Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (1. Kammer) - 1 A 101/02

Tatbestand

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Der Kläger ist Nutzungsberechtigter an der Wahlgrabstätte Nr. 98 der Abteilung A auf dem Friedhof der Beklagten. In dieser ist seit 1984 sein Vater und seit März 2002 auch seine Stiefmutter begraben. Der Beigeladenen steht ein Nutzungsrecht an der benachbarten Grabstätte Nr. 96 zu. Auf dieser hat sie ein Holzkreuz aufgrund einer ihr am 8.09.2001 erteilten Genehmigung errichtet, das nach den Feststellungen des Friedhofausschusses der Beklagten vom 05.11.2002 2,05 m hoch und 1,33 m breit ist.

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Nachdem der Kläger durch Bescheid vom 25.03.2002 u.a. zu einer Gebühr für die Verlängerung des Nutzungsrechts in Höhe von 720,- € veranlagt worden war, wandte er sich mit Schreiben vom 21.04.2002 an die Beklagte, rügte die Größe des Kreuzes auf dem Nachbargrab und legte ferner am 15.05.2002 Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 25.03.2002 ein.

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Nach Zurückweisung seines Widerspruchs durch Verfügung vom 03.07.2002 hat der Kläger am 05.08.2002, einem Montag, Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten erreichen will, für einen Rückbau des Grabkreuzes und die Neugestaltung der benachbarten Grabstätte zu sorgen, nachdem er zunächst auch den vorgenannten Friedhofsgebührenbescheid hinsichtlich der Verlängerungsgebühr teilweise mit der Maßgabe angefochten hatte, dass der Betrag von 360,- € an ein gemeinnütziges Hilfswerk zu zahlen sei.

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Der Kläger macht geltend: Von der Existenz des überdimensionierten Grabmals habe er erstmals bei der Beerdigung seiner Stiefmutter Kenntnis erhalten. Auch seine Stiefmutter, die die letzten zwei Jahre in einem Pflegeheim untergebracht gewesen sei, habe davon nichts gewusst. Im Widerspruch zu den Richtlinien der Beklagten über die Errichtung und Veränderung von Grabmalen sei das errichtete Grabkreuz im Hinblick auf die Größe des Grabes selbst, aber auch in Anbetracht der Größe der benachbarten Grabstätte überdimensioniert. Auch sei das Kreuz entgegen den Richtlinien gestrichen und lackiert. Dies wirke sich auf die Umgebung störend aus und stelle für die Grabstätte seiner Eltern eine Benachteiligung dar. Hinzu komme, dass die Beigeladene entgegen der ihr erteilten Genehmigung das Grabkreuz nicht in der Höhe von 1,80 m, sondern in der Höhe von 2,05 m errichtet habe. Das rechtswidrige Verhalten der Beigeladenen werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beklagte ohne seine vorherige Anhörung während des gerichtlichen Verfahrens die Höhe des Grabmals nachträglich gebilligt habe.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Aufstellung eines Grabkreuzes auf dem Grab Nr. 96 der Abteilung A vom 28.09.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, gegenüber der Beigeladenen für eine Größenreduzierung des Grabkreuzes zu sorgen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger durch die Errichtung des Grabkreuzes auf dem Nachbargrab und dessen Genehmigung nicht in eigenen Rechten auf Nutzung seiner Grabstätte betroffen werde. Die Vorschriften ihrer Friedhofsordnung über die Gestaltung der Grabstätten dienten allein dem öffentlichen Interesse und nicht dem Schutze Dritter. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, weil sich das auf der Grabstätte der Beigeladenen errichtete Grabkreuz in Anbetracht der Größe des Grabes von 4,30 x 2 m in angemessener Weise in die unmittelbare Umgebung einfüge und die Beigeladene daher einen Anspruch auf Genehmigung des Grabmals gehabt habe.

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Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Beklagten an.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Soweit der Kläger seine Klage gegen den Gebührenbescheid vom 25.03.2002 zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen. Im übrigen ist sie ist unzulässig.

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Die Genehmigung zur Aufstellung eines Grabmals stellt einen Verwaltungsakt dar. Dieser kann von einem Dritten nur im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden. Auch das Begehren des Klägers, die Beklagte zum Einschreiten gegen die Beigeladene zu verpflichten, ist auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber der Beigeladenen gerichtet. Dieses Begehren kann nur im Wege der Verpflichtungsklage verfolgt werden. Sowohl für die Anfechtungs- als auch die Verpflichtungsklage bedarf es vor Klageerhebung der Durchführung eines Vorverfahrens gem. § 67 f. VwGO durch Erhebung eines Widerspruchs. Schon daran fehlt es hier. Zwar hat der Kläger unter dem 15.05.2002 Widerspruch eingelegt. Dieser richtete sich jedoch nicht gegen die der Beigeladenen erteilte Grabmalgenehmigung, sondern gegen den Friedhofsgebührenbescheid vom 25.03.2002.

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Die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage ist aber deshalb unzulässig, weil dem Kläger die Klagbefugnis fehlt. Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes nur begehrt werden, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder durch seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Demzufolge ist die Klage des Klägers nur zulässig, wenn es möglich ist, dass durch die Erteilung der Grabmalgenehmigung Rechtsvorschriften verletzt worden sind, die auch dem Schutz seiner Rechte dienen, und er einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte gegen die Beigeladene durch Verwaltungsakt einschreitet. Das ist nicht der Fall.

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§ 17 der Friedhofsordnung der Beklagten (FO) und die dazu ergangenen Richtlinien über die Anlage und Unterhaltung von Grabstätten bezweckt nicht Schutz der Nutzungsberechtigten an den Gräbern auf dem Friedhof und damit auch nicht des Klägers, sondern dienen dem Interesse der Allgemeinheit. Danach soll durch die Regelung erreicht werden, dass "die Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage gewahrt wird" (§ 17 Abs. 1 FO) und dass Grabmäler durch ihre Gestaltung nicht eine "Verunstaltung des Friedhofs bewirken oder die Friedhofsbesucher in ihrer Andacht stören (II Nr. 1 der Richtlinien). Diese Regelung wendet sich somit nicht an die einzelnen Friedhofsbenutzer, zu denen neben den Nutzungsberechtigten auch andere Angehörige, Freunde und sonstige nahestehende Personen des Verstorbenen zu zählen sind (Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 8. Aufl., S. 73), sondern sprechen den Friedhof als Ort der Totenruhe und die Gesamtheit der Friedhofsbesucher und damit die Allgemeinheit an. Auch im Baurecht ist allgemein anerkannt, dass Regelungen über das Maß baulicher Nutzungen, insbesondere über die Gestaltung von Baulichkeiten in der Regel dem öffentlichen Interesse dienen und keinen nachbarschützenden Charakter haben, es sei denn, den Regelungen kann mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass sie zumindest auch dem Schutz nachbarlicher Interessen dienen sollen (Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 10. Aufl., Vorbem., Rdnr. 34; Grosse-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, Nds. Bauordnung, 7. Aufl., § 56 Rdnr. 8 jeweils m.w.N.). Das muss erst recht für ein Friedhofsbenutzungsverhältnis gelten, in dessen Rahmen sich der Nutzungsberechtigte nicht auf Eigentum an dem Friedhof berufen kann.

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Da der Kläger gegenüber der der Beigeladene erteilten Grabmalgenehmigung nicht geltend machen kann, diese verletzte ihn wegen Verstoßes gegen friedhofsrechtliche Bestimmungen in den eigenen Rechten, scheidet offensichtlich auch ein Anspruch des Klägers auf Einschreiten der Beklagten gegenüber der Beigeladenen aus.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Ziff. 11 ZPO.

 


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