Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (2. Kammer) - 2 A 69/02
Tatbestand
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Die Kläger - eine niederländische Gemeinde, eine staatliche Behörde im Rahmen der niederländischen Forstverwaltung und ein niederländischer Naturschutzverband - wenden sich gegen die der Beigeladenen genehmigte Errichtung von 22 Windenergieanlagen auf einer im Gebiet der Gemeinde K. gelegenen Außenbereichsfläche.
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Das Gemeindegebiet der Klägerin zu 1) reicht bis an die in diesem Bereich verlaufende deutsch-niederländische Staatsgrenze heran, wobei die geschlossen bebaute Ortslage in einer Entfernung von mehreren Kilometern zur Grenze beginnt. In dem dazwischen liegenden Bereich befinden sich einige (Einzel-)Wohngebäude; ein ca. 600 ha großer Teil dieses Bereichs ist darüber hinaus - insbesondere nach Norden hin - nach niederländischem Recht als Natur- bzw. Vogelschutzgebiet („L.“) ausgewiesen. Die für die Realisierung des geplanten Vorhabens vorgesehene Fläche ist in der rechtsverbindlichen 8. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde K. als Sondergebiet für Windenergieanlagen (sog. „Windpark K.“) dargestellt. Im Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans wurde neben anderen Trägern öffentlicher Belange u.a. auch die Klägerin zu 1) mit Schreiben der Gemeinde K. vom 17.08.1998 beteiligt, wobei ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und ihr die entsprechenden Planunterlagen zugänglich gemacht wurden. Nachdem die im Rahmen des Beteiligungsverfahrens eingegangenen Stellungnahmen Anfang November 1999 im Gemeinderat behandelt worden waren, führte die Gemeinde K. ein weiteres Beteiligungsverfahren durch, wobei - jeweils unter Beifügung der geänderten Planunterlagen - wiederum die Klägerin zu 1) und nunmehr auch die Kläger zu 2) und 3) beteiligt wurden. In dem entsprechenden Anschreiben vom 24.11.1999 hieß es u.a., dass im Rahmen der bisherigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange insbesondere auf die Bedeutung des niederländischen Naturschutzgebiets „L.“ hingewiesen und im Hinblick darauf eine naturschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, die die Gemeinde dazu veranlasst habe, den ursprünglich geplanten Geltungsbereich der 8. Änderung des Flächennutzungsplans zu ändern und weiter nach Süden in dort befindliche Abtorfungsflächen zu verschieben. Diese Änderung des Geltungsbereichs wurde von der Gemeinde K. dann anschließend auch beschlossen.
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Im September 2000 beantragte die Beigeladene die Erteilung von Baugenehmigungen für die Errichtung von insgesamt 22 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-66/18.70 mit einer Leistung von jeweils 1.800 kW und einer Gesamthöhe von 133 m (Nabenhöhe: 98 m; Rotordurchmesser: 70 m) auf der in der 8. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde K. dargestellten Sonderbaufläche. Die Abstände zwischen den nächstgelegenen Windenergieanlagen (WEA 8, 17 u. 18) und der deutsch-niederländischen Grenze betragen ca. 430-530 m; die übrigen Anlagen sind deutlich weiter entfernt.
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Nachdem der Beklagte u.a. die Kläger zu 1) und 2) über die eingegangenen Bauanträge unterrichtet und zu Informationszwecken einen Teil der Bauantragsunterlagen beigefügt hatte, erteilte er der Beigeladenen mit Bescheiden vom 31.07.2001 (in Form von 22 Einzelgenehmigungen) unter Beifügung zahlreicher Nebenbestimmungen die bauaufsichtliche Genehmigung für das geplante Vorhaben; diese Genehmigungen wurden anschließend sämtlichen Klägern förmlich bekannt gegeben.
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Die hiergegen von den Klägern erhobenen, im Wesentlichen mit den nachstehend wiedergegebenen Erwägungen begründeten Widersprüche wies die Bezirksregierung M. mit Bescheiden vom 14.06.2002 zurück und führte unter Auseinandersetzung mit den insoweit im Einzelnen erhobenen Einwänden aus, dass die Kläger durch die angefochtenen Genehmigungen nicht in eigenen Rechten verletzt würden.
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Die Kläger haben daraufhin rechtzeitig Klage erhoben und geltend gemacht, dass die angefochtenen Genehmigungen bereits in verfahrensrechtlicher Hinsicht (mehrfach) fehlerhaft seien. Da die Genehmigungen erst nach der Verabschiedung des sog. Artikelgesetzes vom 27.07.2001 erteilt und frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 03.08.2001 wirksam geworden seien, hätte im vorliegenden Fall sowohl eine Umweltverträglichkeitsprüfung als auch ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen, im Rahmen derer ihnen umfassende Beteiligungsrechte zugestanden hätten; beides sei hier nicht geschehen. Außerdem enthielten die Genehmigungen, die bislang über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren tatsächlich nicht ausgenutzt worden seien, keinerlei zeitliche Befristung; auch dies sei rechtswidrig, weil seit dem Inkrafttreten des sog. Artikelgesetzes eine Zulassung des Vorhabens nur noch auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung möglich sei. Im Übrigen reiche es auch nicht aus, dass die für die Realisierung des Windparks vorgesehene Fläche im Flächennutzungsplan der Gemeinde K. als Sonderbaufläche für Windenergieanlagen ausgewiesen sei; insoweit wäre vielmehr die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich gewesen, wobei sie ebenfalls zu beteiligen gewesen wären; auch eine Beteiligung niederländischer Bürger sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Des Weiteren hätte es einer eigenständigen Entscheidung über die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bedurft, an der es ebenfalls fehle. Bereits durch diese verfahrensrechtlichen Fehler würden sie in ihren eigenen Rechten verletzt; eine derartige Rechtsverletzung folge insbesondere aber auch daraus, dass das genehmigte Vorhaben materiell-rechtlich unzulässig sei. Der gesamte Bereich des „L.“, der unmittelbar bis an die deutsch- niederländische Grenze heranreiche, sei als Natur-, Landschafts- und Vogelschutzgebiet, als FFH-Gebiet sowie als Erholungsgebiet ausgewiesen, das aus avifaunistischer Sicht von hoher regionaler und nationaler Bedeutung und sowohl durch verschiedene internationale Konventionen als auch durch nationale Bestimmungen bzw. bilaterale Vereinbarungen gegen jegliche Eingriffe, Störungen und Belästigungen geschützt sei; dasselbe gelte für die nördlich und südlich daran angrenzenden Bereiche. Mit diesen Schutzzwecken seien die angefochtenen Genehmigungen nicht zu vereinbaren; insbesondere sei zwischenzeitlich wissenschaftlich erwiesen, dass Wildgänse, Singschwäne und Kraniche, für die diese Schutzzone u.a. eingerichtet worden sei, Windenergieanlagen in weitem Umkreis nicht tolerierten. Darüber hinaus sei es nach niederländischem Recht in diesem Bereich grundsätzlich untersagt, Windenergieanlagen zu errichten; außerdem müsse dort zu allen Tageszeiten ein Lärmgrenzwert von 30 dB(A) eingehalten werden. Auch dies sei hier nicht gewährleistet, weil schon aus den Verfahrensunterlagen eindeutig folge, dass in der genannten Schutzzone Schallpegel von deutlich mehr als 35 dB(A) zu erwarten seien. Abgesehen davon ergebe sich aus verschiedenen von der Universität N. durchgeführten Messungen bzw. aus einer Vermessung des fraglichen Anlagentyps durch das Ingenieurbüro O., dass die im vorliegenden Verfahren genehmigten Anlagen unter bestimmten Witterungsbedingungen einen deutlich höheren als in den Genehmigungen angenommenen Schallleistungspegel von 103 dB(A) erzeugten. Die genehmigten Windenergieanlagen führten außerdem dazu, dass das Gemeindegebiet der Klägerin zu 1) in erheblichem Umfang durch die rotierenden Schlagschatten der Anlagen und das Landschaftsbild auch ansonsten optisch beeinträchtigt werde. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen das sog. „P. Traktat“ aus dem Jahre 1824 vor, weil die genehmigten Anlagen näher als 376 m an die gemeinsame Staatsgrenze heranreichten. All dies sei unter Verstoß gegen ihre (der Kläger) Rechte im vorliegenden Verfahren nicht hinreichend beachtet worden; insbesondere sei dabei auch verkannt worden, dass sich die in den Niederlanden geltenden, insoweit strengeren Gesetze unmittelbar auf die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland auswirkten und sich dieser gegenüber durchsetzen müssten. Die angefochtenen Genehmigungen seien im Übrigen auch mit der deutschen Rechtslage nicht vereinbar, weil insoweit gegen das Gebot, zwischen einzelnen Windparks einen Abstand von mindestens fünf Kilometern einzuhalten, verstoßen worden sei und ausreichende naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen ebenfalls nicht angeordnet worden seien.
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Die Kläger beantragen,
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die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen des Beklagten vom 31.07.2001 in der Form der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung M. vom 14.06.2002 aufzuheben.
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Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
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die Klage abzuweisen.
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Sie machen - im Wesentlichen übereinstimmend und unter ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Klagevorbringen - geltend, dass die Kläger durch die angefochtenen Genehmigungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in ihren eigenen Rechten verletzt würden, so dass die Klage mangels Klagebefugnis schon unzulässig sei. Abgesehen davon träfen die insoweit im Einzelnen erhobenen Einwände auch der Sache nach nicht zu.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig.
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Hinsichtlich des Klägers zu 2) dürfte dies schon daraus folgen, dass dieser nicht beteiligungsfähig ist. Nach § 61 Nr. 3 VwGO - der hier allenfalls in Betracht zu ziehen wäre - sind Behörden nur dann fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, wenn das Landesrecht - womit, worauf zur Vermeidung etwaiger Missverständnisse hinzuweisen ist, ausschließlich das Recht der deutschen Bundesländer gemeint ist - dies bestimmt. Dies ist hier nicht der Fall, weil der niedersächsische Landesgesetzgeber insoweit lediglich (niedersächsische) Landesbehörden für beteiligungsfähig erklärt hat (§ 8 Abs. 1 Nds. VwGG); auf die Frage, welche Rechtsstellung der Kläger zu 2) nach niederländischem Recht hat bzw. welche Rechte ihm gegenüber anderen staatlichen Stellen in den Niederlanden ggf. zustehen, kommt es daher nicht an. Ob insoweit ggf. deshalb etwas anderes zu gelten hat, weil der Kläger zu 2) - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist - darüber hinaus möglicherweise auch Eigentümer sämtlicher im Grenzgebiet gelegenen, nach niederländischem Recht unter besonderen Schutz gestellten Flächen ist, erscheint angesichts seiner Funktion als staatliche Behörde sowie im Hinblick darauf, dass er seine diesbezügliche Behauptung nicht näher belegt hat, zweifelhaft, kann im Ergebnis jedoch dahinstehen. Denn jedenfalls fehlt dem Kläger zu 2) - ebenso wie den übrigen Klägern - die erforderliche Klagebefugnis.
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Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angegriffenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Klagebefugnis ist demgemäß (umgekehrt) zu verneinen, wenn die vom Kläger behauptete Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise gegeben ist (vgl. u.a. BVerwG, U. v. 22.02.1994 - 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133; Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 42 Rn. 93, jew. m.w.N.). Dies ist hier hinsichtlich der Kläger zu 2) und 3) schon deshalb der Fall, weil sich ihrem gesamten (umfangreichen) Vorbringen zum Teil schon nicht entnehmen lässt, welche Rechte ihnen überhaupt konkret zustehen, und im Übrigen nicht erkennbar ist, inwieweit etwaige Rechte - etwa mögliche Eigentumsrechte des Klägers zu 2) oder Rechte des Klägers zu 3) im Rahmen seiner Tätigkeit als Naturschutzverband - durch die angefochtenen Genehmigungen ggf. verletzt sein sollen. Vielmehr beschränken sich die Kläger auf die schlichte Behauptung, dass sie durch diese Genehmigungen „unmittelbar in eigenen Rechten verletzt würden“; eine derartige Behauptung aber genügt - selbst wenn sie mehrfach wiederholt wird - nicht der den Klägern insoweit obliegenden Darlegungslast, durch einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag zumindest die Möglichkeit einer entsprechenden Rechtsverletzung darzutun (vgl. BVerwG, U. v. 22.12.1980 - 7 C 84.78 -, BVerwGE 61, 256; U. v. 11.01.1985 - 7 C 74.82 -, BVerwGE 70, 365; Eyermann, aaO, Rn. 95, 96 m.w.N.). Eine Klagebefugnis des Klägers zu 3) lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass dieser - wie in der Klagebegründung ausgeführt - „in etwa einem anerkannten Naturschutzverband im Sinne der bundesdeutschen Regelungen entspricht“. Denn die durch § 61 BNatSchG bzw. § 60 c Nds. NatSchG eröffnete Möglichkeit, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen ohne Darlegung einer eigenen Rechtsverletzung Klage erheben zu können, kommt ausschließlich den nach §§ 58-60 BNatSchG anerkannten (Naturschutz-)Vereinen zugute; dazu gehören ausländische Verbände wie der Kläger zu 3) nicht.
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Die erforderliche Klagebefugnis ist aber auch hinsichtlich der Klägerin zu 1) zu verneinen, weil auch diese nicht in der erforderlichen Weise dargelegt hat, welche ihr selbst zustehenden Rechte durch die angefochtenen Genehmigungen verletzt sein sollen. Vielmehr erschöpft sich ihr Vorbringen letztlich in einer bloßen Aufzählung bzw. Aneinanderreihung von (vermeintlichen) Verstößen gegen verfahrens- und materiell-rechtliche Vorschriften, ohne dass erkennbar wird, inwieweit damit zugleich eine Verletzung ihrer eigenen Rechte verbunden ist. Insoweit übersieht die Klägerin zu 1) insbesondere, dass nicht jede der von ihr angesprochenen, in einem Genehmigungsverfahren von der Behörde (ggf.) zu beachtenden Vorschriften gleichzeitig auch drittschützenden Charakter hat; soweit hinter dieser Argumentation darüber hinaus möglicherweise die Auffassung stehen sollte, je größer die Zahl der behaupteten objektiven Rechtsverstöße sei, desto eher lasse sich daraus im Ergebnis eine Verletzung in eigenen Rechten ableiten, wäre dies ebenfalls unzutreffend (vgl. Nds. OVG, B. v. 22.04.2003 - 1 ME 102/03 -). Dies vorausgeschickt ist zu den von der Klägerin zu 1) erhobenen Einwänden im Einzelnen Folgendes auszuführen:
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Soweit sie zunächst geltend macht, der Beklagte hätte im vorliegenden Verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen und sie insoweit gemäß § 8 UVPG beteiligen müssen, kann sie sich darauf von vornherein nicht mit Erfolg berufen. Zum einen hat die Klägerin schon nicht dargelegt, ob sie insoweit überhaupt die „vom niederländischen Staat benannte zuständige Behörde“ (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 UVPG) ist (die oberste für Umweltangelegenheiten zuständige Behörde in den Niederlanden im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 UVPG ist sie sicherlich nicht), die im Rahmen eines etwaigen Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens zu beteiligen gewesen wäre. Zum anderen begründet allein die objektiv-rechtlich (ggf.) bestehende Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe des UVPG durchzuführen, für einen davon betroffenen Dritten regelmäßig keine verfahrensrechtlich geschützte und ggf. durchsetzbare Rechtsposition dahingehend, dass diese Vorschriften im konkreten Einzelfall beachtet werden bzw. eine Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt durchgeführt wird; etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der gerügte Verfahrensfehler gleichzeitig auch auf die materiell-rechtliche Position des Betroffenen auswirkt, d.h. wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den (behaupteten) Verstoß gegen die Vorschriften des UVPG die Entscheidung in der Sache anders ausgefallen wäre (vgl. u.a. BVerwG, U. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 -, NVwZ 1996, 381; U. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, NVwZ 1996, 788; OVG Münster, B. v. 01.07.2002 - 10 B 788/02 -, RdL 2003, 17, jew. m.w.N.); Letzteres ist hier jedoch - worauf weiter unten noch einzugehen sein wird - nicht der Fall. Entsprechendes gilt für den weiteren Einwand der Klägerin, im vorliegenden Fall hätte ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen, im Rahmen dessen sie ebenfalls zu beteiligen gewesen wäre. Denn selbst wenn dies objektiv zuträfe und die Klägerin darüber hinaus - was ebenfalls einer näheren Darlegung bedürfte - auch die insoweit nach § 11 a Abs. 1 der 9. BImSchV zu beteiligende Stelle wäre, hätte sie gleichwohl keinen Rechtsanspruch darauf (gehabt), dass ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz tatsächlich durchgeführt wird, weil die diesbezüglichen Verfahrensvorschriften einem Dritten ebenfalls keine verfahrensrechtlich geschützte Position vermitteln (vgl. BVerwG, U. v. 05.10.1990 - 7 C 55 u. 56.89 -, BVerwGE 85, 368). Angesichts dessen bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der von den Beteiligten thematisierten Frage, ob aufgrund des sog. Artikelgesetzes vom 27.07.2001, das zeitgleich mit dem Wirksamwerden der angefochtenen Baugenehmigungen (nämlich am 03.08.2001) in Kraft getreten ist, objektiv eine Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. ein Verfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz durchzuführen gewesen wäre. Ebenso wenig kann die Klägerin mit Erfolg geltend machen, für die Errichtung der streitigen Windenergieanlagen sei - über die entsprechenden Darstellungen in der 8. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde K. hinaus - die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich gewesen; dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 3 BauGB, wonach auf die Aufstellung von Bauleitplänen kein Anspruch besteht. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (B. v. 28.07.1999 - 1 M 2281/99 u.a. -, NVwZ-RR 2000, 151) herleiten. Denn diese Entscheidung befasst sich in erster Linie mit der Reichweite der Klagebefugnis von (nach deutschem Recht) anerkannten Naturschutzverbänden und stellt im Übrigen lediglich fest, dass in dem dort entschiedenen Fall die Aufstellung eines Bebauungsplans im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich war; mit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob für die Aufstellung eines Bebauungsplans eine rechtliche Verpflichtung besteht und ob dies darüber hinaus für Dritte entsprechende Rechte begründet, hat dies ersichtlich nichts zu tun. Rechtlich ebenfalls unbeachtlich ist der weitere Einwand der Klägerin, im vorliegenden Verfahren sei keine eigenständige Bewertung bzw. Entscheidung über die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des genehmigten Vorhabens erfolgt; denn dieser Gesichtspunkt betrifft - wie sich der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 13.12.2001 - 4 C 3.01 -, DVBl. 2002, 706) ohne weiteres entnehmen lässt - allein die objektive Genehmigungsfähigkeit des zu beurteilenden Bauvorhabens, begründet jedoch keine irgendwie gearteten Rechte Dritter. Dasselbe gilt schließlich auch für die Rüge der Klägerin, die angefochtenen Genehmigungen enthielten „rechtswidrigerweise keinen Hinweis auf eine zeitliche Befristung, sofern sie nicht ausgenutzt würden“. Denn abgesehen davon, dass ein solcher Hinweis schon deshalb nicht erforderlich war, weil die Geltungsdauer von Baugenehmigungen - um die es hier geht - bereits im Gesetz geregelt ist (vgl. § 77 NBauO), ist in keiner Weise ersichtlich, inwieweit durch die bloße Laufzeit der angefochtenen Genehmigungen - losgelöst von einer ggf. materiell-rechtlich geschützten Position - Rechte der Klägerin verletzt sein sollen.
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Auch die von der Klägerin in der Sache erhobenen Einwände sind - ungeachtet ihres tatsächlichen Umfangs - nicht geeignet, eine Verletzung in eigenen Rechten darzutun. Soweit sie zunächst geltend macht, die angefochtenen Genehmigungen widersprächen in vielfacher Hinsicht den (nationalen, zwischenstaatlichen und internationalen) Bestimmungen des Natur-, Landschafts- und Vogelschutzes und führten zu einer optischen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes, könnte sich darauf nicht einmal eine deutsche Gemeinde mit Erfolg berufen, weil es sich insoweit zwar um allgemeine öffentliche Belange (die objektiv-rechtlich bei der Genehmigung eines Vorhabens grundsätzlich zu berücksichtigen sind), nicht aber gleichzeitig auch um „wehrfähige Rechte“ der Gemeinde selbst handelt, die dieser - etwa im Rahmen ihrer Planungshoheit oder sozusagen „stellvertretend“ für die Interessen der Allgemeinheit - einen entsprechenden subjektiven Abwehranspruch gegen ein bestimmtes Vorhaben vermitteln. Dasselbe gilt, soweit die Klägerin - u.a. unter Hinweis auf die in den Niederlanden geltenden Lärmschutzbestimmungen bzw. darauf, dass der Schallleistungspegel der genehmigten Anlagen tatsächlich höher sei als vom Beklagten angenommen - eine unzumutbare Belästigung der in ihrem Gemeindegebiet lebenden Bevölkerung durch Lärm und Schattenwurf geltend macht; auch dies stellt keine Beeinträchtigung eigener Rechte der Klägerin, sondern allenfalls solcher der davon konkret betroffenen Personen dar, die ggf. selbst mit entsprechenden Rechtsbehelfen gegen das genehmigte Vorhaben vorgehen müssen. Eine etwaige Verletzung der Planungshoheit - auf die sich die Klägerin im Übrigen nicht einmal ausdrücklich beruft - scheidet hier ebenfalls aus, weil die (nach deutschem Recht) gemäß Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Planungshoheit allein das Verhältnis zwischen deutschen Gemeinden und dem deutschen Staat betrifft und die daraus resultierenden Rechte, insbesondere der Schutz der Gemeinden vor bestimmter staatlicher Reglementierung, deshalb nur deutschen, nicht aber auch ausländischen Gemeinden zustehen. Letztere haben vielmehr allein einen Anspruch darauf, dass sie gemäß § 4 a BauGB bei Bauleitplänen deutscher Gemeinden, die erhebliche Auswirkungen auf den Nachbarstaat haben können, nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit von der deutschen Nachbargemeinde unterrichtet bzw. dass ggf. Konsultationen über die grenzüberschreitenden Auswirkungen des Vorhabens durchgeführt werden (vgl. zum Vorstehenden - auch hinsichtlich weiterer Einzelheiten - die den Verfahrensbeteiligten bekannten Beschlüsse der Kammer vom 16.03.2001 - 2 B 82/00 - und 28.11.2002 - 2 B 46/02 - sowie die in den jeweils nachfolgenden Rechtsmittelverfahren ergangenen Beschlüsse des Nds. OVG vom 26.04.2001 - 1 MA 1323/01 - und 28.07.2003 - 7 ME 262/02 -). Diesen Anforderungen ist hier jedoch - unterstellt, dass die „Grundsätze der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit“ im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Gemeinde K. überhaupt gewahrt sind - offensichtlich genügt worden, weil die Klägerin - was sie selbst nicht bestreitet und im Übrigen durch die beigezogenen Verwaltungsvorgänge belegt wird - bereits im ersten Durchgang der Beteiligung Träger öffentlicher Belange im Jahre 1998 über die von der Gemeinde K. beabsichtigte 8. Änderung ihres Flächennutzungsplans informiert worden ist und in diesem Zusammenhang auch Gelegenheit hatte, ihre Einwände gegen die insoweit geplante Sonderbaufläche für Windenergieanlagen vorzutragen. Diese Beteiligung, insbesondere die insoweit von niederländischer Seite in naturschutzrechtlicher Hinsicht erhobenen Einwände, haben hier - wie sich den Akten ebenfalls ohne weiteres entnehmen lässt - im Übrigen dazu geführt, dass die Gemeinde K. im November 1999 ein zweites Beteiligungsverfahren - wiederum unter Einschluss der Klägerin - durchgeführt und sich anschließend zu einer Änderung des Geltungsbereichs der geplanten Flächennutzungsplanänderung, nämlich einer Verschiebung weiter nach Süden hin, entschlossen hat, um auf diese Weise im nördlichen Bereich größere Abstände zwischen den geplanten Windenergieanlagen und dem dort auf niederländischer Seite gelegenen Naturschutzgebiet „L.“ zu gewährleisten. Mehr als dies kann/konnte die Klägerin im Rahmen des § 4 a BauGB nicht verlangen; insbesondere vermittelt ihr das in dieser Vorschrift geregelte Unterrichtungs- bzw. Konsultationsverfahren keinen Anspruch darauf, dass die Gemeinde K. ihre Bauleitplanung in jeder Hinsicht den von der Klägerin (oder anderen niederländischen Stellen) vorgebrachten Wünschen und Vorstellungen anpasst oder dass sich insoweit das (möglicherweise) strengere niederländische Recht im Ergebnis sogar zwingend durchsetzt (vgl. auch insoweit Beschluss der Kammer vom 16.03.2001 - 2 B 82/00 -). Soweit die Klägerin - nach wie vor - schlicht das Gegenteil behauptet, ist nochmals auf den bereits erwähnten Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 28.07.2003 (7 ME 262/02) zu verweisen, in dem es u.a. wörtlich heißt:
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„... Mit der damit jedenfalls erfüllten Unterrichtungs- und Erwägungspflicht hat es, was Ansprüche der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren anbelangt, sein Bewenden. Das Bundesverwaltungsgericht hat ... entschieden, dass ein Ausländer im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, dass die vom Gesetz vorgesehenen, auch dem Schutze seiner Rechtsgüter dienenden Erteilungsvoraussetzungen einer Genehmigung nicht vorliegen. Gewahrt werden müssen dabei die ihm nach der deutschen Rechtsordnung gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte. ... Mit anderen Worten: Das Genehmigungsverfahren schließt nicht die Prüfung ein, ob das Vorhaben mit dem öffentlichen Recht des Nachbarstaates vereinbar ist.... Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist der Vortrag der Antragstellerin als Gemeinde damit allein dahingehend zu prüfen, ob ihre ... Planungshoheit durch die angefochtene Genehmigung verletzt wird. Diese kann sie aber nicht als Recht auf der Grundlage von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG geltend machen, weil der deutsche Verfassungsgeber niederländischen Gemeinden eine konstituierende Rechtsstellung nicht verleihen kann und diese auch nicht gleichsam natürlich besteht .... Damit ist die Antragstellerin insoweit allenfalls auf Beteiligungs- und Konsultationsrechte beschränkt, welche die deutsche Rechtsordnung der „vom Nachbarstaat benannten zuständigen Behörde“ einräumt...“
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Dem ist für das vorliegende Verfahren nichts hinzuzufügen.
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Schließlich sind auch die übrigen von der Klägerin behaupteten Rechtsverstöße nicht geeignet, eine -zur Erhebung einer entsprechenden Anfechtungsklage berechtigende - Verletzung in eigenen Rechten darzutun. Soweit sie sich auf einen (angeblichen) Verstoß gegen Art. 5 des aus dem Jahre 1824 stammenden „P. Traktats“ beruft, wonach (Wohn-)Gebäude einen Mindestabstand von 376,74 m zur niederländischen Grenze einhalten müssen, hat diese Bestimmung - unabhängig davon, ob sie heutzutage überhaupt noch gültig ist - nach der der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannten Rechtsprechung der Kammer (vgl. B. v. 16.03.2001 - 2 B 82/00 - und 20.08.2003 - 2 A 92/02 -) - keinen drittschützenden Charakter, sondern diente in erster Linie der Unterbindung des „Schleichhandels“ im Grenzgebiet. Dasselbe gilt - unabhängig davon, dass es sich insoweit ohnehin nicht um ein striktes und in jedem Einzelfall rechtsverbindliches Gebot handelt (vgl. Nds. OVG, B. v. 02.10.2003 - 1 LA 28/03 -, RdL 2004, 11) - für die in der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts enthaltene Aussage, jedenfalls in der Küstenregion sei zwischen zwei Windparks im Regelfall ein Mindestabstand von fünf Kilometern als angemessen anzusehen (vgl. u.a. U. v. 14.09.2000 - 1 K 5414/98 -, NVwZ 2001, 452). Denn abgesehen davon, dass es im vorliegenden Verfahren ohnehin nicht um den „Mindestabstand zwischen zwei Windparks“ geht - nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist die Errichtung von Windenergieanlagen im gesamten (Grenz-)Bereich der Provinz N. nach niederländischem Recht ja gerade untersagt -, handelt es sich insoweit lediglich um eine planerische Vorgabe bzw. Empfehlung an die planenden (deutschen) Gemeinden, nicht dagegen um einen Rechtssatz, der den Schutz der Rechte Dritter bezweckt.
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Angesichts dessen erweist sich die vorliegende Anfechtungsklage insgesamt bereits als unzulässig. Abgesehen davon wäre sie selbst dann, wenn man dies anders beurteilen wollte, aus den vorstehend im Einzelnen genannten Gründen jedenfalls unbegründet.
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