden kommen oder das Dritte diese Gegenstände unbefugt an sich nehmen. Gleiches gilt für Personen, die außerhalb des Anwendungsbereiches des § 7 tatsächliche Gewalt über solche Gegenstände ausüben. Nach der zuletzt genannten Regelung trifft die Pflicht zur diebstahlsicheren Aufbewahrung nicht nur die Waffengewerbetreibenden i.S.v. § 7 WaffG, sondern darüber hinaus jeden, der die tatsächliche Gewalt über eine Schusswaffe ausübt. Das gilt auch für den Inhaber einer Waffenbesitzkarte (vgl. Potrykos/Steindorf, Waffenrecht, 7. Aufl. 1999, § 42 Rn 3). Bei der Auslegung dieser gesetzlichen Bestimmungen ist zur berücksichtigen, dass die Vorschriften des Waffengesetzes darauf zielen, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.03.1997 - 1 B 9/97 -; Beschluss vom 02.11.1994 - 1 B 215.93 -, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 71 m.w.N.).
17Gemessen an diesen Maßstäben kann nicht hingenommen werden, dass der Inhaber einer Waffenbesitzkarte eine schussbereite Waffe im Kofferraum seines abgestellten Fahrzeugs aufbewahrt. Das außergewöhnlich hohe Gefährdungspotenzial einer schussbereiten Waffe verpflichtet den Besitzer, besondere Vorkehrungen gegen ein Abhandenkommen zu treffen. Das gilt auch für die Dauer des Transports der Waffe - etwa von der Wohnung zu einer genehmigten Schießstätte -. Ein derartiger Transport darf grundsätzlich nicht in der Weise unterbrochen werden, dass die Waffe in dem abgestellten Fahrzeug zurückbleibt. Das gilt auch dann, wenn das Fahrzeug auf einem fremden befriedeten Besitztum abgestellt wird, weil dann ein unberechtigter Zugriff Dritter nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
18Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung begründet ein Verstoß gegen die dargestellten Verhaltenspflichten nicht nur dann Zweifel an der Zuverlässigkeit des Inhabers einer Waffenbesitzkarte, wenn es tatsächlich zu einem Verlust der Waffe in Folge eines Diebstahls kommt. Richtig an diesem Ansatz ist lediglich, dass ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten den Behörden in der Regel nur bekannt wird, wenn die Waffe tatsächlich abhanden gekommen ist. Insofern weicht der vorliegende Fall von dem typischen Geschehensablauf ab, weil hier ein sog. Zufallsfund im Rahmen einer aus anderen Gründen angeordneten Durchsuchung vorliegt. Dies ändert aber nichts daran, dass die aus diesem Anlass festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Kläger werde mit Waffen oder Munition auch in Zukunft nicht ordnungsgemäß umgehen.
19Letzteres gilt im Übrigen auch deshalb, weil der Kläger die Waffe - wenn auch in einem verschlossenen Aktenkoffer - in geladenem Zustand transportiert hat. Jedem Inhaber einer Waffenbesitzkarte muss auf Grund der gem. § 31 WaffG abzulegenden Sachkundeprüfung bekannt sein, dass eine Waffe grundsätzlich in entladenem Zustand zu transportieren ist. Demgemäß bestimmt der zur Durchführung des Waffengesetzes erlassene Runderlass des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 03.06.1987 (MinBl S. 783), dass der Prüfling auch die beim Transport von Waffen einzuhaltenden Sicherungsvorkehrungen kennen muss. So heißt es etwa auf die Frage "Wie ist eine Schusswaffe von der Wohnung zur Schießstätte zu transportieren, wenn der Inhaber der Schusswaffe keinen Waffenschein hat?": "Bei dem Transport darf die Schusswaffe nicht schussbereit und nicht zugriffsbereit sein". Die Frage "Wann ist eine Waffe schussbereit?" wird dahingehend beantwortet: "Wenn sie geladen ist, d.h., Munition oder Geschosse in Trommel, Magazin oder Patronenlager sind, auch wenn die Waffe nicht gespannt oder wenn sie gesichert ist".
20Die Forderung, Waffen grundsätzlich nur in entladenem Zustand zu transportieren, hat ihren Grund in der außergewöhnlich hohen Unfallgefährlichkeit geladener Waffen. Demgemäß wird - wie gerichtsbekannt - auf genehmigten Schießständen von der Schießleitung konsequent darauf geachtet, dass die Waffen erst unmittelbar an der Schießstätte geladen und auch in entladenem Zustand wieder abtransportiert werden. Soll eine Kurzwaffe während des Schießbetriebs aus der Hand gelegt werden, darf dies nur in entladenem Zustand erfolgen, wobei zusätzlich die Sicherheit durch herausgenommenes Magazin bzw. herausgeschwenkte Trommel herzustellen ist.
21Ein weiterer Verstoß gegen die dem Kläger obliegenden Aufbewahrungspflichten besteht darin, dass ein gefülltes Magazin in der Mittelkonsole seines Fahrzeuges liegen gelassen hat, nachdem er das Fahrzeug verließ. Auch diese Art der Aufbewahrung entspricht nicht den Anforderungen.
22Nach alledem ergibt sich die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers bereits aus den dargestellten Verstößen gegen die Aufwahrungs- und Sicherungspflichten. Auf die Frage, ob er sich tatsächlich auf dem Weg zu einer genehmigten Schießstätte befand, kommt es danach nicht mehr an.
23Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO.
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