Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 3 K 211/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Beklagte nahm Ende der 90er Jahre die Bauleitplanung des über 27 ha großen Gebietes "X1. E. " in der Flur 11 der Gemarkung "S. links der Ems" in Angriff. Hieraus resultiert der Bebauungsplan Nr. 298 der Stadt S. , der in seinen vier Teilen "X1. E. - A, B, C und D eine Fläche von ca. 17,5 ha erfasst, hierin nahezu ausschließlich WA II-Nutzung festsetzt, am 3. Juli 2001 vom Rat der Stadt S. beschlossen und am 19. Juli 2001 öffentlich bekannt gemacht worden ist. Die Begründung dieses Bebauungsplanes geht u. a. zum Punkt "Gemeinbedarfsfläche Kindergarten" auf das Gesamtgebiet "X1. E. " ein und berechnet diesen Bedarf mit einer Zwei-Gruppen-Anlage in maximal zweigeschossiger Bauweise.
3Zum Zweck der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse sowie zur Beteiligung der planbegünstigten Grundstückseigentümer an den entwicklungsbedingten Kosten der Planung trat der Beklagte bereits im Jahr 1999 u.a. an die Mutter des Klägers, Frau N. F. , heran. Frau N. F. war damals zu 1/2 Eigentümerin des Grundstücks Flur 11, Flurstück 411, in einer Größe von insgesamt 15.043 qm, sowie Eigentümerin des Grundstücks Flur 11, Flurstück 413 in einer Größe von 2.749 qm. Bis zum 4. Dezember 2000 übertrug sie das Eigentum am letztgenannten Grundstück auf den Kläger.
4Am 5. Dezember 2000 schloss die Beklagte mit Frau N. F. , am 1. Februar 2001 mit dem Kläger jeweils einen Städtebaulichen Vertrag mit dem Ziel, die tatsächliche Verfügbarkeit von Baugrundstücken in S. zu sichern und die Eigentümer der Grundstücke an den entwicklungsbedingten Kosten zu beteiligen. Die - insoweit übereinstimmenden - Verträge regeln in § 1 das Umlegungsverfahren "U 12 - X1. E. I" gemäß §§ 45 ff BauGB, das sodann durch Beschluss des Umlegungsausschusses der Stadt S. vom 15. April 2002 abgeschlossen wurde.
5Vorbemerkungen
61. Die Stadt S. beabsichtigt eine Fläche zwischen O. Straße, G.-----straße , E1. Straße und A.-------straße in einer Größe von ca. 273.576 m² einer städtebaulichen Entwicklung zuzuführen. Diese Entwicklung soll in dem Bebauungsplan Nr. 298, Kennwort: "X1. E. ", münden. Ziel dabei ist es, 75 % der jetzigen Fläche als Baufläche auszuweisen, insoweit also ca. 203.856 m². Dieser Wert soll gleichzeitig Grundlage für alle weiteren Berechnungen sein.
72. In einem ersten Abschnitt soll eine Fläche von ca. 175.000 m² einer städtebaulichen Entwicklung zugeführt werden und zwar in dem Bebauungsplan Nr. 298, Kennwort: "X1. E. , Teile A, B, C und D".
8§ 1 Abs. 5 und Abs. 6 des Vertrages lauten:
9(5) Der Grundstückseigentümer verzichtet gegenüber dem Umlegungsausschuss der Stadt S. im Umlegungsverfahren auf Rechtsmittel, und zwar im Hinblick auf folgenden Verteilungsmaßstab (§ 56 Abs. 2 BauGB):
10a) Der Grundstückseigentümer erhält pauschal 75 % seiner Einwurfsfläche als Baufläche wieder zugeteilt. Für die Durchführung der vorgesehenen Infrastrukturmaßnahmen (z.B. Gemeinbedarfs-, Verkehrs- und Grünflächen) erhält die Stadt S. den Flächenbeitrag von pauschal 25 % der Einwurfsfläche.
11b) Die Einhaltung des Zuteilungsanspruches in Höhe von 75 % der Einwurfsfläche kann in Abhängigkeit von einer zweckmäßigen Bauplatzbildung um +/- 5 % abweichen. Die Mehr- oder Minderflächen sind mit 260,00 DM/m² auszugleichen.
12(6) Die übrigen Regelungen dieses Vertrages werden nicht Bestandteil der Umlegungsregelung, sondern im Rahmen der Umsetzung dieses Vertrages vollzogen.
13Zur Kostenbeteiligung der Eigentümer haben die Beteiligten (u.a.) folgende Regelungen vereinbart:
14§ 4
15Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen
16(1) Zur angemessenen Beteiligung an der Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen von S. mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen verpflichtet sich der Grundstückseigentümer zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages. Dieser beträgt 2,5 % des beitragspflichtigen lagetypischen Baulandwertes der reinen Wohnbauflächen (Nettobauland).
17(2) Der voraussichtliche lagetypische Wert der Baugrundstücke im Bereich des künftigen Bebauungsplanes Nr. 298, Kennwort "X1. E. ", wird mit 260,00 DM/m² angesetzt. Unter Zugrundelegung dieses Wertes beträgt der Ausgleichsbetrag 6,50 DM/m² Bauland.
18§ 8
19Verlagerung der Luftrettungsstation
20(1) Nach dem vorliegenden Gutachten des Büros B. , M. , ist die Verlagerung der heute im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 298, Kennwort: "X1. E. ", gelegenen Luftrettungsstation unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung des Bebauungsplanes. Die Kosten für die Verlagerung werden sich auf 3.672.000,00 DM belaufen.
21(2) Der Kreis T. als Träger der Luftrettung wird sich mit einem Betrag von 1.800.000,00 DM an den in Absatz 1 genannten Kosten beteiligen. Von den jetzigen Grundstückseigentümern ist der verbleibende Betrag von 1.872.000,00 DM zu tragen, mithin 9,18 DM/m² Bauland.
22§ 10
23Neubau des Kindergartens/-spielplatzes
24(1) Durch den Bebauungsplan Nr. 298, Kennwort "X1. E. ", wird Wohnbauland in erheblichem Umfang geschaffen und in dem Baugebiet sollen ca. 800 Wohneinheiten für ca. 2.300 Personen errichtet werden. Bedingt dadurch ist es erforderlich, für die dort künftig lebende Bevölkerung einen Kindergarten und Kinderspielplatz herzustellen.
25(2) Die Kosten für die Herstellung des Kindergartens belaufen sich auf 1.500.000,00 DM, wobei bei der jetzigen Rechtslage und den derzeitigen Festbeträgen von einer Bezuschussung in Höhe von 750.000,00 DM auszugehen ist. Insoweit sind von den jetzigen Eigentümern 750.000,00 DM zu tragen, mithin 3,68 DM/m² Bauland.
26§ 12
27Zahlung der Kosten
28(1) Die in den §§ 5-11 dieses Vertrages genannten Maßnahmen sind im beigefügten Erläuterungsbericht, der Bestandteil dieses Vertrages ist, näher beschrieben. Die einzelnen Maßnahmen sind Voraussetzung oder Folge der Ausweisung von Bauland im künftigen Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 298, Kennwort: "X1. E. ". Die Kosten werden der Stadt S. weder durch Beiträge noch durch sonstige Zuwendungen Dritter erstattet. Die Maßnahmen beruhen auf heutigen Standards und werden von den Vertragsparteien hinsichtlich der Höhe der Kosten und der Erforderlichkeit unstreitig gestellt.
29(2) Der Grundstückseigentümer hat durch die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 298, Kennwort: "X1. E. ", einen Sollanspruch von 2.062 m² Bauland. Die in den §§ 4-11 dieses Vertrages genannten Kosten belaufen sich auf 60,89 DM/m² Bauland, so dass vom Grundstückseigentümer bezogen auf den Sollanspruch ein Gesamtbetrag von 125.555,18 DM (64.195,34 EUR) zu zahlen ist.
30(5) Sofern der im § 10 dieses Vertrages genannte Kindergarten nicht hergestellt wird, werden die Kosten an den Grundstückseigentümer erstattet. Ebenso werden die im § 8 genannten Kosten an den Grundstückseigentümer erstattet, wenn die Luftrettungsstation aus S. abgezogen werden sollte und deshalb der Bau der neuen Luftrettungsstation an der Lindenstraße nicht mehr erforderlich wäre.
31(6) Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die übrigen in diesem Vertrag genannten entwicklungsbedingten Kosten mit der Zahlung abgelöst sind und weder ein Anspruch der Stadt S. auf Nachforderung noch ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Rückforderung besteht.
32Die Beklagte hat die Verlagerung der Luftrettungsstation mittlerweile durchgeführt. Zur Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen hat sie im Wesentlichen zu einer sozialen Wohnraumförderung gemäß einer Richtlinie für die Vergabe von städtischen Zuschüssen für die Unterbringung von sonstigen Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen gegriffen. Ein auf einem städtischen Grundstück im "X1. E. ", Teil D, vorgesehener Kindergarten ist bislang nicht errichtet worden. Angesichts der noch nicht ausreichenden Bebauungs- und Siedlungsdichte hat die Beklagte den im Südwesten des "X2. E. ", Teil B, gelegenen St. S1. -Kindergarten erweitert sowie die Möglichkeit ausgenutzt, auf der außerhalb des X2. gelegenen Hofstelle M1. einen Ein-Gruppen-Kindergarten einzurichten.
33Die vorstehende Behandlung bzw. Abwicklung des Städtebaulichen Vertrages sowie eine aus ihrer Sicht eingetretene Kostenersparnis bei der Verlegung der Luftrettungsstation hatte Frau N. F. zum Anlass genommen, durch anwaltliche Schriftsätze vom 15. April 2008 und 17. Juni 2008 Erstattungsansprüche in Höhe von 57.962,98 EUR beim Beklagten geltend zu machen.
34Auf Grundlage des Schriftsatzes vom 17. Juni 2008 kam es am 28. August 2008 zu einem Gespräch in der Verwaltung der Beklagten, an dem Rechtsanwalt Dr. C. als Bevollmächtigter Frau F1. sowie deren Ehemann teilnahmen. Ein sachliches Ergebnis konnte in diesem Termin nicht erzielt werden. Der Kläger hatte unter dem 16. August 2008 ebenfalls eine Vollmacht erteilt.
35Am 5. Februar 2009 hat der Kläger Klage auf Erstattung eines Betrages von 21.644,61 EUR erhoben. Zur Begründung führt er aus, der nach § 10 des Städtebaulichen Vertrages vorgesehene Kindergarten werde - wie Entschließungen des Jugendhilfeausschusses des Rates der Beklagten vom 18. September 2008 auswiesen - nicht mehr verwirklicht werden; es werde bei den Ersatzregelungen in Form der Erweiterungen des St. S1. -Kindergartens sowie der Einrichtungen auf der Hofstelle M1. bleiben. Auf Basis des gezahlten Zuschusses von 3,68 DM/qm ergebe sich ein Rückerstattungsanspruch von 7.588,16 DM (3.879,76 EUR). Da die für den Bau des Kindergartens vorgesehene Fläche nicht mehr benötigt werde, sei ihr Gegenwert an die Anlieger herauszugeben. Der hieraus resultierende Anspruch belaufe sich auf 4.267,00 EUR. Die Beklagte habe bei der Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen gemäß § 4 des Vertrages nicht zu finanzieller Förderung i.S. einer sozialen Wohnraumförderung greifen dürfen. Die Fehlleitung der vertraglichen Leistung führe zu einem Erstattungsanspruch (in Höhe des erbrachten Ausgleichsbetrages von 6.852,85 EUR (entsprechend 2.062 qm x 6,50 DM). Mangels näherer Aufschlüsselung seien die Aufwendungen für die Verlagerung der Luftrettungsstation gemäß § 8 des Städtebaulichen Vertrages nicht nachvollziehbar. Er müsse davon ausgehen, dass Ausbaukosten in einer Gesamthöhe von 657.000,00 EUR zu viel angesetzt worden seien; der hieraus abzuleitende Rückgewähranspruch belaufe sich auf 6.645,00 EUR. Sein Prozessbevollmächtigter habe seine vorprozessualen Bemühungen (Schriftverkehr, mündliche Verhandlung mit Vertretern der Beklagten) in einer Kostennote mit 1.902,81 EUR berechnet; diese Nebenkosten habe die Beklagte zu tragen.
36Der Kläger beantragt,
37die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 8.146,76 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2002 sowie einen weiteren Betrag von 13.497,85 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen, ferner ihn von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Zur Begründung führt sie aus, eine Standortbestimmung für den zu verwirklichenden Kindergarten sei in dem mit dem Kläger geschlossenen Städtebaulichen Vertrag nicht vorgesehen. Eine Errichtung an der vorgesehenen Stelle sei jedoch spätestens im Jahr 2013 zu erwarten, wenn nicht nur der X1. E. in seinen Teilen A bis D, sondern auch der X1. E. in seinem weiteren Teil E sowie die weitere Umgebung mit Wohnbebauung besetzt sein werde. Dann werde die Ersatzlösung über den St. S1. -Kindergarten sowie den Kindergarten auf der Hofstelle M1. nicht mehr ausreichen. Der Zeitraum zwischen Abschluss des Städtebaulichen Vertrages und Verwirklichung des Kindergartens könne angesichts der Größe des X2. nicht als ungewöhnlich gelten. Im Übrigen erreichten die Kosten für die Zwischenlösungen die für eine Verwirklichung des Kindergartens im Planbereich veranschlagte Höhe. Der Wert der für den Kindergarten vorgesehenen Fläche sei ohnehin nicht gegenüber den Vertragspartnern auszugleichen. Das betreffende Grundstück sei der Stadt in der Umlegung nicht als Gemeinbedarfsfläche, sondern als Wohnbauland zugewiesen worden. Mit diesem Nutzungszweck würde die Fläche auch verwendet werden, sollten die Ausführungen des Klägers zur fehlgegangenen Nutzung als Kindergarten zutreffen. Fördermittel gemäß § 4 des Vertrages i.V.m. der zugehörigen Richtlinie seien bereits in einer Größenordnung von mehr als 100.000 EUR geflossen. Eine Differenzierung zwischen finanziell Bedürftigen und Personengruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen stehe im vorgegebenen rechtlichen Zusammenhang nicht an. Die für die Verlegung der Luftrettungsstation entstandenen Kosten seien in den Akten ihrer Verwaltung im Einzelnen niedergelegt worden. Es hätten sich keine Beanstandungen ergeben. Die tatsächlichen Aufwendungen hätten die vertraglich vereinbarten Folgekosten sogar um gut 45.000,00 EUR überschritten.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere der wechselseitigen Schriftsätze des Klägers vom 5. Februar 2009 und 23. Juni 2009 sowie des Beklagten vom 11. Mai 2009 und 18. August 2009, ferner auf den Inhalt der Verwaltungsvorgänge (Beiakten Hefte 1 und 3) verwiesen.
42E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
43Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig; überdies wäre sie - Zulässigkeit unterstellt - auch unbegründet.
44A. Die Klage ist unzulässig.
45Eine an sich statthafte Leistungsklage erweist sich nur dann als zulässig, wenn der betreffende Kläger die Behörde mit seinem Begehren befasst hat, bevor er das Gericht einschaltet. Insoweit handelt es sich nach gefestigter Rechtsprechung um ein unverzichtbares und im gerichtlichen Verfahren nicht nachholbares Merkmal der Zulässigkeit.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1978 - 5 C 1.78 -, E 57, 204; OVG NRW, Urteil vom 17. September 1993 - 8 A 1782/91 -.
47Zwar hat das BVerwG diese Rechtsprechung durch Urteil vom 28. Juni 2001
48- 2 C 48.00 -, E 114, 350 -
49in einer beamtenrechtlichen Streitigkeit ergänzt. Damit hat sich in der Einstufung des genannten Erfordernisses der "vorprozessualen Abmahnung" als Zulässigkeitsvoraussetzung der Leistungsklage im Grundsatz jedoch nichts geändert. Der Gedanke, dem stehe die Kostenregelung des § 156 VwGO zur Kostenlast des Klägers bei sofortiger Anerkenntnis der Behörde nach Klageerhebung entgegen (auch hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2001, a.a.O.), vermag die in den Grundzügen einhellige Rechtsprechung ohnehin nicht zu beeinflussen. Denn auch § 156 VwGO setzt dem Tatbestand nach eine vorprozessuale Befassung durch die Behörde voraus. Ferner entspricht es dem in § 75 VwGO niedergelegten Rechtsgedanken, dass die Behörde nicht damit rechnen muss, erstmals infolge der Klage Kenntnis von dem konkreten Begehren des Klägers zu erhalten. Denn dieser Norm gemäß wird ihr selbst in Fällen derjenigen Klagearten eine Überlegensfrist zugestanden, in denen ohnehin ein Vorverfahren vorauszugehen hat.
50Der Kläger hat diese Zulässigkeitsvoraussetzung nicht beachtet. Lediglich seine Mutter, Frau N. F. , hatte die Beklagte mit dem Begehren einer (teilweisen) Rückabwicklung eines den X1. E. betreffenden Städtebaulichen Vertrages befasst. Insoweit handelte es sich jedoch um einen anderen Streitgegenstand, nämlich um den selbständigen Vertrag vom 5. Dezember 2000; dieser betraf ein anderes Grundstück, vor allem aber einen anderen Ausgleichsbetrag bzw. Kostenbeitrag. Überdies entsprechen die sachlichen Beanstandungen, die Frau N. F. gegenüber der Beklagten geltend gemacht hatte, nicht vollinhaltlich den Posten, die der Kläger argumentativ und dem Petitum nach zur Klage gestellt hat. Hieraus sowie aus den unterschiedlichen Vertragsgegenständen folgt natürlicherweise, dass die Gemeinde sich in Folge der Klageerhebung des Klägers insgesamt mit finanziell höheren Belastungen konfrontiert sehen musste. Ein vorprozessualer Antrag im Sinn der Rechtsprechung kann auch nicht deshalb als entbehrlich erachtet werden, weil der Kläger im Verlaufe der Auseinandersetzungen seiner Mutter mit der Behörde eine Vollmacht erteilt hat. Denn aus dieser Vollmacht ist vor Klageerhebung gerade kein selbständiges Verfahren erwachsen. Selbst das Gespräch bei der Beklagten vom 28. August 2008 bezog sich ausdrücklich auf den anwaltlichen Schriftsatz vom 17. Juni 2008. Zu jenem Zeitpunkt war jedoch lediglich Frau N. F. mit Leistungsbegehren bei der Beklagten vorstellig geworden. Die vom Kläger ausgestellte Vollmacht datiert erst auf den 16. August 2008. Die Konkretisierung eines bestimmten Leistungsantrags, d. h. vor allem einer bestimmten Geldforderung, hat sich hieraus nicht ergeben. Solches behauptet auch weder der (seit dem 16. August 2008) Bevollmächtigte des Klägers noch dessen (damals nicht bevollmächtigte) Vater, Herr X3. F. . Insoweit kann es gleich bleiben, zu welchem Zeitpunkt des Gesprächstermins am 28. August 2008 die Vollmacht vorgelegt worden ist. Schließlich belegt der Inhalt des vom Kläger nachgewiesenen Schriftverkehrs, dass das Auswechseln der bisherigen Anspruchsführerin, Frau N. F. , gegen den Kläger als die Klage betreibende Person erst einer auf Januar 2009 zu datierenden internen Absprache folgte. Dieser Wechsel war von der Beklagten auch in deren letzten vorprozessualen Schriftsatz vom 26. November 2008 noch nicht als bekannt vorausgesetzt worden; dessen Wortlaut bezieht sich insoweit nur auf Vertragsinhalte, die ohnehin für alle Verträge galten, also auch für die Verträge der weiteren Mitglieder der Familie F. . Die (nur) im Schriftverkehr vom 17. Juni 2008/26. November 2008 benutzten Worte "Mandantschaft" bzw. "Mandanten" haben keine Konkretisierung zugunsten des Klägers oder weiterer Familienmitglieder oder Vertragsparteien - übergeben wurde auch eine isolierte Vollmacht aus der Feder einer Frau J. C1. , geb. N1. - gefunden; ebenfalls ist der in der mündlichen Verhandlung von der Klägerseite eingeführte Begriff "Im Namen aller Beteiligten" nirgendwo aktenkundig geworden.
51B. Die Klage wäre überdies - Zulässigkeit unterstellt - nicht begründet.
52I. Für die Klage auf Herausgabe eines Gegenwertes von 4.267,00 EUR findet sich keine Anspruchsgrundlage. Dieser Posten betrifft der Sache nach nichts anderes als eine Korrektur der Neuordnung der Grundstücke nach § 1 des Städtebaulichen Vertrages vom 1. Februar 2001. Für einen solchen Anspruch steht die Leistungsklage allenfalls als Annex des Rechtsmittels zur Verfügung, das gegenüber der Umlegung selbst durchzuführen ist. Ein solches - zumal unanfechtbar zu seinen Gunsten lautendes oder ansonsten vollziehbares - Ergebnis als Korrektur des Umlegungsverfahrens hat der Kläger ausweislich seines Klagevorbringens nicht vorzuweisen. Bereits eine entsprechende Antragstellung als Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens ist den zugehörigen Ausführungen der Klageschrift nicht zu entnehmen, so dass sich Fragen des § 217 BauGB i.V. m. § 17 a Abs. 2 GVG, ggfs. des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, ebenfalls nicht stellen.
53Überdies besteht nach Herkunft und bauplanungsrechtlicher Erfassung dieses "Kindergartengrundstücks" objektiv gar kein Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Neubewertung im Rahmen des § 1 des Vertrages; zu diesen beiden Merkmalen trägt der Kläger auch nicht vor.
54II. Ein Anspruch auf Rückgewähr von Leistungen i. S. d. einzelnen Posten, aus denen der Kläger seinen Klageanspruch zusammensetzt, findet keine Substanz unmittelbar in dem durch den Städtebaulichen Vertrag vom 1. Februar 2001 zwischen den Beteiligten begründeten Rechtsverhältnis. Die dem Kläger zustehenden Rechtsfolgen aus diesem Vertrag sind im Wesentlichen über § 11 BauGB zu entwickeln. Denn neben der Neuordnung der Grundstücksverhältnisse liegen dem Gegenstand nach Vereinbarungen vor, die gesetzlich ausdrücklich von § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB erfasst werden. Der hier maßgebliche Normgehalt hat sich seit dem Datum des Vertragsschlusses nicht verändert.
551. Vertragsbezogene schuldrechtliche Anspruchsgrundlagen - etwa im Sinn eines Minderungsrechts wegen Teilerfüllung bestimmter einzelner Posten - fehlen. Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte nach § 11 BauGB i. V. m. dem Wortlaut des Vertrages vom 1. Februar 2001 dem Kläger nicht die Errichtung eines bestimmten Kindergartens an einer bestimmten Stelle und zu bestimmten Kosten sowie einer Luftrettungsstation zu bestimmten Kosten (§§ 10 und 8 des Vertrages i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB), ferner nicht die Deckung eines bestimmten Wohnbedarfs (§ 4 des Vertrages i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2) BauGB schuldete oder schuldet. Die bezeichneten Rechtsgrundlagen sehen kein Austauschverhältnis zwischen den Leistungen des Klägers und den Gegenständen des Städtebaulichen Vertrages dergestalt vor, dass der Kläger bei abweichender Verwirklichung der Vertragsgegenstände, abweichender Folgekostenlast oder fehlender Ausschöpfung der auf bestimmte Vertragsgegenstände bezogenen Ausgleichsbeträge ein schuldrechtlich verankerter Anspruch auf Rückgewähr wegen Teilerfüllung zukommen könnte. Dem privaten Vertragspartner steht aus § 11 BauGB nicht einmal ein vertraglicher Anspruch auf Planerfüllung zu; er erscheint lediglich als Begünstigter des Planungszieles - dies insoweit, als seiner grundsätzlichen Bauwilligkeit durch bauplanungsrechtliche Umwandlung von Ackerland in Bauland entsprochen wird; weitergehende Rechte scheitern insoweit an der Planungshoheit der Gemeinde. Angesichts dieser in jeder Hinsicht hinkenden vertraglichen Rechte des privaten Vertragspartners bedarf es keiner Vertiefung, ob die vom Kläger formulierten Ansprüche die Quoten der jeweils behaupteten Teil- oder Schlechterfüllung zutreffend widerspiegeln.
562. In Ausnahme von dieser gesetzlichen Regel haben die Beteiligten zwar mit § 12 Abs. 5 des Vertrages ausdrücklich eine Erstattungsregelung vorgesehen. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht eingetreten.
57a. Ein Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 10 des Vertrages geschuldeten Folgekosten auf Grundlage des § 12 Abs. 5 S. 1 scheitert, weil es nicht an einer Herstellung des in § 10 genannten Kindergartens fehlt. Denn der vertragliche Wortlaut erfasst diesen Kindergarten lediglich über die Beschreibung eines Bedarfs (Abs. 1); entsprechend orientiert sich die Kostenberechnung (Abs. 2). Die Ausführungen zu Ziff. 4.2 des beigefügten Erläuterungsberichts enthalten keine darüber hinausgehende Regelung. Hiermit haben die Vertragsparteien ersichtlich nur - gegenüber der Regelung der Folgekosten i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB aber völlig ausreichend - die Kausalität zwischen der städtebaulichen Maßnahme und dem für die Herstellung des Kindergartens prognostizierten Bedarf nebst Kosten bezeichnen wollen. Nicht-Herstellung gemäß § 12 Abs. 5 S. 1 des Vertrages könnte deshalb nur eintreten bzw. eingetreten sein, hätte die Beklagte von einer bedarfsorientierten Errichtung eines Kindergartens im beschriebenen Sinn Abstand genommen. Hiervon kann keine Rede sein. Dem insoweit nicht widersprochenen Vortrag der Beklagten ist vielmehr zu entnehmen, dass sie seit Beginn der Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 298 eine bedarfsorientierte Steuerung der Einrichtung von Kindergartenplätzen durchführt. Den detailliert durch Zahlen belegten Ausführungen der Klageerwiderungen ist ferner zu entnehmen, dass im weiteren Verlauf - die Beklagte führt auch insoweit prognostisch nachvollziehbar das Jahr 2013 an - der aus dem "X1. E. , Teile A bis D" erwachsende B edarf nicht mehr über die Zwischenlösungen im St. S1. -Kindergarten sowie auf der Hofstelle M1. abgedeckt werden kann. Die Ausführungen lassen - auch insoweit objektiv vollständig nachvollziehbar - statt dessen erkennen, dass der zu erwartende Siedlungsdruck im Umfeld des "X2. E. - Teile A bis D" - einschließlich des "Nachwachsens" der heute ein- bis dreijährigen Kinder dazu führen wird, dass diese Zwischenlösungen entfallen werden. Berechnungen und Erwartungen der Beklagten stellen sich als schlüssig, insbesondere als widerspruchsfrei dar, wie gerade auch die heute zu den Akten gereichten Unterlagen zeigen. Die vom Kläger zitierten Überlegungen des Jugendhilfeausschusses des Rates der Beklagten vom 18. September 2008 beschäftigen sich nicht explizit mit dem Merkmal der Herstellung oder Nicht-Herstellung des Kindergartens i. S. d. ausdrücklichen Regelungen gemäß §§ 10 Abs. 1 und 2, 12 Abs. 5 S. 1 des Städtebaulichen Vertrages vom 1. Februar 2001, insbesondere auch nicht mit einer Prognose, wie sie die Beklagte im anhängigen Verfahren mit konkretem Bezug auf den in Rede stehenden Vertrag geführt hat. Angesichts der Größe des Gesamtgebietes des "X2. E. " von 27 ha sowie der Größe der Teile A bis D von 17,5 ha muss das Verhalten der Beklagten, nämlich die Steuerung der Deckung eines vorläufigen Bedarfs an Kindergartenplätzen, verbunden mit einer Prognose für den Zeitpunkt des Abschlusses der Siedlungstätigkeit, auch für den dabei erkennbar gewordenen Zeitrahmen als i. S. d. § 12 Abs. 5 S. 1 vertragsgerecht gelten. Dies gilt zumal deshalb, weil der Vertrag in seinen Vorbemerkungen 1. und 2. ausdrücklich darauf verweist, es sei ein Gesamtgebiet von ca. 27 ha der städtebaulichen Entwicklung zuzuführen, 75 % dieser Fläche , also ca. 21 ha, sei als Baufläche vorgesehen; dieser Wert solle Grundlage für alle weiteren Berechnungen sein. Damit wird unzweideutig klargestellt, auf welcher Basis die Beklagte ihre Bedarfsprognosen auszurichten hatte und hat.
58Die insoweit den Vorgaben des § 10 des Vertrages entsprechenden Maßnahmen der Beklagten genügen überdies - wie zu zeigen sein wird - den Geboten der Kausalität aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB.
59b. Ein Anspruch auf Rückerstattung der gemäß § 8 des Vertrages geschuldeten Folgekosten auf Grundlage des § 12 Abs. 5 S. 2 scheitert daran, dass die Ereignisse, an die diese Vertragsklausel anknüpft, nicht eingetreten sind.
60c. Eine - wie auch immer berechnete - Rückgewähr von Leistungen des Klägers wegen Nicht- oder Teilerfüllung unmittelbar aus vertraglicher Regelung scheidet deshalb aus.
61Es bleibt an dieser Stelle deshalb lediglich der Hinweis, dass die - gegenüber dem Kläger vertraglich nicht geschuldete - Planerfüllung mit Inkrafttreten des Bebauungsplanes Nr. 298 am 19. Juli 2001 eingetreten ist, damit Befriedigung des privaten Vertragsinteresses.
62III. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch des Klägers folgt nicht aus einer Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit des Städtebaulichen Vertrages vom 1. Februar 2001. Dieser entspricht vielmehr den insoweit einschlägigen Anforderungen des § 11 BauGB und bildet deshalb nach wie vor einen Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung auf öffentlich-rechtlicher Basis.
631. Der Vertrag verstößt nicht gegen § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB. Danach müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Diese materiell-rechtliche Anforderung betrifft den vertraglichen Ansatz. Dass in dem Städtebaulichen Vertrag vom 1. Februar 2001 ein Missverhältnis zwischen dem klägerischen Baulandgewinn durch Errichtung des Bebauungsplanes Nr. 298 gegenüber den gemäß §§ 4, 8, 10 vorgesehenen Ausgleichsbeiträgen und Kosten angelegt sein sollte, findet bereits im Vortrag des Klägers keinen Anhalt. Objektiv ergibt sich keinerlei Grundlage für diese Annahme, wie die vertraglich niedergelegten Werte im Einzelnen ausweisen. Darin haben Kläger und Beklagte den lagetypischen Wert der Baugrundstücke mit 260,00 DM/qm, hingegen die hier strittigen Ausgleichsbeiträge bzw. Folgekosten gemäß §§ 4, 8 und 10 auf 6,50 DM/qm, 9,18 DM/qm und 3,68 DM/qm festgesetzt. Selbst der Gesamtbetrag der vertraglichen Leistungen des Planbegünstigten von 60,89 DM/qm oder eine die Folgekosten und Ausgleichsbeiträge übergreifende wirtschaftliche Betrachtung des Gesamtvorgangs anhand der Akten sowie des wechselseitigen Vorbringens bieten nicht einmal einen Ansatz, den gesamten Umständen nach von einer fehlenden Angemessenheit zu sprechen.
642. Eine im Vertrag angelegte Nichtigkeit der in §§ 4, 8, 10 vereinbarten Klauseln aus Gründen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB ist nicht zu erkennen.
65a. Die Regelung des § 4 des Vertrages über den Ausgleichsbetrag von 6,50 DM/qm Bauland für die von der Beklagten vorzunehmende Deckung des Wohnbedarfs in bestimmten Fällen entspricht § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Die Vorschrift ist einschlägig. Zwar geht der gesetzliche Tatbestand von einer Verpflichtung aus, die dem privaten Vertragspartner auferlegt wird. Da die Fallgruppen des § 11 Abs. 1 S. 2 BauGB aber ohnehin nicht als abschließender Katalog zu verstehen sind, steht die Verteilung der darin hervorgehobenen vertragsgegenständlichen Aufgaben frei. Ein Vertrag, der die Steuerung der darin erfassten Ziele durch die Gemeinde vorsieht, begegnet deshalb keinen Bedenken. Er erscheint als eine dem Einzelfall genügende Regelung sogar angemessen und wünschenswert, wenn - wie hier - die Gemeinde zugleich in einem wesentlichen Umfang privatrechtliche Eigentümerin der planerfassten Grundstücke ist. Entsprechend bleibt es bedenkenfrei, wenn der private Vertragspartner von der unmittelbar an § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB ausgerichteten Leistung befreit wird, stattdessen mit der Gemeinde einen "Ausgleichsbetrag" i. S. d. § 4 des Vertrages vereinbart. Die Bestimmung des § 4 des Vertrages sowie dessen Handhabung genügt dem Tatbestand des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BauGB. Der Begriff der "Bevölkerungsgruppe mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen" ist dem Vertragscharakter gemäß im städtebaulichen Zusammenhang zu verstehen. Inhaltlich geht es deshalb nicht darum, bestimmte Personengruppen etwa mit körperlicher Behinderung oder gesellschaftlich (noch) fehlender Eingliederung zu versorgen. Vielmehr erleiden insbesondere solche Personengruppen besondere Erschwernisse bei der Wohnraumversorgung, die durch junges Alter, Kinderreichtum oder - wie etwa Alleinerziehende mit ein oder mehreren Kindern - durch individuelle Prägungen im Familienverband gekennzeichnet sind. Gegenüber diesem gesetzlich anerkannten Normverständnis erweisen sich die Handhabung der Beklagten und das damit zum Ausdruck gekommene Vertragsverständnis als beanstandungsfrei. Das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verfügbare Datenmaterial sowie die fiskalische Handhabung sind von der Beklagten mehrfach schriftlich fixiert worden; das Gericht verweist in den Einzelheiten auf die objektiven Hintergründe der ursprünglichen Prognosen einerseits sowie der tatsächlichen Abwicklung andererseits, Klageerwiderungen vom 11. Mai und 18. August 2009.
66Vgl. zum gesetzlichen Verständnis ansonsten: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblattkommentar Stand Juni 2008, § 11 Rdn. 145 ff.
67b. §§ 8 und 10 des Städtebaulichen Vertrages vom 1. Februar 2001 genügen den tatbestandlichen Anforderungen des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB. Sowohl die Kosten der Herstellung eines Kindergartens als auch die Kosten der Verlegung der Luftrettungsstation stellen Folgekosten im Sinn dieser Norm dar.
68Fragen der Ursächlichkeit stellen sich nicht. Das Merkmal der "Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens" wird erfüllt, wenn - wie hier - der betreffende Grundstückseigentümer das Merkmal der Bauwilligkeit erfüllt, auch wenn dies erst auf eine Angebotsplanung der Gemeinde zurückzuführen ist. Ferner können die nach §§ 8 und 10 vereinbarten Beträge konkreten Zwecken zugeordnet werden, stehen vor allen Dingen im sachlichen Zusammenhang mit den jeweiligen Vertragsgegenständen, für deren Verwirklichung die Beklagte einzustehen hat. Gleiches gilt für die Angemessenheit; insoweit haben die Beteiligten über § 12 Abs. 1 des Vertrages einen Erläuterungsbericht eingefügt, der in seiner Konkretisierung deutlich abgrenzt zu gesetzlich nicht gedeckten Verallgemeinerungen wie etwa gegenüber einer schematischen Zuzugsabgabe.
69Vgl. auch insoweit Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., Rdn. 164 ff.
70§§ 8 und 10 des Städtebaulichen Vertrages vom 1. Februar 2001 genügen des Weiteren den besonderen Anforderungen an die Kausalität zwischen städtebaulich relevantem Verhalten des Klägers und städtebaulichen Maßnahmen, deren Kosten übernommen werden. Das enge Verständnis dieser Ursächlichkeit, dass die Klage im Wesentlichen auf Grundlage der Rechtsprechung des Nieders. OVG,
71Urteil vom 10. Juli 2007 - 1 LC 200/05 -,
72einführt, ist als überholt anzusehen. Zeitgleich mit der Klageerhebung hatte das BVerwG sich eingehend und unter historischer Aufarbeitung früherer eigener Rechtsprechung mit dem Merkmal der Ursächlichkeit gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB befasst. Da dieses höchstrichterliche Verständnis der Anforderungen an die Kausalität dazu führte, gerade das soeben genannte Urteil des Nieders. OVG aufzuheben, sieht das Gericht keinen Anlass, diese aktuelle Rechtsprechung des BVerwG zu übergehen.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 15/07 -; zur Rechtsprechung des Gerichts: Urteil vom 22. Oktober 2008 - 3 K 502/07 -, hierzu OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2009 - 7 A 3015/08 -.
74Nach aktueller Rechtsprechung des BVerwG sieht § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB keine Beschränkung der die Folgekosten auslösenden Maßnahmen auf das jeweilige Bebauungsplangebiet vor. Städtebauliche Maßnahmen können auch außerhalb des Plangebiets liegen. Ein Folgekostenvertrag ist auch dann mit § 11 BauGB vereinbar, wenn der Bedarf für eine städtebauliche Maßnahme durch die Überplanung und Bebauung mehrerer Bebauungsplangebiete verursacht wird. Auf die nach anderen städtebaulichen Maßstäben vorzunehmende Aufteilung und Abgrenzung der Bebauungsplangebiete kommt es für die Frage, ob Baugebiete einen kausalverknüpften Folgebedarf auslösen, nicht an. Selbst die Gesamtkonzeption einer Gemeinde kann geeignet sein zu belegen, dass eine städtebauliche Maßnahme die Folge mehrerer neu ausgewiesener Baugebiete ist. Ein derartiges Gesamtkonzept erfüllt dann die gesetzlichen Anforderungen, wenn die Gemeinde transparent, nachvollziehbar und damit kontrollierbar belegt, dass die von ihr in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang zu beschließenden und realistischer Weise verwirklichungsfähigen Bebauungspläne einen weiteren Bedarf an öffentlichen Einrichtungen hervorrufen. Ein derartiges Konzept muss vom Rat der Gemeinde beschlossen und damit von seiner planerischen und gestaltenden Willensbildung gedeckt sein.
75Die Abhängigkeiten zwischen Bauwilligkeit, städtebaulichen Maßnahmen und Herstellung eines Kindergartens - so, wie im Vertragstext umschrieben - genügen vollinhaltlich gerade diesen neueren Anforderungen der Rechtsprechung. Dabei ist - wie zuvor im Rahmen des § 12 Abs. 5 S. 1 des Vertrages ausgeführt - grundlegend auf das Gesamtkonzept hinzuweisen, das der Rat der Stadt für den "X1. E. " in seinen Teilen A bis D sowie das Gesamtgebiet von ca. 27 ha aufgestellt hat. Dieses hat Einzug nicht nur in die Begründung des Bebauungsplanes Nr. 298, sondern auch in die Präambel des Vertrages vom 1. Februar 2001 genommen. Dem genügt der vertragliche Ansatz gemäß § 10. Denn die Kausalität der Folgekosten erwächst bereits daraus, dass nach einer aus dem Gesamtkonzept abzuleitenden Prognose ein Bedarfszuwachs an Kindergartenplätzen zu erwarten ist, der aus der städtebaulichen Maßnahme entspringt. Der Vertrag kennzeichnet die prognostischen Grundlagen selbst mit Ziff. 1. und 2. der Vorbemerkungen, § 10 Abs. 1 und Abs. 2 sowie mit Ziff. 4.2 des Erläuterungsberichts. Die aktuelle, vor allem mit der Klageerwiderung vom 11. Mai 2009 geführte Prognose bestätigt deren Aussagekraft. Denn danach ist gerade aus dem Druck der umgebenden Siedlungstätigkeit sowie der Altersentwicklung im Bereich der ein- bis dreijährigen sowie der bis sechsjährigen Kinder - d.h. mit Blick auf das Gesamtkonzept - ein Bedarf zu erwarten, der sogar im näheren Bereich der Teile A bis D des "X2. E. " zu befriedigen sein wird. Die Berechnungen und Erwartungen der Beklagten sind insoweit bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung schlüssig, insbesondere widerspruchsfrei geblieben; auf die Ausführungen zur Erstattungsregelung des § 12 Abs. 5 S. 1 des Vertrages wird verwiesen. Auf Grund der neueren Rechtsprechung des BVerwG wäre aber selbst gegenüber einer (vom Kläger beanstandeten) Vorgehensweise, den Bedarf außerhalb der Planbereiche A bis D abzudecken, nichts zu erinnern. Denn das Gebot der örtlichen Bindung an das Plangebiet - wie vom Nieders. OVG a.a.O. formuliert - wurde vom BVerwG gerade nicht bestätigt. Es entspricht dem Erfordernis der Kausalität aus § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 BauGB, wenn - wie hier - der Bedarf für eine städtebauliche Maßnahme durch die Überplanung und Bebauung mehrerer Plangebiete verursacht wird. Um dies zu belegen, genügt eine Gesamtkonzeption, wie vorstehend erörtert.
76Den Anforderungen der Rechtsprechung gegenüber erweist sich die Kausalität von Bauwilligkeit, städtebaulicher Maßnahme und Folgekosten in Bezug auf die Verlegung der Luftrettungsstation - so, wie im Vertrag angelegt - ebenfalls als zweifelsfrei.
77Die Einwendungen gegenüber der Entwicklung der Kosten der Luftrettungsstation vermögen den Vertrag vom 1. Februar 2001 - hier im Umfang des § 8 - nicht zu Fall zu bringen. Fragen der Ursächlichkeit sind - wie bereits zur Angemessenheit - daran zu messen, wie sie im Vertrag selbst angelegt worden sind. Insoweit wirft die dem Vertrag zugrundegelegte Berechnung der Kosten der Verlegung auch auf Grundlage der Klageschrift sowie der weiteren Klagebegründungen keine Bedenken auf. Die Klage stellt vielmehr darauf ab, es sei eine Erstattung fällig, weil die weitere Entwicklung eine Kostenersparnis auf Seiten der Gemeinde ergeben habe. Dem ist - rein faktisch - insoweit beizutreten, als die Folgekosten auf Grund ihrer vertraglichen Gestaltung lediglich auf bestimmte Posten baulicher Maßnahmen einschließlich eines anteiligen Grundstückswertes, bereinigt um den Wert des aufzugebenden Grundstücks berechnet worden sind, vgl. Ziff. II. 9. des Erläuterungsberichts, zu den zu berücksichtigenden Grundstückswerten S. 9 der Klageerwiderung vom 11. Mai 2009. Demgegenüber hat die Beklagte - wie die Klagebegründung vom 23. Juni 2009 zu Recht bemängelt - in die Schlussrechnung der Verlegungskosten Beträge eingestellt, die dem Grunderwerb zuzurechnen sind, nämlich Grundstückswechselkosten i.H.v. 17.340 EUR und Verzinsung i.H.v. 66.018 EUR. Werden diese Posten herausgerechnet, so bleibt insgesamt allerdings eine Abweichung der dem Vertrag im Jahr 2001 zugrundegelegten Prognose von den tatsächlichen Kosten nur i.H.v. 3,9 v.H.. Dies ergibt sich aus dem prognostizierten Aufwand von (umgerechnet) 957.000 EUR und dem tatsächlichen Aufwand, der ohne Grundstückswechselkosten und Verzinsung mit 919,000 EUR zu beziffern ist. Eine Abweichung von nur 3,9 v.H. der tatsächlichen Kosten von den zur Zeit des Vertragsschlusses veranschlagten Kosten wird rechtlich jedoch von dem Prognosecharakter gedeckt, der einem solchen Städtebaulichen Vertrag stets zugrunde liegt. Diesen Gedanken greift bewusst § 12 Abs. 1 des von den Beteiligten unterzeichneten Vertrages auf. Danach beruhen die Maßnahmen auf "heutigen Standards und werden von den Vertragsparteien hinsichtlich der Höhe der Kosten und der Erforderlichkeit unstreitig gestellt". Divergenzen im prognostischen Rahmen sind deshalb auch nach dem vertraglich niedergelegten Willen hinzunehmen. Angesichts der konkreten Fallumstände - namentlich des Umfangs der herauszurechnenden Teile des Aufwandes sowie des Umfangs der verbleibenden Abweichung - bedarf es keiner Festlegung, mit welcher prozentualen Abweichung der tatsächlichen von den prognostizierten Kosten eine Missbilligungsgrenze erreicht wäre, die nach Treu und Glauben sodann einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen könnte. Das BVerwG nimmt eine solche Missbilligungsgrenze in verwandten Rechtsgebieten - etwa bei Ablösungsverträgen über Beitragspflichten - jedenfalls erst bei Abweichungen in einer Größenordnung von 50 v. H. an,
78vgl. etwa Urteil vom 9. November 1990 - 8 C 36.89 -.
793. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch lässt sich nicht auf § 56 VwVfG zurückführen. Zum einen hat sich die Beklagte in dem Vertrag vom 1. Februar 2001 keine unzulässige Gegenleistung versprechen lassen, § 56 i.V. m. § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG; dies ergibt sich aus den bisherigen Ausführungen zur Korrespondenz der §§ 4, 8 und 10 des Vertrages mit § 11 BauGB. Zum anderen stellen sich Leistung und Gegenleistung, sofern hiervon im hinkenden Austauschverhältnis zu sprechen ist, nicht als unangemessen dar; insoweit gelten keine anderen Maßstäbe als die oben zu § 11 Abs. 2 BauGB dargelegten.
80IV. Die Kostenforderung des Klägers i. H. v. 1.902,81 EUR findet bereits keine gesetzliche Grundlage. Weder das Kostenrecht der VwGO noch das Kostenrahmenrecht des VwVfG bzw. der VwGO kennen die Erstattungsfähigkeit der im Vorfeld einer gerichtlichen Rechtsverfolgung angefallenen Rechtsanwaltskosten. Selbst die Kosten der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren, soweit gesetzlich für bestimmte Klagearten vorgeschrieben, fallen nur unter besonderen Voraussetzungen der beklagten Behörde zur Last. Zwar hat die Rechtsprechung teilweise einen Anspruch aus Verletzung eines Leistungstreueverhältnisses anerkannt und in diesem Rahmen auch die bei der Schadensbeseitigung entstandenen Rechtsanwaltskosten für ersatzpflichtig gehalten,
81vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 23. März 2000 - 3 A 4657/97 -; VG Münster, Urteil vom 3. März 2005 - 3 K 1516/02 -, jew. m.w.N.
82Eine solche Vertragsverletzung kann jedoch nicht bereits dann anerkannt werden, wenn der/die später Beklagte im Vorfeld des Prozesses die Ansprüche des jeweiligen Klägers lediglich negiert hat. Würde eine solche Konstellation bereits zur Ersatzverpflichtung führen, würden die o.a. gesetzlichen Regelungen zur Kostentragungspflicht und zum Kostenrahmen regelmäßig umgangen werden. Selbst wenn eine Verletzung des Leistungstreueverhältnisses bereits bei Streit um den Umfang vertraglicher oder quasivertraglicher Ansprüche anzunehmen wäre, würde der Anspruch des Klägers fehlgehen, weil - wie gezeigt - im vertragsbezogenen Verhalten der Beklagten keine Rechtsverletzung festzustellen ist.
83Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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