Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 7 K 1311/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für die Zufahrt zu seinem Grundstück.
3Auf seinen Antrag hin erteilte der Landrat des Kreises Coesfeld dem Kläger mit Bescheid vom 27. Januar 2004 die Baugenehmigung für den Neubau eines Zweifamilienhauses (Errichtung eines Ersatzwohnhauses und Erweiterung um eine zweite Wohneinheit). Auf Veranlassung des Beklagten, der zuvor die straßenrechtliche Zustimmung erteilt hatte, heißt es in Ziffer 10 der Anlage zum Bauschein, die Mitbenutzung der bereits vorhandenen Zufahrt zum Grundstück durch die zweite Wohneinheit werde als gebührenpflichtige Sondernutzung gemäß § 20 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW - StrWG NRW - zugelassen. Auf die Erhebung einer jährlichen Sondernutzungsgebühr wurde hingewiesen.
4Durch den Bescheid vom 4. April 2006 zog der Beklagte den Kläger wegen der mit dem Bauvorhaben verbundenen andersartigen Nutzung der Zufahrt zu einer jährlichen Sondernutzungsgebühr in Höhe von 29,00 EUR heran. Für die Jahre 2004 bis 2006 setzte er einen Betrag in Höhe von 77,00 EUR fest.
5Mit Schreiben vom 11. April 2006 legte der Kläger gegen den Gebührenbescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, eine wesentliche Änderung der bereits vorhandenen Zufahrt zu seinem Grundstück erfolge durch die Erweiterung des Gebäudes um eine zweite Wohneinheit nicht. Die Zufahrt unterliege auch mit der zweiten Wohneinheit dem Bestandschutz, eine gebührenpflichtige Sondernutzung werde durch die zweite Wohneinheit nicht begründet. Eine Ausweitung der Pkw- Nutzung der Zufahrt habe nicht stattgefunden. Schon vor Herstellung der weiteren Wohneinheit hätten mehrere Generationen das Gebäude gemeinsam bewohnt. Sie hätten insgesamt bereits bis zu vier Pkw benutzt, die Zufahrt werde auch in Zukunft von maximal vier Pkw benutzt werden. Der Gebührenbescheid sei daher nach Grund und Höhe rechtswidrig.
6Nach Zurückweisung des Widerspruchs im Wesentlichen mit der Begründung, durch die Schaffung der zweiten Wohneinheit komme es zu einer wesentlichen Änderung der bestehenden Zufahrt und damit zu einer gebührenpflichtigen Sondernutzung, hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren, durch die baulichen Änderungen sei lediglich den modernen Wohnbedürfnissen in einem Gebäude Rechnung getragen. Mangels einer wesentlichen Änderung liege eine Sondernutzung nicht vor. Nicht die objektiven Gegebenheiten, sondern die subjektiven Vorstellungen der Betroffenen hätten sich geändert. Auch die Höhe der Gebühr sei zu beanstanden. Es hätten nicht zwei, sondern nur eine Wohneinheit berücksichtigt werden dürfen, weil die bereits bestehende Wohneinheit Bestandsschutz genieße.
7Der Kläger beantragt,
8den Bescheid vom 4. April 2006 sowie den Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2006 aufzuheben.
9Der Beklagte beantragt unter Aufrechterhaltung der Begründung der angefochtenen Bescheide,
10die Klage abzuweisen.
11Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
14Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Sondernutzungsgebühr ist die Verordnung über die Erhebung von Gebühren für Sondernutzungen an Landesstraßen - SondGebVO LStr - vom 22. November 2000 (GVBl NRW S. 765) i. V. m. § 19 a StrWG NRW. Nach § 1 dieser Verordnung können für Sondernutzungen an Landesstraßen Gebühren nach Maßgabe der Verordnung erhoben werden.
15Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW stellt die Anlage neuer oder die wesentliche Änderung bestehender Zufahrten oder Zugänge zu einer Landesstraße außerhalb von Ortsdurchfahrten eine Sondernutzung dar. Um eine Sondernutzung handelt es sich auch, wenn - ohne Veränderung der bestehenden Zufahrt - eine Zufahrt oder ein Zugang gegenüber dem bisherigen Zustand einem wesentlich größeren oder andersartigen Verkehr dienen soll (§ 20 Abs. 1 Satz 3 StrWG NRW). Die Voraussetzungen der zuletzt genannten Vorschrift liegen vor.
16Wie dem Kläger bereits durch den gerichtlichen Hinweis vom 28. Dezember 2006 mitgeteilt worden ist, kommt es im Rahmen des § 20 Abs. 1 Satz 3 StrWG NRW allein auf die objektive Geeignetheit eines Grundstücks für eine bestimmte Nutzung und nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Grundstückseigentümers an.
17OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2005 - 11 A 3112/04 -.
18Die Schaffung einer zweiten Wohneinheit auf dem Grundstück hat erfahrungsgemäß einen erheblich stärkeren Kraftfahrzeugverkehr zur Folge. Dass das neu errichtete Gebäude gegenwärtig nur von den Eltern des Klägers und seiner Schwester bewohnt wird, die möglicherweise keinen höheren Kraftfahrzeugverkehr auslösen, steht dem nicht entgegen. Denn es kommt gerade nicht darauf an, welche Gepflogenheiten die jeweiligen Bewohner haben, sondern ob nach objektivem Maßstab mit einem erheblich größeren Kraftfahrzeugverkehr zu rechnen ist. Dies ist jedoch bei einer zweiten getrennten Wohneinheit der Fall, zumal die zweite Wohneinheit selbstständig, das heißt insbesondere auch von Dritten nutzbar oder auch etwa vermietbar wäre. Es verhält sich auch nicht etwa so, wie der Kläger vorträgt, dass bereits vorhandener Wohnraum lediglich umgestaltet worden wäre. Wie sich den Bauunterlagen entnehmen lässt, hat sich sowohl die Nutzfläche (von 57 auf 125 qm2) als auch die Wohnfläche (von 161 auf 203 qm²) vergrößert. Statt sieben Räumen existieren nunmehr neun Räume. Gegen eine bloße Um- und Neugestaltung bereits vorhandenen Wohnraums spricht auch, worauf der Kläger bereits hingewiesen worden ist, dass im Bauantrag vom 4. November 2003 von einem Ersatzwohnhaus" die Rede ist und der bisherige Gebäudebestand komplett abgerissen worden ist. Demzufolge bezieht sich die Baugenehmigung vom 27. Januar 2004 auch auf den Neubau eines Zweifamilienhauses".
19Auch gegen die Höhe der gegenüber dem Kläger für die Jahre 2004 bis 2006 jährlich festgesetzten Gebühr von 29,00 EUR bestehen keine Bedenken. Nach Ziffer 1.3 des Gebührentarifs der Sondernutzungsgebühren (Anlage zur SondGebVO LStr vom 22. November 2000) werden für Zufahrten von bebauten Grundstücken je Wohneinheit Gebühren erhoben. Daher ist die Berücksichtigung der zweiten Wohneinheit nicht zu beanstanden. Dass die bisherige Wohneinheit Bestandsschutz genossen hat, steht dem nicht entgegen. Durch die Änderung der Zufahrt ist der Bestandschutz für die früher bereits bestehende Wohneinheit entfallen, so dass der Kläger nunmehr nicht nur für eine Wohneinheit der Sondernutzungserlaubnis bedarf. Gebührenrechtlich ist vielmehr die Gesamtnutzung der Zufahrt, d. h. durch zwei Wohneinheiten zu berücksichtigen.
20Ebenso VG Osnabrück, Urteil vom 18. März 2003 - 1 A 72/02 -, Juris; VG Lüneburg, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 5 A 149/95 -, Juris.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
22Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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