Urteil vom Verwaltungsgericht Minden - 8 K 2491/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist bezüglich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist Jäger und Schießausbilder. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Diplomingenieur im Gartenbau betreibt er nebenberuflich die „Flintenakademie“, wo er Anfänger und Fortgeschrittene im Flintenschießen unterrichtet. Zu den Leistungen der „Flintenakademie“ zählen u.a. die Vorbereitung von Jagdscheinanwärtern auf die Schießprüfung, die Vorbereitung auf Flugwildjagden, Büchsenseminare für weite Distanzen sowie Büchsenseminare für Ansitz- und Bewegungsjagden. Der Kläger verfügt über einen gültigen Jahresjagdschein sowie über eine Waffenbesitzkarte, in die verschiedene Jagdwaffen eingetragen sind.
3Mit Schreiben vom 20.01.2011, konkretisiert durch ein weiteres Schreiben vom 23.04.2012, beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Schalldämpfern für seine Repetierbüchse Blaser R 8 (Kaliber. 308 Winchester) und seine Selbstladeflinte Benelli Vinci (Kaliber 12/67). Zur Begründung verwies er auf ein seit Jahren bestehendes Tinnitusleiden. Hierzu hatte er schon in früheren Verfahren ein Attest eines Hals-, Nasen-, Ohrenarztes vorgelegt. Zum Schutze seiner Gesundheit sei er deshalb auf die Verwendung von Schalldämpfern angewiesen. Dies stehe im Einklang mit der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen, die vorsehe, dass Lärmemissionen bei einem bestimmten Schalldruck vorrangig durch technische Maßnahmen am Entstehungsort zu mindern seien. Für Lärmemissionen bei Verwendung von Waffen bedeute dies, dass Schallschützer verwendet werden müssten.
4Der Beklagte holte daraufhin Stellungnahmen der deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. ‑ DEVA ‑, der Gesundheitsfürsorge und Sicherheitstechnik GmbH in H. sowie beim Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen ein. In ihrer Stellungnahme vom 01.06.2011 gelangte die DEVA zu der Einschätzung, dass bei großkalibrigen Waffen eine Minderung des Schallpegels am Ohr von ursprünglich 140 dB(A) auf 115 dB(A) zu erreichen ist. Bei Kleinkaliberwaffen sind die Minderungen entsprechend, nur mit deutlich niedrigeren Pegeln. Die Belastung von 115 dB(A) sei eine Belastung, die ohne Tragen eines Gehörschutzes zu verantworten sei. Diese Minderung sei mit Gehörschutzkapseln zwar ebenfalls zu erreichen, diese seien jedoch dann, wenn es sich nicht um elektronische Kapseln handele, aus jagdpraktischer Sicht nachteilig. Schon in einer früheren Stellungnahme vom 26.10.2004 hatte die DEVA auf Anfrage des Beklagten die Einschätzung geäußert, dass die durch eine Schalldämpfer reduzierten Schallpegel immer noch ein Niveau haben, das für ein tinnitusgeschädigtes Ohr weiterhin bedenklich ist. Die Dämpfung von Gehörschutzkapseln sei deutlich höher als die eines Schalldämpfers auf einer Waffe, da sie eine Größenordnung von 25 dB(A) bis 32 dB(A) aufweise. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass Schalldämpferwaffen im allgemeinen weder zur Jagd noch zur Ausübung des Schießsportes benötigt würden. Zu dieser Einschätzung gelangte auch das Ministerium in seiner Stellungnahme vom 08.11.2011.
5Zur weiteren Begründung seines Antrags machte der Kläger geltend, er habe den Antrag nur vorsorglich gestellt. Eigentlich bedürfe er für den Erwerb der Schalldämpfer keiner Erlaubnis des Beklagten, weil er als Inhaber eines gültigen Jahresjagdscheines ohne Erlaubnis Jagdwaffen und Jagdmunition erwerben dürfe, damit auch zugehörige Schalldämpfer, weil diese gesetzlich den Schusswaffen gleichgestellt seien.
6Nach vorheriger Anhörung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2012 den Erlaubnisantrag des Klägers mit der Begründung ab, der Kläger bedürfe einer Erlaubnis und habe das hierfür erforderliche Bedürfnis nicht nachgewiesen. Die Erlaubniserteilung bzw. eine Bedürfnisprüfung würde nur für Jagdwaffen entfallen, Schalldämpfer würden für die Jagd jedoch nicht benötigt und würden deshalb an der Privilegierung nicht teilnehmen. Ein Bedürfnis für die Verwendung eines Schalldämpfers sei im Falle des Klägers jedoch nicht erkennbar. Zum einen habe die Verwendung eines Schalldämpfers keinen Einfluss auf die Jagd und sei deshalb hierfür nicht erforderlich. Ebensowenig hänge der Erfolg im jagdlichen Schießtraining von einem Schalldämpfer ab. Zum anderen sei die Verwendung eines Schalldämpfers nicht erforderlich, um den Erfordernissen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bei der durch die Schussabgabe verursachten Lärmbelästigung sowie bei der Ausübung der Jagd und des Trainingsschießens gerecht zu werden. Hierzu könne auch ein Gehörschutz verwendet werden. Die Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen sei entgegen der Auffassung des Klägers nicht anwendbar, da sie nur für abhängig Beschäftigte gelte. Im Übrigen sei nach den Vorgaben der Verordnung selbst die Verwendung eines Schalldämpfers nicht geeignet, eine gesundheitsschädigende Wirkung bei der Schussabgabe auszuschließen, weil die Restlautstärke immer noch die angegebenen Auslösewerte überschreite. Der Schutz der Gesundheit könne durch zumutbare sonstige Maßnahmen, wie z.B. einen Gehörschutz, erreicht werden. Dass der Vorrang technischer Vorrichtungen zur Lärmverhinderung am Entstehungsort vor einem Gehörschutz nicht zwingend sei, ergebe sich schon aus § 15 der Verordnung, der insoweit Ausnahmen zulasse. Vorliegend sei dem Schutz der Allgemeinheit vor dem Gefährdungspotential an einer möglichen deliktischen Verwendung des Schalldämpfers und dem Ziel des Waffengesetzes, den Waffenumlauf möglichst gering zu halten, ein höherer Stellenwert einzuräumen als dem Einzelinteresse des Klägers an der Reduzierung des Lärms am Entstehungsort.
7Daraufhin hat der Kläger fristgerecht am 31.07.2012 die vorliegende Klage erhoben. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass er für den Erwerb der Schalldämpfer keiner Erlaubnis bedürfe und sein allgemeines Bedürfnis im Sinne des § 8 des Waffengesetzes nicht nachzuweisen brauche, da Schalldämpfer den Schusswaffen gleichgestellt seien, seine Jagdwaffen, für die er die Schalldämpfer benötige, von ihm jedoch ohne ausdrückliche Erlaubnis der Behörde und ohne Bedürfnisprüfung erworben werden könnten. Selbst wenn diese Auffassung nicht geteilt werden sollte, habe er ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz der Schalldämpfer hinreichend geltend gemacht. Die Nutzung eines Schalldämpfers habe erheblichen Einfluss auf den Erfolg der Jagd, da er nicht ‑ wie beim Tragen von Gehörschutz ‑ in seiner Wahrnehmung beeinträchtigt sei. Ein Schalldämpfer vermindere den Rückstoß und erhöhe damit die Schusspräzision. Das fehlende Mündungsfeuer erlaube eine bessere Sicht und ermögliche einen schnelleren zweiten Schuss. Zudem dämpfe ein Gehörschutz schlechter als ein Schalldämpfer, schütze nicht den gesamten Körper und sei bei der Jagd hinderlich. Oft habe er nicht schießen können, weil er es nicht rechtzeitig geschafft habe, seine Ohren mit einem Gehörschützer zu schützen. Dass für ihn aus gesundheitlichen Gründen eine erhebliche Lärmreduzierung beim Schießen notwendig sei, habe er schon in einem früheren Verfahren durch ein ärztliches Attest nachgewiesen. Seither sei sein Tinnitusleiden nicht besser geworden. Die konkrete Gefährdung seiner Gesundheit und auch sein Grundrecht auf Berufsfreiheit seien höher zu bewerten als eine vermeintliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Diese sei nämlich nicht tangiert, da Jagdwaffen nicht zu den deliktsrelevanten Waffen gehören würden und selbst bei Verwendung eines Schalldämpfers noch zu laut seien, um kriminelle Verwendung zu finden.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid des Beklagten vom 12.07.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm entsprechend seinem Antrag vom 23.04.2012 eine waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz von Schalldämpfern und zwei schallgedämpften Schusswaffen zu erteilen,
10hilfsweise festzustellen, dass er berechtigt ist, Schalldämpfer für die oben genannten Waffen ohne Voreintrag zu erwerben.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er bezieht sich zur Begründung auf die ausführlichen Darlegungen in seinem ablehnenden Bescheid und hält daran fest, dass der Kläger für die Schalldämpfer einer Erlaubnis bedürfe und hierzu ein Bedürfnis nachweisen müsse, dass vorliegend jedoch nicht erkennbar sei.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist zwar zulässig. Sie ist jedoch weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag begründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte die begehrte Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Schalldämpfern für seine beiden im Antrag näher bezeichneten Langwaffen erteilt.
17Entgegen der Auffassung des Klägers unterliegen auch Schalldämpfer für Jagdwaffen der Erlaubnispflicht. Der Umgang mit Schusswaffen, d.h. der Erwerb, der Besitz oder das Führen, bedarf gemäß § 2 Abs. 2 des Waffengesetzes ‑ WaffG ‑ i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 1. Halbsatz und § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG grundsätzlich einer Erlaubnis. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt Unterabschnitt 1 Ziffer 1.3 stehen wesentliche Teile von Schusswaffen und auch Schalldämpfer ‑ soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist ‑ den Schusswaffen gleich, für die sie bestimmt sind. Sie sind dem Grundsatz nach deshalb ebenfalls erlaubnispflichtig.
18Diese Erlaubnispflicht entfällt auch nicht durch das in § 13 WaffG normierte sog. Jägerprivileg. Zwar bedarf ein Inhaber eines gültigen Jahresjagdscheines nach § 13 Abs. 3 WaffG für den Erwerb von Langwaffen keiner behördlichen Erlaubnis, soweit diese nicht nach dem Bundesjagdgesetz verboten sind. Für ihn entfällt damit das Erfordernis eines Voreintrags in die Waffenbesitzkarte. Für den längerfristigen rechtmäßigen Besitz, wie ihn der Kläger begehrt, muss die Langwaffe jedoch stets in eine vorhandene Waffenbesitzkarte eingetragen oder eine Waffenbesitzkarte zu diesem Zweck beantragt werden. Insoweit unterliegt die Waffe also gleichwohl der Erlaubnispflicht. Schon aus diesem Grunde kann die vom Kläger behauptete Erlaubnisfreiheit des Schalldämpfers nicht auf § 13 Abs. 3 WaffG gestützt werden.
19Eine Erlaubnis kann nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG aber nur erteilt werden, wenn der Antragsteller neben anderen Voraussetzungen auch ein Bedürfnis nachgewiesen hat. Zwar entfällt gemäß § 13 Abs. 2 die Bedürfnisprüfung für Jäger, die Inhaber eines Jahresjagdscheines sind, für den Erwerb und Besitz von Langwaffen und zwei Kurzwaffen, sofern diese im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nach dem Bundesjagdgesetz nicht verboten sind (Jagdwaffen und ‑munition). Hierbei sind auch Verbote aus dem Landesrecht zu beachten, z.B. Art. 29 Abs. 2 Nr. 7 BayJagdG i.V.m. § 19 Abs. 2 BJagdG, der ein Verbot von Schalldämpfern bei der Jagd vorsieht. In Nordrhein-Westfalen ist ein entsprechendes Verbot gesetzlich zwar nicht verankert. Die Privilegierung des § 13 Abs. 2 WaffG erfasst nach Auffassung des Gerichts aber auch hier keine Schalldämpfer. Ausdrücklich ist in § 13 Abs. 1 und 2 WaffG nur von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition die Rede, nicht jedoch von Schalldämpfern. Wenngleich diese nach Nr. 1.3 der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG den Schusswaffen gleichgestellt sind, stellen sie doch keine wesentlichen Teile der Schusswaffe dar und gehören nicht notwendig hierzu. In der Rechtsprechung wird deshalb die Auffassung vertreten, dass mit dem Begriff der Schusswaffe nicht ohne weiteres ein Schalldämpfer in Verbindung gebracht wird. Schalldämpfer seien auch kein integraler Bestandteil der Schusswaffe, da andernfalls eine Unterscheidung zwischen Schusswaffen und Schalldämpfern, wie sie der Gesetzgeber u.a. in § 34 Abs. 5 WaffG vorgenommen hat, nicht erforderlich wäre. Sei deshalb in einer waffenrechtlichen Vorschrift explizit nur von Schusswaffen und Munition die Rede, nicht jedoch von Schalldämpfern, werde damit nicht eine gleiche, sondern eine unterschiedliche Behandlung von Schusswaffen und Schalldämpfern geregelt. Diese Regelung sei deshalb als Norm anzusehen, die in Bezug auf Nummer 1.3 der genannten Anlage „etwas anderes bestimme“, so dass hierbei die Gleichstellung von Schusswaffen und Schalldämpfern unterbleibe.
20So VG Schleswig, Urteil vom 17.06.2008 - 7 A 137/06 -, juris.
21Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgt, muss eine Anwendung des § 13 Abs. 2 WaffG auf Schalldämpfer aber aus anderen Gründen unterbleiben: Der gesetzlichen Regelung liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Jagdscheininhaber zur Jagdausübung regelmäßig Langwaffen und zwei Kurzwaffen braucht und deshalb ein gesonderter Nachweis, dass solche Waffen benötigt werden, entbehrlich erscheint.
22So Gade/Stoppa, WaffG, Rz 22 zu § 13 m.w.N.
23Ebensowenig wie die unwiderlegliche Vermutung bei einer weiteren Kurzwaffe greift, die schon nach der Auffassung des Gesetzgebers nicht zur Jagdausübung erforderlich ist, kann sie für die Verwendung von Schalldämpfern Geltung beanspruchen, auch wenn diese grundsätzlich den Waffen, für die sie vorgesehen sind, gleichgestellt sind. Denn auch sie werden für die Jagdausübung nicht benötigt, was sich schon daraus ergibt, dass etwa in Bayern die Verwendung von Schalldämpfern bei der Jagd sogar verboten ist (im einzelnen wird dies noch weiter unten erläutert). Dies gilt sowohl für Langwaffen als auch für die ebenfalls als Jagdwaffen eingestuften zwei Kurzwaffen. Insofern kann die Regelung des § 13 Abs. 2 WaffG nach Sinn und Zweck des Gesetzes vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass Inhaber eines Jahresjagdscheines lediglich für Jagdwaffen als solche ohne die ihnen gleichgestellten Schalldämpfer nicht glaubhaft zu machen brauchen, dass die von ihnen bevorzugten Langwaffen und zwei Kurzwaffen tatsächlich für die Ausübung der Jagd, zum Training im jagdlichen Schießen oder bei jagdlichen Schießwettkämpfen erforderlich sind. Denn nur auf diese kann die Vermutung des Gesetzgebers zutreffen, dass insoweit ohnehin ein Grundbedürfnis des Jägers gegeben ist.
24Dass einschränkende Auslegungen der Regelung des § 13 Abs. 2 WaffG nicht wesensfremd sind, sondern sogar geboten sein können, ist auch für den Fall anerkannt, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Jahresjagdscheines trotz Vorliegens des gültigen Jagdscheines nicht vorhanden sind. Dann können sie ausnahmsweise trotz der gesetzlichen Vermutungsregelung voll überprüft werden.
25So Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, Rz 7 zu § 13 WaffG m.w.N. zur Rechtsprechung.
26Im Übrigen fingiert § 13 Abs. 2 WaffG lediglich die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 WaffG, also die Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Schusswaffen. Die Bedürfnisvoraussetzungen als solche müssen deshalb, was die Frage der Notwendigkeit anbelangt, bei § 13 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG für alle Jagdscheininhaber identisch sein. Andernfalls würde sich die Situation ergeben, dass ein Jäger, der nicht im Besitz eines gültigen Jahresjagdscheines, sondern nur eines Tagesjagdscheines oder Ausländerjagdscheines ist, nach § 13 Abs. 1 WaffG keinen Schalldämpfer für seine Jagdwaffen erwerben und besitzen kann, weil er diesen bei Ausübung der Jagd nicht benötigt, der Erwerb von Schalldämpfern für ihn aber in dem Augenblick nach § 13 Abs. 2 WaffG zulässig ist, wo er einen Jahresjagdschein erwirbt, obwohl sich an seinem Bedürfnis nichts geändert hat. Eine derart unterschiedliche Behandlung bei gleichen Bedürfnisvoraussetzungen kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Überdies würde die ‑ ungeprüfte ‑ Zulässigkeit eines Schalldämpfers für Jagdwaffen bei Inhabern eines Jahresjagdscheines dem das gesamte Waffengesetz durchdringenden Grundsatz widersprechen, wonach die Zahl der erlaubten Waffen zum Schutz der Allgemeinheit möglichst gering gehalten und damit die Gefahr deliktischer Übergriffe bei Verwendung abhanden gekommener Waffen so weit wie möglich ausgeschlossen werden soll. Für Schalldämpfer besteht ein hohes Maß einer deliktischen Verwendung. Dies mag zwar nicht in erster Linie auf Schalldämpfer für Langwaffen zutreffen, da diese den bei der Schussabgabe entstehenden Lärm nicht so weit reduzieren, dass er nicht auch noch in größerer Entfernung gehört werden könnte. In besonderem Maße deliktische Verwendung können jedoch die Schalldämpfer für die in § 13 Abs. 2 WaffG genannten, zur Grundausstattung eines Jägers gehörenden Kurzwaffen finden, da sie den Lärm stark minimieren und deshalb im Falle eines Abhandenkommens für kriminelle Übergriffe besonders geeignet erscheinen. Da aber eine Unterscheidung zwischen Schalldämpfern für Langwaffen und solche für Kurzwaffen im Hinblick auf ihre rechtliche Bewertung nicht angezeigt ist, sieht das Gericht den Anwendungsbereich des § 13 WaffG auf die dort genannten Waffen einschließlich ihrer wesentlichen Teile und die Munition beschränkt. Schalldämpfer, die grundsätzlich zur Jagd nicht benötigt werden, unterfallen nicht der Privilegierung.
27Insofern kann dem Kläger die begehrte Erlaubnis nur erteilt werden, wenn er hierfür ein allgemeines Bedürfnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG i.V.m. § 8 WaffG nachgewiesen hat. Dies setzt voraus, dass er gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Schalldämpfer für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht hat.
28Hieran fehlt es vorliegend. Dass der Kläger sein persönliches Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schalldämpfer oder schallgedämpften Waffen nicht auf seine Eigenschaft als Jäger stützen kann, ist bereits zuvor unter Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen in Bayern verneint worden. Ergänzend sei hierzu an dieser Stelle jedoch Folgendes ausgeführt: Die Nutzung eines Schalldämpfers mag zwar vorteilhafte Auswirkungen auf die Jagd haben, der Wunsch nach einer optimalen Jagdausübung begründet aber noch kein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG, weil hiermit nicht die Erforderlichkeit eines Schalldämpfers dargetan ist. Erforderlich wäre ein Schalldämpfer nur dann, wenn der Erfolg der Jagd ohne eine schallgedämpfte Waffe unzumutbar beeinträchtigt wäre oder dem Kläger die Ausübung der Jagd als solche nicht mehr möglich wäre. Dies ist vorliegend jedoch nicht erkennbar. Der Verzicht auf die vom Kläger angeführten Sichtvorteile aufgrund eines nicht vorhandenen Mündungsfeuers bei Verwendung eines Schalldämpfers sowie auf die erhöhte Schusspräzision aufgrund eines geringeren Rückstoßes bedeutet keine unzumutbare Erschwerung der Jagd. Vielmehr ist in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass Waffen mit Schalldämpfern in der Regel nicht zur Jagd benötigt werden. Hierzu hat der Hessische VGH schon in früheren Jahren zu der damals noch gültigen Fassung des Waffengesetzes unter Hinweis auf Stellungnahmen des Landesjagdverbandes Hessen und des Deutschen Jagdschutzverbandes sowie der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen e.V. ‑ DEVA ‑ ausgeführt, dass die Verwendung von Schalldämpfergewehren die Jagd auf Tiere zwar erleichtert, jedoch zu jagdlichen Zwecken nicht erforderlich ist. Nur in Ausnahmefällen kann aus Gründen der Lärmbekämpfung die Verwendung eines Schalldämpfers angezeigt sein.
29So Hessischer VGH, Urteil vom 09.12.2003 - 11 UE 2912/00 -,
30in: jagdrechtliche Entscheidungen XVII Nr. 138.
31Diese Einschätzung teilt auch das VG Stuttgart.
32Vgl. Urteil vom 14.01.2009 - 5 K 151/08 -, juris.
33Das erkennende Gericht hat sich unter Hinweis auf die Literatur in seiner bisherigen Rechtsprechung ebenfalls dafür ausgesprochen, dass ein grundlegendes jagdliches Bedürfnis für die Nutzung eines Schalldämpfers nicht erkennbar ist.
34Vgl. VG Minden, Urteil vom 29.04.2011 - 8 K 2217/10 -,
35Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, § 13, Rz 14 und § 8 Rz 16 f. und Rz 28;
36Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Auflage, Rz 871.
37Andere anerkennenswerte persönliche Interessen am Erwerb und Besitz von Schalldämpfern und schallgedämpften Waffen hat der Kläger gleichfalls nicht glaubhaft gemacht. Zwar verweist er auf ein Tinnitusleiden und die daraus resultierende Notwendigkeit, sein Gehör aus gesundheitlichen Gründen vor weiteren Lärmbeeinträchtigungen zu schützen. Hiermit hat er jedoch das Bedürfnis für einen Schalldämpfer nicht dargetan, da die erforderliche Lärmminderung auch durch Verwendung eines Gehörschutzes erreicht werden kann. Hierzu hat die von dem Beklagten von der DEVA eingeholte Stellungnahme vom 01.06.2011 ergeben, dass Gehörschutzkapseln den bei der Schussabgabe entstehenden Lärm ebenso mindern können, wie die Verwendung eines Schalldämpfers. In der früheren Stellungnahme vom 26.10.2004 hatte die DEVA sogar darauf hingewiesen, dass Gehörschutzkapseln den Lärm deutlich besser mindern als Schalldämpfer.
38Der heutige Stand der Technik ermöglicht zudem die Verwendung eines elektronischen Gehörschutzes, mit dem eine Lärmreduzierung auf ein gesundheitlich vertretbares Maß auch ohne Schalldämpfer erreicht werden kann.
39Vgl. hierzu auch VG Stuttgart, Urteil vom 14.01.2009, a.a.O.
40speziell zur Notwendigkeit von Schalldämpfern bei einem Tinnitusleiden.
41Auch wenn das Tragen eines Gehörschutzes bei der Jagd im gewissen Maß hinderlich sein kann, ist dem Kläger doch zuzumuten, nicht erst vor einer Schussabgabe den Gehörschutz anzulegen, wie er es nach seiner Einlassung offenbar praktiziert, sondern diesen sensiblen Gehörschutz bei der Jagd permanent zu tragen, um die bei einer Schussabgabe erforderliche Lärmminderung zu garantieren und eine Verschlechterung seines Tinnitusleidens zu verhindern.
42Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung der Behauptung des Klägers, von Berufs wegen jagen zu müssen und deshalb auf die Notwendigkeit eines Schalldämpfers anstelle eines Gehörschutzes angewiesen zu sein. Ausweislich des Internetauftrittes seiner „Flintenakademie“, die der Kläger nur nebenberuflich betreibt, bildet er vorrangig im Schießen aus, wobei der Schießunterricht primär auf Schießanlagen, aber auch im freien Jagdparcours stattfindet. Sein Ziel ist es, den Teilnehmern eine Schießtechnik zu vermitteln, die deshalb effektiv ist, weil überflüssige Bewegungen eliminiert werden, der richtige Ablauf erlernt und kontrolliert ausgeführt wird. Dabei will er den Schützen nicht beibringen, wie er selbst schießt, sondern ihnen dabei helfen, ihren eigenen Stil zu finden. Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich hieraus schon nicht, dass bei diesem Training auch die Munition verwendet werden muss, die insbesondere für eine erhebliche Lärmentwicklung verantwortlich ist. Wie schon der Beklagte nahegelegt hat, kann hierbei auch eine sog. „Subsonic-Munition“ verwendet werden, die mit einer geringeren Geräuschentwicklung verbunden ist. Darüber hinaus begleitet der Kläger, wie sich auch den Fotos im Internet entnehmen lässt, primär die Teilnehmer seiner Ausbildungskurse u.a. durch Aufzeigen einer bestimmten Körperhaltung. Dass er selbst gezwungen ist, regelmäßig hierbei mit großkalibrigen Waffen und entsprechender Munition zu schießen, ist nicht ersichtlich. Den bei der Schussabgabe durch Kursteilnehmer entstehenden, nicht unmittelbar auf seinen eigenen Körper wirkenden Schall kann er aber auf jeden Fall durch Tragen eines Gehörschutzes wirksam mindern, so dass er auch im Rahmen seiner nebenberuflichen Tätigkeit nicht auf die Verwendung eines Schalldämpfers aus gesundheitlichen Gründen angewiesen sein kann.
43Dies gilt auch in Ansehung der von dem Kläger für sich in Anspruch genommenen Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen in der Fassung vom 19.07.2010. Zwar sieht diese Verordnung in § 7 Abs. 1 vor, dass der Arbeitgeber Lärmschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik durchzuführen hat, um die Gefährdung der Beschäftigten auszuschließen oder so weit wie möglich zu verringern. Nach Nr. 1 muss die Lärmemission auch primär am Entstehungsort verhindert oder so weit wie möglich verringert werden, was vorrangig vor der Verwendung von Gehörschutz nach § 8 der Verordnung ist.
44Diese Vorschrift kann im vorliegenden Fall jedoch keine Anwendung finden. Hierbei kann dahinstehen, ob der Kläger als selbstständig Gewerbetreibender sich überhaupt auf die Vorschrift berufen kann, die den Schutz der abhängig Beschäftigten bezweckt. Auch kann dahinstehen, ob sich eine andere Sehensweise dadurch ergibt, dass er mittlerweile in seiner „Flintenakademie“ noch eine andere Person beschäftigt hat, die den Schutz vor Gefährdung durch Lärm beanspruchen kann. § 7 Abs. 1 der Verordnung ist hier nämlich schon aus anderen Gründen nicht anwendbar:
45Mit dieser Norm soll der Arbeitgeber veranlasst werden, technische Vorrichtungen zum Schutz seiner Beschäftigten vor Lärm etwa durch alternative Arbeitsverfahren, Auswahl und Einsatz neuer oder anderer Arbeitsmittel, eine anderweitige Einrichtung der Arbeitsstätten und Arbeitsplätze oder Maßnahmen zur Luftschallminderung durch Abschirmungen oder Kapselungen oder auch Körperschalldämpfung und dergleichen zu treffen. Diesen in § 7 Abs. 2 der Verordnung im einzelnen aufgeführten Beispielsmaßnahmen ist gemeinsam, dass sie vom Arbeitgeber eigenständig durchgeführt werden können, ohne dass es hierbei auf die konkrete Person des Arbeitnehmers ankommt. Sie sind nicht höchstpersönlicher Natur, frei verfügbar, generell erlaubt und kommen auch bei einem Wechsel der Belegschaft dem jeweiligen Arbeitnehmer zugute. Gleiches trifft auf die Verwendung von Schalldämpfern jedoch nicht zu. Diese sind, worauf bereits hingewiesen wurde, in einigen Bundesländern bei der Ausübung der Jagd sogar verboten, nicht für jedermann frei verfügbar und schon gar nicht von der Person des Beschäftigten oder Arbeitnehmers unabhängig. In Nordrhein-Westfalen existiert zwar kein entsprechendes Verbot, jedoch stehen Schalldämpfer hier unter Erlaubnisvorbehalt. Sie bedürfen des Eintrags in eine Waffenbesitzkarte, die höchstpersönlicher Natur ist und die der Arbeitgeber nicht ohne weiteres für seinen Arbeitnehmer beantragen kann, da insoweit auch etwa die persönliche Zuverlässigkeit und andere Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung zu beachten sind. Ein Arbeitgeber kann mithin seinen Beschäftigten keine Schalldämpfer für deren Waffen zur Verfügung stellen oder sie vorrätig halten. Die Anbringung eines Schalldämpfers auf eine Waffe stellt deshalb keine technische Maßnahme zur Verringerung der Lärmemission am Entstehungsort im Sinne des § 7 der Verordnung dar, so dass sich auch aus dieser Vorschrift kein Bedürfnis des Klägers für den Erwerb und Besitz von Schalldämpfern herleiten lässt.
46Da der Kläger diese Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung mithin nicht dargetan hat, konnte die Klage mit ihrem Hauptantrag keinen Erfolg haben.
47Nichts anderes gilt auch für den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch, festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, Schalldämpfer für seine Langwaffen ohne Voreintrag zu erwerben. Zwar bedürfen nach § 13 Abs. 3 WaffG Inhaber eines gültigen Jahresjagdscheines zum Erwerb von Langwaffen, die Jagdwaffen sind, keiner Erlaubnis. Hierbei ist der Jagdschein das „Erwerbspapier“, so dass sie ohne Voreintrag in der Waffenbesitzkarte erworben werden können. Wie oben dargelegt, gelten die privilegierenden Regelungen des § 13 WaffG jedoch generell nicht für Schalldämpfer, die gesondert zu betrachten sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen. Deshalb ist der Kläger auch nicht nach der Privilegierungsregelung des § 13 Abs. 3 WaffG zum Erwerb von Schalldämpfern ohne Voreintrag berechtigt.
48Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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