Urteil vom Verwaltungsgericht Minden - 10 K 9520/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Mitteilung des Namens einer Person, die den Beklagten auf mögliche Verstöße des Klägers gegen das Tierschutzgesetz hingewiesen hat.
3Der Kläger hält auf einem von ihm gepachteten Grundstück mehrere Pferde. Im August 2014 sowie im Juni 2015 erhielt der Beklagte jeweils einen Hinweis, auf dem Grundstück des Klägers stünden magere Pferde. Aufgrund dieser Hinweise wurden zeitnah tierärztliche Kontrollen durchgeführt. Auf dem anlässlich dieser Kontrollen erstellten "Kontrollblatt Tierseuchenüberwachung" ist jeweils die Rubrik "Verstoß" angekreuzt.
4Am 27. Juni 2017 ging ein weiterer Hinweis bei der Beklagten ein, dass auf dem Grundstück des Klägers recht magere Pferde auf einer ungepflegten Weide stünden; außerdem lahme ein braun-schwarzes Pferd hinten rechts. Eine am 28. Juni 2017 durchgeführte Kontrolle ergab folgende tierärztliche Feststellungen:
5"…
6- Pferde sind schlank aber nicht mager
7- alle Pferde sind frisch entwurmt
8…
9- Weide aktuell nicht ausgemäht, da der Mäher kaputt ist
10…
11- ein Dreijähriger mit ausgebrochenen Hufen vorne bds.
12…"
13Auf dem anlässlich diese Kontrolle erstellten "Kontrollblatt Tierseuchenüberwachung" ist wiederum die Rubrik "Verstoß" angekreuzt. Dagegen ist auf der zu diesem Kontrollblatt gehörenden "Niederschrift einer Kontrolle" angekreuzt, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle keine offensichtlichen Mängel festgestellt worden seien.
14Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 7. Juli 2017 beantragte der Kläger, ihm Einsicht in die Akten über die bei ihm durchgeführten Kontrollen zu gewähren und ihm die Namen der Personen bekanntzugeben, die ihn angezeigt hätten, damit er gegebenenfalls zivilrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen könne.
15Mit Schreiben vom 30. August 2017 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ein Hinweis anonym und die beiden anderen Hinweise von verschiedenen Personen erfolgt seien. Die Namen der Hinweisgeber könnten dem Kläger nicht mitgeteilt werden.
16Mit Bescheid vom 18. Oktober 2017 gewährte der Beklagte dem Kläger Akteneinsicht und lehnte den Antrag des Klägers auf Benennung der Hinweisgeber mit der Begründung ab, dass diese der Offenbarung ihrer persönlichen Daten nicht zugestimmt hätten. Dementsprechend waren die Namen der Hinweisgeber in der dem Kläger übersandten Akte unkenntlich gemacht worden.
17Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 6. November 2019 Klage erhoben. Er habe einen Anspruch auf Nennung des Namens der Person, die sich 2017 beim Beklagten über ihn beschwert habe, um gegen diese Person zivilrechtlich, ggf. auch strafrechtlich vorzugehen. Das Interesse des Hinweisgebers, seinen Namen geheim zu halten, sei nicht schützenswert. Wer einen anderen wiederholt rechtswidriger Taten beschuldige, dürfe sich nicht hinter seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstecken.
18Der Kläger beantragt,
19den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 18. Oktober 2017 zu verpflichten, ihm Einsicht in die Akte W. zu der am 27. Juni 2017 gegen ihn erhobenen Beschwerde ohne Schwärzung des Namens zu gewähren.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen,
22und weist darauf hin, dass die Anzeigen nicht von ein- und derselben Person erstattet worden seien. Zudem seien im Rahmen der Kontrollen in den Jahren 2014 und 2015 jeweils Mängel festgestellt worden und der Kläger entsprechend mündlich belehrt worden. Lediglich bei der Kontrolle im Juni 2017 seien keine Verstöße festgestellt worden. Die Abwägung der betroffenen Belange gehe zulasten des Klägers aus: Zwar habe er mit der eventuellen Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend gemacht. Jedoch würden die Belange des Hinweisgebers an der Geheimhaltung seiner Personalien dieses rechtliche Interesse grundsätzlich überwiegen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Hinweisgeber wider besseres Wissen oder in der Absicht gehandelt habe, den Ruf des Klägers zu schädigen. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
23Mit Beschluss vom 11. Juli 2019 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
24Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Kreises Bezug genommen.
25E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
26Die Klage ist gemäß § 88 VwGO dahingehend zu verstehen, dass der Kläger die Offenlegung des Namens der Person begehrt, die die Beklagte am 27. Juni 2017 auf mögliche Verstöße des Klägers gegen das Tierschutzgesetz hingewiesen hat. Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
27Die Klage ist zulässig. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es nicht (§§ 68 Abs. 2 i.W. .m. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO, 110 Abs. 1 Satz 2 i.W. .m. Satz 1 JustG NRW). Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 110 Abs. 2 bis 4 JustG NRW ausnahmsweise ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, liegen nicht vor. Die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 2 i.W. .m. Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist eingehalten.
28Die Klage ist jedoch unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Voraussetzungen unter denen § 4 Abs. 1 IFG NRW einen Anspruch auf Informationszugang gewährt, liegen nicht vor.
291. § 4 Abs. 1 IFG NRW bestimmt, dass jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei dieser Stelle vorhandenen amtlichen Informationen hat. Zwar ist die Beklagte eine öffentliche Stelle i.S.d. § 2 IFG NRW und handelt es sich bei dem Namen des Hinweisgebers bzw. Informanten um eine amtliche Information i. S. d. §§ 4 Abs. 1, 3 Satz 1 IFG NRW. Der Offenbarung des Namens des Hinweisgebers stehen jedoch sowohl § 6 Satz 1 lit. a) IFG NRW (2.) als auch § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 IFG NRW (3.) entgegen.
302. § 6 Satz 1 lit. a) IFG NRW schließt den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus, weil der Hinweisgeber der Offenbarung seines Namens nicht zugestimmt hat [a)] und keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Hinweisgeber die Beklagte wider besseres Wissen oder leichtfertig falsch informiert hat [b)].
31a) Dass der Hinweisgeber der Offenbarung seines Namens nicht zugestimmt hat, ergibt sich aus dem vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Kopie überreichten Telefonvermerk vom 15. August 2017. In diesem Vermerk steht, dass der Hinweisgeber auf telefonische Anfrage des Beklagten erklärt hat, er wolle seinen Namen und seine Telefonnummer nicht preisgeben, stehe aber als … (Anmerkung des Gerichts: Schwärzung) bei einer eventuellen Gerichtsverhandlung zur Verfügung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers zweifelt die richtige Wiedergabe der Aussage des Hinweisgebers in dem Vermerk an, weil es unwahrscheinlich sei, dass eine Person, die sich bereit erkläre, bei einer eventuellen Gerichtsverhandlung als Zeuge aufzutreten und damit ihre Identität zu offenbaren, für den Fall, dass es nicht zu einer solchen Verhandlung komme, nicht mit der Offenbarung ihres Namens einverstanden sei. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung angeregt, den Hinweisgeber als Zeugen dazu zu vernehmen, ob seine in dem besagten Telefonvermerk wiedergegebenen Aussagen zutreffend wiedergegeben werden. Dieser ausdrücklich als solcher bezeichneten Beweisanregung, die nicht unter § 86 Abs. 2 VwGO fällt und aus diesem Grund nicht schon in der mündlichen Verhandlung, sondern erst in den Entscheidungsgründen zu bescheiden war
32- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 2008 - 9 B 15.08 -, juris Rn. 6, sowie vom 19. August 2013 - 9 BN 1.13 -, juris Rn. 14; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 52 f.; Vierhaus, Beweisrecht im Verwaltungsprozess, 2011, Rn. 111 ff. -,
33war schon deshalb nicht zu entsprechen, weil die Ladung des Hinweisgebers als Zeuge nur nach Offenbarung seines Namens gegenüber dem Gericht erfolgen könnte und das Akteneinsichtsrecht des Klägers gemäß § 100 Abs. 1 VwGO dazu führen würde, dass auch der Kläger den Namen dieser Person erfahren würde. Folglich stellt das vom Kläger vorgeschlagene Beweismittel für das vorliegende Verfahren ein unzulässiges Beweismittel dar, so dass die angeregte Vernehmung des Hinweisgebers als Zeuge sich aus rechtlichen Gründen verbietet und die Ablehnung der Beweisanregung ihre Stütze im Prozessrecht findet.
34Zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. März 2018 - 7 C 30.15 -, NVwZ 2018, 1401, Rn. 48, sowie vom 10. Juli 2019 - 1 B 45.19 -, juris Rn. 3.
35Es ist auch nicht mittels anderer Beweismittel - in Betracht käme z.B. die Vernehmung der Mitarbeiterin des Beklagten, die den Telefonvermerk angefertigt hat - Beweis zu erheben. Dies drängt sich dem Gericht nicht auf. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass der Vermerk die Aussage des Hinweisgebers korrekt wiedergibt. Die vorstehend widergegebenen Zweifel des Prozessbevollmächtigten des Klägers teilt das Gericht nicht. Vielmehr ist es für das Gericht gut nachvollziehbar, dass ein Hinweisgeber grundsätzlich nicht mit der Offenbarung seines Namens einverstanden sein wird, um befürchtete Nachteile oder Belästigungen zu vermeiden, er diese aber in Kauf nimmt, wenn die Offenbarung seines Namens - wie in einem gerichtlichen Verfahren - erforderlich ist, sein Ziel, nämlich die Beseitigung des von ihm gerügten Zustands, zu erreichen.
36b) Gemäß § 6 Satz 1 lit a) IFG NRW ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit und solange das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, des Verfassungsschutzes, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden beeinträchtigen würde. Schutzgut der öffentlichen Sicherheit sind neben den Rechtsgütern des Einzelnen und der Unversehrtheit der Rechtsordnung auch die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen. Zu letzteren gehören alle Behörden und Gerichte. Soweit § 6 Satz 1 lit. a) IFG NRW die Tätigkeit der Polizei, des Verfassungsschutzes, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden besonders erwähnt, ist diese Aufzählung nur beispielhaft. Sie hat nicht zur Folge, dass der Begriff der öffentlichen Sicherheit im vorliegenden Zusammenhang enger zu verstehen wäre als im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, NWVBl. 2015, 382 (juris Rn. 61 ff.) m.w.N.
38An eine "Beeinträchtigung" der öffentlichen Sicherheit sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Im Unterschied zu § 6 Satz 1 lit. b) IFG NRW setzt der hier einschlägige lit. a) keine erhebliche Beeinträchtigung voraus, sondern lässt eine einfache Beeinträchtigung genügen. Eine solche liegt vor, wenn nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut konkret zu erwarten sind.
39Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, NWVBl. 2015, 382 (juris Rn. 70) m.w.N.
40Dies gilt erst Recht, wenn die behördliche Tätigkeit dem Schutz gewichtiger Rechtsgüter - wie im vorliegenden Fall - dem Tierschutz dient. Dass es sich beim Tierschutz um ein gewichtiges Rechtsgut handelt, folgt schon aus Art. 20a GG, wonach der Staat neben den natürlichen Lebensgrundlagen auch die Tiere schützt, sowie aus § 1 TierschG, wonach Leben und Wohlbefinden von Tieren zu schützen sind.
41Im Streitfall würde es die Funktionsfähigkeit des Beklagten im Bereich des Tierschutzes beeinträchtigen, wenn der Name des Hinweisgebers offenbart würde. Dazu ist nicht erforderlich, dass der Beklagte seiner Funktion im Bereich des Tierschutzes überhaupt nicht mehr gerecht werden könnte, also die Arbeit in diesem Bereich im Ganzen "lahm gelegt" würde. Nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit staatlicher Stellen sind vielmehr schon dann gegeben, wenn deren Tätigkeit erschwert wird.
42Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, NWVBl. 2015, 382 (juris Rn. 72) m.w.N.
43Im Tierschutz sind die zuständigen Behörden - wie in vielen anderen Bereichen der Gefahrenabwehr - auf sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um Ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen zu können. Derartige Hinweise erhöhen die Effektivität behördlicher Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen, indem sie die behördliche Aufmerksamkeit auf Verdachtsfälle lenken. Mit solchen anlassbezogenen Kontrollen lassen sich mit der gegebenen Personalausstattung mehr Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben aufdecken als ohne sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung. Solche Hinweise erfolgen in der Regel in der Annahme, dass der Name des Hinweisgebers nicht offenbart wird. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall, da der Hinweisgeber auf Nachfrage des Beklagten der Offenbarung seines Namens nicht zugestimmt hat [s.o. a)]. Die Offenbarung des Namens von Hinweisgebern ohne ihre Zustimmung ist geeignet, die Tätigkeit des Beklagten im Bereich des Tierschutzes spürbar zu beeinträchtigen, weil weniger Personen bereit wären, entsprechende Hinweise zu geben, wenn ihre Anonymität nicht mehr gewährleistet wäre.
44Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - 20 F 11.10 -, BVerwGE 137, 318, Rn. 11 f. (Luftsicherheit); vom 3. August 2011 - 20 F 23.10 -, juris Rn. 9 (Lebensmittelüberwachung), sowie vom 15. März 2019 - 20 F 7.17 -, juris Rn. 8 (sozialpsychiatrischer Dienst), jeweils zu § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO; OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 8 E 1124/07 -, juris Rn. 9 (Schutz von Kindern und Jugendlichen) zum IFG NRW.
45Dementsprechend steht § 6 Satz 1 lit a) IFG NRW der Offenbarung des Namens eines Hinweisgebers, der sich hiermit nicht einverstanden erklärt hat, grundsätzlich entgegen. Dies gilt unabhängig davon, ob ausdrücklich um Vertraulichkeit gebeten oder Vertraulichkeit ausdrücklich zugesichert wurde
46- vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - 20 F 11.10 -, BVerwGE 137, 318, Rn. 10; vom 3. August 2011 - 20 F 23.10 -, juris Rn. 8, sowie vom 1. Dezember 2015 - 20 F 9.15 -, juris Rn. 8, jeweils zu § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO -,
47und grundsätzlich auch unabhängig vom Wahrheitsgehalt der in einem Hinweis enthaltenen Angaben. Behörden sind aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr verpflichtet, allen vom Ansatz her sachlich begründeten Hinweisen nachzugehen. Daher muss die Anonymität des Hinweisgebers auch dann gewahrt bleiben, wenn sich ein Hinweis nach Abschluss der behördlichen Ermittlungen als unzutreffend herausstellen sollte. Der Vertraulichkeitsschutz entfällt nur dann, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Hinweisgeber die Behörde wider besseres Wissen oder leichtfertig falsch informiert hat.
48Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juli 2010 - 20 F 11.10 -, BVerwGE 137, 318, Rn. 13, vom 3. August 2011 - 20 F 23.10 -, juris Rn. 10, sowie vom 1. Dezember 2015 - 20 F 9.15 -, juris Rn. 8, jeweils zu § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO; OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 8 E 1124/07 -, juris Rn. 5 zum IFG NRW.
49Diese Voraussetzungen liegen hier, wie sich aus der Niederschrift des Hinweises vom 27. Juni 2017 ergibt, offensichtlich nicht vor: Der Hinweis ist sachlich gehalten. Die Wiese, auf der die Pferde standen war - wie sich aus dem Kontrollbericht ergibt – tatsächlich nicht gemäht. Ob ein Pferd als mager oder als schlank zu bezeichnen ist, liegt im Auge des Betrachters. Der Verweis darauf, dass ein Pferd hinten rechts lahmt, ist ebenfalls sachlich gehalten. Der bloße Umstand, dass dies bei der Kontrolle nicht festgestellt werden konnte, reicht für die Annahme, der Hinweis sei wider besseres Wissen oder leichtfertig gegeben worden, nicht aus.
503. § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 IFG NRW steht der Offenbarung des Namens des Hinweisgebers ebenfalls entgegen.
51a) § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 IFG NRW bestimmt, dass ein Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, soweit durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Allerdings definiert das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen nicht, was unter personenbezogenen Daten zu verstehen ist. Aus diesem Grund ist auf die in den für den Beklagten geltenden Datenschutzgesetzen enthaltene Definition zurückzugreifen.
52Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. September 2006 – 8 A 2666/05 -, Abdruck, S. 2 ff., vom 27. Januar 2010 – 8 A 203/09 -, juris Rn. 7, sowie vom 6. Februar 2019 – 15 E 1026/18 -, juris Rn. 29.
53Das am 25. Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) vom 17. Mai 2018 (GV NRW S. 244), das gemäß seines § 5 auch für Gemeindeverbände gilt, enthält ebenfalls keine Definition des Begriffs "personenbezogene Daten". Aus diesem Grund ist auf die in Art. 4 Nr. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 (ABl. L 119, S. 1, sog. Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: VO 2016/679) enthaltene Definition "personenbezogene Daten" zurückzugreifen.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Februar 2019 - 15 E 1026/18 -, juris Rn. 29.
55Art. 4 Nr. 1 VO 2016/679 definiert personenbezogene Daten als alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dies trifft auf den Namen eines Hinweisgebers zweifelsohne zu.
56b) Die Voraussetzungen unter denen § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. a) bis e) IFG NRW ausnahmsweise die Offenbarung personenbezogener Daten zulassen, liegen nicht vor.
57aa) Dies gilt zunächst für § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. a) IFG NRW. Danach können personenbezogene Daten offenbart werden, wenn die betroffene Person eingewilligt hat. Dies ist hier, wie sich aus den Ausführungen unter 2. a) ergibt, nicht der Fall.
58bb) Ein Anspruch auf Offenbarung der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten folgt auch nicht aus § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. b) IFG NRW. Nach dieser Norm ist die Offenbarung zulässig, wenn sie durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt ist. Ein solches Gesetz hat der Kläger weder benannt noch ist ein solches Gesetz ersichtlich.
59cc) Der Anspruch des Klägers lässt sich, auch nicht auf § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. c) und d) IFG NRW stützen. Weder ist die Offenbarung des Namens des Hinweisgebers zur Abwehr der in lit. c) benannten Nachteile oder Gefahren geboten, noch liegt die Offenbarung im Interesse der betroffenen Person (lit. d).
60dd) Schließlich folgt ein Anspruch auf Offenbarung des Namens des Hinweisgebers auch nicht aus § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. e) IFG NRW. Diese Norm bestimmt, dass personenbezogene Daten zu offenbaren sind, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis dieser Daten geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Person der Offenbarung nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls nicht vor. Zwar macht der Kläger ein rechtliches Interesse an der Kenntnis des Namens des Hinweisgebers geltend (1). Jedoch stehen dessen überwiegende schutzwürdige Belange der Offenbarung seines Namens entgegen (2).
61(1) Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Kenntnis des Namens des Hinweisgebers dargelegt. Ein solches Interesse liegt immer vor, wenn die Kenntnis personenbezogener Daten zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist.
62Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2003 - 8 A 175/03 -, Abdruck S. 4 f., sowie vom 6. Februar 2019 - 15 E 1026/18 -, juris Rn. 49, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, NWVBl. 2015, 382 (juris Rn. 103).
63Dies ist hier der Fall, weil der Kläger den Namen benötigt, um zivilrechtlich, ggf. auch strafrechtlich gegen den Hinweisgeber vorzugehen
64(2) Die überwiegenden schutzwürdigen Belange des Hinweisgebers stehen der Offenbarung seines Namens entgegen. Hinweise an Behörden erfolgen - wie bereits dargelegt - in der Regel und auch im vorliegenden Fall in der Annahme, dass die Identität des Hinweisgebers vertraulich behandelt wird. Diese Erwartungshaltung ist als wesentliche Grundlage für das Handeln eines Hinweisgebers schutzwürdig und überwiegt grundsätzlich ein geltend gemachtes rechtliches Interesse an der Offenbarung seines Namens. Etwas anderes gilt auch hier nur dann, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Hinweisgeber die Behörde wider besseres Wissen oder leichtfertig falsch informiert hat.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 8 E 1124/07 -, juris Rn. 5 zum IFG NRW; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2014 - 26 K 7968/13 -, juris Rn. 48 zu § 9 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. e) IFG NRW.
66Dass dies hier nicht der Fall ist, wurde bereits unter 2. b) dargelegt.
67Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- VwGO § 100 1x
- §§ 4 Abs. 1, 3 Satz 1 IFG 2x (nicht zugeordnet)
- 26 K 7968/13 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 203/09 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 2666/05 1x (nicht zugeordnet)
- 15 E 1026/18 1x (nicht zugeordnet)
- 15 E 1026/18 2x (nicht zugeordnet)
- § 9 Abs. 1 Halbsatz 1 IFG 3x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- § 2 IFG 2x (nicht zugeordnet)
- 8 E 1124/07 3x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 99 3x
- 8 A 1943/13 4x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 88 1x
- 8 A 175/03 1x (nicht zugeordnet)
- 1 VO 2016/67 1x (nicht zugeordnet)
- § 4 Abs. 1 IFG 2x (nicht zugeordnet)
- § 110 Abs. 2 bis 4 JustG 1x (nicht zugeordnet)