Beschluss vom Verwaltungsgericht Münster - 9 L 417/11
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin zum Winterse-mester 2011/2012 zum Masterstudiengang der Betriebs-wirtschaftslehre als Studienanfängerin vorläufig zuzulas-sen, wenn sie ihre Einschreibung bei der Hochschule binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Be-schlusses an ihren Prozessbevollmächtigten beantragt und dabei die Erfüllung der Einschreibungsvoraussetzungen im Übrigen nachweist.
2. Die aus der Anordnung nach Nr. 1 dieses Beschlusses bei ihrer Inanspruchnahme folgende vorläufige Zulassung und Einschreibung der Antragstellerin endet nach Erfüllung bzw. nach Eintritt folgender Maßgaben:
a) Die zuständige Auswahlkommission der Wirt-schaftswissenschaftlichen Fakultät führt für sämtliche Bewerberinnen und Bewerber um einen Studienplatz im Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre zum Wintersemesters 2011/2012, die einen ordnungsgemä-ßen Zulassungsantrag gestellt und die Zugangsvoraussetzungen der „Zugangs- und Zulassungsordnung für den Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre an der WWU Münster vom 20. April 2011“ (ZZO) erfüllt haben, eine Bewertung der fristgerecht vorgelegten Bewerbungsunterlagen nach Maßgabe der Gründe dieses Beschlusses durch.
b) Die Auswahlkommission erstellt auf der Grundlage der Bewertung nach Buchstabe a) eine Rangliste ge-mäß § 6 Abs. 1 ZZO für alle am Auswahlverfahren be-teiligten Bewerberinnen und Bewerber und teilt der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens den von ihr erreichten Rangplatz mit und
c) bescheidet die Antragstellerin rechtsmittelfähig ge-mäß § 6 Abs. 3 ZZO, wenn der auf sie entfallende Rangplatz in der Rangliste nach Buchstabe b) schlechter als Rang 471 ist.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 5.000,000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der gemäß § 123 VwGO zu beurteilende Antrag der Antragstellerin, gerichtet auf eine vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) als Studienanfängerin im Wintersemester (WS) 2011/2012, hat nach Maßgabe des Tenors dieses Beschlusses Erfolg.
3Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr auf den verfahrensbetroffenen Studienplatz bezogener Zulassungsantrag rechtsfehlerhaft durch den - mit der Klage 9 K 1937/11 rechtzeitig angegriffenen - Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. August 2011 abgelehnt worden ist, da das in der Zugangs- und Zulassungsordnung vom 20. April 2011 (ZZO) bestimmte und dem Ablehnungsbescheid zugrunde liegende Auswahlverfahren von der Auswahlkommission fehlerhaft durchgeführt worden ist. Hieraus folgt ein bislang nicht erfüllter Anspruch der Antragstellerin auf Einbeziehung in ein rechtmäßiges Auswahlverfahren (Anordnungsanspruch), zu dessen Sicherung nach Lage des Falles der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Inhalt geboten ist. Der hierfür weiter erforderliche Anordnungsgrund ist nicht zweifelhaft.
4Rechtsgrundlage für die Vergabe von Studienplätzen in dem – kapazitätsbeschränkten – Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre an der WWU Münster zum WS 2011/2012 ist für das streitbetroffene Semester die Zugangs- und Zulassungsordnung vom 20. April 2011 (ABl. WWU Münster 2011, 586). Diese Ordnung, die nach der Aufhebungsordnung vom 22. Juni 2011 mit Wirkung zum 1. April 2011 an die Stelle der Zugangs- und Zulassungsordnung vom 25. August 2008, geändert durch Ordnung vom 7. Juni 2010 (vgl. Ordnung vom 22. Juni 2011) getreten ist,
5zur Fehlerhaftigkeit jener ZZO (2010) vgl. Beschluss des Gerichts vom 17. November 2010 – 9 L 512/10 u.a. – sowie Beschluss des OVG NRW vom 26. Januar 2011 – 13 B 1640/10 -, jeweils juris und www.nrwe.de,
6bestimmt für den Zugang und die Zulassung zum Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre ein in zwei Prüfungsstufen unterteiltes Verfahren. In der 1. Stufe wird auf der Grundlage der mit der Bewerbung vorgelegten Nachweise neben der Einhaltung der für die Bewerbung geltenden Form- und Verfahrensvorschriften die für den Zugang zu diesem Studium in der ZZO bestimmte generelle Qualifikation überprüft. Hieran schließt sich bei Erfüllung der Voraussetzungen der 1. Stufe in einer 2. Stufe ein verfahrensmäßig und inhaltlich in der ZZO ebenfalls näher geregeltes Auswahlverfahren für den Fall an, dass die Zahl der berücksichtigungsfähigen Bewerbungen die Zahl der für den Masterstudiengang zur Verfügung stehenden Studienplätze übersteigt (§ 2 Abs. 3 ZZO).
7Für die Durchführung des Zugangs- und Zulassungsverfahrens ist eine vom Fachbereichsrat der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zu wählende Auswahlkommission aus hauptamtlichen Mitgliedern des Fachbereichs berufen (§ 4 Abs. 1 ZZO). Diese besteht nach § 4 Abs. 2 ZZO aus einer/einem Vorsitzenden, deren/dessen Stellvertreterin/Stellvertreter, die der Gruppe der Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer angehören müssen, zwei weiteren Vertreterinnen/Vertretern der Gruppe der Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer und einer Vertreterin/einem Vertreter der Gruppe der akademischen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter.
8Voraussetzung für den Zugang zum Auswahlverfahren (1. Verfahrensstufe) ist gemäß § 2 ZZO die Absolvierung eines fachlich einschlägigen Studiums mit einer Regelstudienzeit von mindestens sechs Semestern, das mit einem Bachelor oder einem anderen berufsqualifizierenden Abschluss (Diplom, Staatsexamen etc.) erfolgreich beendet worden ist. Die fachliche Einschlägigkeit wird dabei in näher geregelten Anforderungen ausgedrückt, die - mit Sonderregelungen zu Jahrgangsbesten – an die im Erststudium erworbenen Mindestleistungspunkte in den Gebieten Betriebswirtschaftslehre einschließlich des gewählten Schwerpunkts sowie den Gebieten Volkswirtschaftslehre, Mathematik und/oder Statistik anknüpfen.
9Im Rahmen der 2. Stufe des Verfahrens (des eigentlichen Auswahlverfahrens) bestimmt § 5 ZZO einen Kriterienkatalog, der nach entsprechenden Bewertungen und nach mathematischen "Transformationen" in Einzelpunktwerte zu einer Gesamtpunktzahl der jeweiligen Bewerberin oder des jeweiligen Bewerbers von maximal 100 Punkten führt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vorschrift einschließlich der Anlage 1 zur ZZO verwiesen. Die Bewerberinnen oder Bewerber werden sodann in einer Rangliste entsprechend der Punktzahl platziert. Hieran schließt sich auf der Grundlage der für den Studiengang zur Verfügung stehenden Studienplätze die ranggesteuerte Auswahlentscheidung an, die in einen Zulassungs- bzw. Ablehnungsbescheid, den die Antragsgegnerin erlässt, einmündet.
10Die Auswahlkriterien des § 5 ZZO für die 2. Verfahrensstufe sind in vier Bewertungsblöcke unterteilt, nämlich
11(1) die Note des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses mit einem Punktwert von max. 50 von max. 100 Punkten nach Maßgabe des in der Regelung bestimmten mathematisch angelegten Bewertungsschemas,
12(2) die Note des Abiturzeugnisses oder der sonstigen Hochschulzugangsberechtigung mit einem Punktwert von max. 15 Punkten von max. 100 Punkten nach Maßgabe des in der Regelung bestimmten Bewertungsschemas,
13(3) die "sonstigen einschlägigen Qualifikationen (z.B. im Lebenslauf dargestellte Englischkenntnisse, Auslandsaufenthalte, Praxiserfahrung, besondere Auszeichnungen im Studium, Preise sowie sonstige einschlägige Fachkenntnisse) mit einem Punktwert von max. 25 Punkten von max. 100 Punkten und
14(4) die "Motivation (Motivation für Studium, Hochschulstandort, angestrebten Beruf, Eignung für den hohen Anspruch an der Fakultät, Darstellung der Befähigung für den gewählten Schwerpunkt etc.)" mit max. 10 Punkten von max. 100 Punkten.
15Das Gericht geht nach dem Ergebnis der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung unter Einbeziehung des wechselseitigen Vortrags der Beteiligten davon aus, dass die vorgenannten Bestimmungen der für das WS 2011/2012 geltenden ZZO als solche für beide Verfahrensstufen wirksam sind, insbesondere auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruhen und auch sonst keine sich aufdrängenden Rechtsfehler aufweisen.
16Was die Bestimmungen zu der 1.- den Zugang zum Auswahlverfahren betreffenden - Verfahrensstufe nach der ZZO betrifft, hat das Gericht diese bereits überprüft und nicht beanstandet. Wegen der Einzelheiten, namentlich wegen der auf § 49 Abs. 7 HG NRW beruhenden Gestaltungsmöglichkeiten der Hochschule, für den Zugang zum Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre an der WWU Münster einen "qualifizierten" ersten Hochschulabschluss fordern zu können, der auch die "fachliche Einschlägigkeit" dieses Abschlusses im Verhältnis zu dem angestrebten Masterstudiengang sichert, wird auf den Beschluss des Gerichts vom 11. Oktober 2011 – 9 L 503/11 – (veröffentlicht in juris und www.nrwe.de, nicht rk.) verwiesen. An den dortigen Ausführungen wird festgehalten. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass die Regelungen in § 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZZO über die fachliche Einschlägigkeit des ersten Hochschulabschlusses nicht dadurch ihre innere, von der Hochschule gewollte Schlüssigkeit verlieren, dass nach Satz 4 dieser Regelung auch denjenigen Studierenden, die ein wirtschaftswissenschaftliches (Hervorhebung durch das Gericht) Studium erfolgreich beendet haben, der Zugang zum Auswahlverfahren gewährt wird, wenn sie zwar nicht die Anforderungen des Satzes 2 erfüllen, jedoch nachweisen, dass sie zu den besten 10 v.H. ihres Abschlussjahres des jeweiligen Studiengangs gehören.
17Die die 2. Verfahrensstufe (das eigentliche Auswahlverfahren) regelnden Vorschriften der ZZO sind ebenfalls voraussichtlich beanstandungsfrei.
18Das Gericht hat hierzu bereits in seinen die vorausgegangene ZZO betreffenden Beschlüssen vom 17. November 2010 – 9 L 512/10 u.a. –, bestätigt durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dessen Beschlüssen vom 26. Januar 2011 – 13 B 1640/10 -, dargelegt, dass sich das Auswahlverfahren in Bezug auf Studienplätze in Masterstudiengängen der hier in Rede stehenden Art aufgrund landesrechtlicher Anordnung (§§ 3 Abs. 1 Satz 3 und § 4 Abs. 6 HZG NRW) nach den in Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages vereinbarten und hier entsprechend anzuwendenden Regeln über das sog. Auswahlverfahren der Hochschule – AdH – zu richten hat. Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 des Staatsvertrages benennt dabei in seinem Satz 1 exemplarisch einen Katalog von Auswahlkriterien, die – ggf. in Kombination – zur Grundlage des Auswahlverfahrens für die Vergabe von Studienplätzen in Masterstudiengängen gemacht werden können. Dabei ist der Hochschule allerdings bindend vorgegeben, dass bei der Auswahlentscheidung entsprechend dem von ihr bestimmten Merkmalekatalog dem Grad der Qualifikation, das heißt der Qualifikation, die aus dem ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss folgt, vgl. § 4 Abs. 6 Satz 1 HZG NRW, ein "maßgeblicher Einfluss" gegeben werden muss, Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Staatsvertrag.
19Diesen Anforderungen dürfte die hier zu prüfende ZZO entsprechen.
20Der von der Hochschule als für die Auswahlentscheidung rangrelevant bestimmte Kriterienkatalog lehnt sich mit den Kriterien- und Bewertungsblöcken "Note des ersten Hochschulabschlusses", "Note der Hochschulzugangsberechtigung", "sonstige Qualifikationen" und "Motivation nach Bewertung des Motivationsschreibens" an den hier entsprechend anzuwendenden und ohnehin nicht abschließenden Katalog des AdH-Verfahrens (Art 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Staatsvertrag) an. Die jeweiligen in der ZZO hierzu bestimmten Bewertungsschemata dürften sich ebenfalls innerhalb des der Hochschule zukommenden fachwissenschaftlichen Einschätzungs- und Wertungsvorrechts, das weder der Studienbewerber noch das Gericht durch eigene für "sachgerechter" gehaltene Kriterien ersetzen darf, halten.
21Das gilt ohne weiteres für die in der ZZO für die Note des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses bestimmte Einstufung, ausgedrückt in einem Punktwert. Dass hier nach der Anlage 1 zur ZZO Abschlussnoten, die 1,5 und besser sind, ohne weitere Differenzierung sämtlich mit 50 Punkten berücksichtigt werden, hält sich innerhalb des Bewertungsvorrangs der Hochschule und beruht ersichtlich auf der fachlichen Einschätzung, dass alle Abschlüsse dieser Höhenlage eine besondere Qualifikation zum Ausdruck bringen, die eine weiteren Feinsteuerung in der Punktvergabe nicht als notwendig erscheinen lässt. Gleiches gilt spiegelbildlich dafür, dass Abschlüsse mit einer Endnote von 4,0 und schlechter gleichförmig den schwachen Abschlüssen und damit einer Punktzahl von 0 Punkten zugeordnet werden. Soweit bei der Errechnung der abschließenden Punktzahl dieses Blocks 1 "Bachelornote" nach dem hierfür bestimmten mathematischen System ein Multiplikator von bis zu 0,6 angesetzt wird, um damit etwaigen Defiziten des Erststudiums in den Ausbildungsbereichen BWL, VWL sowie Mathematik und Statistik Rechnung zu tragen, gilt hier nichts Anderes. Dass auch unter Einschluss dieses sog. ECTS-Multiplikators die Note des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses mit max. 50 Punkten von max. 100 Punkten den "maßgeblichen Einfluss" im Verständnis des Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Staatsvertrag bei der Auswahlentscheidung hat, ist unter Einschluss der auf diese Frage bezogenen Gründe des Beschlusses des OVG NRW vom 26. Januar 2011 aaO. nicht zweifelhaft.
22Soweit nach Block 2 der Anlage 1 der ZZO die Note des Abiturs oder anderer Hochschulzugangsberechtigungen mit max. 15 von max. 100 Punkten eingestellt wird, hält sich auch dies – mit den dafür bestimmten Grenznoten und Umrechnungen – innerhalb des gerichtlich nicht zu beanstandenden Bewertungsvorrangs der Hochschule. Wenn § 4 Abs. 6 Satz 1 HZG bestimmt, dass für die Auswahl und Zulassung zu Studiengängen, die mit einem Mastergrad abgeschlossen werden, an die Stelle des Grades der Qualifikation (gemeint: der Hochschulzugangsberechtigung) "das Prüfungszeugnis über den ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Sinne des § 49 Abs. 7 Hochschulgesetz oder des § 41 Abs. 4 Kunsthochschulgesetz" tritt, bedeutet dies nicht, dass der Hochschule die nachrangige Einbeziehung der Note der schulisch erworbenen Hochschulzugangsberechtigung im Rahmen eines an das Verfahren AdH angelehnten Auswahlverfahrens für die Vergabe der Masterstudienplätze von vornherein verschlossen wäre. Die Bestimmung verdeutlicht nämlich allein, dass die Qualifikation aus dem ersten Hochschulabschluss entsprechend Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a) und Satz 2 Staatsvertrag die maßgebliche Bedeutung für das Auswahlverfahren haben muss. Das ist hier gewährleistet. Auch lässt sich bei summarischer Prüfung nicht feststellen, dass eine Einbeziehung der (schulischen) Note der Hochschulzugangsberechtigung – jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Punkterahmen – auf einer auf der Hand liegenden Verkennung der Bedeutung dieses Abschlusses für die für den Erfolg eines Masterstudiums zu treffende Prognoseentscheidung beruhen würde. Das Gericht und auch das OVG NRW haben in den auf die ZZO 2010 bezogenen Eilentscheidungen zwar darauf hingewiesen, dass sich eine Einbeziehung der Note des schulischen Abschlusses , gerade wenn dieser schon länger zurückliegt, bei Bewerbern um einen Platz in einem Masterstudiengang, der sich also an das erfolgreiche Absolvieren eines Hochschulstudiums anschließt, nicht als von vornherein sachgerecht aufdrängen müsse. Eine Relevanz für das Masterstudium dürfte umso mehr dadurch begrenzt sein, dass der schulische Bildungsabschluss an in ihren Ausbildungsinhalten durchaus unterschiedlichen schulischen Einrichtungen – ggf. sogar im Ausland – erworben sein kann. Auch sind nach dem Bewertungssystem der ZZO Zeugnisse über eine allgemeine Hochschulreife und die zu einer Fachhochschulreife gleichgestellt. Alle diese Fragen führen jedoch nicht aus sich heraus zu einer gesicherten Beurteilung, dass der Note der – wie immer erworbenen – Hochschulzugangsberechtigung keinesfalls ein auf dem Gedanken der Leistungskonsistenz beruhender Aussagewert für die Eignung zu einem Masterstudium zukäme und damit von dem durch die Hochschulautonomie eröffneten Beurteilungsvorrang des Ordnungsgebers nicht mehr gedeckt wäre.
23Schließlich orientieren sich die Bewertungsbereiche "sonstige Qualifikationen" und "Motivation entsprechend dem Inhalt des Motivationsschreibens" (Blöcke 3 und 4 der Anlage 1 zur ZZO) ebenfalls an dem exemplarischen Kriterienkatalog des Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag. Angesprochen sind hier, wie textlich in den jeweiligen Blöcken der Anlage 1 auch beispielhaft konturiert wird, Merkmale der Bewerberin oder des Bewerbers, die auch Gegenstand eines von der Kommission durchzuführenden Auswahlgesprächs nach dieser Bestimmung sein könnten und dort ebenfalls einer inhaltlichen Bewertung zugeführt würden. Dass die Inhalte eines Motivationsschreibens (Block 4), die also nicht der unmittelbaren Nachfrage durch ein fachkundiges Gremium im Rahmen eines persönlichen Auswahlgesprächs unterliegen, oftmals "zielorientiert" formuliert sein dürften,
24- die hohe Zahl von Bewerbern, die auch schon in den Vorjahren bei Darlegung einer sicher hohen Motivation, ihr Masterstudium gerade an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der WWU Münster aufnehmen zu wollen, trotz Erhalt eines Zulassungsbescheides letztlich hiervon keinen Gebrauch gemacht haben, dürfte dies bestätigen -
25hat die Hochschule jedenfalls nicht veranlasst, diesen schriftlichen Ausführungen von vornherein eine in einem Punktwert auszudrückende Bedeutung für eine wertende Qualifikations- und Eignungsentscheidung bei der Prüfung der persönlichen/fachlichen Merkmale des Bewerbers abzusprechen. Dies ist vom Gericht hinzunehmen. Auch dürfte es rechtlich nicht zu beanstanden sein, dass über den Inhalt der Anlage 1 der ZZO hinaus keine weitere Feinsteuerung fixiert worden ist, welche Qualifikations- und Motivationsmerkmale über die in der Anlage angeführten Beispiele hinaus beachtlich sein können und wie diese letztlich innerhalb der eröffneten "Bepunktungsbreiten" (bis zu 25 Punkte bzw. bis zu 10 Punkte) im Detail zu bewerten sind. Einer solchen weitergehenden Feinsteuerung bedurfte es nach summarischer Prüfung des Gerichts nicht, weil die in diesen Kategorien vorzunehmende fachliche Bewertung – auf der Basis der normierten Parameter – nach der ZZO gerade der hierzu berufenen Auswahlkommission zugewiesen worden ist. Die in die Auswahlkommission entsprechend den Regelungen über ihre Besetzung zu berufenden Lehrkräfte (ganz überwiegend solche aus der Gruppe der Hochschullehrer des Fachbereichs) verfügen nämlich ohne weiteres über die zur autonomen Feinsteuerung erforderlichen Qualifikationen. Sie sind dabei aus rechtsstaatlichen Gründen auch zu einer nachvollziehbaren Darlegung ihrer im Einzelfall vorzunehmenden Wertungsentscheidungen verpflichtet.
26Vgl. zu den rechtsähnlichen Anforderungen an die Normierung und Durchführung von Auswahlgesprächen im Verfahren AdH: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 2011 – 9 S 599/11 -; OVG Saarland, Beschluss vom 29. November 2005 – 3 W 19/05 – und VG Mainz, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 7 L 115/05.MZ -, jeweils juris.
27Normierungsdefizite drängen sich danach für das Verfahren der 2. Stufe des Auswahlverfahrens nach summarischer Prüfung nicht auf.
28Ist danach im vorliegenden Verfahren von der rechtlichen Wirksamkeit der ZZO auszugehen, ist allerdings festzustellen, dass das für das WS 2011/2012 durchgeführte Auswahlverfahren (2. Stufe) den in der ZZO entsprechend den gesetzlichen Regelungen bestimmten Anforderungen in wesentlicher und zur Rechtswidrigkeit führender Hinsicht nicht genügt.
29Wie aus den auf Anfrage durch das Gericht schriftsätzlich erfolgten Erläuterungen der Antragsgegnerin (Schriftsätze vom 13. September 2011 und vom 27. Oktober 2011 im Verfahren 9 L 417/11 u.a. nebst Anlagen) folgt, hat sich die Auswahlkommission erklärtermaßen nicht mit jeder einzelnen die formalen Erfordernisse erfüllenden und nach Durchführung der 1. Verfahrensstufe in das Auswahlverfahren einzubeziehenden Studienplatzbewerbung bewertend befasst. Dies sei angesichts von 1.811 Bewerbungen um einen Studienplatz im Masterstudiengang zum WS 2011/2012 "völlig ausgeschlossen" gewesen. Vielmehr seien die Bewerbungen nach Bewerbungsschluss (15. Juli 2011) von den Studiengangskoordinatoren zentral erfasst und anschließend an die vier (Studienschwerpunkt-)Center des Fachbereichs Betriebswirtschaftslehre zur Auswertung übermittelt worden. Dort sei von den zuvor bestimmten Wissenschaftlichen Mitarbeitern in Abstimmung mit und in Begleitung von den professoralen Mitgliedern der Auswahlkommission – auch mit verschiedenen Stichproben - auf der Basis der Kriterien des § 5 ZZO der Punktwert für den jeweiligen Bewerber auswertend ermittelt worden. Die Auswahlkommission habe sodann das Ergebnis der Auswertung, das die Bewerber in eine Rangfolge bringt, nochmals hinsichtlich des Prozesses der Auswertung auf der Grundlage einer Stichprobe diskutiert und kritisch hinterfragt. Danach sei die Rangliste von der Auswahlkommission einstimmig beschlossen worden. Zugleich sei die Liste der Bewerbungen, die die Zugangsvoraussetzungen des § 2 ZZO nicht erfüllten (= 306 Bewerbungen) einstimmig beschlossen worden. Schließlich sei im Hinblick auf Erfahrungen aus den ersten drei Masterjahren unter Ansatz einer Überbuchungsquote zu den nach der Zulassungszahlenverordnung zu vergebenden 150 Studienplätzen die Zahl der Zuzulassenden auf 471 (entspricht einem Grenzpunktwert von 63 Punkte) festgelegt worden. Für die weiteren 1.034 Bewerbungen sei eine Ablehnung ausgesprochen worden. Weiter hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass zum Stand 20. Oktober 2011 im 1. Semester des Masterstudiengangs BWL insgesamt 219 Studierende eingeschrieben waren.
30Diese vorstehend von der Antragsgegnerin auf der Basis der entsprechenden Niederschriften der Kommission dargestellte Handhabung verletzt die Antragstellerin in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Bewerbung durch die hierzu allein berufene Auswahlkommission. Das Gericht hat keine ernstlichen Zweifel daran, dass entsprechend der eingeräumten Handhabung die Auswahlkommission letztlich – ungeachtet der hervorgehobenen Begleitung der durch die Center vorgenommenen Bewertungen durch die Mitglieder der Kommission – keine eigenen Bewertungen und Punktzuordnungen bezogen auf alle Bewerbungen vorgenommen hat. Sie hat sich vielmehr letztlich auf eine stichprobenartige Überprüfung der Punktvergaben durch die in den Centern mit der Auswertung betrauten Mitarbeiter beschränkt und hieraus resultierend auch die entsprechende Rangliste (§ 6 Abs. 1 ZZO) beschlossen.
31Dieses Vorgehen entspricht nicht den Maßgaben der ZZO und verletzt zugleich die dabei zu beachtenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, die für prüfungsähnliche Auswahlverfahren Geltung beanspruchen. Diese bestehen darin, dass die das Prüfungsgremium ausmachenden Prüfer (hier: die Mitglieder der Auswahlkommission) sämtliche nach der entsprechenden Ordnung bewertungsrelevanten Umstände selbst vollständig zur Kenntnis nehmen und sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortlich zu findendes fachliches Urteil bilden müssen. Das gilt hier insbesondere in Bezug auf die Bewertung der Bewerbungsunterlagen, die die Grundlage der Punktwertvergabe in den Blöcken 3 (sonstige Qualifikationen) und 4 (Motivation) bilden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei diesen Kriterienblöcken um solche, die – zumal wegen der nur exemplarischen Benennung der Einzelkriterien in der Anlage 1 – in den allein der Kommission fachlich einschätzend zugewiesenen Bewertungsbereich fallen. Eine Delegation der Kenntnisnahme und Bewertung gerade in diesen Bereichen auf andere Hochschulbedienstete der Center kommt nicht in Betracht. Sie lässt sich nicht, wie die Antragsgegnerin meint, durch die Bestimmung in § 4 Abs. 1 Satz 3 ZZO rechtfertigen, wonach die Auswahlkommission fachlich zuständige Mitarbeiter der Gruppen der Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer und der akademischen Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter mit der Vorbereitung ihrer Beschlussfassung (Hervorhebung durch das Gericht) beauftragen kann. Die von der Antragsgegnerin eingeräumte Einbindung der Center in die Bewertung der einzelnen Bewerberinnen oder Bewerber, gerade was die Bewertungsbereiche der Blöcke 3 und 4 betrifft, geht über eine bloß vorbereitende Einbeziehung handgreiflich hinaus. Belegt wird dies insbesondere auch dadurch, dass die Kommission letztendlich bei der Beschlussfassung über die Rangliste nach § 6 ZZO eine bloß stichprobenartige Überprüfung der in den Centern, wenn auch unter allgemeiner Begleitung durch die Kommission, gefundenen Bepunktungen vorgenommen hat.
32Wenn die Antragsgegnerin dem entgegenhält, eine vollumfassende Befassung der Kommission mit sämtlichen Bewerbungen sei angesichts der hohen Zahl "völlig ausgeschlossen", kann sie damit in rechtlicher Hinsicht nichts zu ihren Gunsten ableiten. Der Ordnungsgeberin war bei Beschlussfassung über die hier maßgebliche ZZO aus den Erfahrungen der Vorjahre bekannt, dass mit einer außerordentlich hohen Bewerberzahl gerechnet werden musste. Wenn sie gleichwohl ein Auswahlsystem der hier in Rede stehenden, hochdifferenzierten und in erheblichem Umfang wertungsgebundenen Art rechtssatzförmig bestimmt und dieses einem gewählten Auswahlgremium zur Umsetzung zuweist, ist sie hieran gebunden und hat dies auch umzusetzen. Anhaltspunkte dafür, die ordnungsgemäße Umsetzung des Bewertungssystems der ZZO sei von vornherein tatsächlich unmöglich, hat die Antragsgegnerin nicht dargetan und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dies würde im Übrigen dazu führen, dass schon die ZZO selbst rechtsunwirksam wäre.
33Auf das nach alledem anzunehmende fehlerhafte Bewertungsverfahren kann sich die Antragstellerin auch berufen, ohne dass es darauf ankäme, ob etwa "zufälligerweise" gerade ihre Bewerbung eine derjenigen war, die die Kommission stichprobenartig in den Blick genommen hätte. Solches änderte nämlich nichts daran, dass für die anderen mit der Antragstellerin konkurrierenden Bewerber und Bewerberinnen keine der ZZO entsprechenden, d. h. rechtmäßig gefundenen Punktwerte vergeben worden sind und deshalb auch die Rangliste, in die die Bewerbung der Antragstellerin eingestellt worden ist (§ 6 Abs. 1 ZZO), rechtlich fehlerhaft zustande gekommen ist und damit nicht für die Studienplatzvergabe zugrunde gelegt werden kann. Damit hat das Bewerbungsverfahren bezogen auf die Antragstellerin zu keinem den Regeln des § 6 ZZO entsprechenden rechtmäßigen Abschluss gebracht werden können.
34Bei dieser Sach- und Rechtslage hält es das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zur Anordnung rechtswahrender und rechtssichernder einstweiligen Anordnungen für geboten, die Antragsgegnerin zu einer vorläufigen Zulassung der Antragstellerin nach Maßgabe des Tenors dieses Beschlusses zu verpflichten. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Rechtsanspruch eines Bewerbers um einen Studienplatz in dem Fall, dass seine Bewerbung fehlerhaft abgelehnt worden ist, noch nicht auf einen unmittelbaren Zulassungsanspruch führt, er sich vielmehr (zunächst) auf den Anspruch auf eine rechtmäßige Durchführung des Auswahlverfahrens mit noch offenem Ausgang beschränkt. Andererseits erscheint es dem Gericht mit Rücksicht darauf, dass zeitlich nicht absehbar ist, wann die Auswahlkommission eine rechtmäßige Auswahlentscheidung unter den Regeln der ZZO trifft, und ein langdauerndes Abwarten dieser Entscheidungen der Antragstellerin, zumal der Semesterbetrieb bereits aufgenommen worden ist, nicht zugemutet werden kann, für geboten, ihr zunächst eine Studienaufnahme unter den weiter angeordneten Maßgaben zu ermöglichen. Dass die normativ für den Masterstudiengang der Betriebswirtschaftslehre festgesetzte Zulassungszahl von 150 bereits mit 219 Einschreibungen deutlich überschritten ist, steht dieser vorläufigen Zulassung der Antragstellerin nicht entgegen. Maßgeblich ist hier nämlich losgelöst von kapazitären Festsetzungen, dass die Kommission selbst in der Erwartung, dass zahlreiche von ihr zugelassene Bewerberinnen oder Bewerber von dieser Zulassung keinen Gebrauch machen werden, was rechtlich als Ansatz eines prognostisch gefundenen Überbuchungsfaktors angesehen werden kann, beschlossen hat, 471 Zulassungen auszusprechen. Hieran ist sie im vorliegenden Verfahren gebunden mit der Folge, dass auch in einem zu wiederholenden Auswahlverfahren für das WS 2011/2012 erneut dieser selbst gesetzte Grenzrang für die auszusprechenden Zulassungen maßgeblich ist.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragstellerin obsiegt nämlich mit ihrem auf eine vorläufige Zulassung zum Studium gerichteten Begehren. Dass die dabei vom Gericht zu Gunsten der Antragstellerin getroffene Anordnung zu 1. bei Eintritt der unter 2. dieses Beschlusses genannten Umstände endet, ändert hieran nichts.
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Handhabung des Gerichts und des OVG NRW in Eilverfahren der vorliegenden Art.
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