Urteil vom Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (4. Kammer) - 4 K 1120/10.NW

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Tenor

Der Bescheid über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 vom 27. Oktober 2008, geändert durch den Bescheid vom 21. Mai 2010, sowie der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim vom 14. Oktober 2010 werden aufgehoben, soweit der festgesetzte Beitrag die Höhe von 308,36 € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die in der zur Beklagten gehörenden Ortsgemeinde A einen Obst- und Gemüsegroßhandel in Form einer eingetragenen Genossenschaft betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Beitrag für die Fremdenverkehrswerbung für das Jahr 2005.

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Die Aufgabe der Fremdenverkehrswerbung war im Jahr 2000 von sieben der acht verbandsgemeindeangehörigen Ortsgemeinden durch Beschluss ihrer Gemeinderäte und mit Zustimmung des Verbandsgemeinderates der Beklagten vom 27. März 2000 auf die Beklagte übertragen worden. Die Kosten für die Fremdenverkehrswerbung trug die Beklagte in den Folgejahren zum Teil selbst und refinanzierte den größeren Teil durch eine Umlage bei den übertragenden Ortsgemeinden. Zur Beteiligung der vom Fremdenverkehr profitierenden Personen und Unternehmen an den Kosten der Fremdenverkehrswerbung beschloss der Gemeinderat der Beklagten am 15. Dezember 2004 eine Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS 2005 -. Am 5. Dezember 2005 setzte die Beklagte aufgrund dieser Satzung gegenüber der Klägerin einen Beitrag zur Fremdenverkehrswerbung in Höhe von 1.413,33 € fest. Die Beklagte ging hierbei von einem - ihr vom Finanzamt Neustadt im Oktober 2005 mitgeteilten - Jahresumsatz der Klägerin von ... € im Jahr 2003, einem Vorteilssatz von 11 % sowie einem Gewinnsatz von 5 % aus und multiplizierte das Produkt dieser Basispunkte mit einem vom Verbandsgemeinderat in seiner Sitzung vom 14. Dezember 2004 beschlossenen und in § 5 der Haushaltssatzung für das Jahr 2005 festgesetzten Beitragssatz von 5 %. Mit Teil-Widerrufsbescheid vom 16. Mai 2006 ermäßigte die Beklagte den Gewinnsatz auf 4 %, was zu einer Reduzierung des festgesetzten Fremdenverkehrsbeitrags auf 1.130,66 € führte. Nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens hob das erkennende Gericht auf die Klage der Klägerin den Fremdenverkehrsbeitragsbescheid vom 5. Dezember 2005 in der Fassung des Bescheids vom 16. Mai 2006 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2007 mit Urteil vom 30. Januar 2008 - 1 K 150/07.NW - auf. Zur Begründung führte die damals für das Fremdenverkehrsbeitragsrecht zuständige Kammer u.a. aus, die Regelungen der Anlage der FVBS 2005 entsprächen nicht den Vorgaben der §§ 12 Abs. 1 KAG, 2 und 3 FVBS 2005. Daher fehle es somit an einer erforderlichen Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung.

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Die Beklagte erließ daraufhin am 18. Juni 2008 eine neue Fremdenverkehrsbeitragssatzung - FVBS 2008 -, die am 26. Juni 2008 im Amtsblatt der Verbandsgemeinde bekannt gemacht wurde und rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft trat.

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Aufgrund dieser neu erlassenen Fremdenverkehrsbeitragssatzung vom 18. Juni 2008 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Oktober 2008 erneut einen Fremdenverkehrsbeitrag gegenüber der Klägerin für das Jahr 2005 fest und zwar in Höhe von 513,94 €. Die Beklagte ging dabei erneut von dem ihr vom Finanzamt Neustadt im Oktober 2005 mitgeteilten Jahressumsatz der Klägerin von ... € im Jahr 2003,einem Vorteilssatz von 4 % sowie einem Gewinnsatz von 5 % aus und multiplizierte das Produkt dieser Basispunkte mit einem Beitragssatz von 5 %.

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Dagegen legte die Klägerin am 24. November 2008 Widerspruch ein. Die Beklagte reduzierte in der Folge mit Änderungsbescheid vom 21. Mai 2010 den Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2005 von 513,94 € auf 385,45 €, da der Vorteilssatz zuvor statt mit dem für die Kategorie III (O) angewandten Vorteilssatz von 3 % versehentlich mit 4 % angesetzt worden war. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2010 wies der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim den Widerspruch der Klägerin zurück.

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Die Klägerin hat daraufhin am 12. November 2010 Klage erhoben. Sie trägt u.a. vor, die Beklagte gehe zu Unrecht von einem Umsatz in Höhe von ... € für das Jahr 2003 aus. Denn sie, die Klägerin, habe schon im vergangenen Verfahren 1 K 150/07.NW mitgeteilt und durch Vorlage der Jahresabschlüsse nachgewiesen, dass ihr Umsatz 2003 4.775.087,37 € betragen habe. Die Beklagte habe ferner einen zu hohen Gewinnsatz angesetzt, nachdem dieser mit Änderungsbescheid vom 16. Mai 2006 aufgrund einer Einzelfallentscheidung auf 4 % ermäßigt worden sei. Die neue Fremdenverkehrsbeitragssatzung sei im Übrigen unwirksam. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es für die subjektive Beitragspflicht und die Bemessungsgrundlage nicht ausschließlich auf den Betriebssitz an. Die Bemessungsgrundlage sei allein umsatzsteuerlich zu bestimmen. Es seien alle Umsätze aller Unternehmer in Sinne des Umsatzsteuergesetzes einzubeziehen. Die Beklagte sei selbst beitragspflichtig, da sie in Wettbewerb zu allen anderen Tourismusdienstleistungen anbietenden örtlichen Unternehmen trete. So betreibe sie ihre I-Punkte und vermiete mehrere Wohntürme im historischen Ortskern von Freinsheim. Zu beanstanden sei auch die in § 3 Abs. 8 FVBS 2008 getroffene Regelung für Banken, Sparkassen und andere Geld- und Kreditinstitute, denn diese würden gleichheitswidrig bevorzugt. Darüber hinaus stehe die FVBS 2008 im Widerspruch zu Art. 75 Abs. 2, 74 Nr. 11 GG, da der Erlass einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung dem Recht der Wirtschaft zuzurechnen sei und damit in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers falle. Schließlich sei die Beklagte auch nicht zur Abfrage von Steuerdaten bei den Finanzbehörden berechtigt.

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Die Klägerin beantragt,

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den Bescheid über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages für das Jahr 2005 vom 27. Oktober 2008, geändert durch den Bescheid vom 21. Mai 2010, in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2010 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie führt zur Begründung aus, die Berechnung des streitgegenständlichen Fremdenverkehrsbeitrags sei korrekt erfolgt. Die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung und der Beitragserhebung richte sich ausschließlich nach den Regelungen des KAG. Die Tatsache, dass die Berechnung des Beitrags an den Umsatz anknüpfe, führe nicht dazu, dass hierauf insgesamt die Regelungen des UStG anzuwenden seien. Für die I-Punkte bestehe keine Beitragspflicht. Deren originäre Aufgabe sei die Entwicklung und Umsetzung des Fremdenverkehrskonzeptes. Dazu gehöre auch die Betreuung der Touristen. Die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr dienten der Senkung des Fremdenverkehrsbeitrags. Sie, die Beklagte, vermiete auch keine Ferienwohnungen oder Wohntürme. Die in der Satzung unter § 3 Abs. 8 FVBS 2008 getroffene Regelung für Banken, Sparkassen und andere Geld- und Kreditinstitute rechtfertige sich aus dem Umstand, dass bei diesen Finanzinstituten aufgrund der andersartigen Geschäftstätigkeit abweichende Strukturen vorlägen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten, die Gerichtsakte 1 K 150/07.NW sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 vom 27. Oktober 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21. Mai 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 2010 ist, soweit der darin festgesetzte Betrag 308,36 € übersteigt, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 12 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - i.V.m. der Satzung der Beklagten vom 18. Juni 2008 über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags - FVBS 2008 -. Nach § 12 Abs. 1 KAG können Gemeinden, die mit einer Artbezeichnung nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Kurortegesetzes - KOG - anerkannt sind, für die Fremdenverkehrswerbung und für die Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, einen Fremdenverkehrsbeitrag erheben. Beitragspflichtig sind alle selbständig tätigen Personen und alle Unternehmen, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Die Beitragspflicht erstreckt sich auch auf solche Personen und Unternehmen, die ohne in der Gemeinde ihren Wohn- oder Betriebssitz zu haben, vorübergehend in der Gemeinde tätig sind. § 12 Abs. 5 KAG bestimmt, dass u.a. Absatz 1 für Verbandsgemeinden entsprechend gilt, soweit für eine oder mehrere der ihr angehörenden Ortsgemeinden oder Gemeindeteile eine Anerkennung nach § 1 Abs. 1 oder 2 KOG vorliegt und sie die Aufgabe nach § 67 der Gemeindeordnung - GemO - übernommen haben.

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Danach sind hier die Voraussetzungen für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags gegeben. Die Beklagte ist erhebungsberechtigt ( 1. ). Die Beitragssatzung vom 18. Juni 2008 ist wirksam ( 2. ). Die Klägerin ist beitragspflichtig ( 3. ). Die Beitragsforderung ist nicht verjährt ( 4. ) Allerdings verstößt diese der Höhe nach teilweise gegen das Verschlechterungsverbot ( 5 . ).

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1. Die Beklagte zählt zu den erhebungsberechtigten Gemeinden des § 12 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 KAG i.V.m. § 1 Abs. 2 KOG. Denn die Ortsgemeinde O, in welcher sich der Betrieb der Klägerin befindet, wird in der vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehr im Jahre 1977 erstellten Liste der Fremdenverkehrsgemeinden mit der Artbezeichnung " Fremdenverkehrsgemeinde“ geführt (s. die Bekanntmachung des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 21. März 1977, Staatsanzeiger 2004, 134). Ferner wurde die Aufgabe der Fremdenverkehrswerbung im Jahr 2000 nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 GemO in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung von sieben der acht verbandsgemeindeangehörigen Ortsgemeinden durch Beschluss ihrer Gemeinderäte und mit Zustimmung des Verbandsgemeinderates der Beklagten vom 27. März 2000 auf die Beklagte übertragen. Die Verbandsgemeinde Freinsheim ist damit eine Fremdenverkehrsgemeinde im Sinne von § 1 Abs. 2 i.V.m. § 9 KOG.

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Die landesrechtlich geregelte Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen ist entgegen der Auffassung der Klägerin mit Bundesrecht vereinbar; sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 105 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, NVwZ 1989, 1052 und BVerfGE 42, 223; BVerwGE 39, 5). Der Fremdenverkehrsbeitrag ist keine Steuer im Sinne von § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO -, sondern ein Beitrag im abgabenrechtlichen Sinn, weil die Gemeinde für ihn eine Gegenleistung zu erbringen hat (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1968, 244; OVG Sachsen, LKV 2004, 83). Gegenleistungen der Gemeinde sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAG all diejenigen Aufwendungen, die die Gemeinde für die Fremdenverkehrswerbung und die Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr dienen, tätigt. Nur wegen dieses Aufwandes können von selbständig tätigen Personen und Unternehmen Fremdenverkehrsbeiträge erhoben werden, denen durch den Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden.

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Die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen durch die Gemeinden aufgrund der landesgesetzlichen Regelungen der §§ 12 KAG steht auch nicht im Widerspruch zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes, insbesondere nicht zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft). Zwar können auch Abgaben, solange es sich nicht um Steuern handelt, unter das „Recht der Wirtschaft“ fallen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG tritt jedoch zurück, soweit ein stärkerer Sachzusammenhang zur Gesetzgebungskompetenz der Länder gegeben ist (Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 74 Rdnr. 24). Dies ist hier der Fall, da die Ausgestaltung des Rechts der Kommunalabgaben zur ureigensten Gesetzgebungskompetenz der Länder gehört. Denn es geht im Kommunalabgabenrecht allein um die Erhebung von Abgaben durch die Gemeinden. Diese sind befugt, im Rahmen ihrer Finanzhoheit als Grundlage ihrer finanziellen Eigenverantwortung für Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, Abgaben zu erheben, um so ihre finanzielle Eigenverantwortung zu gewährleisten.

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2. Die rechtmäßige Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags setzt den Erlass einer wirksamen Satzung voraus. Diese muss mit höherrangigem Recht - insbesondere den Vorschriften des KAG und den abgabenrechtlichen Grundsätzen - im Einklang stehen (vgl. BVerwGE 70, 318, 335). Dies ist hier der Fall.

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a. Formelle Satzungsmängel sind weder gerügt noch bei einer Prüfung von Amts wegen aufgefallen; zu weitergehenden Ermittlungen sieht sich die Kammer insoweit nicht veranlasst (vgl. BVerwG, Buchholz 310 § 128a VwGO Nr. 2).

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b. In materieller Hinsicht genügt die Beitragssatzung den Vorgaben höherrangigen Rechts.

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aa. Zunächst steht der Wirksamkeit der Satzung nicht der Umstand entgegen, dass diese von der Beklagten im Juni 2008 rückwirkend zum 1. Januar 2005 in Kraft gesetzt wurde. Die rückwirkende Inkraftsetzung dieser Satzung war verfassungsrechtlich unbedenklich und verletzte nicht das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze und sonstiger Rechtsnormen beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142, 167 f.). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte. Im Gegensatz zur „unechten Rückwirkung“ - hier wirkt der Gesetz- oder Satzungsgeber auf bereits begründete, aber noch nicht abgewickelte Sachverhalte ein - ist danach die „echte Rückwirkung“ verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Eine „echte Rückwirkung“ liegt vor, wenn ein Gesetz oder eine sonstige Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (BVerfG, NVwZ 2010, 313). Vertrauensschutz steht einer echten Rückwirkung von Normen jedoch dann nicht entgegen, wenn ein solches Vertrauen sachlich nicht gerechtfertigt ist. Dieses ist z.B. dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit einer solchen Regelung rechnen musste (BVerfG, NVwZ 2010, 313). Dies ist insbesondere im Bereich der durch die Kommunen festgesetzten Steuern, Beiträge und Gebühren der Fall. Hier kann eine Heilung unwirksamer kommunaler Abgabesatzungen mit Wirkung für vergangene Zeiträume ohne Verletzung des rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes grundsätzlich dann erfolgen, wenn der mit Rückwirkung versehenen Neuregelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorausgegangen sind. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, von einer solchen Abgabe verschont zu werden, kann dann nicht entstehen (BVerfG, NVwZ 2010, 313 m.w.N., de Vivie, KStZ 2010, 224). Hier musste die Klägerin als Beitragsschuldnerin nach dem gescheiterten Regelungsversuch der Beklagten durch die FVBS 2005 mit dem Erlass einer neuen Fremdenverkehrsbeitragssatzung und damit auch mit der Erhebung des Beitrags rechnen; Vertrauensschutz konnte bei ihr insofern nicht entstanden sein.

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bb . Die FVBS 2008 steht auch in Einklang mit der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG. Danach muss die Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen. Dem trägt die FVBS 2008 hinreichend Rechnung.

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(1) Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt zunächst die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner, wie sie § 2 Abs. 1 FVBS 2008 in Übereinstimmung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 KAG vornimmt. Abgabepflichtig sind danach alle selbstständig tätigen Personen und alle Unternehmen, denen im Geltungsbereich dieser Satzung durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Die Beitragspflicht erstreckt sich auch auf solche Personen und Unternehmen, die ohne im Geltungsbereich dieser Satzung ihren Wohn- oder Betriebssitz zu haben, vorübergehend im Geltungsbereich dieser Satzung tätig sind.

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(2) Die FVBS 2008 bestimmt auch den die Abgabe begründenden Tatbestand. Die Beklagte hat in § 1 Abs. 1 FVBS 2008 die jährliche Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags auf die Deckung der Kosten beschränkt, die der Verbandsgemeinde für die Fremdenverkehrswerbung im Gebiet der gemäß § 1 Abs. 2 KOG als Fremdenverkehrsgemeinden anerkannten Ortsgemeinden Bobenheim am Berg, Erpolzheim, Freinsheim, Herxheim am Berg, Kallstadt, Weisenheim am Berg und Weisenheim am Sand entstehen. Das Merkmal „Fremdenverkehrswerbung“ umfasst sämtliche Marketingmaßnahmen wie Werbeprospekte, Anzeigenwerbung in Presse, Funk und Fernsehen, Internetpräsentationen, Aufwendungen für dem Fremdenverkehr dienende Informationsveranstaltungen oder die Teilnahme an Touristikmessen, Gästebegrüßungen, Gästeehrungen, sowie den Personal- und Sachaufwand der Tourist-Information (Höhlein in: Bellefontaine u.a., KAG RhPf, Stand April 2009, § 12 Rdnr. 31). Nicht beitragsfähig sind aufgrund der Beschränkung in § 1 Abs. 1 FVBS 2008 dagegen hier die Kosten für die Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Fremdenverkehr typischerweise dienen, wie z.B. Wanderwege, Minigolfanlagen, Lesesäle, Promenaden oder Kurparkanlagen (vgl. Kohlhaas u.a., Praxis der Kommunalverwaltung RhPf, § 12 KAG Ziffer 4.2.).

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(3) Der von der Beklagten in § 3 FVBS 2008 getroffene Beitragsmaßstab läuft nicht dem sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Gebot der Abgabengleichheit zuwider. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Maßstabsregelung in dem zur Entscheidung stehenden Beitragsfall auswirkt. Denn schon dann, wenn sich der Maßstab im Hinblick auf andere, von der Geltung der Satzung erfasste Beitragsfälle als ungültig erweist, führt dies zur Unwirksamkeit der Regelung insgesamt und damit zur Nichtanwendbarkeit der solchermaßen unvollkommenen Satzung, weil ein Maßstab vollständig sein, d.h. für alle in Betracht kommenden Beitragsfälle eine rechtlich einwandfreie Regelung treffen muss (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1979, 110). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.

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Bezugsgröße für die Bemessung des Beitrags ist § 12 Abs. 1 Satz 2 KAG. Danach ist Anknüpfungspunkt für die Beitragsbemessung der unmittelbare oder mittelbare besondere wirtschaftliche Vorteil, der dem Beitragspflichtigen durch den Fremdenverkehr erwächst. Auf dieser Grundlage bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 1 FVBS 2008, dass der besondere wirtschaftliche Vorteil aus dem Fremdenverkehr in einem Messbetrag ausgedrückt wird, der sich nach den objektiv gegebenen Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten bemisst. Dieser Messbetrag ergibt sich aus dem Umsatz, multipliziert mit einem Vomhundertsatz für den aus dem Fremdenverkehr resultierenden Einnahmeanteil (Vorteilssatz) und mit einem Vomhundertsatz für den niedrigsten Gewinnanteil der Betriebsart (Gewinnsatz). Maßgeblich für die Beitragsberechnung ist nach § 3 Abs. 2 FVBS 2008 der Umsatz des vorvergangenen Jahres. Unter Umsatz im Sinne des Abs. 1 versteht die Satzung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS 2008 die Summe aller Entgelte (§ 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -) eines Jahres. Für Personen und Unternehmen, die nicht zur Umsatzsteuer herangezogen werden, oder bei denen aus anderen Gründen ein Jahresumsatz nicht vorhanden ist, wird der Umsatz nach einem den Entgelten im Sinne des Satzes 1 vergleichbaren Betrag ermittelt. Ansonsten wird ein den Entgelten im Sinne des Satzes 1 vergleichbarer Betrag geschätzt (§ 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 FVBS 2008). Der Vorteilssatz im Sinne des Abs. 1 ist für die in der Anlage zu dieser Satzung aufgeführten „Beitragspflichtigen Personen und Unternehmen“ in den folgenden Spalten dieser Anlage getrennt für die einzelnen Ortsgemeinden festgesetzt. Soweit sonstigen selbstständig tätigen Personen und Unternehmen, die in der Anlage nicht aufgeführt sind, nach der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr entstehen, wird der Vorteilssatz geschätzt (§ 3 Abs. 4 FVBS 2008). Der Gewinnanteil einer Tätigkeit wird durch den niedrigsten Reingewinnsatz der für das vorvergangene Jahr geltenden, vom Bundesministerium der Finanzen für die Finanzbehörden der Länder herausgegebenen Richtsatzsammlung ausgedrückt. Ist eine Tätigkeit nicht in der Richtsatzsammlung enthalten oder ist die Richtsatzsammlung nicht anwendbar, so wird der Reingewinnsatz geschätzt (§ 3 Abs. 5 FVBS 2008).

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Dieser von der Beklagten getroffene Beitragsmaßstab ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem Erlass der neuen FVBS 2008 vom 18. Juni 2008 die Festsetzungen der FVBS 2005 vom 15. Dezember 2004 korrigiert, die das Verwaltungsgericht Neustadt in seinem Urteil vom 30. Januar 2008 - 1 K 150/07.NW - beanstandet hatte. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte bereits bezüglich der FVBS 2005 entschieden, dass diese ein grundsätzlich zutreffendes Verfahren zur Festsetzung des Beitragsmaßstabs normiert. Dies gilt auch für die FVBS 2008. Denn die Beklagte hat sich dabei an die Anforderungen, die das OVG Rheinland-Pfalz (vgl. z.B. AS RP-SL 21, 87) an das Verfahren zur Festsetzung von Fremdenverkehrsbeiträgen stellt, gehalten. Insbesondere hat sie die Höhe des jeweiligen Beitrags nach den Vorteilen bemessen, die dem Beitragsschuldner durch den Fremdenverkehr bzw. die Fremdenverkehrswerbung erwachsen. Der gewählte Beitragsbemessungsmaßstab ist geeignet, diesen Vorteil zu erfassen. Denn er knüpft an Gegebenheiten an, die eine Beziehung zu dem Beitragsschuldner und dem diesem durch den Fremdenverkehr vermittelten Vorteil herstellen.

29

Da es im Fremdenverkehrsbeitragsrecht in der Praxis nahezu unmöglich sein wird, die dem einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile den wirklichen Verhältnissen entsprechend zu bemessen, ist die Heranziehung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabs anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabs ebenso zulässig wie eine Schätzung des Vorteils unter Berücksichtigung geeigneter Kriterien (s. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370; OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Gewisse Pauschalierungen und Typisierungen sind dabei nicht ausgeschlossen (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 15, 116, 120; BVerwG, KStZ 1972, 177). Anerkannt ist insoweit jedoch auch, dass ein solcher Wahrscheinlichkeitsmaßstab und die Vorteilsschätzung zu sachgerechten Ergebnissen führen müssen (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370).

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Dabei müssen die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile den wirklichen Verhältnissen entsprechend konkret erfasst werden (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 13, 391; 15, 116; 17, 41). Hinzu kommt, dass dem Beitrag von seinem Wesen her, anders als bei der Gebühr, kein unmittelbares Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zugrunde liegt. Der Beitragspflicht unterliegen vielmehr grundsätzlich bereits diejenigen, denen eine bestimmte Veranstaltung der Gemeinde zum Vorteil gereichen kann, und zwar unabhängig davon, ob der Vorteil auch tatsächlich in Anspruch genommen wird. Deshalb genügt es bereits, wenn die Veranstaltung objektiv geeignet ist, den Abgabenpflichtigen einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil zu gewähren. Auf den tatsächlichen Vorteil eines jeden Einzelnen kommt es dabei nicht an, vielmehr ist es ausreichend, wenn besondere Vorteile der Gesamtheit oder einer bestimmten Gruppe der Beitragspflichtigen erkennbar sind (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370).

31

In Bezug auf das Fremdenverkehrsbeitragsrecht bedeutet dies, dass es für die Entstehung der Beitragspflicht unerheblich ist, ob der Beitragspflichtige die sich für ihn aus dem Fremdenverkehr ergebenden Vorteile nutzt oder nicht nutzt. Auch Gewinnchancen und erhöhte Verdienstmöglichkeiten stellen, wenn sie nicht nur allgemeiner Natur sind, Vorteile im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts dar (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1971, 167).

32

Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet es nach Auffassung der erkennenden Kammer keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn die Beklagte zur Ermittlung des Messbetrags, der für die Beitragshöhe letztlich maßgeblich ist, zunächst an den Umsatz anknüpft. Art und Umfang der Tätigkeit des Beitragspflichtigen sowie Lage und Größe der Betriebsräume spiegeln sich im Wesentlichen im Umsatz wieder (s. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08. September 1998 - 6 A 10808/98.OVG -). Hier definiert § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS 2008 den Begriff „Umsatz“ als „Summe aller Entgelte“ und nimmt ausdrücklich Bezug auf § 1 Abs. 1 UStG. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang behauptet hat, die Bemessungsgrundlage sei infolge der Bezugnahme auf das UStG allein umsatzsteuerlich zu bestimmen, weshalb alle Umsätze aller Unternehmer in Sinne des UStG einzubeziehen seien, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Wie bereits die 1. Kammer des erkennenden Gerichts in ihrem Urteil vom 30. Januar 2008 zutreffend ausgeführt hat, beschränkt sich § 3 Abs. 3 Satz 1 FBS auf eine Definition des in der Satzung verwendeten Begriffs Umsatz, ohne das Umsatzsteuergesetz insgesamt zur Grundlage der Fremdenverkehrsbeitragserhebung zu machen (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. März 2000 – 6 A 10087/00.OVG –, ESOVG für eine gleiche Satzungsregelung).Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der Abgabenarten (Umsatz-) Steuer und (Fremdenverkehrs-) Beitrag gehen die ihnen zugrunde liegenden Rechtsvorschriften auch von gänzlich verschiedenen Voraussetzungen aus.

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Gegen das von der Beklagten angewandte Berechnungssystem bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin keine Bedenken, weil sie zur Folge hat, dass auch Unternehmer beitragspflichtig sind, die keine Gewinne erzielen oder sogar Verluste erwirtschaften. Der Fremdenverkehrsbeitrag ist eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die der Gemeinde im Zusammenhang mit der Förderung des Fremdenverkehrs entstehen. Zur Finanzierung dieser Aufwendungen sollen diejenigen Personen durch die Zahlung eines Beitrags herangezogen werden, die aus ihnen besondere wirtschaftliche Vorteile ziehen. Diese Vorteile bestehen in den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem Fremdenverkehr erwachsen. Es genügt dabei die objektive Möglichkeit höherer Gewinne, der die Chance gleichsteht, Verluste aus dem Geschäftsbetrieb zu verringern. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird daher nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder sogar Verluste macht (VGH Baden-Württemberg, ZKF 2009, 141). Es bedarf im Übrigen keiner Begründung, dass ein höherer Umsatz typischerweise auch einen höheren Gewinn indiziert.

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Nicht zu beanstanden ist ferner, dass für die Beitragsberechnung nach § 3 Abs. 2 FVBS 2008 der Umsatz des vorvergangenen Jahres maßgeblich ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08. September 1998 – 6 A 10808/98.OVG -; OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Denn die umsatzsteuerbereinigten Einnahmen des vorvergangenen Jahres sind noch ein hinreichender Indikator für die Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten im Erhebungszeitraum. Das Abstellen darauf lässt sich auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität rechtfertigen. Die sich aus der Zeitspanne zwischen dem für die Einnahmeermittlung maßgeblichen Jahr und dem Erhebungszeitraum ergebenden Ungenauigkeiten sind auch deswegen hinnehmbar, weil jeder Wahrscheinlichkeitsmaßstab gebotene Vorteile nur mehr oder weniger unzureichend erfassen kann (OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Die Beklagte war daher von Rechts wegen nicht verpflichtet, bei der rückwirkenden Neuregelung des Fremdenverkehrsbeitrags im Jahre 2008 für die vergangenen Jahre einen Beitragssatz zu bilden, der die tatsächlich erzielten umsatzsteuerbereinigten Einnahmen der betreffenden Jahre berücksichtigte. Indem sie an dem Beitragsmaßstab der umsatzsteuerbereinigten Einnahmen des vorvergangenen Jahres auch für die Vergangenheit festhielt, bewegte sie sich innerhalb des ihr bei dem Erlass von Abgabensatzungen zustehenden Gestaltungsermessens.

35

Gegen die Festsetzung der Vorteilssätze in § 3 Abs. 4 FVBS 2008 i.V.m. der Anlage bestehen nach Überarbeitung der Satzung durch die Beklagte im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 30. Januar 2008 - 1 K 150/07.NW - ebenfalls keine rechtlichen Bedenken mehr. Durch den Vorteilssatz wird festgelegt, wie hoch bei den zu beurteilenden natürlichen und juristischen Personen der Anteil der aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile an den Gesamteinnahmen ist. Die Fremdenverkehrsbeiträge erhebende Gemeinde ist nicht dazu verpflichtet, die fremdenverkehrsbedingten Vorteile jedes einzelnen Beitragspflichtigen zu ermitteln. Ausreichend ist, wenn die Gemeinde auf der Grundlage von Marktanalysen und verfügbaren Statistiken Vergleiche zwischen den zu erzielenden Umsätzen und Gewinnen in den einzelnen Branchen anstellt und die errechneten Multiplikatoren ohne erkennbare systematische Fehler zur Festlegung der Beitragssätze verwendet (OVG Niedersachsen, KStZ 2009, 111). Bei der Beurteilung der Frage, welche Vorteile den zu Beitragsgruppen zusammengefassten Branchen bei pauschalierender Betrachtungsweise typischerweise zuzurechnen sind, steht der Gemeinde ein weitgehendes Ermessen zu.Grenzen werden ihr aus dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gezogen. Diesem zufolge dürfen nur solche Betriebe und Personen zu einer einheitlich bemessenen Gruppe zusammengezogen werden, die annähernd gleiche Gewinnmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr haben; auch sind die Vorteilssätze so zu bemessen, dass die Belastung im Verhältnis der Gruppen untereinander den jeweils unterschiedlichen Vorteilen in etwa gerecht wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. März 2000 – 6 A 10087/00.OVG –, ESOVG; OVG Sachsen, LKV 2004, 83). Der Schätzungsspielraum der Gemeinde bei der Festlegung der Vorteilssätze ist erst dann überschritten, wenn die Vorteilssätze eindeutig nicht mehr in sich stimmig und daher willkürlich sind (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. September 1998 – 6 A 10809/98.OVG -).

36

Die Beklagte hat hier von dem ihr zustehenden Schätzungsspielraum ordnungsgemäß Gebrauch gemacht. Sie hat nach Ermittlung der Fremdenverkehrsquote in den einzelnen Ortsgemeinden eine umfangreiche Anlage zur Satzung erstellt, in der zahlreiche Vorteilsgruppen gebildet und Vorteilssätze zwischen 1 und 100% je nach Zugehörigkeit zu einer von drei Kategorien bestimmt worden sind. Konkrete Fehler hierbei sind weder bei der Prüfung von Amts wegen aufgefallen, noch hat die Klägerin insoweit substantiierte Rügen erhoben. Die Kammer geht daher lediglich auf den Vorteilssatz Nr. 5.8 (Erzeugung von Obst und Gemüse mit mehr als 1.500.000 € Umsatz) näher ein, die ausschließlich die Klägerin betrifft, da sie die einzige Erzeugergemeinschaft im Verbandsgemeindegebiet ist, die einen Jahresumsatz von mehr als 1.500.000 € erzielt. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 7. März 2011 unter Vorlage mehrerer Statistiken ausführlich und schlüssig erläutert, wie der Haupt- und Finanzausschuss des Verbandsgemeinderats den Vorteilssatz der hier relevanten Branche ermittelt hat. Danach wurde anhand der Gästezahlen abgeschätzt, welche Menge an Obst und Gemüse direkt an die Touristen (Verzehr vor Ort und Verkauf) oder an die Fremdenverkehrsbetriebe, die diese versorgen, abgesetzt werden kann (s. dazu die Tabellen „Ermittlung der Fremdenverkehrsquote“, „Ermittlung der Tagesbesucher“). Nach dieser aufgrund der bestehenden Fremdenverkehrsinfrastruktur (Gästebetten und Gaststättenplätze) vorgenommenen Ermittlung ging die Beklagte von 179.124 Übernachtungsgästen, 618.948 Gaststättenbesuchern sowie 233.770 sonstigen Tagesbesuchern im Jahr und bezogen auf die gesamte Verbandsgemeinde aus. Aus der Tabelle „Vorteilssatz Obst und Gemüse“ wurde von einer für diese Besuchergruppen unterschiedlichen Verzehrmenge ausgegangen. Von einem Gesamtabsatz von 8.680.000 kg schätzte die Beklagte den fremdenverkehrsbedingten Anteil auf 693.620 kg (= 8 %). Um den sich daraus ergebenden Vorteil in einem Vorteilssatz auszudrücken, wurde diese Menge in Relation zu der von der Klägerin umgesetzten Warenmenge gesetzt. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Strukturen im Obst- und Gemüseanbau setzte die Beklagte im Rahmen des ihr zustehenden Schätzungsspielraums für diese Betriebsgröße als Vorteilssatz die Hälfte des sich rechnerisch ergebenden Wertes in der Kategorie I an. Diesen Vorteilssatz stufte die Beklagte entsprechend den für die Differenzierung entwickelten Kriterien für die Kategorien II und III mit der Begründung ab, in den diesen zugeordneten Ortsgemeinden sei der sich aus dem Fremdenverkehr ergebende Vorteil geringer, und reduzierte den Vorteilssatz weiter um die Hälfte des für die Kategorie I festgesetzten Wertes im Verhältnis zur Fremdenverkehrsquote. Danach ergab sich für die Kategorie III ein Vorteilssatz von 3 %. Diese Vorgehensweise hält sich nach Auffassung der Kammer innerhalb des Schätzungsspielraums der Beklagten und kann daher nicht als willkürlich bezeichnet werden.

37

Ebenso wenig erweisen sich die Satzungsregelungen zur Ermittlung des Reingewinnsatzes als fehlerhaft. § 3 Abs. 5 FVBS 2008 bestimmt insofern, dass der Gewinnanteil einer Tätigkeit durch den niedrigsten Reingewinnsatz der für das vorvergangene Jahr geltenden, vom Bundesministerium der Finanzen für die Finanzbehörden der Länder herausgegebenen Richtsatzsammlung ausgedrückt wird. Ist eine Tätigkeit nicht in der Richtsatzsammlung enthalten oder ist die Richtsatzsammlung nicht anwendbar, so wird der Reingewinnsatz geschätzt. Die Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen ist ein Hilfsmittel (Anhaltspunkt) für die Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen gemäß § 162 AO zu schätzen (s. Vorbemerkungen A. zu der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen). Die Richtsätze werden für die einzelnen Gewerbeklassen auf der Grundlage von Betriebsergebnissen zahlreicher geprüfter Unternehmen ermittelt; sie gelten nicht für Großbetriebe. Die Richtsätze bestehen aus einem oberen und einem unteren Rahmensatz sowie einem - dem gewogenen Mittel aus den Einzelergebnissen der geprüften Betriebe einer Gewerbeklasse entsprechenden - Mittelsatz (Vorbemerkungen B.).

38

Die Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums kann danach bei der Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags unbedenklich als Grundlage eines typisierenden und pauschalierenden Bemessungssystems dienen, wie es von der Beklagten im vorliegenden Fall gewählt wurde (vgl. VGH Baden-Württemberg, ZKF 2009, 141). Die Bezugnahme auf die Richtsatzsammlung ist auch keine unzulässige dynamische Verweisung auf eine Nichtnorm. Damit wird lediglich der Beitragsmaßstab definiert und zugleich die Art der Ermittlung der Maßstabskomponenten bestimmt, ohne dass dem jeweiligen Inhalt der Richtsatzsammlung normativ-regelnde Bedeutung zukäme. Soweit auf die Richtsatzsammlung Bezug genommen wird, handelt es sich dabei lediglich um einen Rückgriff auf ein Hilfsmittel zur Sachverhaltsermittlung, das aber nicht den in der Satzung umschriebenen Rechtsbegriff des Beitragsmaßstabes regelt und ergänzend interpretiert (OVG Rheinland-Pfalz, KStZ 1983, 116).

39

In Bezug auf die Branchen, die in der genannten Richtsatzsammlung nicht enthalten sind, hat der nach § 8 Abs. 1 FVBS 2008 zuständige Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Freinsheim den Reingewinnsatz in der Sitzung vom 26. August 2008 geschätzt (s. Blatt 168 – 171 der Gerichtsakte). Die Schätzung der Beitragsgrundlagen stellt einen wertenden Vorgang dar, bei dem unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO) eine möglichst weitgehende Annäherung an die tatsächliche Situation erreicht werden soll (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 26, 181). Diese Wertung ist von dem dafür zuständigen Gremium vorzunehmen, das sich Vorüberlegungen der Verwaltung, die beispielsweise in einer Sitzungsvorlage zusammengefasst sind, anschließen darf (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370). Dies ist hier geschehen. Der Haupt- und Finanzausschuss der Verbandsgemeinde Freinsheim hat sich die Beschlussvorlage der Verwaltung vom 13. August 2008, die jedem Ausschussmitglied vorher schriftlich bekannt gegeben worden war, zu Eigen gemacht und die erforderliche Schätzung fehlerfrei vorgenommen.

40

(4) Die FVBS 2008 enthält auch eine - nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderliche - Regelung über die Entstehung der Beitragspflicht. Damit kann die Beitragsforderung beim Beitragspflichtigen geltend gemacht werden, weil frühester Zeitpunkt für die Fälligkeit einer Abgabe der Entstehungszeitpunkt ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 KAG i.V.m. § 220 Abs. 2 AO). Hier bestimmen die §§ 5, 6 FVBS 2008 ausreichend den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld. Nach § 5 Abs. 1 FVBS 2008 entsteht die Beitragspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, auf das sie sich bezieht. Gemäß § 6 Abs. 1 und 4 FVBS 2008 wird der Fremdenverkehrsbeitrag nach Ablauf des Kalenderjahres durch schriftlichen Bescheid festgesetzt; die Fälligkeit tritt einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheides ein.

41

cc. Auch die Regelung über den Beitragssatz in § 4 FVBS 2008 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Danach wird der Fremdenverkehrsbeitrag in jedem Erhebungszeitraum nach einem Vomhundertsatz des Messbetrages (§ 3 Abs. 1) bemessen (Beitragssatz). Dieser Beitragssatz wird jährlich in der Haushaltssatzung festgelegt und betrug hier 5 vom Hundert. Da der Beitragssatz jährlich vom Verbandsgemeinderat festgelegt wird, hat die Beklagte auch Vorsorge getroffen, dass keine Überdeckung bzw. Doppelfinanzierung erfolgt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November 2002 – 6 C 11072/02.OVG -, ESOVG).

42

Die Festsetzung des Beitragssatzes durch die Beklagte konnte sich auf eine ordnungsgemäße Beitragskalkulation stützen. Geldleistungen, die eine Gemeinde als Ausgleich für besondere Gegenleistungen erhebt, können – anders als Steuern – vom Ortsgesetzgeber nicht nach freiem Ermessen festgelegt werden; sie sind vielmehr zu kalkulieren (vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 13. November 1990 – 9 K 11/89 und 9 L 156/89 –, juris; Höhlein in: Bellefontaine u.a., KAG RhPf, a.a.O., § 12 Rdnr. 152). Das Erfordernis einer Kalkulation ergibt sich für den Fremdenverkehrsbeitrag bereits daraus, dass das erstrebte Abgabenaufkommen durch die beitragsfähigen Aufwendungen der Gemeinde in der Höhe begrenzt wird. Ausschließlich die nach den gesetzlichen Vorgaben beitragsfähigen Kosten darf die Gemeinde nämlich zur Ermittlung des Beitragssatzes einstellen (vgl. zur Geltung des Kostendeckungsgrundsatzes bei der Fremdenverkehrsabgabe VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 1999, 266).

43

In der Kalkulation sind zum einen die beitragsfähigen Kosten zur Förderung des Fremdenverkehrs einzustellen, die der Gemeinde während des Kalkulationszeitraums voraussichtlich entstehen und die sie auf den Kreis der Abgabenschuldner umlegen will. Den beitragsfähigen Kosten ist in der Kalkulation außerdem das voraussichtliche Beitragsaufkommen gegenüberzustellen, das die Gemeinde unter Anwendung des satzungsrechtlichen Verteilungsmaßstabs voraussichtlich erzielen wird. Dabei darf das Aufkommen, das lediglich auf der Grundlage von Prognosen und Schätzungen möglich ist, nicht gegen das Kostenüberschreitungsverbot verstoßen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 1995 - 6 C 11810/94.OVG -, ESOVG).

44

Hiervon ausgehend erweist sich die vorliegende Kalkulation der Beklagten als materiell-rechtlich beanstandungsfrei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterliegt die Beitragskalkulation lediglich einer Plausibilitätsprüfung (vgl. VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 1999, 266). Danach hat die Beklagte hier sowohl Einnahme- wie Ausgabepositionen in pauschaler Zusammenfassung angegeben (s. die Aufstellung auf Blatt 178 – 180 der Gerichtsakte). Da hier zum Zeitpunkt der rückwirkenden Inkraftsetzung der FVBS 2008 die maßgeblichen „harten Zahlen“ feststanden, ist von den - von der Vorauskalkulation nur geringfügig abweichenden - Beträgen auszugehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, KStZ 2010, 73; de Vivie, KStZ 2010, 224, 225). Danach blieb das angesetzte Beitragsaufkommen in Höhe von 85.185,03 € zusammen mit den weiteren Einnahmepositionen aus der Fremdenverkehrswerbung (7900-00-1300 – 7900-00-1720) - in denen auch der geschätzte Eigenanteil der einzelnen Ortsgemeinden enthalten war - deutlich hinter den Kostenpositionen zurück. Lag damit kein Verstoß gegen das Verbot der Aufwandsüberschreitung vor, so war eine solche vereinfachte Kalkulation nicht zu beanstanden. Auch halten die in die Kalkulation eingestellten Ausgabepositionen für die Fremdenverkehrswerbung einer Überprüfung stand.

45

dd. Auch die in § 2 Abs. 4a FVBS 2008 vorgesehene Beitragsfreistellung für Bund, Länder und kommunale Gebietskörperschaften führt nicht zu einem Verstoß gegen das Gebot der Abgabengerechtigkeit. Für die Beitragsfreistellung besteht ein sachlicher Grund. Denn diese Gruppe der Beitragsbefreiten ist nicht mit den übrigen Beitragspflichtigen vergleichbar. Dem Gebot der Abgabengleichheit wird dadurch Genüge getan, dass die Befreiung von der Beitragspflicht nur soweit reicht, wie Bund, Länder und Kommunen nicht mit privatrechtlichen Unternehmen im Wettbewerb stehen.

46

Die Beklagte ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Übrigen nicht deswegen beitragspflichtig, weil sie in Freinsheim und Kallstadt sog. I-Punkte betreibt und dort auch Einnahmen aus dem Verkauf von Werbematerial, dem Fahrradverleih und sonstigen Werbemaßnahmen erzielt. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist die originäre Aufgabe der I-Punkte die Entwicklung und Umsetzung des Fremdenverkehrskonzeptes, wozu auch die Betreuung der Touristen gehört. Die damit im Zusammenhang stehenden Einnahmen haben einen geringeren Beitragssatz zur Folge und führen so zu geringeren Fremdenverkehrsbeiträgen. Da die Beklagte nach ihren Angaben, die die Klägerin zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat, weder Ferienwohnungen noch Wohntürme im Verbandsgemeindegebiet betreibt, kann auch keine Rede davon sein, dass sie mit privatrechtlichen Unternehmen im Wettbewerb steht.

47

ee . Auch § 3 Abs. 8 FVBS 2008, wonach abweichend von § 3 Abs. 1 bis 3 für Banken, Sparkassen und andere Geld- und Kreditinstitute anstelle des Umsatzes die Zins- und Provisionserträge sowie die laufenden und sonstigen betrieblichen Erträge angesetzt werden, verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den Grundsatz der Abgabengleichheit.Denn für diese abweichende Regelung besteht ein sachlicher Grund. Anders als bei den übrigen Beitragspflichtigen, deren wirtschaftliche Tätigkeit sich im Umsatz ausdrückt, liegen bei Finanzinstituten aufgrund der andersartigen Geschäftstätigkeit abweichende Strukturen vor. Die Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Kreditwesengesetz sind gemäß § 4 Nr. 8 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Umsatzsteuererklärungen sind keine abzugeben, da steuerrechtlich keine Umsätze erzielt werden. Da Anknüpfungspunkt für die Körperschafts- und Gewerbesteuer Zins- und Provisionserträge sind, stehen Daten über Umsätze nicht zur Verfügung. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte eine an die Besonderheiten dieser Situation angepasste Regelung getroffen hat, indem sie anstelle an den Umsatz an die Zins- und Provisionserträge sowie die laufenden Erträge angeknüpft hat. Diese Größen sind geeignet, die fremdenverkehrsrelevante Geschäftstätigkeit bei Banken widerzuspiegeln und aus der Rechnungslegung nachvollziehbar zu entnehmen.

48

3. Die Klägerin gehört auch zum Kreis der nach § 12 Abs. 1 Satz 2 KAG i.V.m. § 2 Abs. 1 FVBS 2008 beitragspflichtigen Personen. Der Satzungsgewalt unterliegen nur solche selbständig tätigen Personen und Unternehmen, deren wirtschaftliche Betätigung einen hinreichenden örtlichen Bezug aufweist. Das sind vor allem Personen und Unternehmen, die in der Gemeinde ihren Wohn- oder Betriebssitz haben. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 KAG, wonach sich die Beitragspflicht auch auf solche Personen und Unternehmen erstreckt, die ohne in der Gemeinde ihren Wohn- oder Betriebssitz zu haben, vorübergehend in der Gemeinde tätig sind (OVG Rheinland-Pfalz, AS RP-SL 30, 370). Die Klägerin hat als Genossenschaft ihren Sitz in O (s. § 1 der Satzung der Klägerin). Sie liegt damit im Geltungsbereich der FVBS 2008. Der Umstand, dass einige Mitglieder der Klägerin bis in den Raum Südpfalz, Heidelberg sowie Alzey und Worms ansässig sind, ist insoweit ohne Bedeutung.Denn insoweit ist in der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (AS RP-SL 30, 370) anerkannt, dass ein überörtlicher Zusammenhang den Ortsbezug einer Betriebsstätte nicht beseitigt.

49

Der Klägerin erwachsen durch den Fremdenverkehr auch wirtschaftliche Vorteile. Diese sind zwar nicht unmittelbarer Art; zur Begründung der Beitragspflicht genügen jedoch auch mittelbare besondere wirtschaftliche Vorteile. Einen unmittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr haben nur diejenigen Personen oder Unternehmen, die selbst entgeltliche Rechtsgeschäfte mit den Gästen abschließen (§ 2 Abs. 2 FVBS 2008). Dies ist bei der Klägerin, die eine Erzeugergemeinschaft von Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe im Sinne des § 1 Marktstrukturgesetzes zur gemeinschaftlichen Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt, jedoch gerade nicht der Fall. Der Klägerin kommen durch den Fremdenverkehr aber mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile zu Gute. Ein mittelbarer Vorteil wird immer dann erzielt, wenn Personen und Unternehmen die mit den am Fremdenverkehr unmittelbar verdienenden Kreisen im Rahmen der für die Fremden notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November 2002 - 6 C 11072/02.OVG -, ESOVG). Dabei liegt die durch das Erfordernis des „besonderen“ wirtschaftlichen Vorteils gebotene enge Verbindung zum Fremdenverkehr dann vor, wenn die Personen oder Gewerbetreibenden mittelbar über Dritte den Bedarf der in der Gemeinde weilenden Fremden befriedigen, d.h. die Ware oder Dienstleistung an den Fremden weitergegeben wird und nicht nur dem unmittelbaren Geschäftspartner zu Gute kommt (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. November 2002 - 6 C 11072/02.OVG -, ESOVG). Nicht erforderlich für die Entstehung der Beitragspflicht ist, ob der Beitragspflichtige die sich für ihn aus dem Fremdenverkehr ergebenden Vorteile nutzt. Auch Gewinnchancen und erhöhte Verdienstmöglichkeiten sind Vorteile im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts. Der Klägerin kommen hier erhöhte Gewinnchancen und Verdienstmöglichkeiten zu. Gegenstand der Erzeugergemeinschaft der Klägerin ist nach § 2 Abs. 2 ihrer Satzung insbesondere die gemeinschaftliche Verwertung von Obst und Gemüse und sonstigen landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Erzeugnissen. Es handelt sich dabei um regionaltypische Produkte, deren Vermarktung einen starken Bezug zum Fremdenverkehr hat. Die Abnehmer der Klägerin können diese Produkte an die Gäste, z.B. Restaurant- oder Hotelgäste weitergeben, so dass ein mittelbarer besonderer wirtschaftlicher Vorteil gegeben ist.

50

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine Doppelbelastung ihrer Mitglieder durch die Veranlagung von Betrieben ihrer Mitglieder und der Genossenschaft vorliege. Zum einen sind alle Mitglieder grundsätzlich nach § 12 der Satzung verpflichtet, ihre gesamte zum Verkauf bestimmte Ernte an gartenbaulichen Erzeugnissen an die Genossenschaft zu liefern. Der Erlös berechnet sich nach dem Erlös der Produkte; ein Jahresüberschuss wird an die Mitglieder verteilt (§ 43 der Satzung). Dies führt dazu, dass grundsätzlich nur die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen wird. Für ihre Mitglieder wird ein gesonderter Fremdenverkehrsbeitrag nur dann zusätzlich erhoben, soweit diese über die Lieferung an die Genossenschaft hinaus einen Umsatz im Rahmen der Selbstvermarktung erzielen.

51

4. Die Heranziehung der Klägerin für das Jahr 2005 ist nicht verjährt. Die vierjährige Frist der Festsetzungsverjährung des über § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG anwendbaren § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO begann nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit der Entstehung der Abgabenpflicht der Klägerin nach Ende des Kalenderjahres 2005 zu laufen und war somit zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 27. Oktober 2008 nicht abgelaufen. Ungeachtet dessen war die Forderung hier bereits durch Bescheid vom 5. Dezember 2005 geltend gemacht und durch Widerspruch der Klägerin angefochten, so dass nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 171 Abs. 3a AO ohnehin Ablaufhemmung eingetreten war. Diese überdauert auch die Aufhebung eines Bescheids durch das Gericht, bis aufgrund einer rückwirkenden Satzung ein neuer Bescheid erlassen und bestandskräftig geworden ist (vgl. de Vivie, KStZ 2010, 224, 228).

52

5 . Die Beitragsforderung der Beklagten ist jedoch der Höhe nach teilweise zu beanstanden.

53

Dies folgt allerdings nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte von einem unzutreffenden Umsatz der Klägerin nach § 1 Abs. 1 UStG für das Jahr 2003 ausgegangen ist. Da die Klägerin gegenüber der Beklagten zunächst keine Angaben zur Berechnung des Beitrages gemacht hatte, war die Beklagte nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KAG i.V.m. § 31 Abs. 1 AO, § 7 Abs. 4 FVBS 2008 befugt, von den Finanzbehörden Auskünfte über die zur Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrages notwendigen betrieblichen Zahlenangaben, insbesondere die betrieblichen Einnahmen des Beitragspflichtigen einzuholen. Das Finanzamt Neustadt teilte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 mit, der Jahresumsatz der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG habe ... € im Jahre 2003 betragen. Zwar legte die Klägerin im Laufe des Verfahrens 1 K 150/07.NW den Jahresabschluss für das Jahr 2004 vor, in dem auch in der Gewinn- und Verlustrechnung die „Umsatzerlöse“ des Jahres 2003 angegeben waren und zwar mit einem Betrag von 4.755.087,30 €. Die Klägerin hat damit aber nicht den Nachweis geführt, dass ihr Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 UStG im Jahre 2003 tatsächlich geringer war als der vom Finanzamt Neustadt mitgeteilte Betrag. Ein in einer Gewinn- und Verlustrechnung angegebener „Umsatzerlös“ ist nicht zwingend gleichzusetzen mit dem Umsatz im Sinne von § 1 Abs. 1 UStG. Die Klägerin hätte vielmehr den Nachweis durch Vorlage des Umsatzsteuerbescheids für das Jahr 2003 führen können. Dem ist sie indessen nicht nachgekommen.

54

Die Beklagte ist für den Betrieb der Klägerin in Weisenheim am Sand nach Nr. 5.8 der Anlage zur FVBS 2008 auch zutreffend von einem Vorteilssatz von 3 % ausgegangen.

55

Jedoch ist die Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags durch die Beklagte insofern zu beanstanden, als diese in dem angefochtenen Bescheid einen Betrag von mehr als 308,36 € festgesetzt hat. Denn die Beklagte hätte bei der Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 2005 nicht von einem Gewinnsatz von 5 %, sondern lediglich von einem Gewinnsatz von 4 % ausgehen dürfen. Die Klägerin kann sich diesbezüglich auf ein Schlechterstellungsverbot berufen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

56

Der aufgrund der FVBS 2005 festgesetzte Gewinnsatz der Klägerin wurde bereits durch den Änderungsbescheid vom 16. Mai 2006 mit 4 % in die Beitragsbemessung eingestellt. Der nunmehr aufgrund der FVBS 2008 erlassene Bescheid vom 27. Oktober 2008 legt indes einen Gewinnsatz von 5% zugrunde. Dem Vertrauensschutz des Abgabenschuldners ist aber nur dann Rechnung getragen, wenn der Satzungsgeber, der zum Zwecke der Fehlerkorrektur eine neue Satzung erlässt, keine neuen Belastungen schafft, die nicht mit dieser Fehlerkorrektur in Zusammenhang stehen (vgl. de Vivie, KStZ 2010, 224, 226). Dies hat die Beklagte hier jedoch getan. Das Verwaltungsgericht Neustadt hatte in seinem Urteil vom 30. Januar 2008 lediglich die Festsetzung der Vorteilssätze gerügt. Hinsichtlich der Festsetzung der Gewinnsätze bestanden indes keine Bedenken. Die Klägerin musste somit im Zuge des Neuerlasses der FVBS auch nur mit einer Änderung der Vorteilssätze, nicht aber mit einer Anhebung des für sie maßgeblichen Gewinnsatzes rechnen. Sie konnte damit zu Recht darauf vertrauen, dass der Gewinnsatz von 4 % unverändert bleibt.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

58

Beschluss

59

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 385,45 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

60

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

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