Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (1. Kammer) - 1 A 81/04
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Reisekosten.
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Der Kläger unternahm als Referendar im September 2002 im Rahmen seiner Ausbildung Fahrten, für die er Reisekostenerstattung beantragte. Am 10.09.2002 beantragte er für die Durchführung einer Fahrt nach Berlin Reisekostenerstattung und erhielt hierfür einen Betrag von 112,29 EUR als Reisekosten festgesetzt. Für fünf Fahrten zur Arbeitsgemeinschaft in der Zeit vom 12. bis 26.9.2002 von Osnabrück, dem Wohnort des Klägers, nach Oldenburg, dem Ort der Ausbildung setzte der Beklagte Reisekostenerstattung in Höhe von 149,- EUR fest. Im fraglichen Zeitraum war der Kläger als Student an der Universität Osnabrück eingeschrieben und war im Besitz eines Semestertickets, das ihn zur Benutzung der Regionalverkehrsverbindungen der Deutschen Bundesbahn und der Nordwestbahn u.a. nach Oldenburg und bis Hannover berechtigte.
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Mit Bescheid vom 14.01.2003 setzte die Beklagte die Rückforderung wegen überzahlter Reisekosten auf 156,58 EUR fest, weil der Kläger über das Semesterticket verfügte, wobei für die Strecke von Osnabrück bis Hannover anlässlich der Berlinfahrt des Klägers am 10.09.2002 30,08 EUR und für die Fahrtkosten nach Oldenburg der gesamte angesetzte Fahrpreis von 126,50 EUR berücksichtigt wurde.
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Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2003 zurück.
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Mit der unter dem 07. am 08.05.2003 erhobenen Klagen verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht zur Begründung im Wesentlichen geltend, er habe den Reisekostenantrag insbesondere unter Ziff. 35 jeweils ordnungs- und wahrheitsgemäß ausgefüllt, wenn er darin auf die Frage „Ich besitze eine Ermäßigungskarte (z.B. Monatsticket, Jobticket etc.)“ nein angekreuzt habe; zumindest ging die unklare Formulierung des Vordrucks zu Lasten des Beklagten. Im Übrigen sei ihm anlässlich der Berlinfahrt bei Benutzung des Regionalexpresses eine Rückkehr an seinen Wohnort in angemessener Zeit nicht möglich gewesen. Wenn ihn der Beklage auf die Benutzung des Semestertickets verweise, müsse er auch dessen Kosten zumindest anteilig übernehmen.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 04. April 2003 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist insbesondere auf eine bestehende Zugverbindung, mit der dem Kläger nach Beendigung der Veranstaltung in Berlin gegen 19.00 Uhr eine Rückkehr mit öffentliche Verkehrsmitteln an seinen Wohnort möglich gewesen wäre.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen. Sie sind in ihrem wesentlichen Bestandteil Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
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Der Beklagte kann den Anteil der Reisekosten, wie im Bescheid vom 14.01.2003 geschehen, nach § 98 a NBG i.V.m. den bereichungsrechtlichen Vorschriften zurückfordern, weil der Rücknahme der Bescheide insoweit eine Vertrauensschutzregelung nach § 48 VwVfG nicht entgegenstand. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG kann sich auf Vertrauensschutz bei Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigten Verwaltungsakts, der auf Geld oder teilbare Sachleistungen gerichtet ist nicht berufen, wer die Rechtswidrigkeit des Bescheides kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Das Gericht geht im vorliegenden Fall davon aus, dass dem Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheide grob fahrlässig nicht bekannt gewesen ist. Eine grob fahrlässige Unkenntnis ergibt sich bei wertender Betrachtung aus der Fassung der Fragen nach einer Ermäßigungskarte in Abschnitt 35 des Antragsformulars, das der Beklagte verwendete. Danach ist zu Gunsten des Klägers von einer missverständlichen Fragestellung auszugehen, wenn nach einer „Ermäßigungskarte“ gefragt wird. Die Namensähnlichkeit zur Bahncard ist indes nicht Voraussetzung dafür, dass der Adressat der Frage nicht erkennen kann, dass jedwede Form ermäßigter oder kostenloser Benutzungsmöglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel damit abgefragt werden soll. Auf den ersten Blick stellt sie sich zwar als bloße Frage nach dem Minderungsdokument dar und assoziiert für den unvoreingenommenen Betrachter prima facie die Frage nach einer Bahncard. Bei gewissenhafter und zu fordernden Anstrengung hätte dem Kläger jedoch bewusst werden können und müssen, dass diese Frage darauf gerichtet ist, das Entstehen und die Notwendigkeit von Aufwendungen für die Fahrt zu ermitteln: Die Frage steht im Zusammenhang mit einem geltend gemachten Anspruch auf Fahrtkostenerstattung. Schon der Begriff der Erstattung macht für einen durchschnittlichen Befragten - und deshalb erst recht für den juristisch Gebildeten - klar, dass es um den Ersatz von Aufwendungen, die tatsächlich entstanden sind, geht. Dass hier auch fiktive Aufwendungen wie beim Tage- und Übernachtungsgeld abgefragt werden, nimmt der Frage nach der Fahrtkostenerstattung diesen Sinn nicht.
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Daneben hätten auch die Erläuterungen in der Ziff. 35 dem Kläger klar machen müssen, dass nicht nur nach dem Vorhandensein einer Bahncard gefragt werden sollte (dies macht isoliert auch keinen Sinn, weil die inhaltsgleiche Frage in Kästchen 42 nachgeholt wird) sondern nach jedweder für die Höhe der Fahrtkosten erheblichen Vergünstigungsmöglichkeit. Insbesondere die Frage nach dem Jobticket in der beispielhaften Aufzählung macht die Parallele zum Semesterticket deutlich. Auch hier hatte der Einzelne resultierend aus seinem Beschäftigungsverhältnis die Möglichkeit, zu vergünstigten Konditionen pauschalierend erkauft öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, ohne dass für die Benutzung im Einzelfall ein Fahrpreis zu entrichten gewesen wäre. Dem Kläger hätte also bewusst werden müssen, dass er die Frage in Ziff. 35 des Antrags auf Reisekostenerstattung nur mit „ja“ hätte beantworten dürfen. Auf die Frage, ob er aufgrund des bestehenden Dienst- und Treueverhältnisses seinerseits zu einer Nachfrage bei Unklarheit über das Frageziel verpflichtet gewesen wäre, kommt es deshalb nicht an.
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Die dadurch entstandenen Überzahlungen (vgl. 5 Abs. 1 Satz 2 BRKG) sind auch entstanden für die Rückreise aus Berlin am 10.09.2002. Dem Kläger wäre nämlich möglich auch zumutbar gewesen, unter Benutzung der Interregio-Verbindung ab Berlin um 19.40 Uhr Hannover so zu erreichen, dass er von dort mit dem ab 20.09 Uhr verkehrenden Regionalexpress Osnabrück um 23.44 Uhr erreicht hätte und nach seinen eigenen Angaben noch mit dem Bus um 23.51 Uhr seine Wohnung erreicht hätte. Diese Verbindung ist - was gerichtsbekannt ist - bei einem Ende der Veranstaltung um 19.00 Uhr vom Gebäude des Bundestages aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Diese Verbindung hätte einen wirtschaftlich denkender und handelnder Reisender, der für seine Aufwendungen selbst einzustehen hätte, auch genutzt. Auf die Erlassregelungen zur Erstattung des Zuschlages für überregional verkehrende Züge kommt es dabei nicht an. Denn diese Erlassregelungen betreffen nur die Zuschläge, die zwischen den Preisen für Nahverkehrsverbindungen und überregionalen Zugtypen erhoben werden, während im Falle des Klägers anlässlich dieser Fahrt die Differenz zwischen dem tatsächlich benutzten überregionalen Zug und den ihm auf Grund seines Semestertickets ohne weitere Aufwendungen zur Verfügung stehenden Regionalexpresses in Rede steht.
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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Übernahme der Aufwendungen für das Semesterticket. Dieses Semesterticket erwirbt er unabhängig von einer entsprechenden Willensentscheidung mit der Einschreibung an der Universität in Osnabrück. Die Aufwendungen sind mit dem Semesterbeitrag abgegolten. Auch hier ist deshalb eine Parallele zur Erstattung von Aufwendungen für die Anschaffung einer Bahncard aus dienstlichen Gründen nicht geboten und begründet keinen der Rückforderung entgegen zu stellenden aufrechenbaren Anspruch.
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