Urteil vom Verwaltungsgericht Münster - 4 K 1690/13
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Das beklagte Land wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung N. vom 7. 3. 2013 verpflichtet, die Klägerin in das Bewerbungsverfahren betreffend die am 7. 12. 2012 ausgeschriebene Stelle als Fachleiter/in zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben (Besoldungsgruppe A 15) am H. -Gymnasium in N. einzubeziehen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und das beklagte Land jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Nach dem Abitur studierte die am 00.00. 1962 geborene Klägerin von 1982 bis 1988 im Studiengang Evangelische Theologie. Am 00.00. 1988 legte sie erfolgreich vor der theologischen Prüfungskommission der Evangelischen Kirche im Rheinland die Erste theologische Prüfung ab. Im 00. 1991 bestand sie die II. Evangelisch-theologische Dienstprüfung in Baden-Württemberg. Ihre Ordination erfolgte am 00.00 1991.
3Nach Tätigkeiten als Pfarrerin und einem Erziehungsurlaub trat die Klägerin am 00.00. 2002 als Lehrerin im unbefristeten Angestelltenverhältnis in den Schuldienst des Landes Baden-Württemberg ein. Unter dem 00.00. 2003 übernahm das Oberschulamt Tübingen die Klägerin unter Ernennung zur Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13) in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Klägerin unterrichtete ab dem 00.00. 2002 am L. -Gymnasium in E. überwiegend im Fach Evangelische Religionslehre und im zeitlich geringen Umfang auch im Fach Geschichte. Ihre Leistung und Befähigung wurden in der dienstlichen Beurteilung vom 22. 7. 2003 mit „sehr gut – gut (1,5)“ und in der dienstlichen Beurteilung vom 1. 4. 2009 mit „sehr gut (1,0)“ beurteilt. Das Regierungspräsidium U. ernannte sie unter dem 6. 5. 2009 zur Oberstudienrätin.
4Am 9. 1. 2011 beantragte die Klägerin ihre Versetzung. Zur Begründung verwies sie auf die berufliche Tätigkeit ihres Ehemannes in N. seit 2008 und dem beabsichtigten Umzug der gesamten Familie nach N. .
5Das Regierungspräsidium U. teilte der Klägerin mit E-Mail vom 6. 4. 2011 mit, dass im Rahmen der zentralen Tauschsitzung der Länder entschieden worden sei, dass sie für einen Wechsel in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen vorgesehen sei. Die Bezirksregierung N. teilte der Klägerin unter dem 11. 5. 2011 mit, es sei beabsichtigt, sie am B. -Gymnasium in E1. einzusetzen. Soweit noch nicht geschehen, werde sie gebeten, umgehend die Anerkennung bzw. Gleichstellung ihrer Lehramtsbefähigung bei der Bezirksregierung E2. zu beantragen.
6Ministerialrat Q. , Leiter des Referats 113 (Einstellungen in den Schuldienst, Versetzungen im Schuldienst) des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW, teilte Herrn T. von der Bezirksregierung N. mit E-Mail vom 18. 5. 2011 mit, die Klägerin sei im Rahmen eines Projektes und einer Vereinbarung des Landes Baden-Württemberg und der Kirchen in den Schuldienst übernommen und verbeamtet worden. Weiter heißt es in der E-Mail: „Ich möchte für eine Verbeamtung von Frau T1. werben und auf ähnliche Fälle (siehe Altersgrenze Hessen) verweisen, in denen wir im Rahmen des Lehreraustauschs auch nicht mehr die Voraussetzungen der ursprünglichen Verbeamtung prüfen.“
7Mit Bescheid vom 18. 5. 2011 versetzte das Regierungspräsidium U. die Klägerin im Einverständnis mit der Bezirksregierung N. mit Wirkung vom 1. 8. 2011 „vom L. -Gymnasium in E. an das B. -Gymnasium“ in E1. . Die Bezirksregierung N. wies die Klägerin unter dem 30. 6. 2011 in eine freie Stelle der Besoldungsgruppe A 14 LBesO ein und wies darauf hin, dass ihr Beamtenverhältnis nach § 15 BeamtStG mit dem Land Nordrhein-Westfalen als neuem Dienstherrn fortgesetzt werde und sie vom Zeitpunkt der Versetzung die Amtsbezeichnung Oberstudienrätin führe.
8Mit zwei Schreiben vom 5. 2. 2013 bewarb die Klägerin sich auf zwei ausgeschriebene Stellen als Fachleiter/in zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben (Besoldungsgruppe A 15) am H. -Gymnasium und B. -Gymnasium in N. .
9Mit Bescheid vom 7. 3. 2013 ließ die Bezirksregierung N. die Klägerin „zum Beförderungsverfahren“ nicht zu und führte aus: Sie besitze nicht die Laufbahnbefähigung für den höheren Schuldienst im Land Nordrhein-Westfalen. Bei ihrer Versetzung in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen sei sie „aufgrund einer Einzelfallentscheidung“ statusgleich als Oberstudienrätin übernommen worden. Wäre diese „Einzelfallentscheidung“ nicht zu ihren Gunsten ausgefallen, wäre lediglich eine Einstellung in ein Tarifbeschäftigungsverhältnis möglich gewesen.
10Die Klägerin nahm ihre Bewerbung hinsichtlich der ausgeschriebenen Funktionsstelle am B. -Gymnasium in N. unter dem 6. 5. 2013 zurück. Die Bezirksregierung N. sicherte ihr mit Schreiben vom 24. 5. 2013 faktisch zu, die ausgeschriebene Funktionsstelle am H. -Gymnasium in N. bis zur Entscheidung über die vorliegende Klage freizuhalten.
11Die Klägerin hat am 19. 4. 2013 Klage erhoben.
12In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerin und das beklagte Land den Rechtsstreit hinsichtlich der ausgeschriebenen Funktionsstelle am B. -Gymnasium in N. für erledigt erklärt.
13Zur Begründung ihrer im Übrigen aufrechterhaltenen Klage macht die Klägerin geltend: Es komme nicht darauf an, ob sie seinerzeit im Wege einer „Einzelfallentscheidung“ versetzt worden sei. Entscheidend sei, dass sie ohne Einschränkungen als Oberstudienrätin in den nordrhein-westfälischen Schuldienst übernommen worden sei und ihr damit sämtliche mit dem Statusamt verbundenen Rechte zustünden. Sie habe mit Blick auf das Schreiben der Bezirksregierung N. vom 11. 5. 2011 Kontakt mit der Bezirksregierung E2. aufgenommen. Von dort sei ihrem Sohn telefonisch mitgeteilt worden, dass sich „die Angelegenheit geklärt habe und die Aufforderung zur Anerkennung der Lehrbefähigung gegenstandslos sei“. In Baden-Württemberg habe sie die Befähigung für den höheren Schuldienst in der Fachrichtung evangelische Religionslehre erworben. In Nordrhein-Westfalen enthielten weder das Landesbeamtengesetz noch die Laufbahnverordnung eine Regelung darüber, dass vor jeder Beförderung das Vorliegen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen sei.
14Die Klägerin beantragt sinngemäß,
15das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung N. vom 7. 3. 2013 zu verpflichten, sie in das Bewerbungsverfahren betreffend die am 7. 12. 2012 ausgeschrieben Stellen als Fachleiter/in zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben (Besoldungsgruppe A 15) am H. -Gymnasium in N. einzubeziehen.
16Das beklagte Land beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Es trägt vor: Ein übertragenes abstrakt-funktionales Amt allein begründe keinen vom Laufbahnrecht unabhängigen Anspruch auf Teilnahme an einem Auswahlverfahren zu einem statusrechtlich höheren abstrakt-funktionalen Amt. Das Erfüllen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen sei ein konstitutives Element eines jeden Auswahlverfahrens. Mit der wohlwollenden Versetzung der Klägerin sei auch nicht konkludent die Attestierung der Lehrbefähigung an Gymnasien verbunden gewesen. Einen förmlichen Antrag auf Anerkennung der Lehrbefähigung habe die Klägerin bei der Bezirksregierung E2. nicht gestellt. Die Klägerin habe auch keine dem Zweiten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien vergleichbare Lehrbefähigung erworben.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Das Verfahren ist entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Der erledigte Teil des Rechtsstreits betrifft die Bewerbung der Klägerin für die ausgeschriebene Funktionsstelle am B. -Gymnasium in N. .
22Die Klage auf Einbeziehung der Klage der Klägerin in das Bewerbungsverfahren betreffend die noch freie Funktionsstelle am H. -Gymnasium in N. ist als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) zulässig und begründet. Der Bescheid der Bezirksregierung N. vom 7. 3. 2013 ist, soweit die Klägerin aus dem Bewerbungsverfahren um die Funktionsstelle am H. -Gymnasium ausgeschlossen wird, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Einbeziehung in das noch laufenden Bewerbungsverfahren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
23Anspruchsgrundlage für das von der Klägerin geltend gemachte Recht auf Teilhabe am Auswahlverfahren ist Art. 33 Abs. 2 GG. Danach haben Beamte einen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl.
24Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 25. 7. 2013 – 2 C 12.11 -, juris, Rdn. 61, m. w. N.
25Diesen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt der Ausschluss der Klägerin aus dem Bewerbungsverfahren um die ausgeschriebene Funktionsstelle am H. -Gymnasium in N. . Die Bezirksregierung N. ist fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren angesichts einer fehlenden Laufbahnbefähigung der Klägerin erforderlich sei.
26Dabei bedarf keiner näheren Erörterung, ob entgegen der Auffassung des beklagten Landes eine Prüfung der Laufbahnbefähigung der Klägerin (schon) nicht erforderlich ist, weil sie als Oberstudienrätin im nordrhein-westfälischen Schuldienst tätig ist. Die Klägerin besitzt jedenfalls die Befähigung für die nordrhein-westfälische Lehrerlaufbahn des Lehramtes an Gymnasien und Gesamtschulen (§ 50 Abs. 1 Nr. 7 LVO NRW) und hat deshalb im Falle einer Bewerbung um ein Beförderungsamt in dieser Laufbahn einen Anspruch auf Einbeziehung in ein entsprechendes Auswahlverfahren (1.). Jedenfalls kann ihr das beklagte Land die Einbeziehung in ein Bewerbungsverfahren nach den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht versagen (2.).
271. Nach § 50 Abs. 1 Nr. 7 LVO NRW wird die Befähigung für die Lehrerlaufbahn des Lehramtes an Gymnasien und Gesamtschulen nach den Bestimmungen des nordrhein-westfälischen Lehrausbildungsgesetzes erworben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat keine Ausbildung nach dem nordrhein-westfälischen Lehrerausbildungsgesetz durchlaufen. Darüber hinaus hat sie weder mit ihrer Ersten theologischen Prüfung noch mit der Evangelisch-theologischen Dienstprüfung eine Lehramtsbefähigung im Sinne des nordrhein-westfälischen Lehrerausbildungsgesetzes erworben. Die Klägerin ist aber im Besitz der Laufbahnbefähigung für die Lehrerlaufbahn des Lehramtes an Gymnasien und Gesamtschulen, weil die Bezirksregierung N. zumindest konkludent im Zusammenhang mit der Versetzung der Klägerin die in Baden-Württemberg erworbene Laufbahnbefähigung als der Befähigung für die Lehrerlaufbahn des Lehramtes an Gymnasien und Gesamtschulen gleichwertig anerkannt hat.
28Die Klägerin hat in Baden-Württemberg die Laufbahnbefähigung für den höheren Schuldienst in der Fachrichtung Religionslehre erworben. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung der Landesregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Lande Baden-Württemberg in der bei der Ernennung der Klägerin zur Studienrätin im September 2003 geltenden Fassung (LVO Bad-Württ. a. F.) ,
29die Laufbahnverordnung ist durch Art. 63 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 9. 11. 2010, GBl. Bad-Württ. S. 793, außer Kraft getreten,
30erfüllt ein ordinierter Geistlicher evangelischen Bekenntnisses die Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe im höheren Schuldienst in der Fachrichtung Religionslehre oder Anstaltsseelsorgedienst, wer mindestens ein Jahr eine für seine Laufbahn vorgeschriebene Tätigkeit abgeleistet hat, die ihm die Eignung zur selbstständigen Wahrnehmung eines Amtes seiner Laufbahn vermittelt hat. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis im September 2003 vor, weil sie als ordinierte Geistliche evangelischen Bekenntnisses tätig und vor ihrer Übernahme in das Beamtenverhältnis ein Jahr im Angestelltenverhältnis am Gymnasium in E. beschäftigt war. Soweit das beklagte Land auf den fehlenden Erwerb einer Lehramtsbefähigung in Baden-Württemberg verweist, trifft es zu, dass die Klägerin nach Aktenlage eine Lehramtsbefähigung (auch) in Baden-Württemberg nicht erworben hat und zudem keine Anerkennung ihrer theologischen Prüfungen als Lehramtsbefähigung erfolgte. Darauf kommt es aber nicht an, weil nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 LVO Bad-Württ. a. F. der Besitz einer Lehramtsbefähigung keine Voraussetzung für den Erwerb der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung für den höheren Schuldienst in der Fachrichtung Religionslehre war.
31Diese Laufbahnbefähigung hat die Bezirksregierung N. mit der länderübergreifenden Versetzung der Klägerin gemäß § 15 BeamtStG anerkannt. Die Anerkennung bezieht sich auf die Laufbahnbefähigung für ein Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen (§ 50 Abs. 1 Nr. 7 LVO NRW), weil es in Nordrhein-Westfalen zum Zeitpunkt des Erwerbs der Laufbahnbefähigung der Klägerin in Baden-Württemberg das Lehramt (nur) am Gymnasium (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 LVO NRW) nicht mehr gab (§ 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen vom 2. 7. 2002 – LABG NRW 2002, BASS 1 – 8 ü).
32Nach § 15 Abs. 1 BeamtStG können Beamtinnen und Beamte auf Antrag oder aus dienstlichen Gründen in den Bereich des Dienstherrn eines anderen Landes oder des Bundes in ein Amt einer Laufbahn versetzt werden, für die sie die Befähigung besitzen. Die Versetzung wird nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG von dem abgebenden im Einverständnis mit dem aufnehmenden Dienstherrn verfügt. Mit Befähigung im Sinne des § 15 Abs. 1 ist die Laufbahnbefähigung gemeint, deren Besitz es der Beamtin oder dem Beamten ermöglicht, in bestimmten Tätigkeitsfeldern des aufnehmenden Dienstherrn eingesetzt zu werden.
33Kathke, in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: März 2014, § 15 BeamtStG, Rdn. 10, m. w. N.
34Mit dieser Auslegung des Begriffs der Befähigung wird gewährleistet, dass der Anspruch der Beamtin oder des Beamten auf Wahrnehmung seiner laufbahnmäßigen Dienststellung entsprechenden Dienstaufgaben gewährleistet ist.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. 6. 1995 – 2 C 20.94 -, DVBl. 1995, 1245 (1246); VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. 9. 1968 – IV 513/68 -, DVBl. 1970, 695 (696), jeweils m. w. N.
36Eine generelle Anerkennung der beim Bund oder in einem anderen Bundesland erworbenen Laufbahnbefähigung kennt das nordrhein-westfälische Recht nicht. Vielmehr bedarf es der Anerkennung im Einzelfall. Nach § 7 Satz 1 LBG NRW ist die Befähigung für die Laufbahn, in die eingestellt, gewechselt oder von einem anderen Dienstherrn versetzt werden soll, von der Einstellungsbehörde nach den Vorschriften des Laufbahnrechts festzustellen und dem Beamten schriftlich mitzuteilen. Für den Bereich der Landesverwaltung erfolgt die Feststellung mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde, im Übrigen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§ 10 Abs. 7 Satz 2 LBG NRW, § 12 Abs. 4 Satz 1 LVO NRW). Die Regelungen des Lehrerausbildungsgesetzes bleiben unberührt (§ 10 Abs. 7 Satz 3 LBG NRW).
37Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist zunächst nicht zweifelhaft, dass die Bezirksregierung N. die in Baden-Württemberg erworbene Laufbahnbefähigung der Klägerin anerkannt hat. Die Bezirksregierung hat sich im Sinne des § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG mit der länderübergreifenden Versetzung der Klägerin einverstanden erklärt und ihr Einverständnis nicht nur gegenüber dem Regierungspräsidium U. , sondern auch mit Schreiben vom 11. 5. 2011 gegenüber der Klägerin zum Ausdruck gebracht. Auch die mit Schreiben vom 00.00. 2011 erfolgte Einweisung der Klägerin in eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 LBesO macht deutlich, dass die Bezirksregierung die baden-württembergische Laufbahnbefähigung der Klägerin anerkannt hat. Andernfalls wäre ihre Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 LBesO unmöglich gewesen.
38Soweit das beklagte Land im vorliegenden Verfahren vorträgt, eine Anerkennung sei weder ausdrücklich noch konkludent erfolgt, trifft dies tatsächlich und rechtlich nicht zu. In tatsächlicher Hinsicht ist die Behauptung der fehlenden Anerkennung unglaubhaft, weil das beklagte Land sich hierauf lediglich pauschal beruft und der Akteninhalt die Behauptung nicht trägt. Ministerialrat Q. vom Ministerium für Schule und Weiterbildung hat in seiner E-Mail vom 18. 5. 2011 der Bezirksregierung N. keine Handlungserweisung erteilt, sondern lediglich für eine „Verbeamtung“ der Klägerin „geworben“. Folglich war seitens der Bezirksregierung N. über die Erteilung des Einverständnisses gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG und der in diesem Zusammenhang notwendigen Anerkennung der baden-württembergischen Lehramtsbefähigung der Klägerin eine Entscheidung zu treffen. Eine Dokumentation über diese Entscheidung findet sich in den Akten nicht. Die Entscheidung, ihr Inhalt und die Beweggründe der Entscheidung sind weder in einem Vermerk noch in sonstiger Weise festgehalten worden. Mit Rücksicht darauf, dass das Regierungspräsidium U. noch am 18. 5. 2011, also am Tag der E-Mail von Ministerialrat Q. , die Versetzung der Klägerin im Einverständnis mit der Bezirksregierung N. verfügte, kann lediglich davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung der Bezirksregierung noch am gleichen Tag nach Erhalt der E-Mail von Ministerialrat Q. erfolgte. In rechtlicher Hinsicht ist von einer konkludenten Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung der Klägerin auszugehen, weil sie gemäß § 10 Abs. 7 LBG NRW notwendige Voraussetzung für ihre Versetzung gemäß § 15 Abs. 1 BeamtStG und die Erteilung des Einverständnisses der Bezirksregierung N. gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG ist.
39Während die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 VwVfG NRW) der zumindest konkludenten Anerkennung angesichts der Schreiben der Bezirksregierung N. an die Klägerin vom 11. 5. 2011 und 30. 6. 2011 vorliegt, spricht Einiges dafür, dass die Anerkennung rechtswidrig erfolgte. Nach § 10 Abs. 7 Satz 3 LBG NRW richtet sich die Anerkennung nach den Vorschriften des Lehrerausbildungsgesetzes. Im Zeitpunkt der Erklärung des Einverständnisses der Bezirksregierung N. gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG und der damit einhergehenden zumindest schlüssigen Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung galt gemäß § 20 Abs. 1 Sätze 3 und 4 des Lehrerausbildungsgesetzes vom 12. 5. 2009 (LABG NRW 2009), BASS 1 -8, § 20 Abs. 4 Satz 1 LABG NRW 2002 fort. Danach konnte das Ministerium eine außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen erworbene Lehramtsbefähigung als Befähigung zu einem entsprechenden nordrhein-westfälischen Lehramt anerkennen. Dass die baden-württembergische Laufbahnbefähigung der Klägerin gemäß § 33 LVO Bad.-Württ. a. F. auch eine Lehrbefähigung im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 1 LABG 2002 darstellt, ist schon deshalb wahrscheinlich, weil eine Laufbahnbefähigung für die Tätigkeit als Lehrerin im höheren Schuldienst ohne gleichzeitige Lehramtsbefähigung kaum denkbar ist. Systematisch spricht § 10 Abs. 7 Satz 3 LBG NRW dafür, dass mit der Befähigung für die Lehrerlaufbahn notwendig eine Lehramtsbefähigung verbunden ist, weil die Vorschrift die Regelungen des Lehrerausbildungsgesetzes über die Anerkennung von Lehramtsbefähigungen unberührt lässt und damit eine „Verzahnung“ zwischen der Laufbahn- und Lehramtsbefähigung bewirkt. Sollte die Klägerin nicht im Besitz einer in Baden-Württemberg erworbenen Lehramtsbefähigung sein, konnten ihre Erste theologische Prüfung und die II. Evangelisch-theologische Dienstprüfung nicht als Lehramtsbefähigung anerkannt werden. Denn die Regelung in § 20 Abs. 4 Satz 2 LABG NRW 2002, nach der das Ministerium andere innerhalb und außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen abgelegte für ein Lehramt geeignete Prüfungen als Lehramtsbefähigung anerkennen konnte, war bereits am 25. 5. 2009 außer Kraft getreten (§ 20 Abs. 1 Satz 4 LABG 2009). Für eine (formelle) Rechtswidrigkeit der konkludenten Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung der Klägerin spricht aber, dass entsprechend dem an sie gerichteten Schreiben der Bezirksregierung N. vom 11. 5. 2013 die Bezirksregierung E2. über die Anerkennung einer Lehramtsbefähigung zu entscheiden hatte, mithin die zumindest schlüssige Anerkennung seitens der Bezirksregierung N. durch eine unzuständige Behörde erfolgte (§ 20 Abs. 6 Nr. 2 LABG NRW 2002 i. V. m. § 2 Abs. 2 Buchstabe c der Verordnung zur Übertragung der Befugnis zur Anerkennung von Lehramtsbefähigungen, Lehramtsprüfungen und Hochschulabschlussprüfungen auf die Bezirksregierungen vom 16. 9. 1999, BASS 10 – 32 Nr. 55).
40Letztlich kommt es auf diese Fragen nicht entscheidungserheblich an. Die Bezirksregierung N. hat die eventuelle (formelle) Rechtswidrigkeit der zumindest konkludenten Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung der Klägerin nicht zum Anlass genommen, die Anerkennung aufzuheben und/oder eine Aufhebung der Versetzung der Klägerin herbeizuführen. Insbesondere kommt angesichts des eindeutigen, ausschließlich auf einen Ausschluss der Klägerin aus dem Bewerbungsverfahren gerichteten Inhalt des Bescheides der Bezirksregierung N. vom 7. 3. 2013 eine Auslegung oder Umdeutung (§ 47 VwVfG NRW) des Bescheides nicht in Betracht. Die möglichen formellen und materiellen Mängel der Anerkennung sind auch nicht so schwerwiegend, dass die Anerkennung nichtig (§ 44 VwVfG NRW) und damit unwirksam (§ 43 Abs. 3 VwVfG NRW) ist.
41Der wahrscheinliche Mangel der Zuständigkeit der Bezirksregierung N. hat nicht die Nichtigkeit gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW zur Folge. Danach ist ein Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW nichtig, den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW begründeten örtlichen Zuständigkeit veranlasst hat. Hier liegt kein Mangel der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW, sondern ein eventueller Mangel der sachlichen Zuständigkeit vor. Auf derartige Zuständigkeitsmängel findet § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung.
42Vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 44 Rdn. 38, m. w. N.
43Die zumindest konkludente Anerkennung ist auch nicht gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig. Danach setzt die Nichtigkeit unter anderem einen besonders schwerwiegenden Fehler voraus. Das ist hier weder unter dem Aspekt der Zuständigkeit der Bezirksregierung N. noch mit Blick auf das wahrscheinliche Fehlen der materiellen Voraussetzungen für die Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung der Klägerin der Fall.
44Ein besonders schwerwiegender Mangel liegt vor, wenn der Fehler schlechterdings unerträglich ist, d. h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheint.
45Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 11. 5. 2000 – 11 B 26/00 -, NVwZ 2000, 1039 (1040); BGH, Urteil vom 14. 6. 2007 – I ZR 125/04 -, NVwZ-RR, 2008, 154 (155).
46Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist als Lehrerin seit dem 00.00. 2002 zunächst im Angestelltenverhältnis und seit dem 00.00. 2003 im Beamtenverhältnis nicht nur unbeanstandet,
47vgl. zu diesem Aspekt auch OVG NRW, Beschluss vom 14. 6. 2012 – 6 B 442/12 -, nrwe, Rdn. 6,
48sondern erfolgreich tätig. In den dienstlichen Beurteilungen vom 22. 7. 2003 und 1. 4. 2009 sind ihre Leistungen und ihre Befähigung mit „sehr gut – gut (1,5)“ und „sehr gut (1,0)“ beurteilt worden. Das Regierungspräsidium U. hat sie deshalb am 00.00. 2009 zur Oberstudienrätin ernannt. Anhaltspunkte dafür, dass sich Leistung und Befähigung der Klägerin nach ihrer Versetzung verschlechtert haben, sind nicht aktenkundig. Auch sonst ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass ihre weitere Tätigkeit als Lehrerin – auch in einem Beförderungsamt – schlechterdings unerträglich wäre.
492. Sollte die zumindest schlüssige Anerkennung der baden-württembergischen Laufbahnbefähigung der Klägerin unwirksam sein, ist das beklagte Land zumindest unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gehindert, der Klägerin die Einbeziehung in Beförderungsverfahren zu versagen.
50Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt unter anderem dann vor, wenn die Geltendmachung eines Rechts unter den konkreten Umständen rechtsmissbräuchlich erscheint, weil durch früheres Verhalten ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde und der andere Teil sich auf die bisher eingenommene Haltung der anderen Seite verlassen durfte.
51Vgl. nur BGH, Urteil vom 6. 3. 1985 – IV b ZR 7/84 -, NJW 1985, 2589 (2590); Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rdn. 56, jeweils m. w. N.
52So liegt es hier. Das Verhalten des beklagten Landes, die Klägerin unter Hinweis auf fehlende Laufbahnbefähigung die Einbeziehung in Beförderungsverfahren zu versagen, ist rechtsmissbräuchlich, weil die Bezirksregierung N. im Zusammenhang mit der Versetzung der Klägerin und auch danach bis zum Erlass des hier streitgegenständlichen Bescheides zu keinem Zeitpunkt Vorbehalte mit Blick auf die Laufbahnbefähigung zum Ausdruck gebracht hat. Trotz der nach Aktenlage bestehenden Bedenken gegen die Versetzung der Klägerin hat sich die Bezirksregierung ungeachtet aller bei ihr vorhanden Zweifel an der Laufbahnbefähigung der Klägerin mit ihrer Versetzung einverstanden erklärt und eine Einweisung in eine Beförderungsstelle, nämlich in die Besoldungsgruppe A 14 verfügt. Vor diesem Hintergrund konnte und durfte die Klägerin davon ausgehen, dass ihre Laufbahnbefähigung nicht im Falle eines Antrages auf Beförderung in Abrede gestellt wird, zumal sie seit Jahren erfolgreich am Gymnasium tätig ist.
53Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass mit den vorstehenden Ausführungen keine Aussage darüber getroffen worden ist, ob und in welchem Umfang die bei der Klägerin vorliegenden Besonderheiten bei einem Leistungs- und Befähigungsvergleich mit anderen Beförderungsbewerbern zu berücksichtigen sind.
54Vgl. dazu auch VG Hannover, Urteil vom 19. 1. 2006 – 13 A 8792/05 -, juris, Rdn. 28.
55Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Soweit der Klage stattgegeben worden ist, sind dem beklagten Land als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens, weil ihrer Klage auf Einbeziehung in das die ausgeschriebene Funktionsstelle am B. -Gymnasium in N. von Anfang an das Rechtsschutzinteresse fehlte. Denn sie hatte ihre Bewerbung auf diese Funktionsstelle bereits vor Klageerhebung zurückgenommen. Bei der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass es aus den Gründen des nachfolgenden Streitwertbeschlusses unter Kostengesichtspunkten nicht von Relevanz ist, dass die ursprüngliche Klage der Klägerin die Ausschreibung von zwei Funktionsstellen betraf.
56Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 173 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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